JudikaturJustiz2Ob161/06z

2Ob161/06z – OGH Entscheidung

Entscheidung
01. Februar 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anna F*****, Pensionistin, *****, vertreten durch die Sachwalterin Hermanna R*****, Verein für Sachwalterschaft und Patientenanwaltschaft, Ressavarstraße 14, 8230 Hartberg, vertreten durch Stampfer, Orgler Partner, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei Walter S*****, Angestellter, *****, *****, vertreten durch Mag. Siegfried Riegler, Rechtsanwalt in Knittelfeld, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 29. März 2006, GZ 3 R 10/06x-44, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Hartberg vom 16. November 2005, GZ 2 C 3332/03b-38, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass die Entscheidungen der Vorinstanzen zu lauten haben:

„Die beklagte Partei ist schuldig, das auf der Liegenschaft EZ ***** KG ***** D***** befindliche Einfamilienhaus *****, zu räumen und der klagenden Partei geräumt von eigenen Fahrnissen zu übergeben und der klagenden Partei die mit EUR 1.960,67 (darin EUR 285,61 USt und EUR 247,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz sowie die mit EUR 296,04 (darin EUR 53,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen, dies alles binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution."

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 358,87 (darin EUR 33,31 USt und EUR 159,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die am 11. 6. 1928 geborene Klägerin ist Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ ***** KG ***** D*****, unter anderem mit dem Grundstück .17/1 Baufläche mit dem Haus D***** Nr *****. Im Jahre 1996 wurde ein schriftlicher Mietvertrag aufgesetzt, der von der damals noch nicht von einem Sachwalter vertretenen Klägerin unterfertigt wurde und folgenden Inhalt hat: „Der Vertrag besteht zwischen Frau Anna F***** wohnhaft in D***** ***** als Vermieter und Herrn Walter S***** wohnhaft in ***** als Mieter. Mietobjekt: Haus in D***** Nr *****. Die Miethöhe beträgt 1.000 S monatlich und wird innerhalb der ersten Woche des Monates auf das Konto von Frau Anna F***** überwiesen. Der Mietvertrag beginnt im August 1996. Strom, Wasser, Heizung, Kanal- und Müllgebühr sind in der Miete enthalten. Der Zutritt der Privaträume des Mieters ist nur mit dessen Erlaubnis gestattet." Der Mietvertrag wurde in der Folge tatsächlich so ausgeübt, dass dem Beklagten die Alleinbenützung eines Zimmers im Erdgeschoss sowie die Mitbenützung des Bades, der Waschmaschine und der Küche zukam. In der Folge, insbesondere nach Übersiedlung der Klägerin in ein Heim, dehnte der Beklagte die Benützung auf das ganze Hauses aus.

Am 23. 6. 1998 schlossen die Streitteile vor dem Bezirksgericht Hartberg zu 2 C 1205/98y einen prätorischen Vergleich folgenden Inhaltes: „Die beklagte Partei (Anm: so wurde der hier Beklagte im prätorischen Vergleich bezeichnet) verpflichtet sich das von ihr gemietete Zimmer, rechts vom Hauseingang gelegen im Haus D***** Nr ***** bis 31. 10. 1998 von eigenen Fahrnissen zu räumen und der klagenden Partei geräumt bei Exekution zu übergeben. Die beklagte Partei verzichtet auf jedwede Antragstellung wegen eines Räumungsaufschubes, sie verzichtet auch auf eine Klagsführung im Sinne der Bestimmung der §§ 35 f EO." Die Klägerin verabsäumte es zunächst, eine Räumungsexekution zu beantragen, der Beklagte bezahlte weiter den monatlichen Pauschalmietzins von S 1.000,--, später den entsprechenden Wert in EUR.

Am 12. 1. 1999 wurde für die Klägerin ein Sachwalterschaftsverfahren eingeleitet. Mit Beschluss vom 7. 4. 1999, 8 P 12/99z-12, bestellte das Bezirksgericht Hartberg Hermanna R***** zum Sachwalter der Klägerin, wobei neben der Regelung der finanziellen Angelegenheiten generell insbesondere die Verwaltung auch der klagsgegenständlichen Liegenschaft in den Aufgabenkreis der Sachwalterin aufgenommen wurde. Die Sachwalterin genehmigte nie entweder einen schriftlichen oder allenfalls von der Klägerin konkludent abgeschlossenen Mietvertrag, noch gibt es eine pflegschaftsbehördliche Genehmigung eines solchen Vertrages.

Die Klägerin beantragte, bereits vertreten durch die Sachwalterin, am 8. 10. 1999 die Bewilligung der zwangsweisen Räumung, welche ihr zunächst mit Beschluss des Bezirksgerichtes Hartberg vom 11. 10. 1999 bewilligt wurde. Mit Beschluss vom 13. 1. 2000, 3 R 2/00m änderte das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht den Bewilligungsbeschluss dahin ab, dass es den Antrag der betreibenden Partei, auf Grund des vollstreckbaren Vergleiches vom 23. 6. 1998, 2 C 1205/98y des Bezirksgerichtes Hartberg die Räumungsexekution zu bewilligen, abwies. Das Rekursgericht ging davon aus, dass dem Räumungsvergleich ein Bestandverhältnis zugrundegelegen war. Es wendete demzufolge die Bestimmung des § 575 Abs 2 ZPO an und gelangte zur Rechtsauffassung, dass infolge Fristversäumung eine Exekutionsbewilligung nicht mehr möglich sei.

Am 9. 4. 2001 brachte die Klägerin, vertreten durch die Sachwalterin, zu 2 C 842/01y beim Bezirksgericht Hartberg eine gerichtliche Aufkündigung, gestützt auf § 1118 ABGB und § 30 Abs 2 MRG, ein. In diesem Verfahren ging die Klägerin vom Bestehen eines Mietvertrages aus, der Beklagte widersprach dem nicht, bestritt aber das Vorliegen eines Kündigungsgrundes. Das Erstgericht erklärte mit Urteil vom 21. 3. 2002 die Aufkündigung für rechtsunwirksam und wies das Klagebegehren ab. Es verneinte das Vorliegen eines Kündigungsgrundes. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Dieses Urteil wurde der Klagevertreterin am 18. 9. 2002 zugestellt.

Am 24. 11. 2003 brachte die Klägerin, vertreten durch die Sachwalterin, die vorliegende Räumungsklage beim Erstgericht ein. Sie stützte das Räumungsbegehren einerseits darauf, dass das Nutzungsverhältnis „bzw Bestandverhältnis" gemäß § 1118 ABGB für aufgelöst erklärt werde, weil der Beklagte einen erheblich nachteiligen Gebrauch von der Bestandsache mache. Er lasse das Bestandobjekt völlig verkommen und gefährde die Sicherheit des Bestandobjektes und der darin verkehrenden Personen dadurch, dass er eigenmächtig ein mit Benzin betriebenes Aggregat zur Stromerzeugung verwende. Andererseits werde titellose Benützung des Mietobjektes geltend gemacht, weil, soferne ein Vertrag vorliege, die Klägerin zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung geschäftsunfähig gewesen sei, insbesondere seit 1991 unter manisch-depressiven Zuständen leide. Sie sei auch nicht in der Lage gewesen, allenfalls schlüssig einen Vertrag mit dem Beklagten abzuschließen, außerdem hätte ein solcher der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung bedurft, welche aber nicht eingeholt worden sei.

Der Beklagte bestritt das Klagevorbringen und beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Trotz Erörterung des Erstrichters (AS 77), dass der schriftliche Mietvertrag vom August 1996 durch den Räumungsvergleich aufgehoben worden sei, beharrte der Beklagte auf dem aufrechten Bestand dieses Mietvertrages.

Im ersten Rechtsgang gab das Erstgericht dem Räumungsbegehren statt (ON 21). Es vertrat die Rechtsaufassung, dass durch den Räumungsvergleich der im Sommer 1996 geschlossene Mietvertrag jedenfalls per 31. 10. 1998 beendet worden sei. Für die Zeit ab Beendigung des erfolglos geführten Räumungsexekutionsverfahrens komme zwar das Eingehen eines konkludenten Mietvertrages in Frage, doch hätte es hiezu infolge der Sachwalterbestellung nicht nur der Zustimmung des Sachwalters, sondern auch der Genehmigung durch das Pflegschaftsgericht bedurft. Beides liege nicht vor. Das Berufungsgericht hob im ersten Rechtsgang (ON 27) das Ersturteil auf und überband dabei dem Erstgericht die Rechtsauffassung, dass dieses in seiner rechtlichen Beurteilung an das über die seinerzeitige Aufkündigung ergangene Urteil, 2 C 842/01y, gebunden sei. Da eine Aufkündigung gemäß § 560 f ZPO das Bestehen eines Bestandvertrages voraussetze, sei dieser rechtserzeugende Sachverhalt zur Individualisierung des Spruches der Entscheidung notwendig gewesen, weshalb sich die materielle Rechtskraft der im Kündigungsverfahren ergangenen Entscheidung insoweit auch auf die Entscheidungsgründe erstrecke. Der Klägerin sei daher das Vorbringen verwehrt, dass ein Mietvertrag infolge Geschäftsunfähigkeit der Klägerin gar nicht wirksam zustandegekommen sei.

Im zweiten Rechtsgang wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Im Hinblick auf die ihm überbundene Rechtsansicht prüfte es nur noch das Vorliegen eines Auflösungsgrundes nach § 1118 ABGB und verneinte dies.

Das Berufungsgericht hielt an seiner früheren Rechtsauffassung fest und bestätigte das Ersturteil.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene außerordentliche Revision der Klägerin ist zulässig; sie ist auch berechtigt.

Die Revision beschränkt sich auf die Bekämpfung der Annahme einer Bindungswirkung der im früheren Verfahren 2 C 842/01y ergangenen Entscheidung und des Vorliegens eines Mietvertrages, weil dem wirksamen Zustandekommen eines solchen die Geschäftsunfähigkeit der Klägerin entgegengestanden sei.

Zu der vom Berufungsgericht angenommenen Bindung an die Vorentscheidung: Ist in einem Verfahren über eine Aufkündigung sowohl in dieser als auch in den Einwendungen ein Bestandverhältnis behauptet worden, dann besteht infolge der Parteienmaxime für das Gericht weder die Notwendigkeit noch auch nur die Möglichkeit, die Frage der Zulässigkeit des Bestandverfahrens aufzurollen (RIS-Justiz RS0044717). Es besteht aber auch nicht die Möglichkeit, die Richtigkeit eines solchen übereinstimmenden Vorbringens zu überprüfen und etwa auf Grund abweichender Feststellungen zur sonst unvermeidlichen Rechtsunwirksamerklärung einer Kündigung mangels Bestehen eines Bestandverhältnisses zu gelangen (7 Ob 579/78 = MietSlg 30.774). Es wurde schon judiziert, dass auch ein Urteil, das auf einer Parteiendisposition über den geltnd gemachten Anspruch beruht und dem daher keine Sachverhaltsermittlung zugrundeliegt, der gleichen materiellen Rechtskraft teilhaft werden kann wie ein nach einem kontradiktorischen Verfahren ergangenes (So zum Teilanerkenntnisurteil: 4 Ob 163/05g). Wesentlich für eine solche Bindung ist jedoch, ob der von der Parteidisposition (zB Anerkenntnis) umfasste Anspruch auch die Hauptfrage darstellte, die im Folgeprozess Vorfrage ist (9 ObA 205/98g). Diese Auffassung entspricht der ganz überwiegenden jüngeren oberstgerichtlichen Rechtsprechung, nach der nur die Haupt-, nicht aber eine Vorfragenbeurteilung des Vorprozesses bindet (RIS-Justiz RS0039843; RS0041142). Im vorliegenden Fall war Hauptfrage des früheren Verfahrens ausschließlich, ob der Beklagte einen Kündigungsgrund gesetzt hatte oder nicht. Zufolge der Verneinung von Kündigungsgründen und der daraus folgenden Aufhebung der Aufkündigung ist daher nur die Beurteilung bindend, dass die im Aufkündigungsverfahren geltend gemachten Kündigungsgründe nicht vorgelegen haben.

Somit ist - ohne bindende Vorgabe, dass ein gültiger Mietvertrag besteht - zunächst auf die hier verfahrensgegenständliche Frage der Geschäftsfähigkeit der Klägerin bei Abschluss eines Mietvertrages einzugehen. Die folgenden Erwägungen zeigen, dass eine Entscheidung in der Sache selbst bereits möglich ist, ohne dass es einer Verfahrensergänzung, insbesondere der Einholung eines Sachverständigengutachtens, bedürfte. Selbst wenn man unterstellt, dass die Klägerin im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages (August 1996) voll geschäftsfähig war, wurde der Mietvertrag mit dem Vergleich vom 23. 6. 1998 beendet. Auch ein Räumungsvergleich stellt einen der Bestimmung des § 575 Abs 2 ZPO unterfallenden Titel dar, wenn dem Räumungsvergleich ein Bestandverhältnis zugrundelag (3 Ob 5/85 = MietSlg 37.793 mwN). Durch die Unterlassung alsbaldiger Exekutionsführung im Sinn des § 575 Abs 2 ZPO tritt aber keine Änderung der materiell-rechtlichen Beziehungen ein, ein beendetes Bestandverhältnis bleibt daher beendet, der frühere Bestandnehmer ist weiterhin zur Zurückstellung der Bestandsache verpflichtet. Eine Erneuerung des Bestandverhältnisses könnte nur aus dem über die bloße Unterlassung der rechtzeitigen Exekutionsantrages hinausgehenden Verhalten und den Erklärungen der Parteien nach Eintritt der Vollstreckbarkeit angenommen werden (RIS-Justiz RS0020831, zuletzt 1 Ob 9/00f). Im vorliegenden Fall kann kein Zweifel daran bestehen, dass mit dem Räumungsvergleich die Beendigung des ausdrücklich als solches bezeichneten Bestandverhältnisses bewirkt werden sollte und tatsächlich bewirkt wurde.

Für die alternative Annahme, dass die Klägerin zwar bei Eingehen des Mietvertrages, nicht jedoch bei Abschluss des Räumungsvergleichs geschäftsfähig war, was den Weiterbestand des Mietverhältnisses zur Folge hätte haben können, fehlt es an entsprechendem Vorbringen des Beklagten. Dieser hat es trotz ausdrücklicher Erörterung des Erstrichters, dass der Räumungsvergleich vertragsbeendende Wirkung hat, unterlassen, einen entsprechenden Einwand zu erheben. Als weiterer Schritt ist zu prüfen, ob durch die Weiterbenützung des Mietobjektes und Weiterzahlung des Mietzinses durch den Beklagten nach Ende der Räumungsfrist, wenn man überdies die Geschäftsfähigkeit der Klägerin unterstellen wollte, ein Mietvertrag schlüssig zustandekommen konnte. Dabei wäre auf ein Verhalten der Klägerin bis zur Bestellung der Sachwalterin im April 1999 abzustellen. Bei der Beurteilung eines Verhaltens gemäß § 863 ABGB kommt es grundsätzlich nicht darauf an, was der sich in einer bestimmten Weise Verhaltende allenfalls wollte, sondern vielmehr darauf, welche Schlüsse der Partner daraus nach Treu und Glauben abzuleiten berechtigt war. Eine konkludente Erklärung darf nur dann angenommen werden, wenn eine Handlung oder Unterlassung nach der Verkehrssitte und nach den üblichen Gewohnheiten und Gebräuchen eindeutig in einer Richtung zu verstehen ist. Es darf kein vernünftiger Grund bestehen, daran zu zweifeln, dass ein Rechtsfolgewillen in einer bestimmten Richtung vorliegt. Immer werden die gesamten Umstände des Einzelfalles zur Beurteilung heranzuziehen sein (stRsp; stellvertretend für viele: 7 Ob 714/81 = MietSlg 33.137; 4 Ob 2190/96d; 8 Ob 67/99g; RS0014424). Schon mangels entsprechenden Vorbringens konnte nicht festgestellt werden, dass die Klägerin auf die Durchsetzung des Räumungsvergleiches verzichten wollte. Somit musste aber der Beklagte jedenfalls während der 6-Monate-Frist des § 575 Abs 2 ZPO, gerechnet ab dem Räumungstermin (dh bis Ende April 1999) davon ausgehen, zwangsweise aus dem Bestandobjekt entfernt zu werden. Die Entgegennahme des Mietzinses während dieser Zeit der Exequierbarkeit des Räumungsvergleichs war für sich allein nicht geeignet, auf den Neuabschluss eines Mietverhältnisses schließen zu lassen. Nach Lehre und Rechtsprechung hat nämlich der Bestandnehmer, der die Rückstellung der Bestandsache verzögert, für die Zeit der vertragswidrigen Weiterbenützung Benützungsentgelt zu zahlen, welches in der Regel mit dem bisher bezahlten Mietzins auszumessen ist (RIS-Justiz RS0019909). Die Verpflichtung des ehemaligen Bestandnehmers zur Zahlung eines solchen Benützungsentgeltes als Folge des Zuwiderhandelns gegen die Rückstellungspflicht beruht auf § 1041 ABGB und besteht unabhängig davon, ob und wie die Bestandsache über die vereinbarte Bestandzeit hinaus weiter verwendet wurde und ob der Bestandnehmer während der Verzögerung der Rückstellung seinerseits einen messbaren Nutzen vom Bestandobjekt hatte. Sie setzt weder ein Verschulden des früheren Bestandnehmers noch einen Schaden des Eigentümers voraus. Allein der Entgang der Nutzungschance des Eigentümers führt zur Verpflichtung zur Zahlung eines angemessenen Benützungsentgeltes (3 Ob 54/98g mwN). Daraus folgt, dass die Klägerin selbst dann, wenn sie geschäftsfähig gewesen sein sollte, bis zur Sachwalterbestellung kein Verhalten gesetzt hätte, welches auf die schlüssige Fortsetzung oder Neubegründung eines Mietverhältnisses schließen hätte lassen.

Für die Zeit ab Bestellung der Sachwalterin Anfang April 1999 konnte es für ein schlüssiges Zustandekommen eines Bestandvertrages nur mehr auf deren Verhalten ankommen. Selbst wenn man eine Entgegennahme des Mietzinses durch diese - was im Übrigen nicht feststeht - annehmen wollte, könnte dies für sich im vorliegenden Fall die Annahme eines Vertragsabschlusses nicht rechtfertigen. Gemäß § 282 ABGB alt iVm § 245 ABGB alt bedurfte ein Sachwalter zur Vertretung in Angelegenheiten des § 154 Abs 3 ABGB der Genehmigung des Gerichtes. Gleiches bestimmt § 282 Abs 1 ABGB (idF des KindRÄG 2001), wonach die Bestimmungen des 3. Hauptstückes sowie die Bestimmungen dieses Hauptstückes (des ersten Teiles) für sonstige mit der Obsorge betraute Personen auch auf die Rechte und Pflichten des Sachwalters (Kurators) entsprechend anzuwenden sind. Gemäß § 154 Abs 3 bedürfen Vertretungshandlungen und Einwilligungen in Vermögensangelegenheiten zur Rechtswirksamkeit der Genehmigung des Gerichtes, sofern die Vermögensangelegenheit nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehört. Nach der Judikatur (6 Ob 567/84 = MietSlg 36/42) kann die Beurteilung, ob die Vermietung eines Einfamilienhauses noch eine ordentliche Maßnahme ist, nicht losgelöst von den Auswirkungen der konkreten Vermietung auf die Rechte und rechtlichen oder wirtschaftlichen Möglichkeiten des Vermieters vorgenommen werden, wobei besonders auf die zeitliche Dauer der durch die Vermietung begründeten Einschränkung des Eigentumsrechtes sowie auf die Möglichkeit der Beendigung des Vertragsverhältnisses zu achten ist. Wenngleich hier Hauptobjekt des Bestandvertrages nur ein Zimmer war, kann doch nicht übersehen werden, dass auch die Benützung an sich dem Vermieter zustehender Räume des Einfamilienhauses, wie der Sanitärräume und der Küche miteingeschlossen wurde. Es kann daher kein Zweifel daran bestehen, dass jede Nutzung des Einfamlienhauses durch die Klägerin wesentlich eingeschränkt war. Steht aber die starke Einschränkung der wirtschaftlichen Möglichkeiten einer allfälligen Verwertung der Liegenschaft fest, kann darin keine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung mehr gesehen werden (6 Ob 567/84, 3 Ob 308/01t in RIS-Justiz RS0048161). Da unstrittig ist, dass eine gerichtliche Genehmigung nicht vorliegt, konnte daher auch durch allenfalls schlüssiges Verhalten der Sachwalterin ein Bestandverhältnis nicht wirksam begründet werden.

Zusammenfassend steht daher die titellose Benützung des Mietobjektes durch den Beklagten und damit seine Verpflichtung zur Räumung fest, selbst wenn man zu seinen Gunsten von voller Geschäftsfähigkeit der Klägerin bei Abschluss des Mietvertrages ausgehen wollte. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 ZPO, hinsichtlich der Rechtsmittelverfahren auch auf § 50 Abs 1 ZPO. Nicht alle in der Kostennote der Klägerin angesprochenen Kosten können zuerkannt werden: Soweit Kosten für den Rekurs ON 29 begehrt werden, ist darauf zu verweisen, dass das Rekursgericht einen Kostenanspruch rechtskräftig verworfen hat (ON 35). Ein „Antrag auf Erklärung zur Ferialsache vom 6. 7. 2005" ist dem Akt nicht entnehmbar, sodass dafür keine Kosten gebühren. Bei Geltendmachung der Barauslagen übersieht die Klägerin, dass der von ihr erlegte Kostenvorschuss von EUR 500,-- nur zum Teil, nämlich mit EUR 200,-- in Anspruch genommen wurde.

Rechtssätze
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