Spruch
W136 2165311-3/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Brigitte HABERMAYER-BINDER als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter HR Mag. Bernhard JIRGAL und MinR Mag. Christoph PROKSCH als Beisitzer über den Antrag von XXXX , wh. in XXXX , auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.03.2022, W136 2165311-1/54, abgeschlossenen Verfahrens zu Recht erkannt:
A) Der Antrag wird gemäß § 32 VwGVG abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Sachverhalt:
Mit dem verfahrensgegenständlichen Antrag, eingebracht am 09.01.2023, wurde die Wiederaufnahme des im Spruch genannten, abgeschlossenen Verfahrens des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG beantragt.
Begründend wurde ausgeführt, dass mit genanntem Erkenntnis unter Spruchpunkt I.3.c ausgeführt worden sei, dass der Antragsteller die Weisung vom 09.01.2014 nicht befolgt habe, nämlich bis zum 20.01.2014 im Dienstweg eine Stellungnahme zu Vorwürfen, die er in einem Schreiben vom 19.11.2013 an die Personalabteilung gegen die Mitarbeiterin Mag. W. erhoben hatte, abzugeben und an Dr. F vorzulegen, indem er die Stellungnahme am 11.01.2014 direkt der Personalabteilung vorlegte.
Die Rechtfertigung des Antragstellers im Verfahren sei gewesen, dass die Mitarbeiterin Mag. W. als Ehegattin des Dr. W., welcher wiederum als Stellvertreter des Dr. F. mit diesem eng befreundet war, aufgrund dieser Freundschaft ihres Ehemannes zu Dr. F unter der „Schutzherrschaft“ des Dr. F. gestanden sei.
Diese enge Freundschaft sei von Dr. F. in Abrede gestellt worden, sei aber vom Antragsteller wahrgenommen worden. Mag. W. habe die Arbeitsleistung nicht erbracht, was vom Antragsteller als deren unmittelbarer Vorgesetzter in einer von der Personalabteilung angeforderten Dienstbeurteilung direkt mitgeteilt wurde. Es habe also einen gewichtigen Grund gehabt, warum der Antragsteller die Stellungnahme zu den Vorwürfen nicht an Dr. F. übermittelt habe, weil es sich hier um eine glatte Malversation gehandelt habe, gegenüber dem Antragsteller Druck ausgeübt worden sei und Dr. F. ihn laufend angezeigt und unangekündigt Weisungen erteilt habe.
Dr. F. sei mit Ablauf November 2022 in den Ruhestand getreten und habe Dr. W. dazu im Journal der XXXX einen Nachruf veröffentlicht, wo er ihre gute Freundschaft betont habe. Damit sei dieses enge Verhältnis nunmehr tatsächlich nachgewiesen worden, worauf sich der Antragsteller bisher nur habe mündlich berufen können. Schließlich folgten Ausführungen zur Rechtzeitigkeit des Antrages. Die Laudatio des Dr. W. zum Übertritt in den Ruhestand des Dr. F. war dem Antrag beigeschlossen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen und Beweiswürdigung:
1.1. Mit der Entscheidung W136 2165311-1/54 vom 22.03.2022, auf die sich der Wiederaufnahmeantrag formal bezieht, wurde in Erledigung der Beschwerden des Disziplinaranwaltes beim BMI und des Antragstellers gegen ein Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 07.06.2017 die Strafzumessung insoweit abgeändert, als über den Disziplinarbeschuldigten gemäß § 134 Z 2 BDG 1979 eine Geldstrafe in der Höhe von € 3.000,- verhängt wurde. Gegen dieses Erkenntnis hat der Antragsteller außerordentliche Revision erhoben und ist das Verfahren beim Verwaltungsgerichtshof anhängig.
1.2. Bereits mit der Entscheidung W136 2165311-1/22 vom 26.03.2018, auf die sich der Wiederaufnahmeantrag inhaltlich bezieht, wurde die Beschwerde des Antragstellers soweit sie sich auf die Schuldsprüche zu den Punkten I.1. bis I.3. des Disziplinarerkenntnisses der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 07.06.2017 bezog, abgewiesen.
1.3. Der Schuldspruch zu Punkt I.3 c. des insoweit durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes bestätigten Disziplinarerkenntnisses, auf den sich der Antragsteller bezieht und hinsichtlich dessen er offenkundig die Wiederaufnahme des Verfahrens begehrt, lautet:
„ I. [Der Antragsteller] ist gemäß § 126 Abs. 2 BDG schuldig,
[…]
3.) Er hat im Zeitraum vom 21.08.2013 bis 02.05.2014 schriftliche Weisungen seines Vorgesetzten XXXX nicht befolgt und zwar:
a) […];
b) […];
c) die Weisung vom 09.01.2014, nämlich bis zum 20.01.2014 im Dienstweg eine Stellungnahme zu Vorwürfen, die der Disziplinarbeschuldigte in einem Schreiben vom 19.11.2013 an die Personalabteilung gegen die Mitarbeiterin Mag. XXXX erhoben hatte, abzugeben und ihm XXXX vorzulegen, indem er die Stellungnahme am 11.01.2014 direkt der Personalabteilung vorlegte;
d) […]
[Der Antragsteller] hat seine Dienstpflichten nach […] § 44 Abs. 1 BDG, nämlich die Weisungen seiner Vorgesetzten zu befolgen (zu Spruchteil I/3) […] gemäß §§ 91, 133 BDG schuldhaft verletzt. [….]“
1.3. Der vom Antragsteller gegen das vorgenannte Erkenntnis erhobenen Revision wurde vom Verwaltungsgerichtshof soweit sie sich gegen die Bestätigung der Schuldsprüche zu den Spruchpunkten I.1.b, I.2. und 3., und somit zum antragsbezogenen Schuldspruch des Disziplinarerkenntnisses der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 7.6.2017 richtet, zurückgewiesen und im Übrigen stattgegeben, indem die Bestätigung des Schuldspruches zu Spruchpunkt I.1.a des genannten Disziplinarerkenntnisses sowie der Strafausspruch wegen Rechtswidrigkeit aufgehoben wurde. Zum weiteren Verfahren siehe oben Punkt 1.1.
Diese Feststellungen wurden unmittelbar aufgrund der diesbezüglichen Aktenlage getroffen.
2. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BvWGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 135a Abs. 3 BDG 1979 hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes durch einen Senat zu erfolgen, wenn der Disziplinaranwalt gegen ein Erkenntnis Beschwerde erhoben hat. Im Verfahren, dessen Wiederaufnahme begehrt wird, lag somit Senatszuständigkeit vor.
Nach den insoweit glaubhaften Angaben des Antragstellers erscheint der Wiederaufnahmeantrag rechtzeitig im Sinne des § 32 Abs. 2 VwGVG, trotzdem kommt ihm keine Berechtigung zu.
Zu A)
1. § 32 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 109/2021, lautet:
Wiederaufnahme des Verfahrens
§ 32. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn 1. das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder 2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder 3. das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde oder 4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.
(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.
(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.
(4) Das Verwaltungsgericht hat die Parteien des abgeschlossenen Verfahrens von der Wiederaufnahme des Verfahrens unverzüglich in Kenntnis zu setzen.
(5) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind die für seine Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Paragraphen sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.
2. Der Wiederaufnahmewerber hat den Grund, auf den sich das Wiederaufnahmebegehren stützt, in seinem Antrag aus eigenem Antrieb konkretisiert und schlüssig darzulegen. Sein Antrag kann nur dann zur Wiederaufnahme führen, wenn er Tatsachen vorbringt, auf die mit hoher Wahrscheinlichkeit zutrifft, dass sie im wiederaufzunehmenden Verfahren zu einem anderen Bescheid geführt hätten (vgl. zu § 69 Abs. 1 Z 2 AVG VwGH 19.2.2014, 2013/08/0275; 26.4.2013, 2011/11/0051, mwN; zur Übertragbarkeit der zu § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergangenen Judikatur auf den wortgleichen § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG siehe VwGH 8.9.2015, Ra 2014/18/0089), VwGH vom 04.03.2020, Ra 2020/18/0069.
Selbst wenn eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch das VwG erfolgt sein sollte, bildet dies keinen Wiederaufnahmegrund nach § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG 2014 (vgl. VwGH 09.03.2020, Ra 2019/12/0006 mwH).
3. Für den gegenständlichen Antrag folgt daraus:
Der Antragsteller macht sinngemäß als Wiederaufnahmegrund geltend, dass er nunmehr, da Dr. W. die Laudatio für den in den Ruhestand getretenen Dr. F. verfasst hat, einen „schriftlichen“ Beweis für sein bereits mündlich im Disziplinarverfahren erstattetes Vorbringen hat, wonach Dr. F. und Dr. W. befreundet sind. Allein mit diesem Vorbringen gesteht der Antragsteller selbst zu, dass es sich bei diesem Vorbringen um keine neue Tatsache oder Beweismittel im Sinne des § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG handelt, weil der Antragsteller sowohl im Disziplinarverfahren auch in Beschwerdeverfahren stets, wie er selber angibt, auf diesen Umstand hingewiesen hat.
Der Antragsteller übersieht im Übrigen, dass sein nunmehr als Wiederaufnahmegrund erstattetes Vorbringen bereits im Verfahren als unbeachtlich erkannt wurde; so wurde schon im Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 07.06.2017 zum fraglichen Schuldspruch begründend wie folgt ausgeführt:
„zu Punkt l/3/c
Die Weisung zur Abgabe einer Stellungnahme wurde vom Disziplinarbeschuldigten nur insofern befolgt als er den geforderten Bericht erstellte, ihn aber dann am 11.01.2014 unmittelbar der Personalabteilung vorlegte, was nicht weisungskonform war. Der Weisungswortlaut gab zweifelsfrei vor, dass die Stellungnahme zunächst dem Vorgesetzten XXXX vorzulegen war und er anschließend die entsprechende Weiterleitung an die Personalabteilung veranlassen würde. Dies hat der Disziplinarbeschuldigte nicht befolgt. Wie oben ausgeführt, ist eine Weisung unmittelbar gegenüber dem Weisungsgeber zu befolgen und entband ihn die direkte Vorlage an die Personalabteilung daher nicht von dieser Verpflichtung. Das durchgeführte Disziplinarverfahren hat keine Gründe zu Tage gebracht, die die Befolgung der Weisung als unzumutbar erscheinen ließen. Insbesondere ist auch nicht erkennbar, von welcher Bedeutung die - vom Disziplinarbeschuldigten behauptete, aber objektiv keinesfalls auf der Hand liegende - Befangenheit des Vorgesetzten sein soll. Dieser hätte ja ohnehin keine andere Möglichkeit gehabt, die Meldung auftragsgemäß an die PA weiterzuleiten. Im Übrigen vermag die Disziplinarkommission aus dem bloßen Umstand, dass der Vorgesetzte mit dem Gatten der Betroffenen befreundet ist, keine ausreichenden Hinweise für eine Befangenheit zu erkennen. Rechtliche Bedenken egal welcher Art - also auch wegen Befangenheit - hätte der Disziplinarbeschuldigte aber ohnehin gemäß § 44 Abs. 3 BDG geltend machen müssen. […]“
Diesbezüglich ist der Antragsteller auch auf die Ausführungen im Erkenntnis W136 2165311-1/22 zu Punkt II.2.6. (Seite 41 Mitte) zu erinnern.
Nach dem Gesagten liegt kein Wiederaufnahmegrund vor und war der Antrag abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.