JudikaturJustiz16Ok51/05

16Ok51/05 – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. Juni 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Kartellrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Birgit Langer als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gerhard Kuras und Dr. Wolfgang Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Kommerzialräte Dr. Fidelis Bauer und Dr. Erich Haas als weitere Richter in der Kartellrechtssache des Antragstellers Bundeskartellanwalt, 1016 Wien, Schmerlingplatz 11, wider die Antragsgegner 1. T***** Aktiengesellschaft, *****, 2. Allgemeine S***** GmbH, ebenda, 3. A***** Bau GmbH, *****, 4. A***** GmbH Nfg OHG, *****, alle vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Untersagung der Durchführung eines Kartells (nunmehr Antrag auf Abstellung einer Zuwiderhandlung gegen das Kartellverbot) und Auferlegung einer Geldbuße, über den Rekurs der Antragsgegner gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Kartellgericht vom 5. September 2005, GZ 25 Kt 183, 184/04-72, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und die Kartellrechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Die AG*****-GesmbH, an der zu je 49 % der Zweitantragsgegner und der Erstantragsgegner beteiligt waren, die AB-*****gesellschaft mbH (eine Gesellschaft des A***** Konzerns) und die I***** Gesellschaft mbH (eine Gesellschaft des S***** Konzerns) meldeten am 12. 3. 1998 beim Erstgericht die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens in der Rechtsform einer GmbH Co KG zum Betrieb einer Asphaltmischanlage in G***** (Ybbstal) als Zusammenschluss an. Die Anmeldung legte dar, dass nach Einstellung der zur Marktversorgung technisch ungeeigneten Anlagen in G***** und K***** - letztere habe eine Kapazität von 600 - 800 t/Tag und eine maximale Stundenkapazität von 120 t - die Neuanlage in G***** mit einer Kapazität von ca 240 t/h, die höher als jene der bestehenden Anlagen in G***** und im unmittelbar benachbarten K***** zusammen sei, den Betrieb aufnehmen solle. Die neue Gesellschaft solle die alte Anlage in G*****, die etwas über 100.000 t Asphaltmischgut im Jahr produziere und eine Stundenkapazität von 80 t habe, von der Anmelderin AG*****-GesmbH erwerben.

Die Anlage in K***** stand im Eigentum der F*****-B***** und der Anmelderin I***** Gesellschaft mbH. Im letzten Quartal 1998 erwarb der zum A***** Konzern gehörende Drittantragsgegner die F*****-B***** mit vertraglicher Rückwirkung erstes Quartal 1998.

Der Zweitantragsgegner war am 10. 8. 1998 und zum Zeitpunkt der Stilllegung der alten Anlage in G***** bereits ein Beteiligungsunternehmen der A***** Aktiengesellschaft (kurz „P*****").

Der Erstantragsgegner gehörte am 10. 8. 1998 und zur Zeit der Stilllegung der alten Anlage in G***** noch zum Konzern der W***** S*****. Er wurde im Jahr 2000 in den P***** Konzern integriert. Der Zweitantragsgegner ist seit 1. 1. 2000 eine Tochtergesellschaft des Erstantragsgegners (Beteiligung von 99,998 %).

Der paritätische Ausschuss für Kartellangelegenheiten beurteilte das angemeldete Vorhaben als nicht eigenständiges Unternehmen, das zu einer Beschränkung des Wettbewerbs führe. Die Asphaltmischanlage G***** und jene Werke, die (teilweise) im Eigentum der Gesellschafter stünden, seien als Einheit zu betrachten. Das Vorhaben sei volkswirtschaftlich bedenklich, weil die Gesellschafter zum Nachteil anderer Mitbewerber auf dem Straßenbaumarkt tätig werden könnten. Die positiv zu beurteilenden Folgen eines neuen Werks (Sinken der Stückkosten, Fähigkeit, in rascher Folge unterschiedliche Qualitäten zu erzeugen) könnten genauso gut erreicht werden, wenn die alten Werke in G***** und K***** unter Beibehaltung der bisherigen Beteiligungen modernisiert würden.

Mit Beschluss vom 10. 8. 1998 stellte das Erstgericht fest, dass das angemeldete Vorhaben keinen Zusammenschluss begründet, sondern ein vereinbartes Absichtskartell ist, ohne ein Bagatellkartell zu sein. Ein Absichtskartell liege vor, weil ausdrücklicher Inhalt des angemeldeten Vertragswerks die Verpflichtung der Gründungsgesellschafter sei, im Einzugsbereich der vom Gemeinschaftsunternehmen betriebenen Asphaltmischanlage keine neue Asphaltmischanlage zu errichten und sich nicht an einer solchen zu beteiligen. Eine weitere Wettbewerbsbeschränkung stellten die im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Bezugsverpflichtungen der Konzerne der Gründungsgesellschafter dar.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte mit Beschluss vom 15. 12. 1998, 16 Ok 15/98, diese Entscheidung. Die vom Erstgericht zutreffend als Beschränkung des Wettbewerbs im Sinn des § 10 KartG 1988 qualifizierten Vereinbarungen seien keine funktionsnotwendigen wettbewerbsrechtlichen Beschränkungen, weil sie nicht nur der Realisierung eines legitimen Hauptzwecks - nämlich die Errichtung einer technisch besseren und kostengünstigeren Asphaltmischanlage zu ermöglichen - dienten, sondern darüber hinaus gingen, könne doch eine solche Anlage auch ohne die auferlegten Beschränkungen wirtschaftlich sinnvoll errichtet und betrieben werden. Das Risiko, dass die bloße Tatsache, dass die Gründerunternehmen durch eine gemeinsame Tochter miteinander verbunden seien, Auswirkungen auf ihr Wettbewerbsverhalten im Markt des Gemeinschaftunternehmens bzw in benachbarten Märkten habe („Gruppeneffekt"), begründe allenfalls ein Wirkungskartell.

Die Antragsgegner zu 1. bis 3. und die seinerzeitige Anmelderin I***** Gesellschaft mbH gründeten mit Gesellschaftsverträgen vom 15. 3. 1999 die Asphaltmischwerk G***** GmbH und die offene Handelsgesellschaft Asphaltmischwerk G***** GmbH Co. An beiden Gesellschaften ist jeder Partner mit 25 % der Anteile beteiligt. Die offene Handelsgesellschaft betreibt das Asphaltmischwerk G***** (künftig: „AMG"). Arbeitsgesellschafterin der offenen Handelsgesellschaft ist die Asphaltmischwerk G***** GmbH. Die vom Obersten Gerichtshof im Beschluss vom 15. 12. 1998, 16 Ok 15/98, als Wettbewerbsbeschränkungen qualifizierten Bestimmungen finden sich in den Gesellschaftsverträgen nicht mehr. Gesellschafterbeschlüsse werden mit einer Mehrheit von 51 % der abgegebenen Stimmen gefasst. Die Übertragung von Geschäftsanteilen an eine Gesellschaft außerhalb der beteiligten Konzerne ist nach dem Gesellschaftsvertrag nur mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter zulässig.

Mit der Errichtung der AMG legten die Partner ihre veralteten Anlagen in K***** und G***** still.

Im Geschäftsbericht des Erstantragsgegners für 1998 heißt es, dass die im März 1999 gegründete Asphaltmischwerk G***** GmbH Co in G***** eine moderne Asphaltmischanlage mit einer Jahresleistung von 200.000 Tonnen am Standort der AG*****-GesmbH errichtet und die Partner ihre veralteten Anlagen stilllegen.

Zur Zeit sind an der Arbeitsgesellschafterin und an der offenen Handelsgesellschaft die Antragsgegner zu gleichen Anteilen beteiligt. Der Viertantragsgegner gehört zum S***** Konzern.

Das Erstgericht hatte mit Beschluss vom 3. 7. 1998 den Zusammenschluss „B*****/S*****", 25 Kt 105/98-38, unter der Voraussetzung der nachträglichen Erfüllung von Auflagen nicht untersagt. Die Auflagen bestanden im Auftrag näher bezeichnete Asphaltmischanlagen in Ostösterreich und in Tirol alternativ an nicht am Zusammenschluss beteiligte Unternehmen bis 30. 6. 2000 zu veräußern. In der Freigabeentscheidung wurde neben dem Belieferungsbereich der Asphaltmischanlagen im Tiroler Inntal zwei Bereiche in Ostösterreich betrachtet und für die Zeit nach Durchführung des Zusammenschlusses ein Anteil des S***** Konzerns auf dem jeweiligen Asphaltmarkt von 49,2 % bzw 41,2 % sowie die Entstehung von marktbeherrschenden Stellungen auf regionalen Märkten prognostiziert.

Der Bundeskartellanwalt brachte mit Schriftsatz vom 15. 4. 2004 vor, mit der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens AMG sei das zuvor als Absichtskartell qualifizierte Vorhaben der Errichtung eines gemeinsamen Asphaltmischwerks in G***** durchzuführen begonnen worden. Durch die Gründungsverträge und die weitere - im Einzelnen ausgeführte - Verhaltensweise der Gründer sei ein Kartell begründet worden, das den im Beschluss des Erstgerichts vom 10. 8. 1998 beschriebenen Sachverhalt verwirkliche und weitere Wettbewerbsbeschränkungen bezweckt und bewirkt habe. Die Antragsgegner hätten bei der von der AMG produzierten Menge zwischen 1999 und 2004 einen "supranormalen" Profit von 13.341.446 EUR erzielt, weil das Asphaltmischgut nicht zum Wettbewerbspreis verkauft worden sei. Er beantragte, den Antragsgegnern die weitere Durchführung des Kartells gemäß § 25 KartG 1988 zu untersagen und gemäß § 142 Z 1 lit a KartG 1988 eine Geldbuße aufzuerlegen. Die Antragsgegner beantragten die Abweisung der Anträge. Das verwirklichte Vorhaben sei an die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im Zusammenschlussverfahren angepasst worden und eine wettbewerblich neutrale Kooperation zur Verwirklichung betriebs- wie volkswirtschaftlich sinnvoller Synergien. Mit der AMG werde keine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt. Die Anlage in K*****, aus der auch A***** beliefert worden sei, sei bereits 1998, die alte Anlage in G***** im Sommer 1999 stillgelegt worden. Erstere wäre auch unabhängig von der späteren Gründung der AMG stillgelegt worden, weil der Betrieb dieser Anlage nicht mehr rentabel gewesen sei und den Anforderungen des Umweltschutzes nicht entsprochen habe. Es sei ein Gebot der betriebswirtschaftlichen Vernunft, auf die mit dem Abbau von Überkapazitäten verbundenen Kosteneinsparungen hinzuwirken. Angesichts der angestrebten Kostendegression wäre es unsinnig gewesen, wenn die Antragsgegner zu 1. und 2. und S***** trotz Errichtung der AMG ihre bestehenden Anlagen in unmittelbarer Nachbarschaft weiterbetrieben hätten, zumal die beteiligten Unternehmen im Einzugsbereich der AMG ohnehin über weitere Anlagen verfügten und verfügen. Im Hinblick auf diese Umstände und die hohen Überkapazitäten sei es selbstverständlich, dass die bestehenden Anlagen stillgelegt und keine neuen Anlagen in Betrieb genommen worden seien. Ein allfälliges Kartell wäre ein Bagatellkartell. Die Bundeswettbewerbsbehörde erstattete eine Stellungnahme. Sie vertrat den Standpunkt, das durchgeführte Vorhaben enthalte zumindest zwei als Absichtskartell zu qualifizierende Wettbewerbsbeschränkungen. Die Stilllegung der alten Anlagen in K***** und G***** sei vereinbarter Bestandteil des Vorhabens gewesen, das die neue gemeinsame Anlage als unmittelbaren Ersatz für die beiden Anlagen vorgesehen habe. Die Produktionskapazität sei von insgesamt 200 t/h auf 180 t/h verringert worden. Durch die gemeinsame Produktion komme es zu einer Vereinheitlichung der Produktionskosten und des Verkaufspreises. Damit werde auch im nachgelagerten Straßenbaumarkt durch Vereinheitlichung eines wichtigen Preisbestandteils der Wettbewerb beschränkt. Diese Wettbewerbsbeschränkung sei eine regelmäßige und vorhersehbare Folge einer gemeinsamen Produktion durch Konkurrenten. Es sei davon auszugehen, dass sich die (gemeinsame) Preisgestaltung direkt an der Preisgestaltung in den anderen Anlagen der Mutterunternehmen orientiere.

Das Erstgericht untersagte mit dem angefochtenen Beschluss den Antragsgegnern, die gemeinsame Produktion von Asphaltmischgut in der Asphaltmischanlage G***** fortzusetzen, solange die Produktion gemeinsam durch die Antragsgegner oder gemeinsam durch den Konzernen der Antragsgegner zugehörige Unternehmen erfolge.

Es traf über die eingangs wiedergegebenen hinaus umfangreiche Feststellungen, aus denen hervorzuheben sind:

Asphaltmischgut wird im Straßenbau als Belag und bei Autobahnen vorwiegend als Unterbelag verwendet. Es kann in wettbewerbsökonomischer Hinsicht wie ein vollständig homogenes Gut behandelt werden. Mit jeder modernen Mischanlage kann Asphalt in der gewünschten Zusammensetzung bzw Qualität produziert werden. Für weite Bereiche des Straßenbaus ist Asphaltmischgut notwendig und nur schwer substituierbar. Überwiegend wird es in stationären Anlagen produziert. Nur bei größeren Projekten finden auch mobile Anlagen Verwendung. Der Lieferradius eines stationären Werks beträgt ungefähr 50 km (ca 1 Stunde Fahrzeit). Das Schwergewicht der Lieferungen aus der AMG liegt in einem Umkreis von etwa 25 km.

Ein potentieller Preiswettbewerb zwischen zwei Produktionsstätten wird umso stärker abgeschwächt, je höher die Transportkosten des Gutes sind, denn diese erschweren die Substituierbarkeit der Güter aus Sicht der Nachfrager. Verfügt ein Straßenbauunternehmen in einem regionalen Markt über Asphaltmischkapazitäten, so ist die Wettbewerbsstellung dieses Unternehmens gegenüber Konkurrenten gestärkt. Für regionale Bauaufträge steht ihm Asphaltmischgut gesichert zur Verfügung. Bei einer starken Stellung auf beiden sachlich relevanten Märkten ist das Unternehmen in der Lage, Konkurrenten, die nicht über eine vergleichbare Position verfügen, vom Markt zu verdrängen bzw von einem Markteintritt abzuhalten. Unter dieser Voraussetzung kann eine Mischanlage auch höhere Preise als unter Wettbewerbsbedingungen lukrieren.

Straßenbauunternehmen, die an Asphaltmischwerken beteiligt sind, haben kaum Schwierigkeiten auch außerhalb des Einzugsbereichs ihrer Anlagen Asphaltmischgut zu erhalten. Hingegen erhalten kleinere Unternehmen, die nicht am Betrieb von Asphaltmischanlagen beteiligt sind, das Material oft nur zu höheren Preisen und haben mitunter auch Schwierigkeiten, sich das Material zu beschaffen.

Den vom Straßenbau an das Asphaltmischgut gestellten Qualitätsanforderungen können sowohl neue als auch - allenfalls nach entsprechender Adaptierung - alte Anlagen entsprechen. Asphaltmischanlagen unterscheiden sich nicht im Qualitätsstandard des zur Verfügung gestellten Asphaltmischguts. Nicht alle Anlagen bieten die gesamte Palette des Asphaltmischguts an. Die qualitativen Anforderungen an Mischgut sind in den letzten Jahren stark gestiegen. Heute werden wesentlich differenziertere Mischgutsorten nachgefragt als früher. Dies bedingt auch höhere Anforderungen an die Mischanlagen. Lieferungen von „qualitativ besserem" Mischgut sind nicht relevant.

In den letzten Jahren werden in Niederösterreich im Bundesstraßennetz mehr Investitionen in den Straßenneubau getätigt als vor 10 Jahren. Bei Landesstraßen überwogen und überwiegen nach wie vor Arbeiten zur Instandsetzung bzw Erhaltung.

Der Anteil von bituminösem Mischgut bei Straßenbauprojekten ist unterschiedlich und hängt von der Art der durchzuführenden Arbeiten ab. Bei einem durchschnittlichen Baulos bei Neubau oder Generalsanierung beläuft sich der Anteil des bituminösen Mischguts an der Rechnungssumme auf ca ein Viertel.

Im Bereich der Erhaltungsarbeiten überwiegen die reinen Asphaltierungsarbeiten, bei denen sich der größte Kostenanteil auf bituminöses Mischgut beläuft, der etwa die Hälfte der Gesamtkosten ausmacht.

Die öffentliche Hand schreibt im Frühjahr die Tiefbauarbeiten aus. Der größte Bedarf an Asphaltmischgut ist von Anfang August bis Mitte/Ende November - je nach Witterung gegeben. In dieser Hauptzeit werden von der AMG durchschnittlich ca 1.000 bis 1.300 t/Tag produziert, an vielen Tagen im Frühjahr nur ca 200 t/Tag. Die Gesellschafter der AMG gehörten bei der gemeinsamen Neuerrichtung zu den Konzernen der vier größten österreichischen Straßenbauunternehmen. Der summierte Marktanteil der beteiligten Straßenbauunternehmen erreichte ca 80 % des österreichischen Straßenbaumarkts. Unter technischen und betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten war die Neuerrichtung des Werks und die Ablösung der veralteten Anlagen positiv zu beurteilen. Den gestiegenen Anforderungen konnten nämlich alte Anlagen nicht voll und rasch entsprechen. Mit einem neuen Werk, das rationeller arbeitet, konnten die Stückkosten gesenkt werden.

Im Umkreis von 50 km um die Anlage in G***** hatten folgende Unternehmen an nachgenannten Standorten Asphaltmischanlagen:

ca Jahrestonnage in 1000 t

St. V***** 190

P***** (H***** F*****) 120

P*****-G***** (M*****) 70

P***** (T*****) 70

Schr***** (T*****) 50

St. G***** 100

AMG 160

P***** 50

M***** 200

H***** (Sw*****) 40

L***** 380

Ste***** 135

T***** 50

1.615

Der Anteil der AMG an der Gesamtproduktion im regionalen Markt liegt

knapp unter 10 %.

38.898 t, von der Anlage in L***** 112.854 t, von der Anlage Ste*****

57.561 t und von der Anlage in St. V***** 164.396 t. Von den S***** eigenen Anlagen in St. G***** und M***** bezogen sie 210.540 t. Im Geschäftsjahr 2003 erzielte die AMG einen Umsatz von etwa 4,2 Mio EUR bis 4,4 Mio EUR, im Geschäftsjahr 2004 einen von ca 4,5 Mio EUR. Berechnet man die Marktanteile anhand der Produktionswerte und rechnet man die Produktion von Gemeinschaftsanlagen den beteiligten Konzernen in Relation zur Beteiligungshöhe zu, ergibt sich für die Region 50 km um G***** folgendes Bild:

Gesamtproduktion 1,615.000 t 100,0 %

S***** 753.500 t 46,6 %

P***** 347.000 t 21,5 %

A***** 117.000 t 7,2 %

H***** F***** 120.000 t 7,4 %

T***** 120.000 t 7,4 %

Sw***** 87.500 t 5,4 %

M***** 70.000 t 4,3 %

Die Marktkonzentration beträgt nach dem Herfindahl-Hirshman-Index

2.788.

Für einen bundesweit gesehenen Markt für Asphaltmischgut zeigt sich

folgendes Bild:

Gesamtproduktion 2003 9,5 Mio t 100 %

S***** 3,65 Mio t 38,4 %

P***** 1,97 Mio t 20,7 %

A***** 1,08 Mio t 11,4 %

Sw***** 0,8 Mio t 8,4 %

P***** B***** 0,55 Mio t 5,8 %

H*****/H***** F***** 0,35 Mio t 3,7 %

G***** 0,35 Mio t 3,7 %

Die Marktkonzentration beträgt nach dem Herfindahl-Hirshman-Index etwa 2.170.

Zentraler Geschäftsbereich des Erstantragsgegners ist der Straßenbau. Er verfügt über 26 Asphaltmischanlagen in ganz Österreich, die regelmäßig mit anderen Straßenbauunternehmen betrieben werden. In Wien hat er ein eigenes Werk zur Produktion von hochqualitativen Bitumenprodukten. Er betreibt auch unter Beteiligung der S***** neben der AMG Asphaltmischanlagen im Burgenland (drei), in Kärnten (zwei), in Niederösterreich (zwei), in Oberösterreich (zwei), in Salzburg (eine), in der Steiermark (zwei) und in Tirol (eine). Gemeinsam mit A***** betreibt der Erstantragsgegner je ein Asphaltmischwerk in Wien und in der Steiermark.

Außer an der AMG und der Anlage in Ste***** sind die drei Konzerne, denen die Antragsgegner angehören, an zwei Asphaltmischanlagen in Niederösterreich und an einer in Salzburg gemeinsam beteiligt. S***** betreibt mit anderen Gesellschaften noch Asphaltmischwerke in Kärnten (eines), in Niederösterreich (zwei), in Oberösterreich (eines), in Salzburg (eines), in der Steiermark (eines), in Tirol (zwei) und in Vorarlberg (eines).

A***** hat mit anderen Gesellschaften zwei Asphaltmischanlagen in Niederösterreich und je eine in Oberösterreich, Salzburg und Tirol. Der Erstantragsgegner betreibt mit anderen Bauunternehmen gemeinsam je eine Asphaltmischanlage in Kärnten, Niederösterreich und Salzburg. Der Zweitantragsgegner hat mit anderen Bauunternehmen eine Asphaltmischanlage in Vorarlberg.

Österreichweit betreiben der S***** Konzern zwanzig, der A***** Konzern sieben und der P***** Konzern sechs Asphaltmischwerke als alleinige Eigentümer.

Regelmäßig wird der weitaus überwiegende Teil der Produktion einer österreichischen Asphaltmischanlage durch die Konzerne der Eigentümer bzw Gesellschafter abgenommen. Asphaltmischgut wird Straßenbauunternehmen, die im relevanten Markt nicht über Asphaltmischanlagen verfügen, nur zögerlich und nicht zu einem wettbewerbsfähigen Preis angeboten, weil vertikal integrierte Straßenbauunternehmen kein Interesse daran haben, dass ihre Mitbewerber am Straßenbaumarkt an ihrer Stelle zum Zuge kommen. Die Asphaltmischanlagen sind in Österreich langfristig nicht ausgelastet. Kurzfristige Auslastungen und gegebenenfalls Engpässe bestehen nur bei größeren Aufträgen im Liefergebiet der jeweiligen Anlage.

Die Aufrechterhaltung von Überkapazitäten hat sowohl logistische (begrenzter Lieferradius, Lieferkosten) als auch unternehmensstrategische Gründe, weil sie auch dem Zweck dient, den Markteintritt von Konkurrenten zu behindern. Ein potentieller Neuling auf dem Markt weiß, dass die etablierten Unternehmen für den Fall seines Markteintritts zu für sie relativ geringfügigen Kosten (Grenzkosten) den Preiskampf ansagen könnten.

Am österreichischen Straßenbaumarkt haben S***** einen Anteil von rund 36,9 %, P***** einen von etwa 23,7% und A***** einen von ca 13,3

%.

Hinsichtlich der Marktanteile besteht keine auffallende Dynamik. Insbesondere in Niederösterreich gab es in den letzten Jahren keine relevanten Zugänge an Straßenbauunternehmen. S***** gewann durch Unternehmenserwerbungen in der letzten Zeit Marktanteile dazu.

Für die AMG sind drei Geschäftsführer bestellt:

Der aus dem P*****-Konzern kommende DI T***** ist zugleich Geschäftsführer der AG*****-GesmbH, die eine 100 %ige Tochtergesellschaft des Erstantragsgegners ist, Beteiligte des seinerzeit angemeldeten Zusammenschlussvorhabens war und die alte Anlage in G***** betrieb. Diese Gesellschaft hat ihren Sitz im Bereich der AMG und bezieht 99 % ihres Mischgutbedarfs von der AMG. Sie nimmt einen erheblich größeren Teil der Produktion als die beiden anderen beteiligten Konzerne ab und ist wesentlich mehr im Bereich der Straßenerhaltung als im Straßenneubau tätig. Gelegentlich bezieht sie von der Anlage des Erstantragsgegners in Petzenkirchen oder von dritten Anlagen, etwa von T***** in P***** oder von H***** F***** in Py*****. Ihr Aktionsradius beträgt nach Süden nur ca 30 km. Bis in den Raum St. Pölten ist sie mit Asphaltierungsarbeiten nur gelegentlich tätig.

Der Geschäftsführer Günther Schweiger kommt aus dem S***** Konzern und ist vor allem als Bereichsleiter für den Straßen- und Kanalbau der S***** in Oberösterreich südlich der Donau und im westlichen Niederösterreich tätig. Er ist auch Geschäftsführer des Asphaltmischwerks in St. V***** und der Asphaltmischanlagen G***** (westlich von Wels) und V***** (nördlich von Gmunden). Der Geschäftsführer Ing. Peter S***** ist vor allem als Bereichsleiter des A***** Konzerns für den Straßen- und Kanalbau in Oberösterreich und im westlichen Niederösterreich tätig und verwendet weniger als 1 % seiner Arbeitskraft für seine Geschäftsführerfunktion in der AMG.

Die tägliche Betriebs- und Geschäftsabwicklung der AMG obliegt einem Betriebsleiter.

Werden Asphaltmischanlagen von mehreren Unternehmen gemeinsam betrieben, so kommen die Gesellschafter regelmäßig vor Beginn der Saison zusammen und bestimmen die Konditionen für den Bezug. Die Geschäftsführer der AMG erstatteten zur Vorbereitung der Entscheidung Preisvorschläge auf der Basis der Vollkostenrechnung des Vorjahres und unter Berücksichtigung eines 3 %igen Gewinnzuschlags sowie unter Annahmen über den Absatz der kommenden Saison. Unter Heranziehung des erwarteten Absatzes werden die Fixkosten aufgeteilt. Die „Mischgutkonstante" ist der Quotient der Fixkosten (Geräte, Löhne, Versicherung, Kapitalverzinsung) des Vorjahres dividiert durch die erwartete Jahresabsatzmenge. Sie macht in etwa 1/4 bis 1/3 der Gesamtkosten des Mischguts aus. Die restlichen Kosten sind variabel und entstehen für Material (Energie, Bitumen, Gestein und chemische Zusätze).

Die Gesellschafterversammlung der AMG zur Bestimmung der Preise findet vor Beginn der jährlichen Saison - regelmäßig im April - statt. Der Erstantragsgegner ist in diesen Gesellschafterversammlungen durch seinen Generaldirektor vertreten. Es nehmen auch Vorstandsmitglieder der S***** und der A***** teil. Die durchschnittliche jährliche Produktion der AMG betrug bisher über 160.000 Tonnen. Die tatsächliche Abgabemenge ging immer über die in der Kalkulation angenommene Menge hinaus. Regelmäßig wurde ein höherer Preis kalkuliert und verrechnet als er entsprechend der dann tatsächlichen Produktionsmenge nach den angewandten Kalkulationsgrundsätzen möglich gewesen wäre. Die Rückzahlung des für die Errichtung der Anlagen aufgenommenen Kredits konnte daher in der Gesellschafterversammlung vom 12. 5. 2004 bereits für 2004 in Aussicht genommen werden. Für Abschreibung und Kreditrückzahlung waren 15 Jahre vorgesehen gewesen.

Die AMG hat eine Standard-Preisliste für Mischgut, eine gesonderte Preisliste für Großabnehmer, die 5 % Rabatt erhalten, sowie eine Preisliste für die Partnerunternehmen, die Rabatte zwischen 37 % und 48 % erhalten.

In der Regel führen die Fremdabholer „Flickarbeiten" durch und haben meist auch nicht Bedarf an dem gerade produzierten Asphaltmischgut. Sie pflegen ihre Bestellung nicht vorher anzukündigen, sondern erwarten eine sofortige Bereitstellung des an Ort und Stelle bestellten Asphaltmischguts. Von Fremdabholern werden von der AMG höhere Preise auch dann verlangt, wenn im Zeitpunkt der Nachfrage das nachgefragte Produkt ohnehin gerade für ein Unternehmen der beteiligten Konzerne produziert wird. Von der normalen Preisliste wurde bisher nur in einem Fall eines Fremdabholers abgewichen, der eine größere Menge mit einer einem Partnerunternehmen vergleichbaren Abnahmecharakteristik bezog. Der Anteil direkter Lieferungen an Fremdabholer am Gesamtabsatz der AMG sank von 4,7 % im Jahr 1999 auf 0,8 % im Jahr 2003.

In der Gesellschafterversammlung der AMG vom 29. 6. 1999 wurde die Frage angesprochen, „ob juristisch gesehen der Begriff Partnerpreis nur unmittelbar auf das direkte Gesellschafterverhältnis zu sehen ist oder den Konzern des Gesellschafters miteinschließt."

In mehreren Gesellschafterversammlungen der AMG wurden Einkaufspreise der beteiligten Konzerne hinsichtlich verschiedener von der AMG benötigter Vorprodukte ausgetauscht.

In der Gesellschafterversammlung vom 16. 5. 2001 merkte die Betriebsleitung an, die Mischgutstatistik 2000 zeige, dass die Geschäftsanteile mit den Tonnagen übereinstimmen.

Ein „Auftragsüberhang" des P***** Konzerns von 4.000 t und des S***** Konzerns von 6.000 t wurde in der Generalversammlung vom 16. 5. 2002 festgestellt. Nach der in dieser vorgelegten Mischgutstatistik 2001 hatten der P***** Konzern 40,8 %, der S***** Konzern 29,4 % und der A***** Konzern 27,4 % bezogen. In dieser Versammlung wurde auch berichtet, dass der Strom über den Rahmenvertrag des Erstantragsgegners mit seinem Lieferanten elektrischer Energie abgerechnet werde. Ein Vertreter des S***** Konzerns merkte an, dass die Bezugspreise seines Konzerns wesentlich niedriger seien. Man kam überein, künftig über den Rahmenvertrag des S***** Konzerns abzurechnen, sollte die Preisdifferenz auf Mengenbasis 2001 mehr als 2.000 EUR zu Gunsten der AMG betragen.

In der Gesellschafterversammlung vom 12. 5. 2004 stellte ein Vertreter des S***** Konzerns dem als vergleichsweise hoch bezeichneten Gaspreis der AMG jenen anderer Mischanlagen gegenüber. In der relevanten Region um G***** konnte das Land Niederösterreich 1998 das eingebaute Asphaltmischgut um ca 475 S pro Tonne erwerben. Der Preis stieg bis zum Jahr 2002 trotz bestehender Überkapazitäten und Rationalisierungsmaßnahmen kontinuierlich an.

Die Asphaltmischgutsorten BT 22, BTD 16 und AB 11 machen weit mehr als 90 % des von der Straßenbauverwaltung im Rahmen der von ihr erteilten Straßenbauaufträge abgenommenen Asphaltmischguts aus. Die von den Straßenbauunternehmen in den Angeboten ausgewiesenen Preise pro Tonne Asphaltmischgut haben sich im regionalen Markt für die Straßenbauverwaltung ab Werk exklusive Umsatzsteuer wie folgt entwickelt:

BT 22: Der Preis stieg von 27,40 EUR im Jahr 1998 auf 43,10 EUR im Jahr 2002. Im Jahr 2003 betrug der Preis 39,90 EUR, im Jahr 2004 29,36 EUR.

BTD 16: Der Preis stieg von 32,55 EUR im Jahr 1998 auf 42,21 EUR im Jahr 2002. Im Jahr 2003 fiel er auf 39,08 EUR, im Jahr 2004 auf 23,60

EUR.

AB 16: Preisanstieg von 43,50 EUR im Jahr 1998 auf 55,94 EUR im Jahr 2002. Im Jahr 2003 sank der Preis auf 47,63 EUR, im Jahr 2004 auf 27,72 EUR.

Die durchschnittlichen Preise des Asphaltmischguts im Raum um G*****, wie sie von den Straßenbauunternehmen in Anboten ausgewiesen sind, stiegen von 1998 bis 2002 um 36,54 % (von 34,48 EUR auf 47,08 EUR) und von 1999 bis 2002 um 30,3 % (von 36,13 EUR auf 47,08 EUR). 2003 sanken die Preise des Asphaltmischguts gegenüber 2002 um durchschnittlich 10 %. Im Jahr 2004 brachen die Preise für Asphaltmischgut um rund 35 % gegenüber 2003 ein. Zu dieser Zeit drangen vermehrt Anbieter aus Oberösterreich und Bayern in den Straßenbaumarkt im westlichen Niederösterreich.

Die Stoffkosten (Strom, Gas, Splitte, Bitumen) der AMG erhöhten sich von 1999 bis 2002 um 15,33 % und von 1999 bis 2004 um 28,66 %. Bis zum Jahr 2004 boten die Straßenbauunternehmen der jeweiligen Partner das Asphaltmischgut zu nahezu gleichen Preisen an. Seither legen diese Unternehmen Angebote zu deutlich unterschiedlichen Preisen. Vor 2004 gaben die AMG und die Konzerne ihrer Gesellschafter erzielte Effizienzvorteile nicht an ihre Abnehmer weiter. Im Rahmen der Beweiswürdigung hielt das Erstgericht fest, die im Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 16. 5. 2002 Bemerkung über den "Auftragsüberhang" könne nicht aus dem Bestreben erklärt werden, die Abnahme den Beteiligungsverhältnissen anzupassen, weil nach der Mischgutstatistik 2001 der S***** Konzern mehr abgenommen habe, als es seiner Beteiligung entsprochen habe, während der Erstantragsgegner unter der der Beteiligung entsprechenden Menge geblieben sei.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, die Vereinbarung des Gemeinschaftsunternehmens AMG falle nicht unter Art 81 EG, weil eine spürbare Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handelns nicht anzunehmen sei, liege doch die AMG nicht in Grenznähe und habe sie nur regionale Bedeutung. Die AMG sei kein Gemeinschaftsunternehmen im Sinn des § 41 Abs 2 KartG 1988 gewesen, weil es wegen möglicher wechselnder Mehrheiten in den Gesellschafterversammlungen von den Gesellschaftern nicht gemeinsam beherrscht werden sollte und kein Vollfunktionsunternehmen sei, würden doch das tägliche Geschäft der AMG, die den weitaus überwiegenden Teil der Produktion an die Konzerne der Gesellschafter liefere, nicht von den Geschäftsführern, sondern von einem Betriebsleiter abgewickelt und relevante Entscheidungen von führenden Organen der Konzerne der Gesellschafter getroffen. Außerdem handle es sich um ein kooperatives Unternehmen, weil die Konzerne der Gründungsgesellschafter sowohl auf dem regionalen Asphaltmischmarkt als auch auf dem nachgelagerten Straßenbaumarkt tätig seien. Die Antragsgegner hätten die von ihren Konzernen in der Zusammenschlussanmeldung bekundete Absicht der Stilllegung der getrennt geführten Anlagen in K***** und G***** verwirklicht. In der abgestimmten Stilllegung der unternehmerisch getrennten Produktionen liege eine Wettbewerbsbeschränkung, deren Zulässigkeit von der kartellrechtlichen Zulässigkeit der gemeinsamen Produktion abhänge. Mit der Aufnahme der gemeinsamen Produktion in G***** hätten die Beteiligten ein Absichtskartell durchgeführt, weil

Rechtliche Beurteilung

1. Als Nichtigkeit machen die Rekurswerber geltend, das Erstgericht sei mit seinen Erhebungen über die Marktwirkungen der AMG über den verfahrenseinleitenden Antrag hinausgegangen und habe damit die Dispositionsmaxime verletzt. Der gesamte verfahrenseinleitende Schriftsatz des Bundeskartellanwalts sei von der Entrüstung über die angebliche Missachtung der Vorentscheidung im Zusammenschlussverfahren geprägt. Sein Gegenstand sei nicht gewesen, ob bzw unter welchen Voraussetzungen die Produktion von Asphaltmischgut in gemeinsamen Gesellschaften an sich ein Absichtskartell begründe. Das Erstgericht habe viel grundsätzlichere Überlegungen angestellt.

Die behauptete Nichtigkeit liegt nicht vor:

Gemäß § 36 Abs 3 AußStrG ist jeder Beschluss im Rahmen des Gegenstands des Verfahrens zu fassen, wobei auf die Interessenlage und die zivilrechtlich wirksamen rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen der Parteien Bedacht zu nehmen ist. In Verfahren, die nur auf Antrag eingeleitet werden können, ist der Beschluss im Rahmen der Anträge zu fassen (§ 36 Abs 4 erster Satz AußStrG). § 36 Abs 3 und Abs 4 erster Satz AußStrG ist die Parallelbestimmung zu § 405 ZPO (ErläutRV 224 BlgNR 22. GP zu § 36 AußStrG, abgedruckt in Fucik/Kloiber, AußStrG 156). Abgesehen davon, dass ein Überschreiten des Verfahrensgegenstands nur eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens begründet (16 Ok 20/04; RIS-Justiz RS0007501), hat das Erstgericht nichts anderes ausgesprochen, als beantragt wurde. § 32 Abs 2 AußStrG gibt dem Kartellgericht die amtswegige Ermittlung des Sachverhalts auf. Die amtswegigen Erhebungen des Erstgerichts hielten sich im Rahmen des Antrags und der Behauptungen des Bundeskartellanwalts, der im Übrigen schon im verfahrenseinleitenden Schriftsatz zu den Wirkungen der Durchführung der beanstandeten gemeinsamen Produktion in G***** und - und ebenso wie die Bundeswettbewerbsbehörde - zu mit der Vereinbarung des Gemeinschaftsunternehmens verbundenen Wettbewerbsbeschränkungen vorgetragen hat, die in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im seinerzeitigen Zusamenschlussverfahren nicht behandelt worden waren.

2. In der Rechtsrüge wenden sich die Rekurswerber gegen die Auffassung des Erstgerichts, es liege eine Wettbewerbsbeschränkung vor, die beabsichtigt (bezweckt) sei, und es handle sich nicht um ein Bagatellkartell.

Die Rekurswerber führen aus, eine Beschränkung des Wettbewerbs liege aus folgenden Gründen nicht vor: Die im Zusammenschlussverfahren als wettbewerbsbeschränkend qualifizierten Elemente des geplanten Vorhabens seien von den beteiligten Konzernen aus ihren Absprachen eliminiert worden. Die Errichtung der AMG habe den wettbewerblichen Verhaltensspielraum der beteiligten Unternehmen nicht eingeengt, sondern erweitert, indem ihnen die Möglichkeit zum Bezug von Asphaltmischgut aus einer zuvor nicht bestehenden, technisch besseren und kostengünstigeren Anlage verschafft worden sei. Die Erweiterung bestehender Verhaltensspielräume sei nicht wettbewerbsbeschränkend. Es fehle daher eine koordinierte Verhaltensabstimmung am Markt. Ein Eingriff in die Handlungsfreiheit der beteiligten Unternehmen liege nicht vor. Der Betrieb der AMG führe nicht zu einer wettbewerblich relevanten Angleichung der Bezugskosten der beteiligten Konzerne für Asphaltmischgut mit potentiellen Wirkungen auf die Preissetzung am nachgelagerten Straßenbaumarkt, beschafften doch die Wettbewerber das Vorprodukt in hohem Maß nicht bei der gemeinsamen Produktionsgesellschaft, sondern aus anderen Quellen. So gehe aus den Feststellungen hervor, dass die Gesellschaften des S***** Konzerns im Jahr 2003 nicht mehr als 6,6 % ihres regionalen Asphaltmischgutbedarfs bei der AMG zu gleichen Preisen wie P***** und A***** eingekauft hätten, die ihrerseits nur 43 % bzw 24,2 % des örtlichen Bedarfs von der AMG bezogen hätten. Hinzu komme, dass selbst bei reinen Asphaltierungsarbeiten zumindest 50 % der Gesamtkosten auf Faktoren entfielen, die mit dem Mischgutpreis ab Werk in keinem Zusammenhang stünden. Insgesamt führe dies dazu, dass die Antragsgegner bei ihren Angeboten auf dem Straßenbaumarkt nicht davon hätten ausgehen können und müssen, dass die Möglichkeit ihrer Wettbewerber zum Bezug bei der AMG zu einer signifikanten Annäherung der Kalkulationsgrundlagen führen könnte. Die Gesellschafter der AMG seien jederzeit in der Lage, das von ihnen benötigte Mischgut auch aus anderen Anlagen zu anderen Preisen zu beschaffen. Ein Einfluss der AMG auf das strategische Preisverhalten der Antragsgegner im Straßenbaumarkt scheide daher aus. Eine Beschränkung des Wettbewerbs durch Kostenangleichung werde und sei weder bezweckt noch bewirkt worden. Selbst wenn die gemeinsame Produktion in der AMG tatsächlich zu einer Vereinheitlichung der Produktionskosten führen sollte, handelte es sich um eine funktionsnotwendige Nebenabrede, die nicht dem Kartelltatbestand unterliege. Der Oberste Gerichtshof habe in seiner im Zusammenschlussverfahren ergangenen Entscheidung festgehalten, der Wunsch der beteiligten Unternehmen nach Errichtung einer technisch besseren und kostengünstigeren Asphaltmischanlage sei ein legitimer Hauptzweck. Wettbewerbsbeschränkungen, die mit dem Betrieb einer solchen Anlage zwangsläufig verbunden (immanent) seien, würden von der positiven Beurteilung des Hauptzwecks erfasst. Es sei unerfindlich, weshalb die Beteiligten ernsthaft eine Beschränkung des Wettbewerbs auf dem Straßenbaumarkt durch Angleichung von Produktionskosten für möglich hätten halten sollen, sei ihnen doch bekannt gewesen, dass weder eine rechtliche noch eine faktische Bindung an die Bezugsquelle bestanden habe, und hätten sämtliche Antragsgegner den weitaus überwiegenden Anteil ihres regionalen Mischgutbedarfs aus anderen Anlagen als von der AMG gedeckt. Selbst wenn die gemeinsame Produktion wettbewerbsbeschränkend sein sollte, handelte es sich bloß um ein Wirkungskartell. Schließlich komme es für die Bejahung eines Bagatellkartells nur auf den Marktanteil der AMG an. Dieser betrage am örtlich relevanten Markt unter 25 % und auf dem bundesweiten Markt unter 5 %, sodass die AMG bei Bejahung eines Kartells ein Bagatellkartell wäre.

Hiezu wurde erwogen:

1. Am 1. 1. 2006 sind das KartG 2005, BGBl I 2005/61, in Kraft und das KartG 1988 außer Kraft getreten (§§ 86 Abs 1, 87 Abs 1 KartG 2005). Gemäß § 90 Z 3 lit b KartG 2005 sind Verfahren auf Untersagung der Durchführung von Kartellen (§ 25 KartG 1988), die zu diesem Zeitpunkt vor dem Kartellobergericht anhängig sind, nach den Bestimmungen des KartG 2005 fortzusetzen, wobei der Untersagungsantrag als Antrag nach § 26 KartG 2005 zu behandeln ist. Der Antrag des Bundeskartellanwalts auf Verhängung einer Geldbuße nach § 142 KartG 1988 ist nicht Gegenstand des Rekursverfahrens. Gemäß § 1 Abs 1 KartG 2005 sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmern, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken (Kartelle), verboten. Insbesondere sind nach dieser Bestimmung die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- und Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen, die Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung, des Absatzes, der technischen Entwicklung oder der Investitionen und die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen verboten (§ 1 Abs 2 Z 1 bis 3 KartG 2005). Die nach § 1 Abs 1 KartG 2005 verbotenen Vereinbarungen sind nichtig (§ 1 Abs 3 KartG 2005).

2. Nach der neuen Rechtslage ist die Unterscheidung zwischen bezweckten und (bloß) bewirkten Wettbewerbsbeschränkungen für das Kartellverbot selbst ohne Bedeutung. Bezweckung und Bewirkung sind zwei selbständige Alternativen des Kartelltatbestands, wie das Wort "oder" deutlich zeigt (s Schröter in von der Groeben/Schwarze6, Kommentar zum Vertrag über die Europäische Union und zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Art 81 EG Absatz 1 Rz 122 mwN). Die frühere Privilegierung von Wirkungskartellen (s § 18 KartG 1988) ist weggefallen (Reidlinger/Hartung, Das neue österreichische Kartellrecht 49).

Zuwiderhandlungen gegen das Kartellverbot sind vom Kartellgericht wirksam abzustellen, das hiezu den beteiligten Unternehmern und Unternehmensvereinigungen die erforderlichen Aufträge zu erteilen hat; diese Aufträge dürfen mit Beziehung auf die Zuwiderhandlung nicht unverhältnismäßig sein. Eine Änderung der Unternehmensstruktur darf nur dann aufgetragen werden, wenn keine anderen gleich wirksamen Maßnahmen zur Verfügung stehen oder diese mit einer größeren Belastung für die beteiligten Unternehmer verbunden wären (§ 26 KartG 2005).

Der Gesetzgeber verfolgt mit dem KartG 2005 das Ziel, das materielle österreichische Kartellrecht an die in Art 81 EG enthaltenen Wettbewerbsregeln anzugleichen (vgl ErläutRV 926 BlgNR 22. GP 1, 4 und 5). § 1 Abs 1 KartG 2005 deckt sich mit Art 81 erster Satz EG, mit Ausnahme des in der gemeinschaftsrechtlichen Norm genannten Tatbestandsmerkmals der Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten, das der Abgrenzung des Anwendungsbereichs des gemeinschaftsrechtlichen Kartellrechts von jenem der nationalen Kartellrechte dient. Der Beispielskatalog von Wettbewerbsbeschränkungen in § 1 Abs 2 KartG 2005 entspricht wörtlich dem des Art 81 Abs 1 EG. § 2 Abs 1 KartG 2005, der Kartelle unter den dort normierten Voraussetzungen von Gesetzes wegen vom Kartellverbot ausnimmt, ohne dass es einer behördlichen Entscheidung zur Feststellung oder Gewährung der Ausnahme bedarf („Legalausnahme"; ErläutRV 926 BlgNR 22. GP 1, 5; Reidlinger/Hartung aaO 63), übernimmt wörtlich Art 81 Abs 3 EG. Vor diesem Hintergrund ist es angezeigt, zur Auslegung der §§ 1 Abs 1 und 2, § 2 Abs 1 KartG 2005 die Entscheidungspraxis der Gemeinschaftsorgane zu Art 81 EG heranzuziehen. Schon zum KartG 1988 hat der Oberste Gerichtshof als Kartellobergericht ausgesprochen, dass Grundsätze für die kartellrechtliche Beurteilung horizontaler Zusammenarbeit der Bekanntmachung der Europäischen Kommission "Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art 81 EG-Vertrag auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit" (LLHoriz; ABl Nr C 3 vom 6. 1. 2001, S 2) zu entnehmen sind, die auch bei der Prüfung nationaler Sachverhalte sinngemäß zu berücksichtigen sind. Eine horizontale Zusammenarbeit liegt vor, wenn auf derselben Marktstufe zwischen Unternehmen eine Vereinbarung geschlossen oder eine Verhaltensweise aufeinander abgestimmt wird (16 Ok 4/03; LLHoriz Nr 1). Die LLHoriz erstrecken sich auf Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen ("Vereinbarungen") [LLHoriz Nr 9]. Im vorliegenden Fall ist eine horizontale Zusammenarbeit zwischen Unternehmen zu beurteilen, die sowohl in dem von der Zusammenarbeit betroffenen Markt als auch in dem nachgelagerten Straßenbaumarkt Wettbewerber waren und sind. Vom Kartellverbot sind Kartelle, an denen Unternehmer beteiligt sind, die gemeinsam am gesamten inländischen Markt einen Anteil von nicht mehr als 5 % und an einem allfälligen inländischen räumlichen Teilmarkt von nicht mehr als 25 % haben (Bagatellkartelle), jedenfalls ausgenommen (§ 2 Abs 2 Z 2 KartG 2005). Nach den Materialien (ErläutRV 926 BlgNR 22. GP 5) soll mit dieser Bestimmung - dem Gebot der Rechtssicherheit folgend - die durch die Bagatellbekanntmachung der Europäischen Kommission (s Bekanntmachung der Kommission über Vereinbarungen von geringer Bedeutung, die den Wettbewerb gemäß Art 81 Abs 1 EG nicht spürbar beeinträchtigen [de minimis], ABl Nr C 368 vom 22. 12. 2001, S 13) und die einschlägige Rechtsprechung der europäischen Gerichte anerkannte Ausnahme, dass nur spürbare Wettbewerbsbeschränkungen im Sinn des Art 81 EG verboten sind, im innerstaatlichen Recht konkretisiert werden. Was die Marktanteilsschwellen betrifft, entspricht die Bestimmung dem § 16 KartG 1988. Im Unterschied zu dieser Bestimmung gilt die Ausnahme nach der neuen Regelung nur, wenn die Marktanteilsschwellen während der gesamten Dauer des Bestands des Kartells nicht überschritten werden, wurde doch in dieser die in § 16 KartG 1988 enthaltene Wortfolge „im Zeitpunkt ihres Zustandekommens" nicht übernommen (Hoffer/Barbist, Das neue Kartellrecht 19; Reidlinger/Hartung aaO 74). Ferner stellt der klare Wortlaut der Neuregelung nicht mehr auf den durch das Kartell betroffenen Markt, sondern auf den Marktanteil der an dem Kartell beteiligten Unternehmer ab (Hoffer/Barbist aaO 19), das heißt Marktanteile der Kartellmitglieder in anderen regionalen Teilmärkten, die von der Beschränkung des Wettbewerbs nicht betroffen sind, sind ebenfalls mitzuzählen (Reidlinger/Hartung aaO 74).

3. Eine weitere Prüfung des Anlassfalls erübrigte sich, wenn ein Bagatellkartell gegeben wäre. Unterstellt man, dass die im vorliegenden Fall zu beurteilende gemeinsame Produktion von Asphaltmischgut in der AMG, an der Unternehmen beteiligt sind, die im von der gemeinsamen Produktion von Asphaltmischgut in dieser Anlage direkt betroffenen räumlich relevanten Markt tätig und im nachgelagerten Straßenbaumarkt Wettbewerber waren und sind, den Kartelltatbestand des § 1 Abs 1 KartG 2005 erfüllt, so liegt ein Bagatellkartell im Sinn des § 2 Abs 2 Z 1 KartG 2005 nicht vor:

§ 21 KartG 2005 ordnet an, dass bei der Berechnung von Marktanteilen auf eine bestimmte Ware (Leistung) [§ 23 KartG 2005] abzustellen ist und dass Unternehmen, die in der in § 7 KartG 2005 beschriebenen Form miteinander verbunden sind - wie etwa konzernverbundene Unternehmen (vgl 16 Ok 2/99) oder bei Beteiligungsgraden von 25 % oder mehr (§ 7 Abs 1 Z 3 KartG 2005) -, als einziges Unternehmen gelten. Als bestimmte Ware (Leistung) gelten alle Waren (Leistungen), die unter den gegebenen Marktverhältnissen der Deckung desselben Bedarfs dienen. Asphaltmischgut bildet im Sinn dieser Bestimmung einen eigenen Produktmarkt (16 Ok 2/99), was auch im Rekurs nicht in Abrede gestellt wird. Da die jeweiligen Lieferkreise der verschiedenen Asphaltmischwerke an einander grenzen und sich vielfältig überschneiden und die Überschneidungen zu einer Homogenisierung der Wettbewerbsverhältnisse zwischen den verschiedenen Lieferumkreisen führen, sind die verschiedenen Lieferumkreise als Gesamtheit zu betrachten und der geographische Markt dementsprechend abzugrenzen (vgl 16 Ok 15/98; KommE v 2. 4. 1998, Fall IV/M.1079 - Deutag/Ilbau/Sächische Asphaltmischwerke, ABl Nr C 239 v 30. 7. 1998,

S 18). Die vom Erstgericht in diesem Sinn vorgenommene Abgrenzung des im vorliegenden Fall relevanten räumlichen Marktes ist zutreffend und wird im Rekurs auch nicht bekämpft. Nach den Feststellungen übersteigen die Anteile der an der AMG beteiligten Konzerne im geografischen Produktmarkt der AMG bei weitem 25 % (vgl 16 Ok 15/98 zur Zulässigkeit der Anteilsberechnung auf Grund von Produktionswerten). Ein Bagatellkartell liegt demnach nicht vor.

4. Eine Beschränkung ("Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung") des Wettbewerbs liegt in der Regel vor, wenn die wettbewerblich relevante Handlungsfreiheit aller oder einzelner der an einer der drei in § 1 Abs 1 KartG 2005 beschriebenen Koordinierungsformen beteiligten Unternehmen beeinträchtigt ist (Eilmannsberger in Streinz, EUV/EGV Art 81 EGV Rz 44; Bunte in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Bd 210, Generelle Prinzipien Art 81 Rz 60 f; Stockenhuber in Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union Art 81 EGV je mwN aus der Rsp des EuGH; vgl Roth/Ackermann in Frankfurter Kommentar, Grundfragen Art 81 Abs 1 EGV Rz 149 ff, Rz 221 ff). Trotz Fehlens einer Beschränkung der wettbewerblichen Handlungsfreiheit kann eine Wettbewerbsbeschränkung von einer Absprache ausgehen (dh von ihr bewirkt werden), wenn eine von den beteiligten Unternehmen geschaffene Interessenlage es unwahrscheinlich macht, dass sie bestimmte Wettbewerbshandlungen durchführen werden (Eilmannsberger aaO Rz 47 mwN; Bunte aaO Rz 41a). Insbesondere kommt eine Wettbewerbsbeschränkung bei der Gründung von Gemeinschaftsunternehmen durch Konkurrenten im Hinblick auf aus der Gründung möglicherweise resultierende Auswirkungen auf das Wettbewerbsverhalten der Gründerunternehmen (Gruppeneffekt) in Betracht (Eilmannsberger aaO Rz 47; Bunte aaO Rz 41a).

Bezweckt eine Vereinbarung, ein Beschluss oder eine aufeinander

abgestimmte Verhaltensweise eine Beschränkung des Wettbewerbs, müssen

die tatsächlichen Auswirkungen der Vereinbarung, des Beschlusses oder

der Verhaltensweise auf die Marktverhältnisse weder ermittelt noch

nachgewiesen werden (vgl LLHoriz Nr 18; Bekanntmachung der Kommission

"Leitlinien zur Anwendung von Art 81 Abs 3 EG-Vertrag" [LLAnw, Abl Nr

C 101 v 27. 4. 2004, S 97 Nr 20]; Schröter in von der

Groeben/Schwarze aaO Art 81 EG Absatz 1 Rz 123;

Mestmäcker/Schweitzer², Europäisches Wettbewerbsrecht § 10 Rz 60 je

mN aus der Rsp des EuGH). Ob eine Vereinbarung, ein Beschluss oder

eine abgestimmte Verhaltensweise eine Wettbewerbsbeschränkung

bezweckt, bestimmt sich nach ihrer objektiven Eignung, eine

Beeinträchtigung des Wettbewerbs herbeizuführen (Stockenhuber in

Grabitz/Hilf aaO Art 81 EGV Rz 141 mwN). Dabei ist auf den Inhalt bzw

Wortlaut der Vereinbarung, des Beschlusses bzw der Abstimmung abzustellen, wobei die wirtschaftlichen Begleitumstände ihrer Durchführung zu berücksichtigen sind; auf die subjektive Absicht der Parteien kommt es nicht an (Mestmäcker/Schweitzer aaO § 10 Rz 60 f;

Schröter aaO Art 81 EG Absatz 1 Rz 122; Stockenhuber aaO Rz 141;

Reidlinger/Hartung, Das neue österreichische Kartellrecht 49 je mwN). Kernbeschränkungen des Wettbewerbs wie Preisabsprachen, Produktions- und Absatzbeschränkungen und Marktaufteilungsabsprachen (§ 1 Abs 2 Z 1 bis 3 KartG 2005) sind grundsätzlich bezweckte Beschränkungen des Wettbewerbs; hier steht die Abschwächung des Wettbewerbs zwischen den Marktteilnehmern im Vordergrund; die Teilnehmer an der Absprache versuchen damit, unternehmerischen Erfolg durch die Verringerung des Wettbewerbsdrucks auf dem betreffenden Markt sicherzustellen (Eilmannsberger aaO Art 81 Rz 38 ff; vgl LLHoriz Nr 18). Eine Vereinbarung zur Gründung eines Unternehmens, das nicht unter der gemeinsamen Kontrolle seiner Anteilseigner steht, bezweckt für sich allein genommen keine Einschränkung des Wettbewerbs (vgl KommE v 31. 7. 2001, COMP/37.462 - Identrus, Rz 41, ABl Nr L 249 v 19. 9. 2001, S 12; KommE v 3. 3. 1999, IV/36.237 - TPS, Rz 91, ABl L 90 v 2. 4. 1999, S 6), sofern nicht besondere Umstände vorliegen (vgl Schroeder in Grabitz/Hilf aaO Art 81 EGV Rz 440). Im vorliegenden Fall steht die AMG unstrittig nicht unter der gemeinsamen Kontrolle ihrer Gesellschafter, weil in den Gesellschafterversammlungen wechselnde Mehrheiten möglich sind. Die Gesellschaftsverträge selbst enthalten keine wettbewerbsbeschränkenden Klauseln. Gemeinsame Produktion als solche ist keine Vereinbarung, die bezweckt, die Erzeugung einzuschränken (Schroeder in Grabitz/Hilf aaO Art 81 EGV Rz 568 unter Hinweis auf die de minimis Bekanntmachung v 9. 12. 1997, ABl Nr C 372, S 13 Nr 11 lit a [entspricht Nr 11 z 1 lit b der de minimis Bekanntmachung v 22. 12. 2001 aaO "Beschränkung der Produktion oder des Absatzes"], wonach insoweit an die Vereinbarung von Produktionsquoten gedacht ist). Die (vereinbarte oder abgestimmte) Stilllegung der alten Anlagen in G***** und K*****, die nach den Feststellungen den gestiegenen Anforderungen nicht voll und rasch entsprechen konnten, ist kein Umstand, der die Annahme einer mit der Gründung der AMG bezweckten Wettbewerbsbeschränkung hinreichend begründen könnte, stand doch im Vordergrund der Kooperation, den beteiligten Unternehmen eine technisch bessere und kostengünstigere Produktion von Asphaltmischgut zu ermöglichen (vgl 16 Ok 15/98) und wurden die Produktionskapazitäten der alten Werke wenn auch nicht zur Gänze, so doch zu einem sehr großen Teil in das neue Werk verlagert, das im wesentlichen der Versorgung der beteiligten Baukonzerne dient.

Der Rüge der Rekurswerber, das erstinstanzliche Verfahren sei

mangelhaft, weil das Erstgericht den zum Nachweis der Behauptung, das

Werk in K***** wäre unabhängig von der Gründung der AMG geschlossen

worden, beantragten Beweis nicht durchgeführt habe, fehlt somit die

Relevanz. Nach den LLHoriz stellen bei Produktionsvereinbarungen

Vereinbarungen über die Festsetzung der Preise für Lieferungen der

Partner, die Beschränkung der Produktion und die Aufteilung von

Märkten oder Kundengruppen "fast immer" bezweckte

Wettbewerbsbeschränkungen dar. Dies gilt jedoch nicht für

Vereinbarungen über den unmittelbar von der Produktionsvereinbarung

betroffenen Ausstoß (etwa die Kapazität oder den Produktionsumfang

eines Gemeinschaftsunternehmens) und die Festsetzung der

Verkaufspreise im Rahmen eines auch den Vertrieb übernehmenden

Produktionsgemeinschaftsunternehmens, wenn sich die Preisfestsetzung

des Gemeinschaftsunternehmens bereits aus der Zusammenlegung der

verschiedenen Funktionen ergibt (diese Vereinbarungen bzw

Abstimmungen sind für die gemeinsame Produktion notwendig [Schroeder

in Grabitz/Hilf aaO Art 81 EGV Rz 565]). In beiden Fällen wird die

Vereinbarung über die Produktion bzw die Preise nicht getrennt

beurteilt, sondern vor dem Hintergrund der anderen Auswirkungen auf

den Markt gewürdigt, um die Anwendbarkeit des Kartellverbots zu ermitteln (LLHoriz Nr 90). Die festgestellte gemeinsame Preisfestlegung für Lieferungen an Dritte betrifft nicht die Preise für Lieferungen der Partner der AMG, sondern für Verkäufe der gemeinsamen Produktionsgesellschaft an Dritte, die insofern - wenn auch in unbedeutendem Umfang - auch Vertriebsfunktion hat. Entgegen der Auffassung des Bundeskartellanwalts ist diese Preisfestsetzung keine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung im Sinn der LLHoriz Nr 90. Eine gemeinsame Preisfestsetzung für von den Partnern der AMG selbst vertriebenes Asphaltmischgut ist nicht festgestellt. Zusammengefasst ist davon auszugehen, dass die zu beurteilende Produktionsvereinbarung keine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt. Bezweckt eine Vereinbarung keine Wettbewerbsbeschränkung, so ist ihre aktuelle oder wahrscheinliche Wirkung zu prüfen. Für die Beurteilung der Frage, ob eine Vereinbarung wegen der durch sie bewirkten Wettbewerbsstörung als verboten anzusehen ist, ist der Wettbewerb so zu betrachten, wie er ohne die fragliche Vereinbarung bestünde (vgl 16 Ok 4/03); diese Betrachtung beschränkt § 1 Abs 1 KartG 2005 - ebenso wie Art 81 Abs 1 EG - nicht auf die tatsächlichen Auswirkungen auf den Wettbewerb, vielmehr sind auch potentielle Auswirkungen der Koordinierung in ihrem wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang zu berücksichtigen; zu berücksichtigen ist ferner die Möglichkeit, dass die Vereinbarung ein Teil eines längerfristigen Plans oder einer breiter angelegten Kooperation darstellt (Mestmäcker/Schweitzer aaO § 10 Rz 64 mwN). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, die im Hinblick auf die dargelegte Absicht des Gesetzgebers bei der Anwendung des § 1 Abs 1 KartG 2005 fruchtbar gemacht werden kann, werden bei der Prüfung wettbewerbsbeschränkender Wirkungen grundsätzlich sowohl die Einschränkungen der wettbewerbsrelevanten Handlungsfreiheit als auch die aktuellen oder potentiellen Auswirkungen auf Dritte erfasst (Mestmäcker/Schweitzer aaO § 10 Rz 65 mwN; vgl 16 Ok 4/03). Zu prüfen ist, ob eine Vereinbarung bzw Abstimmung, die keine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt, den Wettbewerb im betroffenen Markt in einem Maß beeinträchtigen kann, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit negative Auswirkungen auf Preise, Produktion, Innovation oder Vielfalt und Qualität der Waren und Dienstleistungen zu erwarten sind (16 Ok 4/03; Reidlinger/Hartung aaO 50; vgl LLHoriz Nr 19 f; EuG 18. 9. 2001, Slg 2001, II-2459 Rz 76 f - Metropole television, wonach es nicht ausreichend ist, dass die Vereinbarung die Handlungsfreiheit der Parteien beschränkt).

5. Im Anlassfall waren und sind die an der AMG beteiligten Unternehmen im von der gemeinsamen Produktion von Asphaltmischgut in dieser Anlage direkt betroffenen sachlich und räumlich relevanten Markt tätig und im nachgelagerten Straßenbaumarkt Wettbewerber. Die Tätigkeit der AMG beschränkt sich im Wesentlichen auf die Produktion von Asphaltmischgut für Straßenbauunternehmen der beteiligten Konzerne. Eine gemeinsame Produktion von Vor- oder Zwischenprodukten wird sich durch Angleichung der Produktionskosten, die eine Angleichung der Verkaufspreise auf dem nachgelagerten Markt und damit eine Verminderung des Preiswettbewerbs nach sich ziehen kann, umso mehr auf das Wettbewerbsverhalten der Beteiligten auswirken, als die Vor- oder Zwischenprodukte in den Gesamtkosten des Endprodukts ins Gewicht fallen (vgl LLHoriz Nr 88 und 91; Schroeder in Grabitz/Hilf aaO Art 81 EGV Rz 558). Eine erhebliche Angleichung der Kosten kann durch eine Vereinbarung über die Produktion nur erreicht werden, wenn auf die Produktion ein hoher Anteil der Gesamtkosten in einem Markt entfällt und die Vertragspartner ihre Tätigkeiten im Bereich der Zusammenarbeit in einem erheblichen Umfang zusammenlegen (LLHoriz Nr 23). Nach den Feststellungen deckten in den Jahren 1999 bis 2003 im Durchschnitt der P***** Konzern zu etwa 48 %, der A***** Konzern zu rund 24 % und der S***** Konzern zu etwa 8 % ihren Bedarf an Asphaltmischgut im relevanten räumlichen Markt (Einzugsgebiet der AMG) durch Käufe bei der AMG. Im Jahr 2003 bezog der P***** Konzern rund 43 % (78.759 t von 183.085 t), der A***** Konzern ca 24,2 % (56.900 t von 235.000 t) und der S***** Konzern rund 6,65 % (38.898 t von 584.249 t) des jeweiligen Bedarfs im Einzugsgebiet von der AMG. Bei Straßenerhaltungsarbeiten (reinen Asphaltierungsarbeiten) repräsentieren die Kosten des Asphaltmischguts ca die Hälfte der Gesamtkosten (für Straßenneubau und für Straßengeneralsanierungen hat das Erstgericht nicht den Anteil der Kosten des Asphaltmischguts an den Gesamtkosten, sondern nur einen Anteil des bituminösen Mischguts von einem Viertel an der Rechnungssumme festgestellt; es kann aber davon ausgegangen werden, dass in diesen Fällen der Kostenanteil weniger als die Hälfte beträgt). Unter Zugrundelegung des vom Erstgericht für das Jahr 2003 festgestellten Gesamtbedarfs der an der AMG beteiligten Konzerne an Asphaltmischgut im Einzugsgebiet der AMG (P***** Konzern: 183.085 t; A***** Konzern: 235.000 t; S***** Konzern: 584.249 t; insgesamt 1.002.334 t) konnten die beteiligten Konzerne durch den Bezug von der AMG im Gesamtausmaß von 174.557 t ihre Kosten für rund 17,4 % ihres gemeinsamen Asphaltmischgutbedarfs im relevanten Markt angleichen. Da Kosten des Asphaltmischguts maximal ungefähr 50 % der Gesamtkosten von Straßenbauleistungen repräsentieren, so kann nicht angenommen werden, dass die aus der gemeinsamen Produktion in der AMG resultierende Angleichung der Produktionskosten für sich allein betrachtet den Beteiligten Anreiz zur Koordination ihres Preisverhaltens am nachgelagerten Straßenbaumarkt gab.

Das Erstgericht stellte aber unbekämpft fest, dass die Straßenbauunternehmen der jeweiligen Partner das Asphaltmischgut bis zum Jahr 2004 zu nahezu gleichen Preisen angeboten haben. Berücksichtigt man,

Rechtssätze
17
  • RS0119533OGH Rechtssatz

    25. Mai 2023·3 Entscheidungen

    Missbräuchliches Verhalten eines Unternehmens auf einem anderen Markt als dem, den es beherrscht ("Marktdivergenz") verstößt dann gegen § 35 KartG, wenn beide Märkte so eng miteinander verbunden sind, dass Kunden des einen Markts zugleich als potentielle Kunden auf dem anderen Markt in Frage kommen. Das einen dieser Märkte beherrschende Unternehmen befindet sich dann in einer Situation, die einer beherrschenden Stellung auf der Gesamtheit der relevanten Märkte gleichkommt. Den Marktbeherrscher treffen dann die aus seiner beherrschenden Marktposition folgenden besonderen kartellrechtlichen Verhaltenspflichten auch auf dem verbundenen Markt. Der Markt für Verbindungsleistungen in Fernsprech-Festnetzen im Selbstwählverkehr und der Markt für die Anschlussleistung sind als Komplementärmärkte in dem Sinn zu verstehen, dass die auf beiden Märkten gehandelten Dienstleistungen nur gemeinsam verwendet werden können. Die genannten Märkte sind dann aber jedenfalls so eng miteinander verbunden, dass Kunden, die Bedarfsträger des einen Markts sind, notwendig als potentielle Kunden auf dem anderen Markt in Frage kommen. Ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung liegt dann vor, wenn ein den anderen Marktteilnehmern wirtschaftlich überlegener Unternehmer auf das Marktgeschehen in einer Weise Einfluss nimmt, die geeignet ist, negative Auswirkungen auf die Markt- und Wettbewerbsverhältnisse zu entfalten; die objektive Eignung des Verhaltens genügt. Der kartellgerichtliche Abstellungsauftrag hat sich gegen ein konkret als Missbrauch marktbeherrschender Stellung beschriebenes Marktverhalten zu richten. Art und Umfang der Abstellungsverfügung bestimmen sich nach dem Marktverhalten, das als Missbrauch marktbeherrschender Stellung qualifiziert wurde. Da der Missbrauch marktbeherrschender Stellung auch in einem Unterlassen bestehen kann, kann durch den kartellgerichtlichen Abstellungsauftrag auch ein positives Tun angeordnet werden. Dies trifft etwa dann zu, wenn sich missbräuchliches Verhalten - zum Beispiel bei Liefersperren oder beim Preismissbrauch - sonst nicht zuverlässig abstellen lässt. Solche Eingriffe in die unternehmerische Gestaltungsfreiheit sind auf das zur Erreichung des Normzwecks unbedingt notwendige Maß zu beschränken. In den meisten Fällen werden Unterlassungsgebote ausreichen. Im kartellrechtlichen Missbrauchsverfahren ist eine enge, am konkreten missbräuchlichen Verhalten orientierte Fassung des Unterlassungsgebots angebracht. Dies ergibt sich daraus, dass kartellrechtliche Abstellungsaufträge empfindlich in die unternehmerische Handlungsfreiheit eingreifen und Verstöße gegen einen Abstellungsauftrag mit hohen Geldbußen geahndet werden können.