JudikaturJustiz2Ob237/14p

2Ob237/14p – OGH Entscheidung

Entscheidung
06. August 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Klaus Rainer, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Mag. M***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Edwin A. Payr, Rechtsanwalt in Graz, wegen 11.115,09 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 17. September 2014, GZ 5 R 77/14a 20, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Graz Ost vom 24. März 2014, GZ 257 C 521/13h 16, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Im Jahr 2007 errichtete die Klägerin im Auftrag der Beklagten bei einem Bauvorhaben in G***** eine Wasserversorgungsanlage. Diese war mangelhaft.

In einem Vorverfahren zu 62 Cg ***** des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz anerkannte die nunmehrige Klägerin und dortige Beklagte den Gewährleistungsanspruch dem dortigen Sachverständigengutachten folgend. Darüber erging am 20. 6. 2012 ein (Teil )Anerkenntnisurteil. Mit Endurteil vom 9. 8. 2012 wurde der beklagten (hier: klagenden) Partei gegenüber festgestellt, dass diese der Klägerin (hier: Beklagten) „für alle nachteiligen Folgen aus deren mangelhafter Erfüllung des Werkvertrags bezüglich des Gewerkes ... haftet“; allerdings wurde die dortige Klägerin (hier: Beklagte) gemäß § 45 ZPO zum Kostenersatz verpflichtet und hiezu ausgeführt, dass die nunmehr klagende Partei bereits in einem E Mail vom 7. 5. 2008 die Durchführung der Sanierung der Mängel in Form einer sogenannten „Bypasslösung“ angeboten habe, die der beigezogene gerichtliche Sachverständige als die einzig wirtschaftlich sinnvolle Sanierungsvariante anerkannt habe. Die nunmehrige Beklagte und dortige Klägerin hatte dagegen die Sanierung durch Austausch der Stahlrohre der Wasserleitung begehrt. Festgestellt wurde (im Vorverfahren) auch, dass die Montanuniversität Leoben für die Begutachtung der verzinkten Stahlrohre einen Betrag von 4.172 EUR in Rechnung stellte, den die nunmehrige Beklagte bezahlte, und (in diesem Verfahren), dass im Zeitraum vom 25. 3. 2010 bis 21. 4. 2011 der Beklagtenvertreter für die Beklagte Leistungen im Betrag von 1.904,30 EUR zur Durchsetzung der Verlängerung der Gewährleistungsverpflichtung und der Gewährleistungsansprüche der Beklagten erbrachte.

Das Oberlandesgericht Graz bestätigte im Vorverfahren diese Entscheidung mit Urteil vom 22. 1. 2013. Die Beklagte habe sich hinsichtlich der ihr zustehenden Sanierung in Annahmeverzug befunden, weil die Klägerin (dort: Beklagte) keineswegs verpflichtet gewesen sei, alle von ihr vorzunehmenden Arbeitsdetails, das Material, das sie bei der Sanierung einzusetzen gedenke, und die „letzte Detailplanung“ zu nennen.

Am 13. 2. 2013 bestätigte der (hier) Klagevertreter dem Beklagtenvertreter, dass die Sanierung in der vom Sachverständigen im genannten Gerichtsverfahren als einzig zweckmäßig bezeichneten Form jederzeit erfolgen könne, sofern von Seiten der Beklagten ein Termin bekannt gegeben werde. Am 7. 3. 2013 antwortete der Beklagtenvertreter, die Beklagte warte darauf, dass endlich mit der Sanierung begonnen werde, und forderte die Klägerin nochmals auf, die Mängel zu beheben. Am 11. 3. 2013 skizzierte der Klagevertreter den Zeithorizont für die Arbeiten und hielt fest, dass ein Termin für Mitte April 2013 festgelegt werden könne, wenn die Beklagte nun die Zustimmung zur Ausführung der Arbeiten definitiv erteile. Am 4. 4. 2013 schrieb der Geschäftsführer der beklagten Partei an den Geschäftsführer der Klägerin, dass er ihn um Kontaktaufnahme betreffend die Sanierung ersuche und es sinnvoll erscheine, ihm einen Plan der Verlegung und Produktbekanntgabe des zu verwendenden Materials zu übermitteln. Der Klagevertreter wies dann in einem Schreiben vom 8. 4. 2013 den Beklagtenvertreter darauf hin, dass die Klägerin nicht verpflichtet sei, eine Detailplanung vor Durchführung der Sanierungsarbeiten vorzulegen, und hielt fest, dass die Sanierung in Angriff genommen werde, sobald ihm die Beklagte einen Termin bekannt gebe. Der Beklagtenvertreter antwortete darauf am 2. 5. 2013, dass die Beklagte mehrfach versucht habe, die Klägerin zur Sanierung zu bewegen, und verwies auf sein E Mail vom 4. 4. 2013. Am 6. 5. 2013 wies der Klagevertreter nochmal daraufhin, dass die Sanierung lediglich daran gescheitert sei, dass die Beklagte noch keinen Termin bekannt gegeben habe; die Klägerin sei zur Sanierung bereit und lade die Beklagte nochmals ein, einen Termin bekannt zu geben. Am 6. 12. 2013 forderte der Beklagtenvertreter die Klägerin auf, endlich die Sanierung in Angriff zu nehmen. Der Klagevertreter antwortete am 9. 12. 2013, eine Ausführung der Arbeiten wäre Anfang Februar 2014 frühestens möglich, weil die Materialbestellung wegen der bevorstehenden Weihnachtszeit mindestens sechs Wochen dauern werde, und ersuchte um Rückäußerung, ob die Arbeiten zu diesem Zeitpunkt ausgeführt werden könnten. Am 18. 12. 2013 antwortete der Beklagtenvertreter, die Sanierung sei natürlich auch im Februar möglich; die Klägerin möge den genauen Zeitplan bekannt geben. Am 19. 12. 2013 nahm der Klagevertreter gegenüber dem Beklagtenvertreter die Ausführungen der Arbeiten im Februar 2014 zur Kenntnis. Am 17. 1. 2014 (letzte Streitverhandlung, ON 12, AS 101) kamen die Parteien überein, dass am 10. 2. 2014 saniert werden könne. Bis zum Schluss der mündlichen Streitverhandlung im vorliegenden Verfahren am 17. 1. 2014 war die Sanierung noch nicht durchgeführt worden.

Die klagende Werkerstellerin begehrt mit der am 23. 4. 2013 eingebrachten Klage 11.115,09 EUR sA. Die Beklagte habe eine Bankgarantie zur Besicherung des Haftrücklasses ungerechtfertigt in Anspruch genommen. Aufgrund des Vorverfahrens stehe fest, dass die Klägerin bereits 2008 die optimale Sanierungsmethode vorgeschlagen habe. Die Ausführung der Verbesserung sei nur deshalb unterblieben, weil die Beklagte es verabsäumt habe, einen Termin zur Ausführung der Arbeiten bekannt zu geben. Sie befinde sich daher seit Jahren in Annahmeverzug.

Die beklagte Partei bestritt. Bis zur mangelfreien Fertigstellung und Abrechnung werde die Auszahlung des Haftrücklasses verweigert. Die Frage des Annahmeverzugs, der im Übrigen nicht vorliege, spiele keine Rolle. Als Gegenforderung wendete sie 18.606,90 EUR ein und brachte dazu vor, dass es sich dabei einerseits um die Gutachtenskosten bei der Montanuniversität Leoben von brutto 5.006,90 EUR, sowie die für die Sanierung notwendigen ergänzenden Einreichungen bei der Baubehörde bzw Überwachung durch eine örtliche Bauaufsicht und Abnahme mit 5.000 EUR sowie letztlich um die Organisation einer Ersatzwasserversorgung für das gesamte Haus während der Bauzeit mit Kosten von ebenfalls 5.000 EUR handle. Schließlich habe sich die Beklagte vor dem Vorprozess zur Durchsetzung der Verlängerung der Gewährleistungsverpflichtung der Dienste des Beklagtenvertreters bedient, wofür Kosten in Höhe von 3.600 EUR aufgelaufen seien.

Das Erstgericht stellte das Zurechtbestehen der Klagsforderung und das Nichtzurechtbestehen der Gegenforderungen fest und gab daher dem Klagebegehren zur Gänze statt. Bereits mit der Einbringung der Verbesserungsklage sei Fälligkeit des Anspruchs der Klägerin zur Zahlung des Haftrücklasses eingetreten. Bei den Gegenforderungen seien die Kosten des Gutachtens der Montanuniversität Leoben und des vorprozessualen Einschreitens des Klagevertreters unter schadenersatzrechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen. Es fehle an der Kausalität, weil die Klägerin zum Zeitpunkt des Entstehens dieser Forderungen bereits einen tauglichen Verbesserungsvorschlag, den sie jederzeit umzusetzen bereit gewesen sei, erstattet habe. Die übrigen als Gegenforderung eingewendeten Ansprüche beträfen mögliche künftige Kosten, die bei der Durchführung der Sanierung entstehen könnten. Ein ziffernmäßig bestimmbarer Schaden sei derzeit noch nicht eingetreten.

Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung ohne auf die Mängel- und Tatsachenrüge einzugehen im Sinne einer gänzlichen Klageabweisung ab. Zwischen dem Teilanerkenntnisurteil vom 20. 6. 2012 und dem Urteil des Oberlandesgerichts Graz vom 22. 1. 2013 im Vorverfahren sei ein Anbot zur Mängelbehebung nicht ersichtlich, und auch aus dem festgestellten Schriftverkehr danach gehe ein Annahmeverzug der Beklagten nicht hervor. Schließlich habe es eine Einigung auf einen Sanierungstermin gegeben, weshalb der Berufungswerberin eine endgültige Ablehnung, Verhinderung oder Unmöglichmachung der Mängelbehebung nicht vorgeworfen werden könne. Auch eine mangelnde Kooperationsbereitschaft sei nicht anzunehmen, weil es der Beklagten im Hinblick auf die konkret durchzuführende Mängelbehebung über eine „Bypasslösung“ nicht zu verdenken sei, wenn sie sich im Detail über die durchzuführenden Verlegungsarbeiten und das dabei verwendete Material (Produkt) sowie für das Vorhandensein der erforderlichen Genehmigungen informieren wolle. Der Berufungswerberin sei daher insgesamt kein Annahmeverzug vorzuwerfen.

Über Antrag gemäß § 508 ZPO ließ das Berufungsgericht nachträglich die ordentliche Revision zu. Es sei nicht auszuschließen, dass für die Beurteilung des Annahmeverzugs der Beklagten bereits der Zeitraum ab 2008 zu berücksichtigen sei und das Verhalten der Beklagten während dieser gesamten Zeit einschließlich des Informationswunsches rechtlich im Sinne eines Annahmeverzugs beurteilt werden könne.

Gegen das Berufungsurteil richtet sich die ordentliche Revision der klagenden Partei mit dem Argument, die Entscheidung des Berufungsgerichts stehe im Widerspruch zur ständigen Judikatur, insbesondere 4 Ob 163/11s, wonach das Leistungsverweigerungsrecht des Werkbestellers bis zur Mängelbehebung entfalle, wenn er die Verbesserung ablehne oder durch fehlende Kooperation verhindere. Der Auftraggeber sei daher umso weniger berechtigt, einen zur Besicherung des Gewährleistungsanspruchs erlegten Haftrücklass während dieses Zeitraums in Anspruch zu nehmen. Die beklagte Partei befinde sich hier in Bezug auf die Verbesserung bereits seit 7. 5. 2008 in Annahmeverzug. Die Klägerin beantragt daher die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung, in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision nicht zuzulassen; in eventu, ihr keine Folge zu geben, sowie weiters in eventu, die Rechtssache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Der Zweck des Haftungsrücklasses bestehe darin, das wirtschaftliche Risiko des Auftraggebers für den Fall abzuschwächen, dass der Auftragnehmer seine Gewährleistungs und Schadenersatzansprüche nicht erfülle. Die Beklagte habe aufgrund der bestehenden Mängel die Bankgarantie am 4. 7. 2011 rechtmäßig in Anspruch genommen. Das Recht zur Leistungsverweigerung bzw zum Einbehalt des Haftrücklasses bestehe bis zur Mängelbehebung, die hier noch nicht erfolgt sei. Ein angeblicher Annahmeverzug vor Erlassung des Feststellungsurteils scheide schon deshalb aus, weil der Zweck des Haftrücklasses konterkariert würde. Auch der Anspruch auf Informationsübermittlung sei im Sinne der Ausführungen des Berufungsgerichts berechtigt. Im Übrigen sei sollte der Oberste Gerichtshof die Revision zulassen und ihr aus rechtlichen Gründen Folge geben das Berufungsverfahren mangelhaft geblieben, weil sich das Berufungsgericht nicht mit der Tatsachen und der Verfahrensrüge befasst habe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist zulässig im Sinne der Ausführungen des Berufungsgerichts und berechtigt im Sinne des eventualiter gestellten Aufhebungsantrags .

1. Der Haftrücklass (das vertragliche Recht des Bestellers, einen Teil des Werklohns zurückzubehalten) oder die Haftrücklassgarantie (mit dem Zweck, den Begünstigten so zu stellen, als ob er die fragliche Summe noch gar nicht aus der Hand gegeben hätte) sollen Gewährleistungsansprüche sichern und somit auch den Anspruch des Bestellers auf Verbesserung des mangelhaften Werks (RIS Justiz RS0018098; RS0018099; 3 Ob 6/11w). Solange ein Verbesserungsanspruch besteht, wird die Fälligkeit des Werklohns hinausgeschoben (7 Ob 187/09i; RIS Justiz RS0019929). Die Fälligkeit kann aber nur solange hinausgeschoben werden, als die Verbesserung im Interesse des Bestellers liegt. Fällt dieses Interesse weg, besteht kein Bedürfnis nach Gewährung eines gänzlichen Leistungsverweigerungsrechts mehr. Das Leistungsverweigerungsrecht des Bestellers erlischt somit, sobald er die Fertigstellung des Werks durch den Unternehmer verhindert oder unmöglich macht oder von einem Dritten vervollständigen lässt. Es entfällt ebenso bei Fehlen der nötigen Kooperation zur Bewerkstelligung der Mängelbehebung durch den Verpflichteten (4 Ob 163/11s; 1 Ob 93/11z). Auf eine mangelnde Fälligkeit des Werklohns kann sich der Besteller vor allem dann nicht mehr berufen, wenn er die Behebung der Mängel durch den Unternehmer nicht mehr zulässt oder sie geradezu vereitelt. In einem solchen Fall besteht kein Sicherungsbedürfnis des Werkbestellers mehr und ist ihm daher auch kein Recht zur Verweigerung der Gegenleistung zuzubilligen (10 Ob 136/98t; Verschraegen in Kletečka/Schauer , ABGB ON 1.03 , § 1052 Rz 31).

2. Nach § 1167 iVm § 932 ABGB kann der Besteller zwar die Verbesserung des mangelhaften Werks fordern, nirgends aber ist dem Besteller das Recht eingeräumt, auf Art, Umfang und Durchführung der Verbesserung mehr Einfluss zu nehmen, als er es nach dem zugrunde liegenden Vertrag konnte. Es steht dem Werkunternehmer frei, die Verbesserung im Rahmen der Sachkunde und Vertragstreue im Einzelnen nach dem eigenen besten Wissen vorzunehmen, ohne sich hiefür vom Besteller Vorschriften machen lassen zu müssen (7 Ob 543/76; 1 Ob 93/11z). In der zuletzt genannten Entscheidung ging der Oberste Gerichtshof davon aus, dass infolge Annahmeverzugs der Werklohn zustehe, wenn der Werkbesteller keinen Verbesserungstermin bekannt gab, sondern vielmehr ungerechtfertigte Bedingungen auch insoweit stellte, als er die Vorlage eines Sanierungsplans samt Überprüfung durch einen Sachverständigen forderte. Damit habe der Werkbesteller zwar nicht den Verbesserungsanspruch, wohl aber die Einrede des nichterfüllten Vertrags hinsichtlich der Mängel, die der Sachverständige festgestellt und deren Behebung der Werkunternehmer zugesagt habe, die aber wegen des unberechtigten Widerstands des Werkbestellers nicht ausgeführt werden konnten, verloren. Damit sei die gesetzliche Voraussetzung des Zahlungsanspruchs des Werkunternehmers erfüllt.

Verhindert der Besteller nämlich durch ungerechtfertigte Bedingungen die Verbesserung, verliert er zwar nicht den Verbesserungsanspruch, wohl aber die Einrede des nicht erfüllten Vertrags (7 Ob 543/76 = JBl 1976, 537). Wenn der Besteller die zunächst geforderte Verbesserung des Werks nicht zulässt oder sonst vereitelt, steht dem Unternehmer in der Regel das volle Entgelt zu, weil das Verhalten des Bestellers nicht anders zu beurteilen ist, als hätte er gar keine Verbesserung verlangt (RIS Justiz RS0021814).

3. Hier ist das Erstgericht davon ausgegangen, dass aufgrund des Vorverfahrens zwischen den Streitteilen feststehe , dass die Klägerin der Beklagten bereits mit E Mail vom 7. 5. 2008 die Durchführung der Sanierung der Mängel in der sogenannten „Bypasslösung“ angeboten hat.

Soweit die beklagte Partei in ihrer Revisionsbeantwortung vorbringt, dass dies nicht von der Bindungswirkung des Vorprozesses umfasst sei bzw, sollte dies als Feststellung beurteilt werden, die diesbezügliche Beweisrüge vom Berufungsgericht nicht erledigt worden sei, ist darauf deshalb nicht weiter einzugehen, weil das fragliche E Mail als Beilage./F im erstgerichtlichen Akt erliegt, die Echtheit der Urkunde zugestanden wurde und ihr Wortlaut im Hinblick auf die Urkundenerklärung der beklagten Partei (Verweisung auf das eigene Vorbringen: AS 60 in ON 7) als zwischen den Parteien unstrittig anzusehen ist. Es ist aber prozessual unbedenklich, unstrittiges Vorbringen und dazu gehört auch der Inhalt einer in ihrer Richtigkeit nicht bestrittenen Urkunde ohne Weiteres der Entscheidung zugrunde zu legen. Dies gilt auch für das Verfahren vor dem Revisionsgericht (2 Ob 173/12y mwN).

4. Es ist daher hier jedenfalls davon auszugehen, dass die klagende Partei der beklagten Partei bereits mit diesem E Mail vom 7. 5. 2008 die Durchführung der Sanierung im Wege der „Bypasslösung“ angeboten hat. Spätestens mit Vorliegen des Sachverständigengutachtens im Vorakt (Dezember 2011) hat die beklagte Partei Kenntnis davon gehabt, dass es sich bei der vorgeschlagenen Variante um die ökonomisch und technisch einzig sinnvolle Maßnahme gehandelt hat (Seite 3 des Ersturteils und Seite 9 des Berufungsurteils, beide im Vorverfahren). Dennoch hat die Beklagte die Klägerin weiterhin lediglich zur Mängelbehebung aufgefordert, ohne an einer konkreten Terminisierung mitzuwirken. Es ist daher mit dem Erstgericht von einem Annahmeverzug der beklagten Partei in Bezug auf die angebotenen Verbesserungsarbeiten auszugehen, wodurch die Beklagte zwar nicht ihren Verbesserungsanspruch, aber die Einrede des nichterfüllten Vertrags und damit das Recht, das Entgelt zurückzuhalten, verloren hat.

5. Die in diesem Zusammenhang in der Berufung erhobene vom Berufungsgericht nicht behandelte Mängelrüge ist insofern nicht entscheidungsrelevant, als nach dem oben Gesagten nicht von einer Verbesserungsver-weigerung und einem daraus resultierenden Anspruch auf das Deckungskapital, sondern davon auszugehen ist, dass der beklagten Partei der durch das Anerkenntnisurteil gesicherte Verbesserungsanspruch weiter zusteht und lediglich die Einrede des nichterfüllten Vertrags weggefallen ist.

Die in der Berufung weiter geltend gemachten und vom Berufungsgericht nicht behandelten sekundären Feststellungsmängel sind der Rechtsrüge zuzuordnen: Wie oft aber die klagende Partei an die beklagte Partei „persönlich“ ein E Mail geschrieben und sie wegen der Sanierung kontaktiert hat, und ob sie im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz im Besitz der notwendigen Sanierungsmaterialien war, ist ebensowenig entscheidungs-relevant wie die Frage, wie hoch die „Eigenkosten“ der Sanierung für die klagende Partei sind. Welche „Genehmigung“ fehlen soll, wird im Rechtsmittel nicht näher ausgeführt.

6. Zusammenfassung:

Insgesamt ist daher davon auszugehen, dass das Klagebegehren auf Rückzahlung des der Höhe nach unstrittigen Haftrücklasses berechtigt ist.

7. Zu den Gegenforderungen:

7.1. Kosten der Montanuniversität Leoben und Rechtsanwaltskosten:

Dazu hat das Erstgericht (Seite 3 seines Urteils = AS 137) einerseits dem Vorverfahren entnommen, dass die (hier) Beklagte am 5. 10. 2008 die Montanuniversität Leoben im Einvernehmen mit der (hier) Klägerin „auf ihre Kosten“ mit der Untersuchung der verzinkten Stahlrohre und der Gutachtenserstattung über die Ursachen der Schäden beauftragte und der Montanuniversität den dafür verrechneten Betrag von 4.172 EUR bezahlte. Diesen Feststellungen ist aber nicht mit der notwendigen Klarheit zu entnehmen, wer mit „auf ihre Kosten“ gemeint ist. Andererseits hat es auch festgestellt, dass der Beklagtenvertreter zwischen 25. 3. 2010 und 21. 4. 2011 für die Beklagte Leistungen im Betrag von 1.904,30 EUR „zur Durchsetzung der Verlängerung der Gewährleistungsverpflichtung und der Gewährleistungsansprüche der Beklagten“ erbracht hat.

Sollten die Gutachtenskosten nicht Gegenstand einer Vereinbarung gewesen sein (aus dem Vorakt, dort ON 51, AS 479 f, ergibt sich lediglich, dass „in Absprache mit dem Generalplaner und der nunmehrigen Klägerin eine Rohrprobe entnommen und an die Montanuniversität geschickt“ wurde, nicht aber eine Kostentragungsver-einbarung), werden sie ebenso wie die Anwaltskosten nach schadenersatzrechtlichen Grundsätzen zu prüfen sein, wobei von mangelnder Kausalität nicht von vorneherein ausgegangen werden kann.

7.2. Kosten der Überwachung der Sanierung und der alternativen Wasserversorgung der Hausbewohner während der Sanierung:

Das Erstgericht hat diese Ansprüche mit der Begründung als nicht berechtigt angesehen, dass es sich dabei um „mögliche künftige Kosten handle, ein ziffernmäßig bestimmbarer Schaden aber derzeit noch nicht eingetreten“ sei.

Damit spricht es die mangelnde Fälligkeit der behaupteten Mangelfolgeschäden an.

Für die Fälligkeit des Schadenersatzanspruchs kommt es aber nicht darauf an, ob der Schaden bereits beseitigt wurde (vgl auch 7 Ob 140/10d). Der Geschädigte ist grundsätzlich nicht verpflichtet, eigenes Kapital sei es zur Schadensbehebung, sei es zur Beseitigung von Mangelfolgeschäden einzusetzen (2 Ob 117/09h; RIS Justiz RS0031088; RS0030571). Vielmehr besteht eine Vorschusspflicht des Schädigers. Der Vorschuss wird dann fällig, wenn der Gläubiger ihn zur Schadensbehebung benötigt, und muss angemessene Zeit davor zur Verfügung stehen (2 Ob 48/14v ZVR 2015/47 [ Ch. Huber ]).

Insofern kann daher auch ein allfälliges Zurechtbestehen von Vorschüssen für zukünftige, bereits absehbare Mängelfolgeschäden der Art, wie sie von Beklagtenseite unter diesem Titel vorgebracht wurden, nicht von vorneherein ausgeschlossen werden. Ob derartige Tätigkeiten seitens der beklagten Partei und daher auch die dafür geforderten Kosten aber überhaupt notwendig sein werden, und wenn ja, in welcher Höhe diesbezüglich Kosten voraussichtlich auflaufen werden, wird im fortgesetzten Verfahren noch näher dem Grunde und der Höhe nach festzustellen sein.

8. Gemäß § 391 Abs 3 ZPO kann ein Teilurteil über den Klagsanspruch im Falle einer Gegenforderung nur ergehen, wenn kein rechtlicher Zusammenhang besteht. Dieser ist hier aber zu bejahen, weil sich die Forderungen aus einem einheitlichen Vertrag bzw einem einheitlichen, unter dem gleichen rechtlichen Gesichtspunkt zu beurteilenden Lebenssachverhalt ableiten ( Rechberger in Rechberger ZPO 4 § 392 Rz 15). Da die Fällung eines Teilurteils daher grundsätzlich unzulässig ist (2 Ob 21/07p SZ 2007/199; RIS Justiz RS0040878), war mit einer bloßen Aufhebung vorzugehen.

9. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 50 Abs 1, § 52 Abs 1 ZPO.

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