Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr. in Sporrer sowie die Hofrätin Dr. in Sembacher und den Hofrat Mag. Marzi als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Kreil, MA, über die Revision des I H, vertreten durch MMag. Dr. Franz Stefan Pechmann, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Prinz Eugen Straße 70/2/1.1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Juni 2022 (offenkundig: 2023), W135 22648001/10E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Syriens, stellte am 24. September 2021 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies diesen Antrag mit Bescheid vom 16. November 2022 hinsichtlich des Begehrens auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte dem Revisionswerber jedoch den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine auf ein Jahr befristete Aufenthaltsberechtigung.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen die Abweisung des Begehrens auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht soweit wesentlich aus, der Revisionswerber sei im Falle einer Rückkehr in seine Herkunftsregion in Syrien nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer realen Gefahr der Verfolgung ausgesetzt. Er habe keinen Einberufungsbefehl zum Reservemilitärdienst erhalten und befinde sich nicht mehr im wehrdienstpflichtigen Alter. Ebenso wenig drohe ihm mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung aufgrund seiner Ausreise bzw. einer ihm hierdurch allfällig unterstellten oppositionellen Haltung. Es sei dem Revisionswerber insgesamt nicht gelungen, eine asylrelevante Verfolgung glaubhaft zu machen.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit vor, der Revisionswerber sei nach „jüngsten UNHCR Erwägungen“ als Reservist „besonderen Gefahren“ ausgesetzt und unterliege daher einem besonderen Risikoprofil. Das BVwG habe sich nicht mit der Herkunftsregion des Revisionswerbers auseinandergesetzt und sein Vorbringen nicht unter ausreichender Berücksichtigung „fallbezogener aktueller Länderberichte zu Syrien bzw. nicht unter Heranziehung [...] eigenen Amtswissens“ gewürdigt.
9Voraussetzung für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ist nach § 3 Abs. 1 AsylG 2005, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), also aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, droht (vgl. VwGH 22.8.2024, Ra 2021/19/0389, mwN).
10 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Furcht vor der Ableistung des Militärdienstes bzw. der bei seiner Verweigerung drohenden Bestrafung im Allgemeinen keine asylrechtlich relevante Verfolgung dar, sondern könnte nur bei Vorliegen eines Konventionsgrundes Asyl rechtfertigen. Wie der Verwaltungsgerichtshof zur möglichen Asylrelevanz von Wehrdienstverweigerung näher ausgeführt hat, kann auch der Gefahr einer allen Wehrdienstverweigerern bzw. Deserteuren im Herkunftsstaat gleichermaßen drohenden Bestrafung asylrechtliche Bedeutung zukommen, wenn das Verhalten des Betroffenen auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht oder dem Betroffenen wegen dieses Verhaltens vom Staat eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird und den Sanktionen wie etwa der Anwendung von Folterjede Verhältnismäßigkeit fehlt. Unter dem Gesichtspunkt des Zwanges zu völkerrechtswidrigen Militäraktionen kann auch eine „bloße“ Gefängnisstrafe asylrelevante Verfolgung sein (vgl. zum Ganzen abermals VwGH Ra 2021/19/0389, mwN).
11Fehlt ein kausaler Zusammenhang mit einem oder mehreren Konventionsgründen, kommt die Asylgewährung nicht in Betracht (vgl. nochmals VwGH Ra 2021/19/0389, mwN).
12 Im vorliegenden Fall zeigt die Revision mit ihrem allgemein gehaltenen Vorbringen nicht auf, dass der Revisionswerber in Bezug auf eine ihm drohende Einziehung zum Wehrdienst im Verfahren vor dem BFA oder im Beschwerdeverfahren ein entsprechend begründetes Vorbringen erstattet hätte, das einen kausalen Zusammenhang zu einem Konventionsgrund im oben beschriebenen Sinn erkennen lässt.
13Folglich vermag die Revision auch nicht die Relevanz der von ihr in diesem Zusammenhang behaupteten Verfahrensmängel (fehlende Feststellungen und Begründungsmängel iZm der Herkunftsregion des Revisionswerbers sowie nicht ausreichende Berücksichtigung von Länderberichten) darzutun (zum Erfordernis der Relevanzdarlegung bei Verfahrensmängeln siehe etwa VwGH 31.5.2024, Ra 2024/20/0286, mwN).
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 31. Oktober 2024