Spruch
W183 2261134-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Erika PIELER über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch RA Mag. Wolfgang KLEINHAPPEL, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Justiz vom 12.10.2022, Zl. XXXX betreffend besondere Hilfeleistungen zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 12.10.2022 (zugestellt am 13.10.2022) wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 13.06.2022 auf Geltendmachung von Ansprüchen nach § 23a Gehaltsgesetz 1956 (GehG), im Konkreten Schemerzengeld in Höhe von EUR 480,- abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass es gegenständlich an der in § 23a Z 3 GehG normierten Voraussetzung einer Minderung der Erwerbstätigkeit um mindestens zehn Kalendertage mangle, da die Erwerbsfähigkeit des Beschwerdeführers um weniger als zehn Tage gemindert gewesen sei. Darüber hinaus seien dem Beschwerdeführer auch keine Heilungskosten entstanden.
2. Mit Schriftsatz vom 13.10.2022 erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde in vollem Umfang und brachte im Wesentlichen vor, dass die Rechtsansicht der belangten Behörde, wonach für den Anspruch auf die vorschussweise Zuerkennung von Schmerzengeld eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in der Dauer von mindestens zehn Kalendertagen vorliegen müsse, unrichtig sei, da sich die in § 23a Abs. 3 GehG [gemeint ist wohl: § 23a Z 3 GehG] vorgesehene Minderung der Erwerbsfähigkeit für zumindest zehn Kalendertage ausschließlich auf den Verdienstentgang beziehe und der Anspruch auf die vorschussweise Zuerkennung des Schmerzengeldes davon losgelöst zu beurteilen sei. Zudem habe der Beschwerdeführer seinen Antrag auf § 23b und nicht auf § 23a GehG gestützt.
3. Mit Schriftsatz vom 19.10.2022 (eingelangt am selben Tag) legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist als Justizwachebeamter tätig.
1.2. Der Beschwerdeführer wurde am 20.11.2021 im Zuge einer Amtshandlung gegen einen Dritten durch diesen verletzt. Aufgrund dieses Unfalles war er ab dem 20.11.2021 bis einschließlich 26.11.2021 im Krankenstand und in diesem Zeitraum erwerbsunfähig.
1.3. Der Unfall wurde von der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisbahnen und Bergbau (BVAEB) mit Schreiben vom 03.12.2021 als Dienstunfall gewertet.
1.4. Der Beschwerdeführer machte keinen Ersatz für Heilungskosten geltend.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsunterlagen sowie den Aktenbestandteilen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und sind unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt A)
3.1. Die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen, §§ 23a und 23b Gehaltsgesetz 1956 (GehG), BGBl. Nr. 54/1959 idgF, lauten auszugsweise wie folgt:
„Besondere Hilfeleistungen
§ 23a. Der Bund hat als besondere Hilfeleistung die vorläufige Übernahme von Ansprüchen zu erbringen, wenn
1. eine Beamtin oder ein Beamter
a) einen Dienstunfall gemäß § 90 Abs. 1 des Beamten-Kranken-und Unfallversicherungsgesetzes – B-KUVG, BGBl. Nr. 200/1967, oder
b) […],
in unmittelbarer Ausübung ihrer oder seiner dienstlichen Pflichten erleidet, und
2. dieser Dienst- oder Arbeitsunfall eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung zur Folge hatte und
3. der Beamtin oder dem Beamten dadurch Heilungskosten erwachsen oder ihre oder seine Erwerbsfähigkeit voraussichtlich durch mindestens zehn Kalendertage gemindert ist.
Vorschuss zur besonderen Hilfeleistung
§ 23b. (1) Der Bund leistet als besondere Hilfeleistung einen Vorschuss (vorläufige Übernahme von Ansprüchen), wenn
1. sich die Beamtin oder der Beamte im Zusammenhang mit einem Dienst- oder Arbeitsunfall im Sinne des § 23a Z 1 an einem Strafverfahren beteiligt, das nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche mit einer rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten oder der Hinterbliebenen gegen den Täter abgeschlossen wird, oder
2. solche Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten im Zivilrechtsweg nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche rechtskräftig zugesprochen werden.
[…]“
3.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erklärt sich der unauflösbare systematische Zusammenhang zwischen § 23a und § 23b GehG daraus, dass der Gesetzgeber (RV 196 BlgNR 26. GP, 9 f.) eine „Eingliederung der Kernbestimmungen des Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetzes – WHG 1992“ in das GehG vorgenommen hat und dabei der Aufbau der Bestimmungen der §§ 23a und 23b GehG offensichtlich in Anlehnung an die Regelungsabfolge der §§ 4 und 9 WHG gewählt wurde. So entspricht die Normierung „allgemeiner“ Voraussetzungen in § 23a GehG den vormals in § 4 WHG getroffenen „Einstiegsvoraussetzungen“ (für eine einmalige Geldleistung sowie für die vorläufige Übernahme von Ansprüchen) und folgt die Regelungstechnik des § 23b leg.cit. der Festlegung der in § 9 WHG (dort ebenfalls für die vorläufige Übernahme von Ansprüchen durch den Bund/Vorschuss) vorgesehenen „näheren“ Anspruchsvoraussetzungen (rechtskräftige Entscheidung über Ersatzansprüche gegen den Täter im Strafverfahren, rechtskräftiger Zuspruch solcher Ersatzansprüche im Zivilrechtsweg; VwGH 03.07.2020, Ro 2020/12/0005).
Weiters hielt der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung fest, aus dem Wortlaut der §§ 23a und 23b GehG folge, dass der in § 23b leg.cit. genannte „Vorschuss“ der in § 23a leg.cit. (ohne jegliche betragsmäßige Determinierung) als besondere Hilfeleistung angeführten „vorläufigen Übernahme von Ansprüchen“ entspricht (vgl. dazu die Wortfolge „als besondere Hilfeleistung“ sowie den Klammerausdruck im Einleitungssatz des § 23b Abs. 1 leg.cit.). Demnach werden die näheren Voraussetzungen für die Gewährung einer besonderen Hilfeleistung iSd § 23a leg.cit. (d.h., für die vorläufige Übernahme von Ansprüchen bzw. für die Gewährung eines Vorschusses) in § 23b leg.cit. geregelt. Schon daraus ergibt sich, dass die in § 23a leg.cit. angesprochene vorläufige Übernahme von Ansprüchen nur bei Vorliegen der weiteren in § 23b leg.cit. normierten Voraussetzungen (vgl. insbesondere § 23b Abs. 1 Z 1 und Z 2 sowie Abs. 4 leg.cit.) zu erbringen ist (VwGH 03.07.2020, Ro 2020/12/0005).
3.3. Für den gegenständlichen Fall ergibt sich daraus wie folgt:
3.3.1. § 23a GehG enthält die allgemeinen Voraussetzungen, die für die Erbringung der besonderen Hilfeleistung durch den Bund vorliegen müssen (vgl. dazu nochmals die oa Materialien zur Dienstrechts-Novelle 2018, RV 196 BlgNR 26.GP 9). Als erster Schritt sind somit die Voraussetzungen gemäß § 23a GehG zu prüfen, erst danach wäre ein allfälliger Anspruch nach § 23b GehG (Vorschuss im Sinne einer vorläufigen Übernahme von Ansprüchen) zu prüfen. Insoweit geht der Einwand des Beschwerdeführers, seinen Antrag auf § 23b GehG und nicht auf § 23a GehG gestützt zu haben, ins Leere.
3.3.2. Der Beschwerdeführer erlitt am 20.11.2021 einen Dienstunfall iSd § 90 Abs. 1 B-KUVG und war ab dem 20.11.2021 bis einschließlich 26.11.2021 im Krankenstand. Er war somit insgesamt sieben Kalendertage an der Ausübung seines Dienstes verhindert.
3.3.3. Da die Erwerbsfähigkeit des Beschwerdeführers insgesamt nur sieben Kalendertage gemindert war, mangelt es gegenständlich an der in § 23a Z 3 GehG geforderten Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens zehn Kalendertage.
3.3.4. Soweit der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde vorbringt, dass sich die in §23a Abs. 3 GehG [gemeint ist wohl: §23a Z 3 GehG] vorgesehene Minderung der Erwerbsfähigkeit für zumindest zehn Kalendertage ausschließlich auf den Verdienstentgang beziehe und der Anspruch auf die vorschussweise Zuerkennung des Schmerzensgeldes davon losgelöst zu beurteilen sei, ist ihm nicht zu folgen, weil dies den maßgeblichen Gesetzesbestimmungen nicht entnommen werden kann. Wie bereits eingangs festgehalten entspricht die Normierung „allgemeiner“ Voraussetzungen in § 23a GehG den vormals in § 4 WHG getroffenen „Einstiegsvoraussetzungen“ (für eine einmalige Geldleistung sowie für die vorläufige Übernahme von Ansprüchen) und folgt die Regelungstechnik des § 23b leg.cit. der Festlegung der in § 9 WHG (dort ebenfalls für die vorläufige Übernahme von Ansprüchen durch den Bund/Vorschuss) vorgesehenen „näheren“ Anspruchsvoraussetzungen. Eine rechtswidrige Anwendung der gesetzlichen Bestimmung durch die belangte Behörde kann daher im gegenständlichen Fall nicht erkannt werden.
3.4. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) entgegenstehen. Im vorliegenden Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus der Aktenlage hervor und lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten. Auch handelt es sich nicht um eine übermäßig komplexe Rechtsfrage, weshalb von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden kann. Im Übrigen wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch nicht beantragt.
3.5. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe das unter Punkt 3.2. angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 03.07.2020, Zl. Ro 2020/12/0005); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.