JudikaturBVwG

W259 2261134-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
08. Juli 2025

Spruch

W259 2261134-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Ulrike RUPRECHT über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch XXXX , Rechtsanwalt in 1010 Wien, gegen den Bescheid des Bundesministeriums für XXXX vom XXXX 2022, Zl. XXXX , betreffend besondere Hilfeleistung gemäß §§ 23a und 23b GehG zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben vom 13.06.2022 machte der Beschwerdeführer Ansprüche nach § 23a GehG geltend. Er sei als XXXX (Anm. gemeint: XXXX ) im Dienst am 20.11.2021 XXXX vorsätzlich am Körper verletzt worden. Gegen den Täter sei ein Verfahren beim Landesgericht XXXX zu XXXX anhängig. Die Ansprüche würden nach Vorlage eines Zivilurteils noch konkretisiert werden.

2. Mit einem weiteren Schreiben vom 13.06.2022 teilte der Beschwerdeführer mit, dass der Täter zum Tatzeitpunkt unzurechnungsfähig gewesen sei. Nachdem eine gerichtliche Entscheidung über die zivilrechtlichen Ansprüche des Beschwerdeführers nicht zu erwirken sei, werde der Antrag nunmehr auf § 23b GehG gegründet. Das Urteil des Strafgerichtes werde sobald es dem Beschwerdeführervertreter übermittelt worden sei unaufgefordert vorgelegt.

3. Die Staatsanwaltschaft XXXX stellte am 15.03.2022 den Antrag auf Unterbringung des Täters in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs. 1 StGB. In diesem Antrag wurde festgehalten, dass XXXX unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes (§ 11 StGB) am 20.11.2021 den XXXX XXXX mit geballter Faust gegen das Gesicht geschlagen habe, wobei dieser eine Prellung und eine Schwellung unter dem linken Auge sowie Kopfschmerzen und ein Schwindelgefühl erlitten habe.

4. Mit Bescheid des XXXX wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung einer Pauschalentschädigung für Schmerzengeld sowie auf Ersatz des Verdienstentganges aufgrund des Vorfalles vom 20.11.2021 gemäß § 1 Abs.1, § 1 Abs. 3, § 3 sowie § 6a des VOG abgewiesen.

5. Der Beschwerdeführer brachte mit Schreiben vom 07.10.2022 vor, dass der Beschwerdeführer durch den Faustschlag gegen sein linkes Auge am 20.11.2021 eine Prellung am linken Auge mit einer Schmerzsymptomatik lokal über dem Jochbein links sowie Schwellung und Schmerzen unter dem linken Auge und Kopfschmerzen mit Schwindel erlitten habe. Er machte Schmerzengeld im Ausmaß von 4 Tage leichte Schmerzen geltend.

6. Mit Bescheid des Bundesministeriums für XXXX (in weiterer Folge: „belangte Behörde“) vom XXXX 2022, Zl. XXXX , wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 13.06.2022 auf besondere Hilfeleistung gem. § 23a GehG ab. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Täter mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX 2022 zu XXXX in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs. 1 StGB eingewiesen worden sei. Der Beschwerdeführer habe einen Dienstunfall in unmittelbarer Ausübung seiner dienstlichen Pflichten, welcher bei ihm eine Körperverletzung zur Folge gehabt habe, erlitten. Er habe sich jedoch nur vom 20.11.2021 bis 26.11.2021 im Krankenstand befunden, weshalb seine Erwerbsfähigkeit nicht gemäß § 23a Z 3 GehG durch mindestens 10 Kalendertage gemindert gewesen sei. Konkrete Belege über Heilungskosten seien nicht vorgelegt worden. Es mangle daher an der in § 23a Z 3 GehG geforderten Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 10 Kalendertage.

7. In der dagegen eingebrachten Beschwerde führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass sich die in § 23a Abs. 3 GehG vorgesehene „Minderung der Erwerbsfähigkeit für zumindest zehn Kalendertage“ ausschließlich auf den Verdienstentgang beziehe. Davon losgelöst sei der Anspruch auf die vorschussweise Zuerkennung des Schmerzengeldes zu beurteilen. Der Antrag sei auch nicht auf § 23a GehG gegründet worden, sondern auf § 23b GehG, nachdem infolge der Unzurechnungsfähigkeit des Täters eine gerichtliche Entscheidung über die zivilrechtlichen Ansprüche nicht zu erwirken gewesen sei.

8. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.07.2023 zu W183 2261134-1/2E wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

9. Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht außerordentliche Revision.

10. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 02.12.2024, Ra 2023/12/0107-9, wurde das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

11. Mit Stellungnahme vom 10.04.2025 teilte der Beschwerdeführer mit, dass der Täter, XXXX , zum Tatzeitpunkt deliktsunfähig gewesen sei und mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 23.06.2022 zu XXXX in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs. 1 StGB eingewiesen worden sei. Gegen einen im Tatzeitpunkt Unzurechnungsfähigen könne kein (positives) Zivilurteil erwirkt werden. Bei verfassungskonformer Auslegung des § 23b Abs. 4 GehG seien die gegenständlichen Ansprüche des Beschwerdeführers als XXXX in der JA XXXX zu bevorschussen. Auch ein zivilgerichtliches Vorgehen gegen den Täter nach § 1310 ABGB und Erwirkung einer Billigkeitshaftung sei dem Beschwerdeführer auch aufgrund des Kostenrisikos nicht zumutbar.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage der Beschwerde, den Bescheid der belangten Behörde, die Bekanntgabe sowie den Antrag vom 13.06.2022, den Bescheid des Sozialministeriumservice vom 29.08.2022, Zl XXXX , die Mitteilung vom 06.10.2022, Zl. XXXX , die Bekanntgabe vom 07.10.2022 und der Einsichtnahme in den Bezug habenden Verwaltungsakt und in den vorliegenden Gerichtsakt werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist als XXXX in der JA XXXX tätig.

Der Beschwerdeführer wurde am 20.11.2021 im Zuge einer Amtshandlung gegen einen Insassen der JA XXXX , durch diesen verletzt. Er erlitt eine Prellung und eine Schwellung unter dem linken Auge sowie Kopfschmerzen und ein Schwindelgefühl. Aufgrund dieses Vorfalles war er ab dem 20.11.2021 (untertags) bis einschließlich 26.11.2021 im Krankenstand.

Der Vorfall wurde von der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisbahnen und Bergbau (BVAEB) mit Schreiben vom 03.12.2021 als Dienstunfall gewertet.

Der Beschwerdeführer machte keinen Ersatz für Heilungskosten geltend.

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 23.06.2022 zu XXXX in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs. 1 StGB eingewiesen. XXXX war zum Tatzeitpunkt zurechnungsunfähig. Der Beschwerdeführer hat gegen XXXX keine Ansprüche auf dem Zivilrechtsweg geltend gemacht.

Der Beschwerdeführer hat keine Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung bzw. nach dem Verbrechensopfergesetz bezogen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund sowie zum Dienst des Beschwerdeführers in der JA XXXX ergeben sich aus dem Akt und sind unstrittig.

Nähere Informationen zum Dienstunfall vom 20.11.2021 sind den im Akt einliegenden Unterlagen zu entnehmen, an deren Richtigkeit kein Zweifel besteht.

Dass es sich um einen Dienstunfall handelt, ergibt sich aus dem Schreiben der BVAEB vom 03.12.2021, die den Unfall als Dienstunfall anerkannt hat.

Die festgestellten Verletzungsfolgen sind in den im Akt einliegenden medizinischen Befunden angeführt, an deren Richtigkeit nicht zu zweifeln war. Dass sich der Beschwerdeführer vom 20.11.2021 (untertags) bis 26.11.2021 im Krankenstand befunden hat, ergibt sich aus dem übereinstimmenden Vorbringen des Beschwerdeführers und der belangten Behörde.

Dass der Beschwerdeführer keine Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung bzw. nach dem Verbrechensopfergesetz bezogen hat, ist der Erklärung des Beschwerdeführers vom 11.06.2022 und dem Bescheid des Sozialministeriums vom 29.08.2022, Zl XXXX zu entnehmen.

Die Feststellung über die Einweisung von XXXX in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher und dass dieser zum Tatzeitpunk zurechnungsunfähig war ergibt sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt. In der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 13.06.2022 sowie in der Beschwerdeschrift und in der Stellungnahme vom 10.04.2025 wurde ausgeführt, dass eine zivilgerichtliche Entscheidung gegen den Täter nicht erwirkt werden könne und ein zivilgerichtliches Vorgehen gegen den Täter nach § 1310 ABGB und Erwirkung einer Billigkeitsentscheidung dem Beschwerdeführer auch aufgrund des Kostenrisikos nicht zumutbar sei.

Es waren daher insgesamt die entsprechenden Feststellungen zu treffen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels derartiger gesetzlicher Bestimmungen ist im gegenständlichen Fall Einzelrichterzuständigkeit gegeben.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Zu A):

3.1. Abweisung der Beschwerde:

3.1.1. Die für den Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54/1956, idgF (GehG) lauten auszugsweise wie folgt:

"Besondere Hilfeleistungen:

§ 23a. Der Bund hat als besondere Hilfeleistung die vorläufige Übernahme von Ansprüchen zu erbringen, wenn

1. eine Beamtin oder ein Beamter

a) einen Dienstunfall gemäß § 90 Abs. 1 des Beamten-Kranken-und Unfallversicherungsgesetzes – B-KUVG, BGBl. Nr. 200/1967, oder

b) einen Arbeitsunfall gemäß § 175 Abs. 1 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, in unmittelbarer Ausübung ihrer oder seiner dienstlichen Pflichten erleidet, und

2. dieser Dienst- oder Arbeitsunfall eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung zur Folge hatte und

3. der Beamtin oder dem Beamten dadurch Heilungskosten erwachsen oder ihre oder seine Erwerbsfähigkeit voraussichtlich durch mindestens zehn Kalendertage gemindert ist.

Vorschuss zur besonderen Hilfeleistung

§ 23b. (1) Der Bund leistet als besondere Hilfeleistung einen Vorschuss (vorläufige Übernahme von Ansprüchen), wenn

1. sich die Beamtin oder der Beamte im Zusammenhang mit einem Dienst- oder Arbeitsunfall im Sinne des § 23a Z 1 an einem Strafverfahren beteiligt, das nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche mit einer rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten oder der Hinterbliebenen gegen den Täter abgeschlossen wird, oder

2. solche Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten im Zivilrechtsweg nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche rechtskräftig zugesprochen werden.

(2) Ein Vorschuss nach Abs. 1 Z 1 und Z 2 ist höchstens bis zum 27-fachen Referenzbetrag gemäß § 3 Abs. 4 für Heilungskosten, Schmerzengeld sowie für jenes Einkommen, das der Beamtin oder dem Beamten wegen der erlittenen Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung entgangen ist oder künftig entgeht, zu leisten.

(2a) Abweichend von § 23a Z 3 gebührt der Vorschuss auf Schmerzengeld auch dann, wenn die Erwerbsfähigkeit der oder des Bediensteten nicht durch mindestens zehn Kalendertage gemindert ist.

(3) Das Schmerzengeld und das Einkommen gemäß Abs. 2 umfassen auch die jeweils bis zur rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche anfallenden Zinsen.

(4) Ist eine gerichtliche Entscheidung über die Ansprüche gemäß Abs. 2 unzulässig, kann diese nicht erfolgen oder ist diese ohne Prüfung des Bestandes der Ansprüche erfolgt, hat die Dienstbehörde nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche die Heilungskosten sowie jenes Einkommen, das der Beamtin oder dem Beamten wegen der erlittenen Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung entgangen ist oder künftig entgeht, zu ersetzen. Die Zahlung von Schmerzengeld ist nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche höchstens bis zum fünffachen Referenzbetrag gemäß § 3 Abs. 4 möglich. Die Gesamtkosten dürfen jedoch jene gemäß Abs. 2 nicht überschreiten.

(5) Die vorläufige Leistungspflicht des Bundes besteht nur insoweit, als die Ansprüche der Beamtin oder des Beamten nicht durch die gesetzliche Unfallversicherung oder nach dem Bundesgesetz über die Gewährung von Hilfeleistungen an Opfer von Verbrechen, BGBl. Nr. 288/1972, gedeckt sind.

(6) Die Ansprüche der Beamtin oder des Beamten gegen die Täterin oder den Täter gehen, soweit sie vom Bund bezahlt werden, durch Legalzession auf den Bund über.

3.1.2. § 23a GehG steht in einem untrennbaren Zusammenhang zu § 23b GehG. Der Verwaltungsgerichtshof hat diesbezüglich wiederholt festgehalten, dass der in § 23b GehG genannte Vorschuss der in § 23a GehG als besondere Hilfeleistung angeführten „vorläufigen Übernahme von Ansprüchen“ entspricht. Die näheren Voraussetzungen für die Gewährung einer besonderen Hilfeleistung iSd § 23a GehG werden in § 23b GehG geregelt. Bereits daraus ergibt sich, dass die in § 23a GehG angesprochene vorläufige Übernahme von Ansprüchen nur bei Vorliegen der weiteren, in § 23b GehG normierten Voraussetzungen (vgl. insbesondere § 23b Abs. 1 Z 1 und Z 2 sowie Abs. 4 GehG) zu erbringen ist (vgl. u.a. VwGH 03.07.2020, Ro 2020/12/0005).

Folglich sind bei der Frage der Prüfung der Gewährung einer besonderen Hilfeleistung gemäß §§ 23a ff. GehG zuerst die Voraussetzungen nach § 23a GehG zu prüfen, im Anschluss sodann jene nach § 23b GehG.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 27. April 2020, Ro 2019/12/0004 (Rn 29ff), bereits ausgesprochen, dass (auch) die §§ 23a und 23b GehG nach ihrem eindeutigen und klaren Wortlaut Fremdverschulden als Voraussetzung für eine Hilfeleistung durch vorläufige Übernahme von Ansprüchen vorsehen. Dies ergibt sich zunächst schon daraus, dass die Hilfe durch Übernahme von Ansprüchen geleistet wird, was voraussetzt, dass derartige Ansprüche bestehen bzw. überhaupt denkbar sind. Voraussetzung für die Leistung eines Vorschusses ist gemäß § 23b GehG, abgesehen von den weiteren Voraussetzungen, dass sich der Beamte im Zusammenhang mit einem Dienst- oder Arbeitsunfall im Sinne des § 23a Abs. 1 GehG an einem Strafverfahren beteiligt, das nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche mit einer rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten oder der Hinterbliebenen gegen den Täter abgeschlossen wird (Z 1 leg. cit) oder solche Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten im Zivilrechtsweg nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche rechtskräftig zugesprochen werden (Z 2 leg. cit). Ist eine gerichtliche Entscheidung über Ersatzansprüche unzulässig (unbekannter Täter) oder kann sie nicht erfolgen (abwesender oder flüchtiger Täter), ist gemäß § 23b Abs. 4 GehG jedenfalls die Leistung eines Vorschusses vorgesehen. Die Hilfeleistung wird also auch dann gewährt, wenn ein Anspruch aus bestimmten Gründen nicht realisierbar ist. Es finden sich aber keinerlei Anhaltspunkte in den genannten gesetzlichen Bestimmungen dafür, dass eine Hilfeleistung auch dann erfolgen sollte, wenn ein Anspruch der Beamtin oder des Beamten von vornherein ausgeschlossen ist, weil ein Fremdverschulden nicht vorlag. Die Ansprüche der Beamtin oder des Beamten gegen die Täterin oder den Täter gehen, soweit sie vom Bund bezahlt werden, durch Legalzession auf den Bund über (§ 23b Abs. 6 GehG). Gemäß § 23b Abs. 2 ist ein Vorschuss auch betreffend jenes Einkommen, das die Beamtin oder dem Beamten wegen der erlittenen Körperverletzung oder Gesundheitsentschädigung entgangen ist oder künftig entgeht, zu leisten (VwGH 14.06.2021, Ro 2020/12/0009; vgl. auch VwGH 03.07.2020, Ro 2020/12/0005).

3.3. Für den gegenständlichen Fall folgt daraus:

Der Beschwerdeführer hat im gegenständlichen Fall einen Dienstunfall iSd § 90 Abs. 1 B-KUVG erlitten, der zu einer Körperverletzung geführt hat.

Der Verwaltungsgerichtshof sprach wiederholt aus, dass die Hilfeleistung durch vorläufige Übernahme von Ansprüchen im Sinne der Leistung eines Vorschusses bei fehlendem Fremdverschulden nicht vorgesehen sei. Dies ergebe sich nicht nur aus dem klaren Wortlaut der gesetzlichen Regelung (§§ 2, 4, 9 WHG und §§ 23a und 23 b GehG), sondern es sei vom Verwaltungsgerichtshof auch bereits zur Vorgängerbestimmung des § 83c GehG iVm § 3 Abs. 1 WHG im Erkenntnis vom 13.11.2014, 2011/12/0037, ausgesprochen worden. Dass diese Rechtsprechung allenfalls zu Vorgängerregelungen der in Frage stehenden Norm ergangen sei, schade nicht, wenn es keiner neuen Leitlinien höchstgerichtlicher Rechtsprechung bedürfe, um die Vorschrift auszulegen, insbesondere, weil sie in den entscheidenden Teilen inhaltlich nicht relevant verändert worden sei (vgl. VwGH 29.07.2021, Ra 2021/12/0021 mit Verweis auf VwGH 21.11.2016, Ra 2015/12/0051).

Somit war als nächster Schritt zu prüfen, ob im gegenständlichen Fall Fremdverschulden vorliegt. Der Beschwerdeführer wurde im Rahmen seiner Dienstverrichtung in der JA XXXX von dem Insassen, XXXX , am Körper verletzt, wodurch er eine Prellung und eine Schwellung unter dem linken Auge sowie Kopfschmerzen und ein Schwindelgefühl erlitten hat. Somit wurde die gegenständliche Verletzung zwar durch einen Dritten zweifelsfrei verursacht, jedoch ergibt sich aus den Feststellungen auch zweifelsfrei, dass der Täter zum Tatzeitpunkt zurechnungsunfähig war und mit Urteil des Landesgerichtes XXXX in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen wurde.

Ebenfalls hielt der Beschwerdeführer in seinen Stellungnahmen wiederholt fest, dass eine zivilgerichtliche Entscheidung nicht erwirkt werden könne und ein zivilgerichtliches Vorgehen gegen den Täter nach § 1310 ABGB und Erwirkung einer Billigkeitsentscheidung dem Beschwerdeführer aufgrund des Kostenrisikos nicht zumutbar sei. Der Beschwerdeführer geht im gegenständlichen Verfahren selbst davon aus, dass der Täter zurechnungsunfähig und auch nicht deliktsfähig ist. Die Voraussetzung des Fremdverschuldens liegt somit im gegenständlichen Fall nicht vor.

Im gegenständlichen Verfahren hat sich der Beschwerdeführer auch nicht an einem Strafverfahren beteiligt, das nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche mit einer rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche gegen den Täter abgeschlossen wurde. Solche Ersatzansprüche wurden dem Beschwerdeführer ebenfalls nicht im Zivilrechtsweg nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche rechtskräftig zugesprochen, nachdem ein Verfahren auf dem Zivilrechtsweg vom Beschwerdeführer nicht eingeleitet wurde.

Die Voraussetzungen des § 23b Abs.1 und Abs. 2 GehG sind somit im gegenständlichen Fall nicht erfüllt.

Insoweit der Beschwerdeführer sich in weiterer Folge auf § 23b Abs. 4 GehG stützt, ist Folgendes festzuhalten:

Gemäß § 23b GehG wird die Hilfe durch Übernahme von Ansprüchen geleistet, was voraussetzt, dass derartige Ansprüche bestehen bzw. überhaupt denkbar sind. Ansprüche bestehen jedoch gerade nicht gegen zurechnungsunfähige oder schuldunfähige Personen. § 23b Abs. 4 GehG normiert, dass wenn eine gerichtliche Entscheidung über Ersatzansprüche unzulässig (unbekannter Täter) ist oder sie nicht erfolgen (abwesender oder flüchtiger Täter) kann, gemäß § 23b Abs. 4 GehG jedenfalls die Leistung eines Vorschusses vorgesehen ist (vgl. VwGH 14.06.2021, Ro 2020/12/0009 sowie zur Vorgängerbestimmung § 9 WHG VwGH 13.11.2014, 2011/12/0037). Hier wird ausdrücklich auf Umstände verwiesen, die einem Verfahren und damit einem konkreten Zuspruch der geltend gemachten Ansprüche zum gegenwärtigen Zeitpunkt entgegenstehen. In diesen Fällen hat der Gesetzgeber vorgesehen, dass die Dienstbehörde die Ansprüche prüfen soll, um in weiterer Folge einen Vorschuss leisten zu können. Im gegenständlichen Fall wurde der Täter gemäß § 21 Abs. 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingeliefert und er war zum tatzeitpunkt zurechnungsunfähig. Ein Verfahren gemäß § 1310 ABGB wurde vom Beschwerdeführer nicht eingeleitet. Somit ist davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer einerseits strafrechtlich keine Ansprüche auf Schmerzengeld zustehen und andererseits, der Beschwerdeführer Ansprüche auf dem Zivilrechtsweg gar nicht geltend gemacht hat.

Gemäß § 23b Abs. 4 GehG hat die Dienstbehörde die Prüfung des Bestandes der Ansprüche vorzunehmen, wenn eine gerichtliche Entscheidung über die Ansprüche unzulässig ist, eine solche nicht erfolgen kann oder ohne Prüfung des Bestandes der Ansprüche erfolgt ist.

Die Hilfeleistung wird also auch dann gewährt, wenn ein Anspruch aus bestimmten Gründen nicht realisierbar ist (vgl. VwGH 14.06.2021, Ro 2020/12/0009). Sowohl der Judikatur (vgl. u.a. VwGH 14.06.2021, Ro 2020/12/0009; 13.11.2014, 2011/12/0037) als auch den Gesetzmaterialien ist zu entnehmen, dass nach § 23b Abs. 4 GehG eine gerichtliche Entscheidung dann unzulässig ist oder nicht erfolgen kann, wenn der Täter unbekannt bzw. abwesend oder flüchtig ist.

Insoweit der Beschwerdeführer wiederholt vorbrachte, dass eine zivilgerichtliche Entscheidung aufgrund der Zurechnungsunfähigkeit des Täters nicht erwirkt werden könne, ist festzuhalten, dass eine etwaige Mittellosigkeit des Schädigers und Aussichtslosigkeit des Zivilverfahrens für die Anwendung des § 23b Abs. 4 GehG nicht von Belang ist. Vielmehr ist nach § 23b GehG generell das Vorliegen einer gerichtlichen Entscheidung Voraussetzung für eine derartige Hilfeleistung und verschafft das Gesetz nur in Ausnahmefällen für jene Fälle Abhilfe, in denen – wie bereits ausgeführt – eine gerichtliche Entscheidung unzulässig ist oder nicht erfolgen kann. Nur in diesen Ausnahmefällen, in denen aber der Anspruch dem Grunde nach besteht, sowie im Fall einer gerichtlichen Entscheidung ohne Prüfung des Bestandes der Ansprüche gelangt der Auffangtatbestand des § 23b Abs. 4 GehG zur Anwendung. Ein derartiger Fall liegt jedoch gegenständlich nicht vor. Diese Ansicht steht auch im Einklang mit der Bestimmung des § 23b Abs. 6 GehG, die normiert, dass die Ansprüche der Beamtin oder des Beamten gegen die Täterin oder den Täter, soweit sie vom Bund bezahlt werden, durch Legalzession auf den Bund übergehen. Im gegenständlichen Fall gibt es jedoch keine Ansprüche des Beschwerdeführers, die auf den Bund übergehen können.

Der Beschwerdeführer führte in seiner Stellungnahme vom 10.04.2025 aus, dass bei verfassungskonformer Auslegung des § 23b Abs. 4 GehG die gegenständlichen Ansprüche des Beschwerdeführers als XXXX in der JA XXXX zu bevorschussen seien. Dieser Darstellung kann jedoch nicht gefolgt werden. Ein zurechnungsunfähiger Täter kann jedenfalls nicht einem unbekannten, abwesenden oder flüchtigen Täter gleichgesellt werden. In diesen Fällen geht der Gesetzgeber davon aus, dass der Anspruch dem Grunde nach besteht und das ist eine Voraussetzung für die Gewährung einer Hilfeleistung gemäß §§ 23a ff GehG. Soweit der Beschwerdeführer der Sache nach eine Gleichheitswidrigkeit behauptet, ist zusätzlich auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum auf dem Gebiet des Dienst-, Besoldungs- und Pensionsrechts zu verweisen (vgl. VfSlg. 16.176/2001 mwH und 17.452/2005). Vor diesem Hintergrund haben sich Bedenken, dass die hier maßgebliche Rechtslage dieser (weitmaschigen) Forderung nicht entspricht, nicht ergeben.

Zusammengefasst liegt im gegenständlichen Fall kein Fremdverschulden vor und der Beschwerdeführer hat sich weder an einem Strafverfahren beteiligt, das nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche mit einer rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche des Beschwerdeführers gegen den Täter abgeschlossen wurde noch wurden dem Beschwerdeführer solche Ersatzansprüche im Zivilrechtsweg nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche rechtskräftig zugesprochen. Des Weiteren ist der Täter weder unbekannt noch abwesend oder flüchtig. Der Beschwerdeführer führte selbst die Billigkeitshaftung gemäß § 1310 ABGB als möglichen Zivilrechtsweg an. Eine Zivilklage gegen den zurechnungsunfähigen Täter gemäß § 1310 ABGB wurde nicht eingebracht. Im gegenständlichen Fall sind die Voraussetzungen für die Zuerkennung einer besonderen Hilfeleistung gemäß § 23a und § 23b GehG daher nicht erfüllt. Vor diesem Hintergrund war auch von der Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Ermittlung der Schmerzperioden bzw den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit abzusehen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.4. Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass dienstrechtliche Streitigkeiten öffentlich Bediensteter unter den Begriff der „civil rights“ im Verständnis des Art. 6 Abs. 1 EMRK fallen, insoweit derartige Streitigkeiten durch die innerstaatliche Rechtsordnung geregelte, subjektive Rechte oder Pflichten des jeweils betroffenen Bediensteten zum Gegenstand haben (vgl. VwGH 13.09.2017, Ro 2016/12/0024 mwN).

Demnach kann eine Verhandlungspflicht gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK nur dann entfallen, wenn die Ausnahmen für nicht übermäßig komplexe Rechtsfragen oder hochtechnische Fragen Platz greifen (vgl. VwGH 21.12.2016, Ra 2016/12/0067).

Da sich im vorliegenden Fall der Sachverhalt aus den Akten ergibt und es sich auch um keine übermäßig komplexe Rechtsfrage handelt, kann von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Zudem wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung von den Parteien nicht beantragt.

Zu B)

3.5. Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde zu Spruchpunkt A wiedergegeben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.