Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und die Hofräte Mag. Stickler und Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Sasshofer, über die Revisionen 1. der M S und 2. des R S, beide vertreten durch die Reif und Partner Rechtsanwälte OG in Graz, gegen die Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 19. April 2024, LVwG 30.6 1703/2023 52 und LVwG 33.6 1702/202350, jeweils betreffend Bestrafung nach dem ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Graz Umgebung),
I. den Beschluss gefasst:
Die Revisionen werden zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die (mit mehreren Maßgaben erfolgten) Abweisungen der Beschwerden jeweils gegen die Spruchpunkte 1. und 2. der Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Graz Umgebung vom 27. April 2023, BHGU/606220078903/2022 und BHGU/606220078904/2022, (Bestrafung wegen Unterlassung der Anmeldung der M B und der N B als Dienstnehmerinnen vor Arbeitsantritt beim Krankenversicherungsträger) samt der Vorschreibung von Beiträgen zu den Kosten der verwaltungsbehördlichen Strafverfahren gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG von jeweils € 146 sowie gegen die Vorschreibung von Beiträgen zu den Kosten der Beschwerdeverfahren gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG von jeweils € 292 richten.
II. zu Recht erkannt:
Spruch
Im Übrigen (Bestrafung wegen Nichtanmeldung weiterer Dienstnehmer beim Krankenversicherungsträger samt der Aussprüche über weitere Kosten der verwaltungsbehördlichen Strafverfahren und der Beschwerdeverfahren) werden die angefochtenen Erkenntnisse wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den revisionswerbenden Parteien jeweils Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Mit Straferkenntnissen vom 27. April 2023 bestrafte die Bezirkshauptmannschaft GrazUmgebung die revisionswerbenden Parteien jeweils wegen zwölf Verwaltungsübertretungen (Spruchpunkte 1. bis 12.) gemäß § 33 Abs. 1 iVm § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG mit zwölf Geldstrafen von jeweils € 730, weil sie es als handelsrechtliche Geschäftsführer der R GmbH zu verantworten hätten, dass die genannte Gesellschaft als Dienstgeberin zwölf in den Spruchpunkten 1. bis 12. näher bezeichnete in der Krankenversicherung pflichtversicherte Dienstnehmer am 18. Juni 2022 beschäftigt habe, ohne sie vor dem Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden. Unter einem verpflichtete die Bezirkshauptmannschaft Graz Umgebung die revisionswerbenden Parteien, jeweils gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG Beiträge zu den Kosten der verwaltungsbehördlichen Strafverfahren von € 876 zu leisten.
2 In den gegen diese Straferkenntnisse gerichteten Beschwerden brachten die revisionswerbenden Parteien vor, die in den Straferkenntnissen genannten Personen seien vereinbarungsgemäß unentgeltlich tätig geworden, weshalb keine Pflicht zur Anmeldung beim Krankenversicherungsträger bestanden habe. Der zu Spruchpunkt 11. der Straferkenntnisse genannte MS sei darüber hinaus der Sohn des Zweitrevisionswerbers. Bei seiner Tätigkeit habe es sich um eine Mitarbeit im Familienkreis gehandelt.
3Mit den in Revision gezogenen Erkenntnissen wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark jeweils die Beschwerden hinsichtlich der Schuldsprüche mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass die verletzte Verwaltungsvorschrift § 33 Abs. 1 und 2 iVm § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG sei und die Umschreibung der Taten dahingehend ergänzt werde, dass die revisionswerbenden Parteien die Verwaltungsübertretungen gemäß § 9 VStG zu verantworten hätten (jeweils Spruchpunkt I. der angefochtenen Erkenntnisse). Hinsichtlich der Aussprüche über die Strafe wies das Verwaltungsgericht einerseits jeweils die Beschwerden gegen die Spruchpunkte 1. und 2. der Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Graz Umgebung (Nichtanmeldung des MB und der NB als Dienstnehmerinnen beim Krankenversicherungsträger) als unbegründet ab und gab andererseits jeweils den Beschwerden hinsichtlich der Spruchpunkte 3. bis 12. (Nichtanmeldung weiterer zehn Personen) dahingehend Folge, dass es die Strafen auf jeweils € 365 (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils zwei Tage und acht Stunden) herabsetzte und den Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren auf (insgesamt) jeweils € 511 reduzierte (Spruchpunkt II.). Im Weiteren verpflichtete das Verwaltungsgericht die revisionswerbenden Parteien jeweils, einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von € 292 zu leisten (Spruchpunkt III.) sowie jeweils die Hälfte der noch gesondert näher zu bestimmenden Barauslagen für Dolmetscher zu tragen (Spruchpunkt IV.). Revisionen erklärte das Verwaltungsgericht jeweils für nicht zulässig (Spruchpunkt V.).
4 Begründend stellte das Verwaltungsgericht fest, die Erstrevisionswerberin und der Zweitrevisionswerber seien im Tatzeitraum Lebensgefährten und selbstständig vertretungsbefugte Geschäftsführer der R GmbH gewesen. Dieses Unternehmen habe einen Restaurantbetrieb unter der Bezeichnung „Caffè V[...]“ geführt, in dem zwei Dienstnehmerinnen zur Pflichtversicherung angemeldet gewesen seien.
5 Am 18. Juli 2022 sei in diesem Betrieb ein „Sommerfest“ mit Livemusik durchgeführt worden. Die Idee dazu sei in einem „Freundeskreis“ entstanden, der sich aus Freunden der revisionswerbenden Parteien bzw. Geschäftspartnern und Stammgästen des Caffè V zusammengesetzt habe. Die Motivation für die Durchführung der Veranstaltung sei gewesen, dass infolge der Covid 19 Pandemie seit längerer Zeit kein solches Fest stattgefunden habe. Ein aus der Veranstaltung erzielter Gewinn wäre aber der R GmbH verblieben.
6 Bei Durchführung des Sommerfestes hätten die in den Spruchpunkten 1. bis 12. der Straferkenntnisse genannten Personen ohne als Dienstnehmer beim Krankenversicherungsträger gemeldet worden zu sein mitgearbeitet und seien dabei im Zuge einer Kontrolle durch die Finanzpolizei um ca. 18.30 Uhr angetroffen worden. MB und NB (Spruchpunkte 1. und 2. der Straferkenntnisse) seien als Kellnerinnen tätig gewesen, wobei ein Stundenlohn von € 13 vereinbart gewesen sei. Sie seien miteinander verwandte Sloweninnen, die zur Arbeit nach Österreich pendelten und zuvor gelegentlich im Caffè V zu Gast gewesen seien. Zumindest NB kenne die revisionswerbenden Parteien jedoch kaum. Zwischen den übrigen in den Spruchpunkten 3. bis 12. der Straferkenntnisse genannten Personen und den revisionswerbenden Parteien sei dagegen vereinbart worden, dass die Mithilfe (Ausschank von Getränken, Reinigen von Gläsern, Eisverkauf) unentgeltlich erfolge. Diese Personen hätten für ihre Tätigkeit auch tatsächlich keine Gegenleistungen weder in Geld noch als Sachleistungen (wie etwa Speisen oder Getränke) erhalten.
7 Die in den Spruchpunkten 3. bis 8. und 12. genannten Personen seien Teil des „Freundeskreises“, in dem die Idee des Sommerfestes entstanden sei. Sie seien auch persönlich mit den revisionswerbenden Parteien befreundet. Die zu Spruchpunkt 9. genannte EN sei kein Teil dieses Freundeskreises, aber mit der Erstrevisionswerberin seit Jahren gut befreundet, weshalb sie sich zur unentgeltlichen Unterstützung bereit erklärt habe. Diese Personen hätten ihre Tätigkeiten im Zuge des Sommerfestes am 18. Juli 2022 zu verschiedenen Zeitpunkten ab 16.00 Uhr begonnen und in Folge der Kontrolle der Finanzpolizei spätestens um 18.45 Uhr beendet.
8 MS (Spruchpunkt 11.) sei der Sohn des Zweitrevisionswerbers und aufgrund der Anfrage seines Vaters ohne Gegenleistung zur Mithilfe bereit gewesen. Er habe ab 15.00 Uhr bis zur Kontrolle um ca. 18.30 Uhr mitgearbeitet. Der zu Spruchpunkt 10. genannte PS habe die revisionswerbenden Parteien nur flüchtig aufgrund sporadischer Besuche im Caffè V gekannt. Er sei jedoch am 18. Juni 2022 beim Sommerfest als Gast anwesend gewesen. PS habe selbst langjährige Berufserfahrung im Gastgewerbe und habe sich vor Ort „aus Spaß“ und als Gefälligkeit bereit erklärt, als ihn die Erstrevisionswerberin darauf angesprochen habe, dass er „offensichtlich gut mit Kindern umgehen“ könne, unentgeltlich beim Eisverkauf mitzuhelfen, was er von 18.00 bis 18.30 Uhr getan habe.
9 Im Zuge seiner Beweiswürdigung führte das Verwaltungsgericht aus, die gegenüber der Finanzpolizei gemachten Angaben der MB und der NB (zu Spruchpunkten 1. und 2. der Straferkenntnisse genannte Personen), sie hätten für ihre Tätigkeit beim Sommerfest einen Stundenlohn von € 13 erhalten, seien glaubhaft. Auch die als Zeugen vernommenen, in den Straferkenntnissen zu Spruchpunkten 3. bis 12. genannten Personen seien glaubwürdig gewesen und hätten in Übereinstimmung mit den revisionswerbenden Parteien nachvollziehbar geschildert, dass eine Unentgeltlichkeit ihrer Tätigkeiten vereinbart gewesen sei. Die Unentgeltlichkeit der Tätigkeiten sei von den Beteiligten auch vorab schriftlich durch Unterzeichnung eines „Formulars“ festgehalten worden.
10In rechtlicher Hinsicht treffe Dienstgeber nach § 33 ASVG die Verpflichtung zur Anmeldung von Dienstnehmern beim Krankenversicherungsträger. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs seien als Freundschafts und Gefälligkeitsdienste nur kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Leistungen anzusehen, die vom Leistenden aufgrund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsempfänger erbracht würden und die einer Prüfung hinsichtlich ihrer sachlichen Berechtigung standhielten, wobei es Sache der Partei sei, hierzu entsprechende Behauptungen aufzustellen und Beweise anzubieten. Im Zweifel gelte für die Erbringung von Dienstleistungen ein angemessenes Entgelt als bedungen.
11 Die Tätigkeit der genannten Personen sei tatsächlich lediglich kurzfristig nämlich im längsten Fall für dreieinhalb Stunden erfolgt. Auch sei für die Beteiligten einerseits die revisionswerbenden Parteien und andererseits die zu Spruchpunkten 3. bis 12. der Straferkenntnisse genannten Personen die Unentgeltlichkeit der Leistungserbringung „völlig außer Streit“ gestanden. Als „problematisch“ erweise sich jedoch die in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs geforderte Glaubhaftmachung einer spezifischen Bindung. Dabei sei der Verwaltungsgerichtshof insbesondere sehr restriktiv, wenn der Leistungsempfänger wie hier eine juristische Person sei. Auch im vorliegenden Fall seien die Arbeiten letztlich der R GmbH einer Kapitalgesellschaftzugutegekommen, der auch ein allfälliger Gewinn zugeflossen wäre. Die bestehenden Freundschaften, Bekanntschaften und Beziehungen aus dem beruflichen und teilweise familiären Umfeld seien nicht als so außergewöhnliche Umstände anzusehen, dass im Sinn der genannten Judikatur das Vorliegen bloßer Gefälligkeitsdienste bejaht werden könnte. Die Verwaltungsstraftatbestände seien daher infolge Nichtanmeldung beim Krankenversicherungsträger erfüllt. Da jedoch bloß geringfügige Beschäftigungen vorgelegen seien, sei ein Schuldspruch nur nach § 33 Abs. 1 und Abs. 2 iVm § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG in Betracht gekommen. Die revisionswerbenden Parteien seien in ihrer Tätigkeit gemäß § 9 VStG für die R GmbH verantwortlich.
12Hinsichtlich der Strafbemessung sei zu beachten, dass nach den Sachverhaltsfeststellungen einerseits entgeltliche Tätigkeiten und andererseits eine Mithilfe durch Bekannte, Familienangehörige und Freunde vorgelegen sei, die glaubwürdig unentgeltlich erfolgt sei. Daher sei zu den Spruchpunkten 3. bis 12. das Verschulden als „vergleichsweise geringfügig“ anzusehen, zumal alle Beteiligten davon ausgegangen seien, „rechtskonform“ zu handeln. Es seien daher insoweit Geldstrafen lediglich in der Höhe der Hälfte der in § 111 Abs. 2 ASVG vorgesehenen Mindeststrafe zu verhängen gewesen. Die Festsetzung der Kosten für das verwaltungsbehördliche Verfahren und die verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergebe sich aus § 76 AVG bzw. § 52 VwGVG.
13 Gegen diese Erkenntnisse richten sich die vorliegenden Revisionen, die der Verwaltungsgerichtshof wegen ihres persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Entscheidung verbunden hat. Nach der Einleitung der Vorverfahren durch den Verwaltungsgerichtshof hat die Bezirkshauptmannschaft Graz Umgebung jeweils mitgeteilt, sich den Ausführungen in den angefochtenen Erkenntnissen „anzuschließen“ und von einer Revisionsbeantwortung abzusehen.
14 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
15 Die Revisionen machen zu ihrer Zulässigkeit insbesondere geltend, die Entgeltlichkeit der Tätigkeit sei Voraussetzung des Eintretens einer Pflichtversicherung. Entgegen den Annahmen des Verwaltungsgerichts bestehe daher bei Vereinbarung der Unentgeltlichkeit keine Verpflichtung zur Anmeldung beim Krankenversicherungsträger. Die Begründungen der Entscheidungen des Verwaltungsgerichts seien letztlich in sich widersprüchlich.
16 Die Revisionen sind zulässig und im Ergebnis berechtigt, soweit das Verwaltungsgericht die Spruchpunkte 3. bis 12. der bei ihm angefochtenen Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Graz Umgebung bestätigt hat. Im Übrigen (Abweisung der Beschwerden gegen die Spruchpunkte 1. und 2. der Straferkenntnisse) werden keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn von Art. 133 Abs. 4 B VG aufgeworfen.
17Nach § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird. Die Entgeltlichkeit der Tätigkeit ist somit kein bloßes Merkmal des abhängigen Beschäftigungsverhältnisses, sondern eine weitere Voraussetzung der Pflichtversicherung als Dienstnehmer nach § 4 Abs. 2 ASVG (vgl. VwGH 22.12.2009, 2006/08/0317; 14.2.2013, 2011/08/0212; jeweils mwN). Nichts anderes gilt auch für eine Pflichtversicherung freier Dienstnehmer. Auch § 4 Abs. 4 ASVG stellt nämlich darauf ab, dass aus der Tätigkeit ein Entgelt bezogen wird.
18Dass allenfalls tatsächlich kein Entgelt zur Auszahlung gelangt, ist unbeachtlich, weil es für Beurteilung des Vorliegens eines Dienstverhältnisses nicht darauf ankommt, welches Entgelt ein Dienstnehmer tatsächlich erhalten hat, sondern im Sinn des Entgeltbegriffs des ASVG (vgl. § 49 Abs. 1 ASVG) darauf, auf welches Entgelt er auf Grund seiner Beschäftigung Anspruch hatte (vgl. VwGH 25.2.2021, Ra 2019/08/0133; 12.9.2012, 2012/08/0150; jeweils mwN).
19Gemäß § 1152 ABGB gilt für den Arbeitsvertrag ein angemessenes Entgelt u.a. dann als bedungen, wenn nicht Unentgeltlichkeit vereinbart ist. Das Dienstverhältnis ist daher zwar im Zweifel entgeltlich, eine Vereinbarung der Unentgeltlichkeit kann aber ausdrücklich oder schlüssig erfolgen, sofern nur in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise Unentgeltlichkeit gewollt ist (vgl. VwGH 25.9.1990, 89/08/0334, mwN und näheren Ausführungen zu § 1152 ABGB). Ob ein entgeltlicher Arbeitsvertrag zustande gekommen ist, hängt von der Auslegung der Erklärungen der Parteien im Einzelfall ab (vgl. VwGH 14.3.2013, 2010/08/0229, mwN).
20 Es ist aber davon auszugehen, dass unentgeltliche Dienstverhältnisse im Allgemeinen eher selten sind, und wenn, dann aus ganz bestimmten, die (sonst das Arbeitsverhältnis dominierende) Erwerbsabsicht substituierenden Motiven entspringen (vgl. VwGH 30.1.2006, 2004/09/0217; 27.4.1993, 93/08/0007, mwN). Die Unentgeltlichkeit einer Verwendung bzw. ein Freundschafts oder Gefälligkeitsdienst ist, wie sich wie dargestelltschon aus § 1152 ABGB ergibt, nicht schon bei bloßem Fehlen einer Entgeltvereinbarung zu vermuten. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Weiteren festgehalten, dass die Unentgeltlichkeit vielmehr wenigstens den Umständen nach konkludent vereinbart worden sein und einer Prüfung auf ihre sachliche Rechtfertigung standhalten muss. Eine derartige sachliche Rechtfertigung könnte in persönlichen Beziehungen, in bestimmten wirtschaftlichen Interessen, aber auch in einer idealistischen Einstellung begründet sein. Als Freundschaftsoder Gefälligkeitsdienste sind insbesondere kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste anzusehen, die vom Leistenden auf Grund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsempfänger erbracht werden. Es ist Sache der Partei, hiezu entsprechende konkrete Behauptungen aufzustellen und Beweise anzubieten (vgl. etwa VwGH 4.9.2013, 2011/08/0318; 26.5.2014, Ra 2014/08/0002, mwN). Gegen die Behauptung der Erbringung von Gefälligkeitsdiensten spricht im Allgemeinen auch, dass der Gewinn aus der Tätigkeit nicht der Person, hinsichtlich der eine die unentgeltliche Leistung von Diensten rechtfertigende persönliche Beziehung (etwa eine Angehörigeneigenschaft oder eine persönliche Freundschaft) behauptet wird, sondern einer dritten Person insbesondere einer Kapitalgesellschaftzugutekommt (vgl. VwGH 17.9.2013, 2011/08/0390; 13.3.2017, Ra 2017/08/0014: jeweils mwN).
21 Der Verwaltungsgerichtshof hat aber auch bereits klargestellt, dass die Prüfung, ob im Sinn dieser Judikatur eine sachliche Rechtfertigung für eine Unentgeltlichkeit einer Verwendung bzw. eines Freundschaftsoder Gefälligkeitsdienstes vorliegt, dazu dient, ein entsprechendes Vorbringen unter Glaubwürdigkeitsgesichtspunkten dahingehend zu beurteilen, ob die Unentgeltlichkeitsvereinbarung nur nachträglich behauptet bzw. bloß zum Schein geschlossen wurde; eine Aussage, wonach Unentgeltlichkeit vereinbart war, ist nämlich im Sinn der genannten Rechtsprechung eben vor dem Hintergrund zu prüfen, dass unentgeltliche Dienstverhältnisse nur ausnahmsweise und nur dann vorkommen, wenn sie ganz bestimmten, die (sonst das Arbeitsverhältnis dominierende) Erwerbsabsicht substituierenden Motiven entspringen (vgl. VwGH 25.2.2021, Ra 2019/08/0133; 12.9.2018, Ra 2018/08/0191).
22 Das Verwaltungsgericht hat somit, wenn die Unentgeltlichkeit einer Verwendung behauptet wird, eindeutige Sachverhaltsfeststellungen zu insoweit getroffenen Vereinbarungen bzw. wechselseitigen Erklärungen zu treffen. Daran anknüpfend ist im Zuge der Beweiswürdigung zu begründen, warum unter Beachtung der genannten Kriterien, anhand derer eine sachliche Rechtfertigung für die Unentgeltlichkeit zu prüfen istdie von den Parteien insoweit aufgestellten Behauptungen vom Verwaltungsgericht als glaubwürdig bzw. nicht glaubwürdig erachtet werden (vgl. allgemein zu den Anforderungen an die Entscheidungsbegründungen der Verwaltungsgerichte etwa VwGH 5.6.2019, Ra 2019/08/0036).
23Im angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht hinsichtlich der in den Spruchpunkten 1. bis 12. der Straferkenntnisse vom 27. April 2023 genannten Personen unterschiedliche Feststellungen zu den mit den revisionswerbenden Parteien für die R GmbH abgeschlossenen Vereinbarungen getroffen. Danach war mit MB und NB (Spruchpunkte 1. und 2. der Straferkenntnisse) ein Entgelt für ihre Tätigkeit bei der Veranstaltung vom 18. Juni 2022 vereinbart. Eine Unvertretbarkeit der diesbezüglichen Beweiswürdigung wird von den revisionswerbenden Parteien nicht aufgezeigt, zumal die Revisionen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht entgegentreten, wonach keine näheren persönlichen Beziehungen der revisionswerbenden Parteien zu MB und NB vorgelegen sind, die im genannten Sinn eine sachliche Rechtfertigung für die Annahme der Unentgeltlichkeit der Tätigkeit darstellen könnten. Davon ausgehend zeigen die Revisionen auch keine Unrichtigkeit der rechtlichen Beurteilung des Verwaltungsgerichts auf, wonach MB und NB (geringfügig beschäftigte) Dienstnehmerinnen der R GmbH gewesen seien und daher nach § 33 Abs. 1 und 2 ASVG eine Verpflichtung zu ihrer Anmeldung vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger bestanden habe, sodass die revisionswerbenden Parteien infolge ihrer Verantwortlichkeit gemäß § 9 VStG als Vertreter der R GmbH nach § 33 Abs. 1 und 2 iVm § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG zu bestrafen seien.
24 Zu den in den Spruchpunkten 3. bis 12. der Straferkenntnisse genannten Personen hat das Verwaltungsgericht dagegen ausdrücklich festgestellt, dass von ihnen mit den revisionswerbenden Parteien die Unentgeltlichkeit ihrer Tätigkeit bei dem von der R GmbH veranstalteten Sommerfest vereinbart worden sei. Davon ist das Verwaltungsgericht auch in seinen inhaltlich der Beweiswürdigung zuzuordnenden Ausführungen zu den persönlichen Beziehungen zwischen diesen Personen und den revisionswerbenden Parteien bzw. den Motiven für die Unentgeltlichkeit der Tätigkeit ausgegangen. Ebenso hat das Verwaltungsgericht seinen Ausführungen zur Strafbemessung die Annahme einer Vereinbarung der Unentgeltlichkeit der Tätigkeiten zugrunde gelegt.
25Wie dargestellt, ist ein Dienstverhältnis im Sinn von § 1152 ABGB zwar im Zweifel entgeltlich, es kann jedoch auch Unentgeltlichkeit vereinbart werden und ist die Entgeltlichkeit der Tätigkeit Voraussetzung des Eintritts der Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 2 ASVG. Ausgehend davon vermögen die vom Verwaltungsgericht getroffenen Sachverhaltsfeststellungen seine rechtliche Beurteilung aber nicht zu tragen, wonach die in den Spruchpunkten 3. bis 12. der Straferkenntnisse genannten Personen von der R GmbH am 18. Juni 2022 als Dienstnehmer (geringfügig) beschäftigt worden seien und durch die Unterlassung ihrer Anmeldung beim Krankenversicherungsträger Verwaltungsübertretungen nach § 33 Abs. 1 und 2 ASVG iVm § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG verwirklicht worden wären.
26Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, dass die Verletzung der Verpflichtung zur Anmeldung der Pflichtversicherung (Vollversicherung) unterliegender Personen nach § 33 Abs. 1 ASVG bzw. nur der Teilversicherung in der Unfallversicherung unterliegender Personen nach § 33 Abs. 1 und 2 ASVG nicht gemeinsam mit anderen unterlassenen Anmeldungen weiterer Dienstnehmer als einheitliches (fortgesetztes) Delikt angesehen werden kann und die Verletzung der Meldepflicht hinsichtlich jedes einzelnen Dienstnehmers daher eine gesondert zu verfolgendeVerwaltungsübertretung im Sinn des § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG darstellt (vgl. etwa VwGH 26.4.2022, Ra 2021/08/0006, mwN). Die Entscheidungen hinsichtlich der einzelnen Verwaltungsübertretungen wegen unterlassener Anmeldung verschiedener Dienstnehmer sind daher auch rechtlich trennbar. Die Aussprüche im Erkenntnis des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der einzelnen Verwaltungsübertretungen nach § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG können somit auch unterschiedlichen rechtlichen Schicksalen unterliegen. Insbesondere kommt auch eine teilweise Zurückweisung der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich einzelner Verwaltungsübertretungen in Betracht (vgl. zu trennbaren Schuldsprüchen etwa VwGH 19.10.2023, Ro 2023/13/0017, mwN).
27Hinsichtlich der Entscheidungen über die Kosten der Beschwerdeverfahren ist zu beachten, dass nach § 52 Abs. 8 VwGVG dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG nicht aufzuerlegen sind, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist. Allerdings führt der Erfolg einer Beschwerde hinsichtlich einer von mehreren in einem Straferkenntnis geahndeten Verwaltungsübertretungen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zur Anwendung des § 52 Abs. 8 VwGVG auch hinsichtlich der übrigen Verwaltungsübertretungen (vgl. VwGH 25.11.2024, Ra 2024/01/0057, mwN).
28 Aus den dargestellten Gründen werfen die Revisionen hinsichtlich der Bestätigung jeweils der Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Graz Umgebung in den Spruchpunkten 1. und 2. (Nichtanmeldung der MB und der NB beim Krankenversicherungsträger) samt der darauf aufbauenden Entscheidungen über die Kosten der verwaltungsbehördlichen Strafverfahren nach § 64 Abs. 1 und 2 VStG und der Beschwerdeverfahren nach § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG keine Rechtsfragen auf, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revisionen waren daher insoweit gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
29 Dagegen hat das Verwaltungsgericht wie dargestellt die Rechtslage verkannt, soweit es trotz Feststellung einer Unentgeltlichkeit der Tätigkeiten der in den Spruchpunkten 3. und 12. der Straferkenntnisse genannten Personen die Schuldsprüche insoweit bestätigt hat. Die angefochtenen Erkenntnisse waren daher insoweit samt der darauf aufbauenden Kostenentscheidungenwegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes gemäß § 42 Abs. 1 VwGG aufzuheben.
30Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 28. Juli 2025