JudikaturJustiz24Ds1/21p

24Ds1/21p – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Oktober 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 18. Oktober 2021 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als weiteren Richter sowie die Rechtsanwälte Dr. Bartl und Dr. Kreissl als Anwaltsrichter in Gegenwart des Schriftführers Mag. Casagrande in der Disziplinarsache gegen *****, Rechtsanwalt in *****, wegen Disziplinarvergehen der Verletzung von Berufspflichten nach § 1 Abs 1 DSt über die Berufung des Beschuldigten gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 26. August 2020, AZ D 45/19 (DV 38/19), D 46/19 (DV 3/20), nach mündlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Schneider, des Kammeranwalts Dr. Lindner, des Beschuldigten und seines Verteidigers Dr. Muhri zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Dem Beschuldigten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde ***** der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung nach § 1 Abs 1 erster Fall DSt schuldig erkannt.

[2] Danach hat er

1./ gegen § 9 Abs 1 RAO verstoßen, indem er bei der Einbringung von zumindest 300 Besitzstörungsklagen beim Bezirksgericht ***** als Vertreter der ***** GmbH entgegen § 5 AEV weder in seinem Anschriftscode als Klagsvertreter noch in der Klage selbst ein Einziehungskonto anführte, weshalb die anlässlich des Überreichens der Klagen zu entrichtenden gerichtlichen Pauschalgebühren gemäß Art 1 II § 4 GGG nicht durch Abbuchung und Einziehung entrichtet wurden;

2./ gegen das Verbot der Anwendung unzulässiger

Druckmittel gemäß § 17 RL BA 2015 sowie gegen die Verpflichtung zum kollegialen Umgang, zur Sachlichkeit und zur Korrektheit im Umgang mit anderen Rechtsanwälten gemäß § 21 Abs 1 RL BA 2015 verstoßen, indem er als Vertreter der ***** GmbH im Verfahren AZ ***** des Bezirksgerichts ***** gegen die beklagte Partei ***** Z***** im Schriftsatz vom 31. Juli 2019 unter anderem vorbrachte:

„Schon zu Beginn dieses aufgetragenen Schriftsatzes sei festgehalten, dass sowohl die beklagte Partei, wie auch deren Rechtsfreund, dem Wahrheitsgebot des § 178 ZPO unterliegen und bewusst unrichtiges Vorbringen einschließlich Verheimlichung, sowie eine damit verbundene Täuschung des Gerichts oder der Gegenpartei im Sinne der §§ 146, 147 StGB Prozessbetrug darstellen.

Es wird auf die Aufklärungspflicht der Parteien und deren Vertreter gemäß § 184 ZPO verwiesen.

Dies gilt auch für Vorbringen, welches aufgrund von leicht überprüfbaren Angaben Dritter bewusst unrichtig erstattet wurde oder wird.

Nicht jedes unrichtige Vorbringen fußt auf einer tatsächlich vertretbaren Rechtsansicht!

[…]

Es sei darauf verwiesen, dass der Strafrahmen bei

schwerem Betrug bis zu 10 Jahre Freiheitsentzug betrifft!

[…]

An dieser Stelle sei nochmals auf die Wahrheitspflicht im Sinne des § 178 ZPO der Rechtsvertreter insoweit verwiesen, als es die Grenzen des Statthaften überschreitend anmutet, wenn ein Rechtsfreund in einem Verfahren behauptet, dass über einen bestimmten Teil der Liegenschaft (nicht das „V*****“!) ein Weg verlaufen würde und gleichzeitig Luftbilder vorlegt, auf welchen die seinerzeit Bestand habende „F*****“ exakt an jenem Platz steht, über den Personen gegangen und Kfz gefahren sein sollen!“

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die Berufung des Disziplinarbeschuldigten wegen der Aussprüche über die Schuld (zur Geltendmachung von Nichtigkeitsgründen in deren Rahmen s RIS Justiz RS0128656 [T1]) und die Strafe.

[4] Die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld schlägt fehl.

Zum Schuldspruch 1./ (D 45/19):

[5] Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurde der Disziplinarbeschuldigte durch die Abweisung des Antrags auf Vernehmung des Vorstehers des Bezirksgerichts ***** als Zeuge „zum Beweis über den Abschluss und Inhalt der getroffenen Vereinbarungen und den Inhalt einer praktikablen Lösungsvereinbarung“ (OZ 10 S 5, 10) schon deshalb nicht in Verteidigungsrechten verletzt, weil der Disziplinarrat eine solche – der Verantwortung des Berufungswerbers entsprechende – „Vereinbarung“ ohnehin als erwiesen ansah (ES 6, 13; RIS-Justiz RS0099135).

[6] Dass der Disziplinarbeschuldigte erst nach der diesbezüglichen Besprechung mit dem Gerichtsvorsteher begann, Besitzstörungsklagen ohne Angabe eines Einziehungskontos per ERV einzubringen (welches Verhalten alleine vom Schuldspruch 1./ umfasst ist), ist dem Erkenntnis gleichfalls unmissverständlich zu entnehmen (ES 2, 4, 6), womit der Verfahrensrüge auch unter dem Aspekt dieses – vom Beweisantrag zudem nicht umfassten – Beweisthemas keine Berechtigung zukommt.

[7] Mit der in diesem Zusammenhang angesprochenen – von der Berufung fehlinterpretierten – Passage der rechtlichen Beurteilung (ES 13) hat der Disziplinarsenat im Übrigen bloß seine Ansicht zum Ausdruck gebracht, dass auch vor der in Rede stehenden „Lösungsvereinbarung“ gesetztes Verhalten des Disziplinarbeschuldigten (die Veranlassung der Rückbuchung von Beträgen, die der Kostenbeamte des Bezirksgerichts als Gerichtsgebühren vom [damals noch angegebenen] Einziehungskonto abgebucht und eingezogen hatte; ES 6) gegen die in § 89c Abs 5 Z 1 GOG iVm Art 1 II § 4 GGG und § 5 AEV normierten Verpflichtungen verstieß (ES 6 f iVm ES 13). Ein diesbezüglicher Vorwurf war aber gar nicht Gegenstand des Disziplinarverfahrens, womit diese Erwägungen mangels Entscheidungsrelevanz einer Anfechtung entzogen sind.

[8] Wie die Berufung an anderer Stelle ohnehin einräumt, stützte der Disziplinarsenat die Feststellungen zur subjektiven Tatseite mit hinreichender Deutlichkeit (auch) auf die Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten (ES 5), der im gesamten Verfahren unumwunden eingestanden hatte, in den inkriminierten Besitzstörungsklagen (wenn auch erst nach Absprache mit dem Gerichtsvorsteher) trotz Kenntnis der – Gegenteiliges anordnenden – gesetzlichen Bestimmungen keine Kontonummer bekannt gegeben zu haben, um eben die – nach seiner Ansicht rechtswidrige – Einziehung der Pauschalgebühren von seinem Konto zu verhindern (OZ 4; OZ 10 S 2 f). Weshalb diese Begründung mangelhaft im Sinn der – der Sache nach geltend gemachten – Z 5 vierter Fall des § 281 Abs 1 StPO sein sollte, wird nicht klar (vgl RIS Justiz RS0108609).

[9] Unter Hinweis auf „die besondere Situation“, die „entsprechenden Gespräche und Vereinbarungen mit dem Vorsteher des Bezirksgerichts *****“ und seine Einlassung, an die Kompetenz des Genannten zum Abschluss derartiger Vereinbarungen geglaubt zu haben, behauptet der Berufungswerber der Sache nach einen Rechtsirrtum (Z 9 lit b). Dabei unterlässt er allerdings prozessordnungswidrig eine Auseinandersetzung mit den diesbezüglichen Erwägungen des Disziplinarsenats (erneut ES 13) und legt zudem nicht dar, inwieferne ein allfälliger Rechtsirrtum ihm in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt und berufsmäßiger Parteienvertreter angesichts des klaren Wortlauts der einschlägigen Vorschriften (§ 89c Abs 5 Z 1 GOG; § 4 Abs 4 GGG; § 5 AEV) – selbst unter Berücksichtigung der (gesetzwidrigen) Absprache mit dem hiefür weder befugten noch sachlich zuständigen (vgl ES 7, 13; vgl auch RIS-Justiz RS0089613) Vorsteher des Bezirksgerichts – nicht vorzuwerfen sein sollte (§ 9 Abs 2 und 3 StGB; vgl 20 Ds 3/19z).

[10] Die behauptete Verfassungswidrigkeit von angewandten Gesetzen, deren Verletzung oder fehlerhafte Anwendung die Berufung gerade nicht geltend macht, ist nicht Gegenstand der Rechts- oder Subsumtionsrüge (RIS Justiz RS0099654, RS0053859 [insb T4]; 24 Os 7/16h), womit das dazu erstattete Vorbringen auf sich beruhen kann.

[11] Zur – in der Äußerung zur Stellungnahme der Generalprokuratur – intendierten Antragstellung, der Oberste Gerichtshof möge beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung der genannten Norm wegen Gesetzwidrigkeit (Art 139 B VG) begehren, ist der Berufungswerber nicht legitimiert (vgl RIS Justiz RS0058452).

[12] Zu einem Vorgehen nach Art 89 Abs 2 B VG bestand im Übrigen schon mit Blick auf die einschlägige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (vgl zum Gerichtsgebührensystem im Allgemeinen die Judikaturnachweise bei Dokalik , Die Gerichtsgebühren 13 § 1 GGG sowie zu § 31 Abs 2 GGG [vormals § 7 GJGebGes 1962] im Speziellen VfGH 18. 3. 1980, B 152, 165, 405/77, Slg 8789) keine Veranlassung, zumal auch der EGMR – entgegen der Interpretation des Berufungswerbers – in einem durchaus vergleichbaren Fall das österreichische System unter dem Blickwinkel des Rechts auf Zugang zu einem Gericht nicht beanstandet hat (vgl EGMR 9. 12. 2010, 35123/05, Urbanek/Österreich ).

Zum Schuldspruch 2./ (D 46/19):

[13] Die Verfahrensrüge moniert die Abweisung des Antrags auf Vernehmung des Vorstehers sowie eines weiteren Richters des Bezirksgerichts ***** zum Beweis dafür, „dass die Vorgehensweise mit den standardisierten Schriftsätzen insbesondere zur Festlegung und Erstattung eines Vorbringens in Bezug auf die Einvernahme der Zeugen S***** und F***** stattgefunden hat und die gerichtliche Anleitung dahingehend lautete, dass für die klagende Partei wie auch für die Stadtgemeinde B***** binnen gesetzter Fristen standardisierte Schriftsätze in sämtlichen Verfahren einzubringen seien und sodann das Gericht die Verbindung der Verfahren beschließen wird, dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass Kollege ***** zum Zeitpunkt knapp vor Einbringung der Schriftsätze, sohin im Rahmen der Besprechung im Gericht selbst angab, aufgrund der Vielzahl der Verfahren noch gar nicht sämtliche Beitrittsschriftsätze sowie notwendiges Vorbringen erstattet zu haben“ (OZ 10 S 9). Dieser ließ jedoch offen, inwieweit das angeführte Beweisthema für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage von Bedeutung sein sollte, was auch für den erkennenden Senat nicht auf der Hand lag (vgl im Übrigen ES 9 f). Er verfiel daher zu Recht der Abweisung (RIS Justiz RS0118444; Ratz , WK StPO § 281 Rz 327).

[14] Bleibt mit Blick auf das erst in der Berufungsschrift zur Fundierung des Beweisantrags nachgetragene und damit unbeachtliche (RIS-Justiz RS0099618) Vorbringen, wonach die Beweispersonen zudem Auskunft über sich angeblich ausschließende Argumentationslinien der Stadtgemeinde B*****“ geben hätten können, anzumerken, dass subjektive Meinungen Ansichten, Wertungen, Schlussfolgerungen, rechtliche Beurteilungen und ähnliche intellektuelle Vorgänge grundsätzlich nicht Gegenstand einer Zeugenaussage sein können (RIS-Justiz RS0097540). Zudem genügt für ein schuldhaftes Verhalten iSd § 1 Abs 1 DSt in der Regel – so auch im vorliegenden Fall von gegen § 17 und § 21 Abs 1 RL BA 2015 verstoßenden Ausführungen in einem Schriftsatz – Fahrlässigkeit ( Lehner in Engelhart/Hoffmann/Lehner/ Rohregger/Vitek , RAO 10 § 1 DSt Rz 7/1 ff mwN).

[15] Zu dem „der Ordnung halber“ erhobenen Vorwurf, die „Anklage“ sei unerledigt geblieben, genügt der Hinweis, dass Nichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z 7 StPO nur zum Nachteil des Angeklagten geltend gemacht werden kann ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 526; vgl im Übrigen auch RIS-Justiz RS0099646).

[16] Die Feststellungen zum – vom Vorsatz umfassten – Bedeutungsinhalt der inkriminierten Textpassagen (ES 14) hat der Disziplinarsenat – entgegen dem weiteren Berufungseinwand – keineswegs aus einzelnen „isoliert und aus dem Zusammenhang gerissenen … Formulierungen“, sondern – mängelfrei – auf Basis einer Gesamtbetrachtung des Schriftsatzes und der Verfahrenssituation unter Berücksichtigung der Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten erschlossen (ES 7 ff, 14 f).

[17] Entgegen dem als Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu wertenden weiteren Berufungsvorbringen, das sich im Wesentlichen in der – nicht am festgestellten Sachverhalt orientierten (vgl aber RIS Justiz RS0099810) – Behauptung erschöpft, dass der „sachlich gerechtfertigte“ Vorwurf eines Prozessbetrugs mit Blick auf § 9 RAO, § 6 RL-BA und die Berufspflichten eines Rechtsanwalts „jedenfalls nicht disziplinär“, sondern vielmehr geboten sei, ist die Beurteilung des inkriminierten Verhaltens als Verstoß gegen §§ 17, 21 Abs 1 RL-BA 2015 – unter gebotener Zugrundelegung der Festststellungen zum Bedeutungsinhalt der schriftlichen Äußerungen (erneut ES 14) – nicht rechtsfehlerhaft erfolgt.

[18] Zwar ist ein Rechtsanwalt gemäß § 9 Abs 1 RAO befugt, alles, was er nach dem Gesetz zur Vertretung seiner Partei für dienlich erachtet, unumwunden vorzubringen und ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel in jeder Weise zu gebrauchen, welche seinem Auftrag, seinem Gewissen und den Gesetzen nicht widerstreiten. Die Interessenswahrung des Anwalts für seinen Klienten kann jedoch niemals so weit gehen, dass er Mittel anwendet, die mit Gesetz, Anstand und Sitte nicht mehr vereinbar sind (vgl Lehner in Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek , RAO 10 § 1 DSt Rz 49 mwN).

[19] Nach § 17 RL BA 2015 darf der Rechtsanwalt Ansprüche nicht mit unangemessener Härte verfolgen und sachlich nicht gerechtfertigte Druckmittel weder ankündigen noch anwenden. Die Androhung inadäquater Maßnahmen zur Durchsetzung der Ansprüche des Klienten bildet, selbst wenn dazu ein Klientenauftrag vorlag, ein disziplinär zu ahndendes Fehlverhalten (RIS-Justiz RS0055970). Ebenso wenig kann ein unnötiges „Instreitziehen“ eines Rechtsanwalts (§ 21 Abs 1 RL-BA 2015) mit der Vertretungspflicht nach § 9 RAO begründet werden (vgl RIS-Justiz RS0056073).

[20] Im (bereits einleitend getätigten und an anderer Stelle im Schriftsatz wiederholten) Hinweis auf die Geltung der Wahrheitspflicht nach § 178 ZPO für die beklagte Partei und deren Rechtsvertreter in Verbindung mit den Ausführungen zur Strafbarkeit eines „Prozessbetrugs“ und dem expliziten Verweis auf den – nur bei vorsätzlicher Herbeiführung eines 300.000 Euro übersteigenden Schadens (§ 147 Abs 3 StGB) bestehenden – „Strafrahmen bei schwerem Betrug bis zu 10 Jahre Freiheitsentzug“ zu dem Zweck, die Prozessgegnerin und deren Rechtsanwalt zum Abgehen von den aufgestellten Prozessbehauptungen zu bewegen sowie die Beklagte im Hinblick auf ihre bevorstehende Vernehmung einzuschüchtern (vgl erneut ES 14), liegt nämlich sowohl eine nach § 17 RL BA 2015 unzulässige Anwendung eines sachlich nicht gerechtfertigten, weil – auch mit Blick auf den Verfahrensgegenstand (Besitzstörung durch Abstellen eines Pkw auf einem Parkplatz) – jedenfalls inadäquaten Druckmittels (vgl Engelhart in Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek , RAO 10 § 17 RL-BA 2015 Rz 19; vgl auch Lehner ebendort § 1 DSt Rz 50 f) als auch ein Verstoß gegen die durch § 21 Abs 1 RL-BA 2015 geschützte Verpflichtung zum kollegialen Umgang, zur Sachlichkeit und zur Korrektheit im Umgang mit anderen Rechtsanwälten.

[21] Soweit der Disziplinarbeschuldigte ergänzend Urkunden zur Fundierung seines Vorbringens vorlegt, unterbleibt in Ansehung der – im Übrigen in anderen Besitzstörungsverfahren und von anderen Rechtsanwälten verfassten – Schriftsätze vom 9. und 12. Juli 2019 eine Darlegung, weshalb die Voraussetzungen für eine Neuerungserlaubnis vorliegen sollten (§ 49 zweiter Satz DSt; vgl RIS-Justiz RS0129770).

[22] Weder das ebenfalls ergänzend vorgelegte (dem Disziplinarbeschuldigten angeblich „erst jetzt“ zugänglich gewordene) Schreiben der Stadtgemeinde B***** vom 22. Mai 2014 an die M***** GmbH noch jenes des Bürgermeisters der Gemeinde B***** an die Volksanwaltschaft vom 3. Februar 2021 vermögen Bedenken an den den Schuldspruch 2./ tragenden Feststellungen des Disziplinarrats zu wecken, zumal auch nicht klar wird, inwieferne sich daraus Anhaltspunkte für einen „Prozessbetrug“ (auch in subjektiver Hinsicht) durch den gegnerischen Rechtsanwalt oder gar dessen Mandantin (die Beklagte im Besitzstörungsverfahren) ergeben sollten. In Bezug auf zwei – den konkreten Verfahrensgegenstand nicht enthaltende – Verständigungen (vom 16. Dezember 2020) der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption über die Einleitung von Ermittlungsverfahren gegen den Bürgermeister und den Amtsleiter der Gemeinde B***** unterbleibt eine Begründung, inwieweit diesen Urkunden die Eignung zukommen soll, eine (und gegebenenfalls welche) erhebliche Tatsache zu beweisen.

[23] Der Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe kommt gleichfalls keine Berechtigung zu.

[24] Der Disziplinarrat verhängte über den Beschuldigten nach § 16 Abs 1 Z 2 DSt eine Geldbuße von 3.500 Euro und wertete dabei das Zusammentreffen der Verletzung mehrerer Berufspflichten und die etwa 300 fache Tatwiederholung zu 1./ als erschwerend, als mildernd dagegen die bisherige Unbescholtenheit sowie (gleichfalls zu 1./), dass „die rechtswidrige Vorgangsweise des DB auch eine vermeintliche Rechtfertigung in einem Gespräch mit dem Gerichtsvorsteher des Bezirksgerichts ***** fand“ (ES 15).

[25] Bei der Strafbemessung sind im anwaltlichen Disziplinarverfahren die entsprechenden Bestimmungen des Strafgesetzbuchs (§§ 32 ff StGB) sinngemäß anzuwenden (RIS-Justiz RS0054839).

[26] Die Strafzumessungsgründe sind insoweit zu korrigieren, als der Disziplinarbeschuldigte nach den Feststellungen das Fehlen (sachlicher) Kompetenz und Befugnis des Gerichtsvorstehers zum Abschluss der in Rede stehenden gesetzwidrigen Vereinbarung erkannte (ES 13), womit der Sache nach das Vorliegen von – einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommenden – Umständen iSd (offenbar herangezogenen) Z 11 des § 34 Abs 1 StGB verneint wurde.

[27] Welche „zahlreichen weiteren Milderungsgründe“ zu Unrecht unberücksichtigt geblieben sein sollen, sagt die Berufung nicht.

[28] Ausgehend davon entspricht die im unteren Bereich des Strafrahmens von bis zu 45.000 Euro (§ 16 Abs 1 Z 2 DSt) bemessene Geldbuße – auch unter Berücksichtigung der vom Beschuldigten in seiner Berufung dargestellten Sorgepflichten – Tatunrecht und Täterschuld sowie Präventionserfordernissen und ist daher nicht korrekturbedürftig.

[29] Ein – der Sache nach – begehrter schriftlicher Verweis (§ 16 Abs 1 Z 1 DSt) kommt aus spezialpräventiven Gründen ebenso wenig in Betracht wie die bedingte Nachsicht der verhängten Sanktion (§ 16 Abs 2 DSt).

[30] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 54 Abs 5 DSt.

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