(1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:
1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder
2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder
3. der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde;
4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.
(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.
(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.
(4) Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat.
Rückverweise
AVG · Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991
§ 69 Wiederaufnahme des Verfahrens
(1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und: 1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Ha…
§ 68 Abänderung und Behebung von Amts wegen
…1) Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, sind, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß…
StbG · Staatsbürgerschaftsgesetz 1985
§ 35
…Die Entziehung der Staatsbürgerschaft (§§ 32 bis 34) oder die Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 69 Abs. 1 Z 1 AVG hat von Amts wegen oder auf Antrag des Bundesministers für Inneres zu erfolgen. Der Bundesminister für Inneres hat in dem auf seinen Antrag einzuleitenden Verfahren…
VwGG · Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985
§ 45 Wiederaufnahme des Verfahrens
…3) Über den Antrag ist mit Beschluss zu entscheiden. (4) Wenn der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entschieden hatte, gilt für die Wiederaufnahme § 69 AVG sinngemäß. (5) Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte gemäß den §§ 30a Abs. 1 und 30b Abs. 3 sind die Abs. 1…
§ 54
…gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 oder gemäß § 45 Abs. 4 dieses Bundesgesetzes in Verbindung mit § 69 Abs. 1 Z 1 AVG bewilligt, so hat die Partei, die die Wiederaufnahme beantragt hat, gegen jene Partei, die das Erkenntnis beziehungsweise den Beschluss durch eine gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt…