JudikaturJustiz10ObS140/21t

10ObS140/21t – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. November 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ. Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Gleitsmann und Johannes Püller (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei R*, vertreten durch Mag. Karlheinz Amann, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84–86, vertreten durch Dr. Eva Maria Bachmann Lang und Dr. Christian Bachmann, Rechtsanwälte in Wien, wegen vorzeitiger Alterspension bei langer Versicherungsdauer, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 28. Juni 2021, GZ 10 Rs 53/21v 17, mit dem das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau als Arbeits- und Sozialgericht vom 25. Februar 2021, GZ 7 Cgs 132/20z 11, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revision selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

[1] Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 28. 6. 2019 hat die Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft als Rechtsvorgängerin der nun beklagten Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen dem am 5. 5. 1957 geborenen Kläger ab dem 1. 6. 2019 eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer in Höhe von 1.146,96 EUR brutto monatlich zuerkannt. Wegen Inanspruchnahme vor Erreichung des Regelpensionsalters wurde ein Abschlag von 12,6 % berücksichtigt.

[2] Mit Bescheid vom 6. 4. 2020 wies die Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen den Antrag des Klägers vom 3. 2. 2020 auf Gewährung einer abschlagsfreien Alterspension im Sinn der am 1. 1. 2020 in Kraft getretenen § 120 Abs 7 GSVG in der Fassung BGBl I 2019/103 ab. Ihrer Auffassung nach erstreckte sich die Wirkung dieser Neuregelung ausschließlich auf Stichtage ab 1. 1. 2020, nicht aber auf bereits zuvor zuerkannte Pensionen.

[3] In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Klage begehrte der Kläger die Zuerkennung einer abschlagsfreien Pensionsleistung gemäß § 120 Abs 7 GSVG im gesetzlichen Ausmaß ab 1. 1. 2020.

[4] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Stichtagsprinzip gelte auch für die ab 1. 1. 2020 eingeführte abschlagsfreie Pension im Sinn des § 120 Abs 7 GSVG.

[5] Das Berufungsgericht teilte diese Rechtsansicht und gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Den Übergangsbestimmungen zum Steuerreformgesetz 2020 sei nicht zu entnehmen, dass die Abschlagsfreiheit rückwirkend auch für vor dem 1. 1. 2020 liegende Stichtage gelten solle. Eine Stichtagsregelung verstoße nicht gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz. Die Revision sei zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Anwendung des § 120 Abs 7 GSVG (inhaltsgleich § 236 Abs 4b ASVG) für Stichtage vor dem 1. 1. 2020 fehle.

[6] Die von der beklagten Partei beantwortete Revision des Klägers ist zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

[7] 1.1 Nach § 67 Abs 1 ASGG darf in einer Leistungssache nach § 65 Abs 1 Z 1, 4 und 6 bis 8 ASGG sowie über die Kostenersatzpflicht eines Versicherungsträgers nach § 65 Abs 1 Z 5 ASGG – vorbehaltlich des § 68 ASGG – vom Versicherten eine Klage nur erhoben werden, wenn der Versicherungsträger darüber bereits mit Bescheid entschieden oder den Bescheid nicht innerhalb der in § 67 Abs 1 Z 2 ASGG genannten Fristen erlassen hat.

[8] 1.2 Anders als den erst kürzlich zu 10 ObS 101/21g und 10 ObS 138/21y entschiedenen Fällen, in denen der Sozialversicherungsträger Anträge auf Gewährung einer abschlagsfreien Pensionsleistung ab 1. 1. 2020 zurückwies und eine Bescheidpflicht verneinte, liegt hier ein die Zulässigkeit des Rechtswegs eröffnender Sachbescheid, mit dem die Beklagte „darüber“ (RIS Justiz RS0085867), das heißt über den Anspruch des Klägers auf Gewährung einer abschlagsfreien Alterspension ab 1. 1. 2020, entschieden.

[9] 2.1 Die Regelung über den abschlagsfreien Pensionsbezug für Langzeitversicherte in § 111 Abs 7 GSVG wurde durch das Steuerreformgesetz 2020, BGBl I 2019/103, eingeführt und trat am 1. 1. 2020 in Kraft (§ 376 Z 1 GSVG). Sie lautet(e) auszugsweise:

„(7) Hat die versicherte Person mindestens 540 Beitragsmonate der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit erworben, so ist eine Verminderung der Leistung nach diesem Bundesgesetz sowie nach dem APG unzulässig; … .“

[10] 2.2 Eine inhaltsgleiche Regelung fand sich unter anderem in § 236 Abs 4b ASVG, der mit dem Pensionsanpassungsgesetz (PAG) 2020, BGBl I 2019/98 eingeführt wurde und ebenfalls am 1. 1. 2020 in Kraft trat (§ 727 Z 1 ASVG).

[11] 2.3 § 120 Abs 7 GSVG sowie § 236 Abs 4b ASVG wurden mit dem SVÄG 2020, BGBl I 2021/28, zum 31. 12. 2020 wieder abgeschafft (§ 383 Abs 2 GSVG; § 745 Abs 2 ASVG), gelten aber für Personen, die die Anspruchsvoraussetzungen spätestens am 31. 12. 2020 erfüllten, weiter (§ 383 Abs 4 GSVG; § 745 Abs 4 ASVG).

[12] 3.1 Es stellt sich die Frage, ob § 120 Abs 7 GSVG die begehrte Gewährung einer abschlagsfreien vorzeitigen Alterspension an den Kläger rechtfertigt, dem aufgrund eines vor dem 1. 1. 2020 liegenden Stichtags eine wegen Inanspruchnahme vor Erreichen des Regelpensionsalters verminderte Alter spension bereits rechtskräftig zuerkannt wurde .

[13] Dies hat der Oberste Gerichtshof erst jüngst – ausführlich begründet – zur inhaltsgleichen Regelung des § 236 Abs 4b ASVG verneint (10 ObS 101/21g, 10 ObS 138/21y, je vom 19. 10. 2021). Zusammengefasst hielt der Oberste Gerichtshof in den beiden Entscheidungen den damals wie auch im vorliegenden Fall vorgebrachten Argumenten Folgendes entgegen:

[14] 3.2 Der Versicherungsfall des Alters gilt mit der Erreichung des Anfallsalters für eine Alterspension als eingetreten (RS0111060). Beim Versicherungsfall handelt es sich um eine primäre Leistungsvoraussetzung der Pensionsversicherung (RS0110083). Gemäß § 223 Abs 2 ASVG hat die Feststellung, ob der Versicherungsfall (in der Pensionsversicherung) eingetreten ist, ausschließlich zu dem durch die Antragstellung ausgelösten Stichtag zu erfolgen (RS0111054). Die Frage, ob überhaupt der Versicherungsfall eingetreten ist, kann somit nur zum Stichtag geprüft werden. Die Bedeutung des Stichtags liegt nicht nur darin, dass zu diesem Zeitpunkt die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen zu prüfen sind; es sind vielmehr zu diesem Zeitpunkt auch die besonderen Anspruchsvoraussetzungen zu prüfen und auch der Anfall der Leistungen tritt regelmäßig mit dem Stichtag ein (§ 86 Abs 3 Z 2 ASVG; RS0085980; RS0084524). Dazu gehört auch die Beurteilung, in welchem Ausmaß eine Leistung gebührt (10 ObS 322/89 SSV NF 3/134), also auch die Entscheidung über die Pensionshöhe.

[15] 3.3 Der Versicherungsfall des Alters kann nach allen Systemen nur einmal eintreten. Er wird durch die Entscheidung eines Sozialversicherungsträgers über die Gewährung der vorzeitigen Alterspension konsumiert.

[16] 3.4 Pensionsleistungen werden für die Zukunft zuerkannt. Eine – wie in den beiden entschiedenen Fällen in Bezug auf § 236 Abs 4b ASVG – erst nach rechtskräftiger Zuerkennung der (vorzeitigen) Alterspension erfolgte Rechtsänderung vermag die Rechtskraft der Entscheidung über die Zuerkennung einer Pension nicht zu berühren (RS0085980 für eine erst während des Rechtsmittelverfahrens erfolgte Rechtsänderung).

[17] 3.5 Damit ist der Versicherungsfall des Alters im vorliegenden Fall aufgrund des Antrags des Klägers auf Zuerkennung einer vorzeitigen Alterspension am 1. 6. 2019 eingetreten. Zu diesem Stichtag wurde über den Anspruch des Klägers dem Grund und der Höhe nach entschieden. Dies umfasst auch den Abschlag in der unstrittigen Höhe von 12,6 %. Durch den neuerlichen Antrag vom 3. 2. 2020 auf Gewährung einer abschlagfreien Pensionsleistung ab 1. 1. 2020 wurde weder ein „neuer“ Versicherungsfall des Alters noch ein neuer Stichtag ausgelöst.

[18] 4.1 § 236 Abs 4b ASVG wurde mit dem PAG 2020, BGBl I 2019/98, geschaffen. Diese Bestimmung lautet:

„(4b) Hat die versicherte Person mindestens 540 Beitragsmonate der Pflichtversicherung auf Grund einer Erwerbstätigkeit erworben, so ist eine Verminderung der Leistung nach diesem Bundesgesetz sowie nach dem APG unzulässig; § 261 Abs. 4 dieses Bundesgesetzes sowie die §§ 5 Abs. 2 und 6 Abs. 1 APG sind nicht anzuwenden. Als Beitragsmonate auf Grund einer Erwerbstätigkeit gelten auch bis zu 60 Versicherungsmonate für Zeiten der Kindererziehung (§§ 8 Abs. 1 Z 2 lit. g, 227a oder 228a dieses Bundesgesetzes oder §§ 3 Abs. 3 Z 4, 116a oder 116b GSVG oder §§ 4a Abs. 1 Z 4, 107a oder 107b BSVG), wenn sie sich nicht mit Zeiten einer Pflichtversicherung auf Grund einer Erwerbstätigkeit decken.“

[19] § 236 Abs 4b ASVG trat mit 1. 1. 2020 in Kraft (§ 727 Abs 1 Z 1 ASVG) und mit Ablauf des 31. 12. 2021 wieder außer Kraft (§ 745 Abs 2 ASVG). Auf Personen, die die Anspruchsvoraussetzungen nach § 236 Abs 4b ASVG spätestens mit 31. 12. 2021 erfüllen, bleibt diese Bestimmung aber weiter anwendbar (§ 745 Abs 4 ASVG).

[20] 4.2 § 236 Abs 4b ASVG geht auf einen Abänderungsantrag zum Bericht und Antrag des Budgetausschusses über den Entwurf des PAG 2020 (688 BlgNR 26. GP) zurück. Zu diesem Antrag wird in den Gesetzesmaterialien ausgeführt (AA 130 26. GP 2): „Wer mindestens 45 Jahre lang erwerbstätig war, soll in Zukunft keine Pensionsabschläge mehr haben, auch wenn der Pensionsantritt vor dem 65. Lebensjahr erfolgt. Dabei werden auch bis zu 60 Versicherungsmonate der Kindererziehung als Beitragsmonate der Erwerbstätigkeit berücksichtigt.“

[21] 4.3 Mit dem PAG 2020 wurde (wieder) die Abschlagsfreiheit bei allen Pensionsarten eingeführt, wenn 540 Beitragsmonate (davon können 60 Beitragsmonate Kindererziehungszeiten sein) vorliegen. Diese Regelung gilt also nicht nur für vorzeitige Alterspensionen, sondern auch für die Schwerarbeitspension, das Sonderruhegeld nach dem NSchG und die Pensionen aus den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit (Invaliditätspension, Berufsunfähigkeitspension, Erwerbsunfähigkeitspension; krit Pöltner/Pacic , ASVG, § 236 ASVG Anm 7d).

[22] 4.4 § 236 ASVG regelt die Erfüllung der Wartezeit, einer sekundären Voraussetzung für den Erwerb eines Pensionsanspruchs (RS0106536). Diese Bestimmung ergänzt die für die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer vorhandenen Wartezeitregelungen in § 607 Abs 10 und 12 ASVG. Sie stellt überdies eine Vorschrift für die Berechnung einer solchen Pension dar (vgl Marek in Poperl/Trauner/Weißenböck , ASVG [72. Lfg] § 236 Rz 29; Sonntag in Sonntag , ASVG 12 § 236 ASVG Rz 7).

[23] 4.5 Weder der Wortlaut des § 236 Abs 4b ASVG noch jener des § 727 Abs 1 Z 1 ASVG enthalten einen Hinweis darauf, dass § 236 Abs 4b ASVG für bereits zuerkannte Alterspensionen mit einem Stichtag vor dem Inkrafttreten dieser Bestimmung am 1. 1. 2020 gelten sollen (vgl demgegenüber etwa die ausführlichen Übergangsregeln für Altrenten und neue Pensionen aus der Pensionsversicherung in den §§ 522 ff ASVG). Ausgehend vom bereits dargestellten Stichtagsprinzip in der Pensionsversicherung, das die Leistung nicht nur an den Eintritt des Versicherungsfalls (hier: des Alters), sondern auch an eine entsprechende formelle Antragstellung bindet, ergibt sich bereits daraus, dass § 236 Abs 4b ASVG nur auf die Berechnung von (ua) Alterspensionen anwendbar ist, deren Stichtag nach dem Inkrafttreten dieser Bestimmung, also am 1. 1. 2020 oder danach liegt (so auch Marek , Ab Stichtag 1. 1. 2020 kein Abschlag bei Hacklerpensionen für Männer [aber nicht immer], ARD 6672/5/2019; Marek in Poperl/Trauner/Weißenböck , ASVG [72. Lfg] § 236 ASVG Rz 31, 32, 37; Sonntag , ASVG 12 § 236 ASVG Rz 7; implizit auch Weißensteiner , Aus für Abschlagsfreiheit – Neuer Frühstarterbonus kommt, DRdA infas 2021, 61 [62]; aA Beck , Pensionsanpassung, Pensionsbonus, abschlagfreie „Frühpension“ sowie Beitragsentlastung versus Sachlichkeitsgebot und Generationengerechtigkeit [Teil III], SozSi 2020, 123 [126]).

[24] 4.6 Sowohl nach dem Wortlaut als auch nach der systematischen Stellung stellt § 236 Abs 4b ASVG keine Regelung über die Neubemessung (im Sinn einer „Neufeststellung“, vgl § 367 Abs 2 ASVG) einer schon zu einem Stichtag vor dem Inkrafttreten dieser Bestimmung rechtskräftig zuerkannten Pension dar. Dies steht im Einklang damit, dass das ASVG an sich die „Neufeststellung“ einer Alterspension in Regelungen kennt, die das Übergangsrecht betreffen. Nach der rechtskräftigen Zuerkennung einer Alterspension findet nur mehr deren Anpassung, nicht aber deren Neubemessung im Sinn einer Neufeststellung statt. § 236 Abs 4b ASVG ist keine Anpassungsbestimmung. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Anpassung bereits zuerkannter Pensionen für das Kalenderjahr 2020 zeitgleich mit dem PAG 2020 in § 728 ASVG geregelt wurde. Dem Gesetzgeber, der § 236 Abs 4b ASVG und § 728 ASVG mit dem gleichen Gesetz geschaffen hat, kann nicht unterstellt werden, dass er das Problem der Abschlagsfreistellung von vorzeitigen Alterspensionen erst ab einem Stichtag ab dem 1. 1. 2020 übersehen hätte.

[25] 5. Der in Art 7 B VG normierte Gleichheitsgrundsatz verbietet unsachliche Differenzierungen (RS0053981). Dem Gesetzgeber steht aber ein Gestaltungsspielraum insofern zu, als er in seinen rechts und wirtschaftspolitischen Zielsetzungen frei ist, sofern keine unsachliche Differenzierung vorliegt (RS0117654 [T5]; RS0053889). Der Ansicht des Revisionswerbers, die Anwendbarkeit des § 236 Abs 4b ASVG lediglich auf Pensionsanträge ab dem Stichtag 1. 1. 2020 sei gleichheitswidrig, hat bereits das Berufungsgericht zutreffend entgegengehalten, dass nach ständiger Rechtsprechung eine zeitliche Differenzierung bei den Anspruchsvoraussetzungen durch eine Stichtagsregelung grundsätzlich nicht gleichheitswidrig ist (10 ObS 30/12b ua; RS0053393 ua).

[26] 6. Die Mitgliedstaaten verfügen bei der Wahl geeigneter Maßnahmen zur Verwirklichung ihrer sozial und beschäftigungspolitischen Ziele über einen weiten Entscheidungsspielraum. Dieser Entscheidungsspielraum ist nur dadurch begrenzt, dass tragende Grundsätze des Unionsrechts nicht ausgehöhlt werden dürfen (10 ObS 49/19g DRdA 2020/49, 551 [ Burger ] = ZAS 2020/31, 192 [ Tomandl ] = SSV NF 33/76 mwH). Welche Auswirkung ein Wohnsitzwechsel auf die Gewährung der hier zu beurteilenden Pension, die in unveränderter Höhe bei einem Wohnsitzwechsel in einen anderen Mitgliedstaat exportiert werden müsste (Art 7 VO (EG) 883/2004), auf tragende Grundsätze des Unionsrechts hätte, vermag der Revisionswerber nicht darzulegen.

[27] 7.1 Diese Grundsätze sind auch auf die am 1. 1. 2020 in Kraft getretene Regelung des § 120 Abs 7 GSVG anzuwenden. Diese Bestimmung regelt ebenso wie ihr Pendant in § 236 Abs 4b ASVG die abschlagsfreie vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer. § 113 Abs 1 Z 1 und Abs 2 GSVG enthalten mit § 223 Abs 1 Z 1 und Abs 2 ASVG identische Stichtagsregelungen.

[28] 7.2 Der Vergleich des Klägers mit dem in § 156a GSVG und unter anderem (inhaltsgleich) § 299a ASVG mit Wirksamkeit ab 1. 1. 2020 (§ 375 Abs 1 GSVG; § 726 Abs 1 ASVG) neu eingeführten Ausgleichszulagenbonus/Pensionsbonus für langzeitversicherte Personen überzeugt nicht. Dieser neue Bonus sollte den mit dem SRÄG 2016, BGBl I 2017/29 im Ausgleichszulagenrecht geschaffenen Langzeitversicherten Richtsatz ersetzen und weiterentwickeln (10 ObS 83/21k zu § 299a ASVG). In diesem Zusammenhang hat der Gesetzgeber in den jeweiligen Übergangsbestimmungen (§ 375 GSVG; § 726 ASVG) nicht nur das Inkrafttreten der Neuregelung zu einem bestimmten Datum – wie in § 376 Z 1 GSVG oder § 727 Z 1 ASVG – angeordnet, sondern in Form eines Günstigkeitsprinzips spezielle Übergangsregelungen zu Alt und Neufällen geschaffen (vgl 10 ObS 83/21k zu § 726 Abs 3 ASVG).

8. Ergebnis :

[29] § 120 Abs 7 GSVG in der Fassung BGBl I 2019/103 (abschlagsfreie Alterspension für Langzeitversicherte) ist nicht auf versicherte Personen anzuwenden, denen mit Stichtag vor dem 1. 1. 2020 eine (vorzeitige) Alterspension bei langer Versicherungsdauer zuerkannt wurde.

[30] Der Revision des Klägers ist deshalb nicht Folge zu geben.

[31] 9. Anhaltspunkte für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit im Sinn des § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG wurden nicht vorgebracht.

Rechtssätze
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