Spruch
W122 2279473-1/9E
SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 29.04.2025 MÜNDLICH VERKÜNDETEN ERKENNTNISSES
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gregor ERNSTBRUNNER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheids des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.08.2023, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer stellte am 11.08.2022 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Am 28.04.2023 wurde er von der nunmehr belangten Behörde zu seinen Fluchtgründen niederschriftlich einvernommen. Im Wesentlichen gab der Beschwerdeführer an, in einem unter der Kontrolle der FSA stehenden Gebiet gelebt zu haben, wo sein Leben aufgrund syrischer Angriffe in Gefahr gewesen sei. Im Regierungsgebiet werde er gesucht, weil er den Militärdienst nicht abgeleistet habe. Sein Vater sei zudem im Jahr 2013 inhaftiert worden und seither vermisst.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I.), erkannte dem Beschwerdeführer jedoch den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkt III.).
3. Mit Schriftsatz vom 18.09.2023 erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides und brachte im Wesentlichen vor, eine Zwangsrekrutierung durch das syrische Regime oder kurdische Milizen sowie eine Reflexverfolgung zu fürchten. Sein Vater gelte als Regimegegner und sein Bruder habe den Wehrdienst ebenfalls noch nicht abgeleistet. Er fürchte eine Verfolgung durch das syrische Regime auch wegen seiner Asylantragstellung, weil er Syrien illegal verlassen habe und wegen seiner Rückkehr.
4. Mit am 12.10.2023 eingelangtem Schriftsatz legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.
5. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 29.04.2025 unter Beiziehung eines Dolmetschs für die Sprache Arabisch eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer sowie dessen Rechtsvertretung teilnahmen. Die aktuellen Länderberichte wurden zum Parteiengehör gebracht. Das Bundesverwaltungsgericht verkündete das Erkenntnis wie im Spruch oben angeführt.
6. Mit Schriftsatz vom 30.04.2025 ersuchte der Beschwerdeführer um eine schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers
Der Beschwerdeführer ist ein 24 Jahre alter syrischer Staatsangehöriger sunnitisch-muslimischen Glaubens und Angehöriger der Volksgruppe der Araber. Seine Muttersprache ist Arabisch. Er trägt den im Erkenntniskopf genannten Namen und das dort angeführte Geburtsdatum.
Der Beschwerdeführer stammt aus XXXX an der türkischen Grenze im Gouvernement Al-Hasaka, wo er aufgewachsen ist und bis zu seiner Ausreise aus Syrien lebte. Er besuchte in Syrien neun Jahre die Schule und arbeitete dort als Hilfsarbeiter. Er ist ledig und hat keine Kinder. Er ist gesund und arbeitsfähig.
Seine Mutter und Geschwister leben in der Türkei. Ein Bruder lebt in Österreich. Der Beschwerdeführer hat Kontakt mit seiner Familie.
Der Beschwerdeführer reiste im Juni 2022 illegal aus Syrien in die Türkei aus, illegal nach Österreich ein und stellte am 11.08.2022 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht besteht nicht.
Dem Beschwerdeführer wurde in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zum Fluchtvorbringen
Der Beschwerdeführer hat in Syrien seinen Wehrdienst nicht abgeleistet und sich in Syrien nicht an bewaffneten Kampfhandlungen beteiligt. Sein Herkunftsort steht unter der Kontrolle türkischer Kräfte/der SNA.
Dem Beschwerdeführer droht in seiner Heimatregion nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die reale Gefahr, von der neuen syrischen Regierung, der HTS, der SNA, von kurdischen Milizen oder anderen Gruppierungen zum Militärdienst eingezogen zu werden, sich an völkerrechtswidrigen Kampfhandlungen beteiligen zu müssen oder wegen einer (unterstellten) oppositionellen Gesinnung verfolgt zu werden. Eine solche Gefahr droht ihm auch weder bei seiner Einreise nach Syrien noch auf dem Weg in seinen Herkunftsort.
Der Beschwerdeführer hat in Syrien keine Straftaten begangen, war dort nicht politisch aktiv, opponierte nicht gegen die lokalen Machthaber und ist auch sonst nicht in das Blickfeld der neuen syrischen Regierung, von Kräften der HTS, der SNA oder anderen Gruppierungen gerückt.
Ihm droht im Falle einer Rückkehr in seine Heimatregion mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keine Verfolgung aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Glaubensrichtung des sunnitischen Islams oder weil er Araber ist. Eine solche droht ihm auch nicht wegen seiner illegalen Ausreise, seiner Asylantragstellung in Österreich, seiner Rückkehr nach Syrien oder wegen seines Vaters oder Bruders.
1.3. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat
1.3.1. Anhand des Berichts der European Union Agency for Asylum (EUAA), Syria: Country Focus, Country of Origin Information Report vom März 2025 wird folgendes festgestellt:
Politische Entwicklungen (S. 19-26)
Sturz der Assad-Regierung (S. 19-20)
Am 27. November 2024 führte die militante islamistische Gruppe HTS unter der Führung von Ahmad Al-Sharaa eine groß angelegte Offensive im Nordwesten Syriens durch. Bis dahin hatte sich der Einfluss der HTS auf Teile der Gouvernements Aleppo und Idlib beschränkt. […] An der Operation war eine Koalition von Rebellengruppen beteiligt, zu denen unter anderem die von der Türkei unterstützte SNA gehörte. Von Osten her setzten die kurdisch geführten SDF ihre Kämpfer in Gebieten westlich des Euphrat im Gouvernement Deir Ez-Zor ein, die zuvor unter der Kontrolle der syrischen Armee gestanden hatten. […] Die Opposition stieß während ihrer Kampagne nur auf minimalen Widerstand, da die syrischen Streitkräfte ihre Stellungen aufgaben, sodass die Rebellen ohne großen Widerstand in die Hauptstadt eindringen konnten. Zu den Faktoren, die zum raschen Sturz der früheren syrischen Regierung beitrugen, gehörten Kriegsmüdigkeit, Korruption, eine vernachlässigte Armee und geschwächte Verbündete. […]
Regierungsführung unter der Übergangsverwaltung (S. 20-23)
(a) Politischer Übergang (S. 20-21)
Nach dem Sturz der Regierung von Bashar Al-Assad am 8. Dezember 2024 wurde eine Übergangsverwaltung geschaffen. Der ehemalige Premierminister Mohammed Al-Jalali übertrug die Macht formell an Mohammed al-Bashir, den neu ernannten Übergangspremierminister, um die Fortführung der staatlichen Aufgaben einschließlich der Zahlung der Gehälter im öffentlichen Dienst zu gewährleisten, wie Al-Jalali erklärte.
Al-Sharaa erklärte, dass die Organisation nationaler Wahlen bis zu fünf Jahre dauern könnte, da die Wahlinfrastruktur erst wieder aufgebaut werden müsse. Er versicherte ferner, dass Syrien als „Republik mit einem Parlament und einer Exekutivregierung“ strukturiert sein werde.
Am 29. Dezember skizzierte Ahmad al-Sharaa einen mehrjährigen Fahrplan, der die Ausarbeitung einer neuen Verfassung innerhalb von drei Jahren und anschließende Wahlen vorsieht, sowie Pläne für eine Konferenz des nationalen Dialogs zur Förderung von Versöhnung und Inklusion. Als Teil des Übergangsprozesses betonte Al-Sharaa die Bedeutung der Bewahrung der nationalen Einheit und lehnte den Föderalismus ab. Erste Verhandlungen wurden mit den SDF und dem Kurdischen Nationalrat (KNC) geführt, um die kurdischen Gruppierungen in den politischen Prozess einzubeziehen. Die ursprünglich für Anfang Januar geplante Konferenz für den nationalen Dialog wurde jedoch verschoben, um ein breiteres Vorbereitungskomitee einzusetzen, in dem alle Teile der syrischen Gesellschaft vertreten sind. Die Konferenz fand schließlich am 25. Februar 2025 statt, der vorbereitende Workshops auf lokaler Ebene vorausgegangen waren. Sie trat in Damaskus mit rund 600 Teilnehmern zusammen und betonte in ihrer Abschlusserklärung die territoriale Integrität Syriens, verurteilte die israelischen Angriffe und forderte einen Rückzug. Ferner wurde die Annahme einer vorläufigen Verfassungserklärung, die Bildung eines vorläufigen Legislativrats und die Ausarbeitung eines Entwurfs für eine ständige Verfassung mit Schwerpunkt auf Menschenrechten und Freiheit festgelegt. In der Abschlusserklärung wurde ferner die Bedeutung der Beteiligung von Frauen, der friedlichen Koexistenz und der Einrichtung von Mechanismen für den laufenden nationalen Dialog hervorgehoben. Die Konferenz wurde jedoch als übereilt organisiert und unzureichend repräsentativ kritisiert.
Ende Januar erklärte die Übergangsregierung die Verfassung Syriens aus dem Jahr 2012 für ungültig und löste das Parlament, das Militär und die Sicherheitsorgane der früheren Regierung auf. Al-Sharaa erklärte, er werde einen legislativen Interimsrat einrichten, der die Regierung bis zur Verabschiedung einer neuen Verfassung unterstützen soll.
(b) Regierungsbildung (S. 21-22)
Nach der Machtübernahme in Damaskus setzte die HTS eine geschäftsführende Regierung ein, die sich hauptsächlich aus Beamten der ehemaligen Syrischen Heilsregierung (SSG) in Idlib zusammensetzte, was Al-Sharaa als eine vorübergehende Maßnahme zur Aufrechterhaltung der Stabilität und Wiederherstellung der wichtigsten Dienste bezeichnete. Zunächst übernahmen Minister der SSG nationale Ministerposten, wobei einige Beamte und Staatsbedienstete der früheren Regierung in ihren Positionen blieben, um die Kontinuität zu gewährleisten.
Am 10. Dezember 2024 wurde Mohammed Al-Bashir, ein Ingenieur aus dem Gouvernement Idlib und ehemaliger Leiter der SSG im Nordwesten Syriens, die zusammen mit der HTS gegründet wurde, zum Interimspremierminister ernannt. Seine Amtszeit und die der Übergangsregierung sollte am 1. März 2025 enden, aber Ende Januar 2025 gab es noch keinen Termin für Wahlen in Syrien. In der Zwischenzeit wurde Ahmad Al-Sharaa, der Anführer der HTS, zum De-facto-Führer Syriens ernannt. Am 29. Januar 2025 wurde Al-Sharaa zum Präsidenten für die Übergangszeit ernannt. […]
(c) Militärische Reformen (S. 22-23)
Vor ihrem Einzug in Damaskus am 8. Dezember verpflichtete sich die HTS, den institutionellen Rahmen Syriens beizubehalten und erklärte später eine Generalamnestie für die Soldaten der syrischen Armee. Die Übergangsregierung leitete daraufhin einen Beilegungsprozess ein, der die Wiedereingliederung zahlreicher ehemaliger Regierungs- und Militärangehöriger erleichterte, darunter auch hochrangige Beamte, von denen einige, wie z.B. Fadi Saqr, in schwerwiegende Übergriffe während des Krieges verwickelt waren. Neben den Verfahren zur freiwilligen Wiedereingliederung verfolgte die Military Operations Administration (MOA), die übergeordnete Kommandozentrale der neuen HTS-geführten Übergangsverwaltung, Personen, die sich der Wiedereingliederung entzogen. Im Rahmen dieser Kampagnen wurden frühere Offiziere verhaftet, während andere wieder freigelassen wurden, nachdem festgestellt worden war, dass sie nicht an Übergriffen beteiligt gewesen waren. Nach Angaben von Etana gab es Bedenken wegen fehlender Verfahren, da Berichten zufolge Hinrichtungen von Milizionären auf niedriger Ebene stattfanden, die von den Behörden als vereinzelte Racheakte der Gemeinschaft dargestellt werden. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR), eine im Vereinigten Königreich ansässige Überwachungsorganisation, berichtete Mitte Januar, dass innerhalb weniger Tage 8.000 Personen in den MOA-Zentren in Sallamiyah, Hama, Versöhnungsabkommen geschlossen haben. Die Zahl der Offiziere und Angehörigen der Streitkräfte der früheren Regierung in Gefängnissen wie Adra, Hama und Harim stieg auf über 9.000, darunter 2.000, die aus dem Irak zurückgekehrt waren. Die meisten wurden verhaftet, nachdem sie bei Razzien oder an Checkpoints erwischt worden waren.
Die Übergangsregierung schaffte außerdem die Wehrpflicht ab, außer in Situationen wie dem nationalen Notstand. Laut Samir Saleh, Mitglied des Militärkommandos im Umland von Damaskus, wird die syrische Armee eine Freiwilligenarmee sein, an der sich die Bevölkerung beteiligen soll, um die Grenzen des Landes zu sichern. Frühere Überläufer, wie z.B. Offiziere der Freien Syrischen Armee (FSA), werden in der Struktur des Verteidigungsministeriums einen besonderen Status erhalten, je nach ihrer Expertise. Am 29. Dezember wurde eine Liste mit 49 neuen militärischen Befehlshabern veröffentlicht, darunter Mitglieder der HTS, übergelaufene Offiziere der syrischen Armee und mindestens sechs Nicht-Syrer, wobei die sieben höchsten Positionen Berichten zufolge mit HTS-Mitgliedern besetzt sind.
Schließlich verpflichtete sich die Übergangsregierung, alle Rebellengruppen in das Verteidigungsministerium zu integrieren. Zwischen Januar und Februar 2025 bemühten sich die Interimsministerien für Verteidigung und Inneres, alle bewaffneten Gruppen in einer einzigen Militär- und Polizeitruppe zu vereinen. Das Verteidigungsministerium berichtete, dass über 70 Gruppierungen aus sechs Regionen der Integration zugestimmt hätten, und es wurde ein Oberster Ausschuss eingerichtet, der den Einsatz militärischer Mittel, einschließlich Personal, Stützpunkte und Waffen, steuern sollte. […]
Behandlung bestimmter „Profile“ und Gruppen der Bevölkerung (S. 26-42)
Personen, die der Regierung von Bashar Al-Assad nahestanden (S. 26-29)
Nach der Machtübernahme verfolgte die Übergangsregierung keinen umfassenden Entbaathifizierungsprozess nach dem Vorbild der Nachkriegspolitik des Irak, und die Büros der Baath-Partei wurden nicht systematisch ins Visier genommen. Im Dezember stellte die Führung der Baath-Partei ihre Aktivitäten ein.
Ende Januar wurde bekannt gegeben, dass die Partei aufgelöst wurde. Von Anfang an verkündeten die neuen Behörden, dass die Soldaten, die im Rahmen der Wehrpflicht rekrutiert worden waren, sicher seien und dass es verboten sei, sie anzugreifen. Am 9. Dezember erließ das MOA eine Generalamnestie für alle zwangsrekrutierten Militärangehörigen. Die neue Regierung richtete daraufhin so genannte „Versöhnungszentren“ ein, in denen ehemalige Angehörige der Polizei, des Militärs, der Nachrichtendienste und der Pro-Assad-Milizen, die ihre Waffen abgegeben haben, vorübergehend zivile Ausweise erhalten. Diese Versöhnungszentren überwachen den Prozess, bei dem ehemalige Regimeangehörige ihre Waffen abgeben und ihre persönlichen Daten im Austausch gegen vorläufige Personalausweise registrieren. Diese Karten gewähren einen begrenzten Rechtsschutz und sicheres Reisen, aber das Verfahren ist nicht transparent, folgt uneinheitlichen Kriterien und wird von den Sicherheitsbehörden beeinflusst, so dass viele Antragsteller vor komplexen bürokratischen Hürden stehen. Ende Dezember berichtete die BBC von einer großen Beteiligung, bei der Hunderte von Personen vor einem Versöhnungszentrum in Damaskus Schlange standen.
Im Januar und Februar berichteten lokale Medien und Organisationen, die die Ereignisse in Syrien verfolgten, dass die neue Regierung einigen hochrangigen Persönlichkeiten, die mit der Assad-Regierung in Verbindung stehen, Amnestie gewährte, wie z.B. Fadi Saqr, dem früheren Führer der Nationalen Verteidigungskräfte. Außerdem soll die MOA Kollaborateuren von Maher Al-Assad, wie Geschäftsleuten, die seine Aktivitäten unterstützten, sowie Generalmajor Talal Makhlouf, Anführer der Republikanischen Garde der Assad-Regierung, Versöhnung gewährt haben. Gleichzeitig veranlasste der Zusammenbruch der Regierung von Bashar Al-Assad zahlreiche hochrangige Beamte und Angehörige der Herrscherfamilie zur Flucht in den Libanon. Die libanesischen Behörden wiesen jedoch syrische Offiziere und Soldaten, die illegal eingereist waren, aus und schickten sie nach Syrien zurück, wo sie von der neuen Regierung inhaftiert wurden.
Ende Dezember intensivierte die Übergangsverwaltung ihre Bemühungen, Personen festzunehmen, die mit der gestürzten Regierung in Verbindung stehen. Die Behörden behaupteten, ihre Verhaftungsaktionen zielten nur auf Personen ab, die im Namen des Assad-Regimes Verbrechen begangen hatten. Die Kampagnen in Deir Ez-Zor, Aleppo und Tartous konzentrierten sich auf die Beschlagnahmung illegaler Waffen und die Festnahme von Verdächtigen, die an illegalen Aktivitäten beteiligt waren. Allein in einer Woche wurden in Damaskus, Latakia, Tartus, Homs, Hama und Deir Ez-Zor fast 300 Personen festgenommen, darunter ehemalige Regimeinformanten, pro-iranische Kämpfer und rangniedrige Militäroffiziere. Nach Angaben des SOHR wurden einige Gefangene, die beschuldigt wurden, der Assad-Regierung Informationen geliefert zu haben, Berichten zufolge unmittelbar nach ihrer Verhaftung hingerichtet. Am 10. Januar berichtete das SOHR, dass Kämpfer, die mit der Übergangsregierung verbunden sind, Mazen Kneneh, einen lokalen Beamten, der beschuldigt wird, als Informant für den gestürzten Präsidenten Assad zu arbeiten, öffentlich hinrichteten. Im Februar wurden weitere außergerichtliche Tötungen ehemaliger Mitglieder von Milizen, die Bashar Al-Assad unterstützten, gemeldet, wie die Ermordung von vier Mitgliedern der Familie Meido, die einer lokalen Miliz angehörten, die an der Seite der früheren Regierung gekämpft hatte. Nach Angaben des SOHR wurden zwischen Anfang 2025 und Mitte Februar 2025 287 Personen durch außergerichtliche Tötungen und Racheakte getötet.
Die Operationen wurden den ganzen Januar über fortgesetzt, wobei Mitglieder der allgemeinen Sicherheitsverwaltung Häuser inspizierten und nach Waffen und Personen suchten, die sich nicht mit der Übergangsverwaltung ausgesöhnt hatten. Bei umfangreichen Militär- und Sicherheitsoperationen in Schlüsselregionen wie den Küstenstädten, Homs, Hama, Aleppo und Damaskus kam es zu Razzien, Waffendurchsuchungen und der Festnahme weiterer Hunderter von Personen. Die Operationen konzentrierten sich auf ehemalige militärische Kämpfer und Ex-Regierungsangehörige und führten zur Beschlagnahmung erheblicher Mengen an Waffen und Munition. Die festgenommenen Personen wurden in die Zentralgefängnisse von Homs, Hama und Adra im ländlichen Damaskus gebracht. Darüber hinaus wurden Videos ins Internet gestellt, auf denen zu sehen ist, wie Häftlinge, die bei diesen Operationen festgenommen wurden, körperlich und verbal misshandelt werden, einschließlich Angriffen und erniedrigender Behandlung. Nach Angaben des Syria Justice and Accountability Center kam es bei diesen Sicherheitsoperationen zu verschiedenen Menschenrechtsverletzungen, darunter dem Tod von Inhaftierten und der Verhaftung von Angehörigen gesuchter Personen, von denen sowohl ehemalige Angehörige der Assad-Regierung als auch nicht verwandte Zivilisten betroffen waren. Mitte Januar meldete das SOHR, dass über 9 000 Kämpfer und Offiziere weiterhin inhaftiert seien, wobei Foltervorwürfe erhoben und der Kontakt zu den Familien eingeschränkt wurde. Informationen des Syrischen Netzwerks für Menschenrechte (SNHR) stimmten mit den Foltervorwürfen überein, die von Familien berichtet wurden, denen die Leichen ihrer Familienmitglieder nach ihrer Inhaftierung durch das Generaldirektorat für Sicherheit zurückgegeben wurden. Gleichzeitig berichtete das SOHR, dass 275 Häftlinge aus dem Zentralgefängnis von Homs freigelassen wurden, nachdem ihre Unschuld an Kriegsverbrechen gegen die syrische Bevölkerung festgestellt worden war. Im Januar 2025 ließ die Übergangsverwaltung rund 641 Personen, hauptsächlich aus den Gouvernements Homs, Hama und Latakia, frei, die zwischen einigen Tagen und einem Monat inhaftiert waren, wobei die meisten in kleinen Gruppen aus dem Zentralgefängnis von Homs entlassen wurden. Anfang Februar verhängte das Informationsministerium ein Verbot, Interviews mit Personen zu führen oder Aussagen zu verbreiten, die mit der früheren Regierung in Verbindung gebracht werden.
Seit der Machtübernahme durch die Übergangsregierung haben die verbliebenen Pro-Assad-Gruppen in ganz Syrien kleinere, gezielte Anschläge auf die Sicherheitskräfte der Regierung verübt. Diese Angriffe haben die Behörden dazu veranlasst, Operationen zur Ergreifung der Täter einzuleiten, die manchmal zu Opfern unter der Zivilbevölkerung führten. Anfang März führten koordinierte Angriffe von Pro-Assad-Gruppen auf Sicherheitskräfte, insbesondere in den Küstengebieten, zu einer erheblichen Eskalation, die eine große Zahl von Opfern unter der Zivilbevölkerung, vor allem unter den Alawiten, zur Folge hatte.
Neben den Operationen der Übergangsverwaltung wurden Vorfälle von mutmaßlichen Racheakten, einschließlich Tötungen, Entführungen und Brandstiftungen, durch nicht identifizierte Gruppen dokumentiert, deren Ausmaß jedoch unklar bleibt. Ende Dezember wurden drei alawitische Richter in Masyaf, die für Eigentumsstreitigkeiten zuständig waren, getötet, eine Tat, die von der Übergangsverwaltung verurteilt wurde. Im Januar meldete das SOHR die Hinrichtung von 15 Personen, darunter Beamte der ehemaligen Regierung, durch nicht identifizierte Bewaffnete im Gouvernement Homs. Außerdem wurden 53 Personen verhaftet und an unbekannte Orte gebracht.
Alawiten (S. 29-31)
Nach ihrer Machtübernahme betonte die HTS ihr Engagement für die Integration der Alawiten in die syrische Staatsführung und nahm Gespräche mit lokalen Vertretern der Alawiten auf. HTS-Vertreter bekräftigten, dass die Rechenschaftspflicht für Verbrechen, die unter der Assad-Regierung begangen wurden, über das formelle Rechtssystem verfolgt werden würde. Trotz dieser Zusicherungen bleiben die Alawiten von den neuen politischen und militärischen Strukturen weitgehend ausgeschlossen, und es gibt keinen Plan für die Eingliederung entlassener Soldaten in die neue Armee, da die Differenzen aus der Kriegszeit fortbestehen. Das Misstrauen der Öffentlichkeit gegenüber ehemaligen Offizieren und Beamten des Regimes behindert ihre Wiedereingliederung zusätzlich. Die wirtschaftliche Unsicherheit stellt eine große Herausforderung dar, wobei die Massenentlassungen im öffentlichen Sektor vor allem Alawiten betreffen, darunter ehemalige Sicherheitsbeamte und ihre Familien, von denen viele auch staatlich bereitgestellte Wohnungen verloren haben.
Die Behandlung der alawitischen Gemeinschaften, insbesondere in Regionen wie Homs, Hama und den Küstengouvernements, gibt weiterhin Anlass zu großer Sorge. In der Stadt Homs errichteten Männer in Militäruniformen Kontrollpunkte an den Eingängen der mehrheitlich von Alawiten bewohnten Stadtteile, was die Ängste der Bewohner schürt. Berichten zufolge wurden junge Männer, darunter ehemalige Soldaten und Wehrpflichtige, die ihre Waffen abgegeben hatten, festgenommen. Die Männer an einem Kontrollpunkt haben angeblich ein Sektenprofil erstellt, bevor der Kontrollpunkt nach Beschwerden aufgelöst wurde. Shihadi Mayhoub, ein ehemaliger Gesetzgeber, sagte, er habe bis Januar 2025 über 600 Verhaftungen im Bezirk Zahra (Gouvernement Homs) und mehr als 1.380 in der Stadt Homs dokumentiert, wobei es sich bei den meisten Verhafteten um Zivilisten und Wehrpflichtige sowie um pensionierte Offiziere gehandelt haben soll. Das SOHR schätzt, dass in der Stadt Homs und ihrem Gouvernement mindestens 1.800 Personen, überwiegend Alawiten, inhaftiert wurden. Darüber hinaus nahm die gegen Alawiten gerichtete Gewalt landesweit zu, und es wurden 150 Morde gemeldet, insbesondere in Homs und Hama.
In der Zwischenzeit verschärften nicht identifizierte extremistische Gruppierungen die Ängste, indem sie Aufrufe zur Gewalt gegen Alawiten verbreiteten, darunter auch Videos, die wahllose Angriffe befürworteten. Gezielte Tötungen von Alawiten, die mit der früheren Regierung in Verbindung standen, wurden aus den Küstenregionen gemeldet, während bewaffnete Gruppen, die Militäruniformen trugen, die denen der HTS oder anderer Oppositionsgruppen ähnelten, überfielen über 20 alawitische Dörfer im ländlichen Hama, was zu Vertreibung, Diebstahl und Todesfällen führte.
Berichte über Schikanen, Entführungen und Tötungen von Alawiten nahmen nach dem Sturz Assads zu, wobei in den sozialen Medien - wenn auch unbestätigte - HTS-Kämpfer für die Gewalt verantwortlich gemacht wurden. Ein ehemaliger syrischer Soldat berichtete, er sei an einem HTS-Kontrollpunkt in der Nähe von Khirbet al-Ma'zah im Gouvernement Tartus festgenommen und geschlagen worden, als er unterwegs war, um Amnestie zu beantragen. Er gab an, er sei gezielt wegen seiner alawitischen Herkunft angegriffen und fünf Stunden lang körperlich misshandelt worden, bevor er freigelassen wurde. Die Vereinten Nationen bemühten sich, diese Behauptungen zu überprüfen, um eine weitere sektiererische Eskalation zu verhindern, während das SOHR schätzungsweise 150 alawitische Tötungen innerhalb eines Monats durch ungenannte Täter verzeichnete.
In Zahra, einem Viertel in Homs mit einem hohen Anteil an alawitischer Bevölkerung, nahm die Unsicherheit zu, und die Bewohner hielten sich aufgrund der Präsenz von HTS-Kräften an eine informelle Ausgangssperre. Die HTS ergriff Sicherheitsmaßnahmen in dem Gebiet, darunter Kontrollpunkte und Hausdurchsuchungen bei Personen, die sie als Überbleibsel der früheren Regierung identifizierte. In Berichten von Anwohnern wurde von Zwangsräumungen, der Erstellung von Profilen anhand von Ausweisdokumenten sowie von Gewalt, Verhaftungen, körperlichen Angriffen und Schüssen berichtet.
Ende Januar meldete das SOHR mehrere Fälle, in denen bewaffnete Gruppen, von denen einige behaupteten, mit der MOA in Verbindung zu stehen, Zivilisten aus politischen und konfessionellen Gründen angriffen und töteten. Insbesondere in Gemeinden im Umland von Homs, in denen die alawitische und schiitische Bevölkerung überwiegt, kam es zu einer drastischen Eskalation von Übergriffen, Straftaten und außergerichtlichen Tötungen von Zivilisten. In einem Dorf im Nordwesten des Gouvernements Hama, das hauptsächlich von Alawiten bewohnt wird, haben Bewaffnete Zivilisten erschossen und getötet. Nach Angaben der Behörden befanden sich unter den Getöteten ehemalige Offiziere und Soldaten.
Anfang Februar wurden weitere Angriffe auf Alawiten gemeldet. Die neuen Behörden leiteten Ermittlungen wegen unrechtmäßiger Tötungen ein und kündigten gleichzeitig Sicherheitsoperationen gegen Loyalisten der früheren Regierung an. Interimspräsident Ahmad Al-Sharaa betonte die Notwendigkeit, den zivilen Frieden zu wahren, und warnte vor den Gefahren einer Vertiefung der konfessionellen Spaltung.
Gregory Waters, Experte für syrische Sicherheitsfragen, wies auf die sehr unterschiedlichen Bedingungen in ehemaligen Regierungshochburgen wie Tartous, Latakia, Homs und Hama hin. Während von Fällen konfessioneller Einschüchterung und Belästigung durch Sicherheitskräfte berichtet wurde, beschrieben einige Alawiten in diesen Regionen den Umgang mit den Behörden als höflich und respektvoll. Laut Waters scheinen die dokumentierten Verstöße eher auf unprofessionelles Verhalten bei Verhaftungen als auf explizite konfessionelle Ziele zurückzuführen zu sein, wobei viele der begangenen Straftaten Banden und Zivilisten zugeschrieben werden, die keine Verbindung zur Übergangsregierung haben. Er stellte ferner fest, dass Menschenrechtsverletzungen manchmal im Kontext einer instabilen Sicherheitslage oder eines Sicherheitsvakuums sowie als Reaktion auf bestimmte Vorfälle begangen wurden, wie beispielsweise, als ehemalige Regierungsmilizionäre Ende Dezember in den ländlichen Gebieten von Tartus einen Hinterhalt gegen Sicherheitskräfte legten. Die Streitkräfte leiteten daraufhin eine Operation ein, die Hausdurchsuchungen, die Errichtung von Kontrollpunkten und Schießereien gegen Dörfer umfasste, die im Verdacht standen, die Kämpfer zu beherbergen, wie z.B. Khirbet Maazah, wo zahlreiche ehemalige Kämpfer der Regierungsmiliz und ein hochrangiger Gefängnisbeamter lebten, der beschuldigt wurde, an der Ermordung von Hunderten von Gefangenen beteiligt gewesen zu sein. Waters ist der Ansicht, dass zahlreiche Verbrechen von Banden und Zivilisten verübt wurden, die nicht mit der neuen Regierung verbunden sind, während einige untergeordnete Soldaten und lokale Führer an sektiererisch motivierten Einschüchterungen und Entführungen von alawitischen Zivilisten beteiligt waren.
Anfang März wurden bei Zusammenstößen zwischen pro-Assad-Gruppen und Sicherheitskräften in Latakia, Tartus und Hama Hunderte von Zivilisten getötet, die meisten von ihnen Alawiten. Dabei kam es auch zu Hinrichtungen im Schnellverfahren durch Kräfte, die mit der Übergangsregierung verbunden sind.
Kurden (S. 31)
In Bezug auf die kurdische Gemeinschaft hielt Al-Sharaa nach der Übernahme der Kontrolle ein erstes Treffen mit einer hochrangigen SDF-Delegation ab, um die Grundlage für künftige Gespräche zu schaffen. Seine Äußerungen deuteten darauf hin, dass die Übergangsverwaltung nicht mit dem Anti-SDF-Ansatz der von der Türkei unterstützten SNA übereinstimmte. Dennoch bezeichnete Mohammed A. Salih, ein auf kurdische und regionale Fragen spezialisierter Wissenschaftler, seine Äußerungen als unklar und nicht unterstützend für die kurdischen Ziele. Nach der raschen Einnahme von Aleppo durch die von der HTS geführte Offensive Ende November zwangen die SNA-Kräfte Tausende von kurdischen Zivilisten zur Flucht westlich des Euphrat. In Aleppo hatten die Kurden in erster Linie mit der HTS zu tun, die sich moderat und offen für einen Dialog gezeigt hat. Im Gegensatz dazu geriet die SNA in Manbij immer wieder in Konflikt mit den SDF. Die durchgehende Existenz der SDF wurde von den Organisatoren der Nationalen Dialogkonferenz als Grund für den Ausschluss der halbautonomen kurdischen Verwaltung und der ihr nahestehenden Einrichtungen von der Konferenz angegeben.
Während des gesamten Januars kam es zu weiteren Wohnraums- und Eigentumsverletzungen, als vertriebene kurdische Einwohner versuchten, nach Afrin, einer mehrheitlich kurdisch bewohnten Region im Umland von Aleppo, und in die umliegenden Gebiete zurückzukehren. Berichten zufolge wurden sie von den SNA-Kräften gezwungen, bis zu 10 000 USD für die Rückgabe ihrer Häuser zu zahlen. Gleichzeitig nahmen SNA-Gruppierungen im Januar mindestens 10 Kurden in Afrin fest, wobei die Lösegeldforderungen für die Freilassung auf über 1 000 USD pro Person anstiegen. Bis Mitte Februar hatte sich für die Kurden in Afrin trotz des Einsatzes von Sicherheitskräften aus Damaskus in der Stadt am 7. Februar nur wenig geändert. Berichten zufolge hielten die Misshandlungen durch verschiedene Gruppierungen in Afrin an. Zurückkehrende Bewohner stellten fest, dass ihre Häuser von Kämpfern oder Zivilisten besetzt waren, die für ihre Abreise erhebliche Geldsummen verlangten, obwohl die früheren Bewohner von der Übergangsverwaltung förmliche Zusicherungen für ihre Rückkehr erhalten hatten. Gegen Ende Februar besuchte Al-Sharaa Afrin und traf sich mit lokalen kurdischen Vertretern, die ihre Beschwerden vortrugen; daraufhin sagte er zu, die Gruppierungen in der Stadt durch offizielle Sicherheitskräfte zu ersetzen und die gegen die kurdische Gemeinschaft gerichteten Übergriffe anzugehen.
Andere religiöse und ethnische Minderheiten (S. 32-33)
Die neue syrische Führung hat zugesagt, die Rechte von Minderheiten zu wahren und die nationale Einheit zu fördern, in Anbetracht der Befürchtung, unter der islamistischen Herrschaft marginalisiert zu werden. Im Rahmen seiner Bemühungen, die Minderheitengemeinschaften zu beruhigen, traf Ahmad Al-Sharaa am 22. Dezember mit dem libanesischen Drusenführer Walid Jumblatt zusammen. Später kam er nach einer Reihe von Angriffen auf religiöse Minderheiten mit christlichen Führern zusammen, darunter katholische, orthodoxe und anglikanische Geistliche. Dieses Treffen fand nach Protesten statt, die durch die Verbrennung eines Weihnachtsbaums durch mit der HTS verbundene ausländische Kämpfer am 23. Dezember in einer überwiegend christlichen Stadt in Hama ausgelöst worden waren, sowie nach weiteren Berichten über Schikanen. Nach dem Anschlag auf den Weihnachtsbaum nahm die Übergangsregierung die ausländischen Kämpfer fest, die sie für diesen als Einzelfall bezeichneten Vorfall verantwortlich machte. Darüber hinaus blieben die Regierungsbüros an den Weihnachtsfeiertagen und am folgenden Tag, dem 23. Dezember, geschlossen. Unterdessen berichtete France24, dass in Damaskus zwar Weihnachtsfeiern stattfanden, die christlichen Einwohner sich jedoch zurückhielten und einige aus Angst und Unsicherheit keinen Alkohol kauften.
Berichten zufolge kam es vermehrt zu gezielten Übergriffen auf christliche Gemeinschaften, darunter ein Angriff unbekannter Bewaffneter auf eine griechisch-orthodoxe Kirche in Hama am 18. Dezember, sowie zu verstärkten Spannungen in christlichen Vierteln von Damaskus aufgrund von Drohungen wie öffentlich gesungenen dschihadistischen Liedern und einer Drohbotschaft auf einem gepanzerten Fahrzeug.
Menschenrechtsorganisationen haben verschiedene Einschränkungen der religiösen Freiheiten dokumentiert. Richard Ghazal, Geschäftsführer von In Defense of Christians, wies auf Maßnahmen wie Alkoholverbote und die Präsenz von Flaggen des Islamischen Staates in Gebieten nahe Damaskus hin. In ähnlicher Weise dokumentierte Nadine Maenza vom in Washington ansässigen Sekretariat für internationale Religionsfreiheit Ende Dezember mindestens ein Dutzend Augenzeugenberichte über Angriffe gegen religiöse und ethnische Minderheiten in der Region Shehba in der Nähe von Aleppo. Rafif Jouejati, Wissenschaftler am Middle East Institute, vertrat jedoch die Ansicht, dass diese Vorfälle als Einzelfälle und nicht als Beweis für ein breiteres Muster systematischer Intoleranz betrachtet werden sollten.
Im Stadtteil Al-Qassaa, Damaskus, verteilten bewaffnete Personen Flugblätter, in denen sie Beschränkungen für die Kleidung von Frauen, das Rauchen und soziale Interaktionen forderten. Die HTS entsandte daraufhin Patrouillen, schrieb die Vorfälle nicht identifizierten Personen zu und lehnte eine Befürwortung ab. Die Häufigkeit solcher Aktionen gibt jedoch weiterhin Anlass zur Sorge.
Die neue Regierung unterstrich ihr Bekenntnis zur Inklusivität durch das Versprechen der Nationalen Dialogkonferenz, die darauf abzielte, verschiedene Gemeinschaften, darunter Christen, Kurden, Künstler und Intellektuelle, in die Gestaltung der Zukunft Syriens einzubeziehen. Als die Nationale Dialogkonferenz stattfand, konnte sie die Bedenken hinsichtlich der Inklusivität nicht zerstreuen. Von den sieben Personen, die in das Vorbereitungskomitee berufen wurden, gehörte nur eine einer religiösen Minderheit an, die christliche syrische Aktivistin Hind Kabawat, während die anderen sunnitische Muslime waren, von denen einige enge Verbindungen zu Sharaa oder HTS hatten. Kurdisch geführte Behörden aus dem Nordosten waren von der Konferenz gänzlich ausgeschlossen. Einige Christen erklärten, sie hielten ihr Urteil zurück, bis eine neue Verfassung ausgearbeitet sei und allgemeine Wahlen stattfänden. In der Übergangsregierung sind die Christen nicht vertreten, und sie setzt sich hauptsächlich aus Ministern zusammen, die zuvor in der Regierung von Idlib tätig waren.
Vor allem nach der einseitigen Reform des nationalen Lehrplans hat sich die Skepsis fortgesetzt. Der neue Bildungsminister, Nazir Mohammad Al-Qadri, versicherte, dass sowohl der Islam als auch das Christentum als Unterrichtsfächer Teil des Lehrplans bleiben würden. Anfang Januar kündigte das Bildungsministerium der Übergangsregierung jedoch Lehrplanänderungen an, die eine stärker islamische Perspektive widerspiegeln und gleichzeitig Bezüge zur Assad-Ära beseitigen sollen. Zu den vorgeschlagenen Änderungen gehören die Streichung der Evolution und der Urknalltheorie aus dem naturwissenschaftlichen Unterricht, die Streichung vorislamischer Gottheiten und ihrer Statuen aus dem Geschichtsunterricht und eine geringere Betonung der Königin Zenobia von Palmyra. Aktivisten der Zivilgesellschaft haben ihre Besorgnis darüber geäußert, dass diese Änderungen auf eine Missachtung unterschiedlicher Perspektiven hindeuten und das erklärte Engagement der Verwaltung für Inklusivität untergraben könnten. Das Ministerium wies jedoch diese Interpretationen der Änderungen zurück und betonte, dass die einzigen Änderungen „die Entfernung von Symbolen des früheren Regimes und dessen Verherrlichung sowie die Einführung von Bildern der neuen syrischen Flagge (der Flagge der Revolution) anstelle der früheren Flagge in allen Schulbüchern“ beträfen. Der Minister erläuterte, dass zu den Anpassungen auch die Korrektur „falscher“ Informationen gehörte, auf die sich die Vorgängerregierung bei der Erklärung einiger Koranverse gestützt hatte, und dass die in den Exegesebüchern für alle Bildungsstufen enthaltenen Informationen übernommen wurden. […]
Vertreibung und Rückkehr (S. 89-91)
Die Zahl der Personen, die seit dem 27. November 2024 durch Konflikte neu vertrieben wurden, verzeichnete eine anfängliche große Welle, die am 12. Dezember mit 1,1 Millionen Menschen ihren Höhepunkt erreichte. Diese anfänglichen Vertreibungen, die von der Angst vor dem eskalierenden bewaffneten Konflikt getrieben wurden, wurden hauptsächlich in Hama und Aleppo, einschließlich der Stadt Aleppo, im Westen Aleppos und insbesondere in Tall Rifaat und Manbij, nach der Übernahme der beiden Städte durch von der Türkei unterstützte bewaffnete Fraktionen verzeichnet.
UN-Quellen schätzten anschließend die Zahl der seit Ende November 2024 neu vertriebenen Flüchtlinge, die am 18. Dezember 2024 auf 859.460, am 10. Januar 2025 auf rund 627.000 und am 5. Februar 2025 auf 650.000 zurückblieben. Anfang 2025 stellte das UNOCHA zusätzliche Wellen von konfliktbedingten Vertreibungen aus dem Gebiet von Manbij fest, mit bis zu 15.000 Vertreibungen Mitte Januar 2025, gefolgt von mehr als 25.000 Vertreibungen im selben Monat. Quellen schätzten die Zahl der Menschen, die Anfang Dezember 2024 vor der SNA-Offensive in Nordsyrien geflohen waren, auf 100.000 bis 120.000.
Nach dem Sturz Assads zogen zurückkehrende Binnenvertriebene in Gebiete, die zuvor von der ehemaligen Regierung kontrolliert wurden, darunter Aleppo, Hama, Homs und Damaskus. UN-Quellen schätzen, dass die Zahl der neu vertriebenen Menschen, die in ihre Heimatbasen zurückkehren, bis zum 10. Januar 2025 auf mehr als 522.000 gestiegen ist. Gleichzeitig blieben die Rückführungsbewegungen aus Binnenvertriebenenlagern „stabil, aber minimal“, wobei der Cluster „Camp Coordination and Camp Management“ (CCCM) Ende Januar 2025 angab, dass seit dem 3. Dezember 2024 rund 57 000 Menschen aus den Lagern abgereist seien. Diese Rückkehrer bestanden hauptsächlich aus einzelnen Familien oder Männern, die zurückkehrten, um sich mit ihren Familien zu vereinigen oder den Zustand ihrer Häuser zu beurteilen.
Schätzungen des UNHCR zufolge waren bis zum 26. Februar 2025 schätzungsweise 885.294 Binnenvertriebene zurückgekehrt, während etwa 7,4 Millionen Binnenvertriebene blieben. Die Gouvernements mit dem größten Anteil an Binnenvertriebenen waren Aleppo mit 425.705 Binnenvertriebenen, gefolgt von Hama mit 155.561 und Idlib mit 116.053 Binnenvertriebenen.
Wie das UNOCHA feststellte, betrafen die gemeldeten Bedenken, die die Rückkehrentscheidungen von Binnenvertriebenen beeinflussten, die Zerstörung von Eigentum, unzureichende Infrastruktur, Unsicherheit sowie den Zugang zu Zivildokumenten und Justizdiensten, einschließlich Dokumenten zu Wohn-, Grundstücks-und Eigentumsrechten (nicht alle Zivilregister und Gerichte waren Ende Januar 2025 in Betrieb). Ein weiteres kritisches Problem, das aufgeworfen wurde, war die Kontamination mit nicht explodierten Kriegsresten.
Rückkehr aus dem Ausland (S. 91-92)
Nach Schätzungen des UNHCR kehrten zwischen dem 8. Dezember 2024 und Ende Februar 2025 etwa 297.292 Syrer aus dem Ausland nach Syrien zurück. Von diesen Flüchtlingen kehrten 53 % aus dem Libanon, 25 % aus der Türkei und 14 % aus Jordanien zurück. Bei der freiwilligen Rückkehr aus der Türkei, die sich nach Angaben der türkischen Regierung zum 30. Dezember 2024 auf 35.114 belief, handelte es sich hauptsächlich um Syrer, die allein zurückkehrten, einschließlich Personen, die vor der Wiedervereinigung mit ihren Familien die Lage in Syrien beurteilen wollten.
Nach Angaben des UNHCR waren von Anfang 2024 bis Ende Februar 2025 die Gouvernements, in welche Rückkehrer hauptsächlich heimkehrten Aleppo (mit schätzungsweise 143.680 Rückkehrern) und Raqqa (112.951 Rückkehrern), gefolgt von Dar’a (72.007), Homs (69.624), Rural Damascus (62.738) und Idlib (46.273). Es ist nicht klar, ob jede Rückkehr dauerhaft ist. Laut einem Bericht von Refugees International kehren viele Syrer zurück, um ihre Grundstücke zu begutachten, die Sicherheit und die wirtschaftlichen Bedingungen nach dem Zusammenbruch des Assad-Regimes zu bewerten oder sich mit ihrer Familie wieder zu vereinigen. Für andere ist die Rückkehr eher eine Notwendigkeit als eine Wahl, da die sich verschlechternden Bedingungen in den Aufnahmeländern – gekennzeichnet durch wirtschaftliche Not, steigende Lebenshaltungskosten und begrenzte Möglichkeiten – das Leben zunehmend untragbar gemacht haben. […]
1.3.2. Aus der ACCORD-Anfragebeantwortung zu Syrien: Rekrutierungspraxis der Übergangsregierung, Rekrutierungen durch andere bewaffnete Gruppen (z.B. YPG); Zwangsrekrutierung, vom 21.03.2025 ergibt sich auszugsweise wie folgt:
Rekrutierungspraxis der Übergangsregierung; Zwangsrekrutierungen
Mehrere Quellen berichten im Februar 2025, dass der Präsident der syrischen Übergangsregierung, Ahmed Al-Scharaa, erklärt habe, dass er die Wehrdienstpflicht abgeschafft habe und stattdessen auf freiwillige Rekrutierung setze (Enab Baladi, 12. Februar 2025; France 24, 10. Februar 2025; siehe auch Markaz Al-Jazeera l-il-Dirasat, 30. Jänner 2025; FDD, 28. Jänner 2025). Anfang Februar 2025 wurde berichtet, dass sich Scharaa zufolge tausende Freiwillige der neuen Armee anschließen würden (France 24, 10. Februar 2025; Enab Baladi, 12. Februar 2025). Dem Online-Begleittext eines Videobeitrags des schwedischen Fernsehprogramms Svt nyheter von Jänner 2025 zufolge hätte die HTS aktiv mit intensiven Rekrutierungen für die Reihen der Polizei und des Militärs begonnen (Svt nyheter, 18. Jänner 2025). In einem undatierten arabischsprachigen Artikel bezieht sich das Swedish Center for Information (SCI) auf den genannten Videobeitrag. Laut dem SCI-Artikel würden Berichten zufolge Soldaten, Unteroffiziere und Offiziere mittels intensiver Programme rekrutiert, die von traditionellen akademischen Standards und Trainingsstandards abweichen würden. Dies habe den Zweck, die Ausbildung der Militär- und Sicherheitskräfte zu beschleunigen, um den Bedarf des neuen Staates zu decken (SCI, ohne Datum).
In einem arabischsprachigen Artikel von Februar 2025 berichtet Enab Baladi, die Rekrutierungsabteilung in Aleppo habe verkündet, dass die Anmeldungen für eine Militärausbildung begonnen hätten. Die Bedingungen für den Eintritt in die Reihen des Verteidigungsministeriums der Übergangsregierung seien festgelegt worden. Interessierte könnten sich bis 15. Februar 2025 in der Rekrutierungsabteilung in Aleppo im Viertel Al-Furqan anmelden. Voraussetzung sei, dass Bewerber ledig, zwischen 18 und 22 Jahre alt seien, keine chronischen Erkrankungen hätten und nicht verletzt seien. Für eine Anmeldung seien zwei Fotos, eine Kopie des Personalausweises sowie, sofern vorhanden, eine Kopie des Nachweises über einen akademischen Abschluss vorzulegen (Enab Baladi, 12. Februar 2025). Ähnliche Informationen finden sich in den nachfolgend beschriebenen zwei Facebook-Beiträgen. In einem arabischsprachigen Facebook-Beitrag vom 12. Februar 2025 auf der Facebook-Seite „Al Arabiya Syria“ wird berichtet, dass das Gouvernement Aleppo verkündet habe, dass die Anmeldungen für die Aufnahme in die Reihen der Armee eröffnet seien. Die Anmeldungen würden im Offiziersclub im Viertel Al-Furqan entgegengenommen. Bewerber hätten ledig sowie zwischen 18 und 22 Jahre alt und gesund zu sein (Al Arabiya Syria, 12. Februar 2025). Auf der Facebook-Seite „Nachrichten des freien Syrien“ („Achbar Suriya al-Hurra“) findet sich ein Beitrag vom 6. Februar 2025, der eine Rekrutierungsanzeige der Rekrutierungsabteilung in Idlib veröffentlicht. Die Anmeldung zur Teilnahme am Militärkurs für jene, die unter dem Verteidigungsministerium dienen möchten, sei eröffnet. Interessierten sei es möglich, sich zwischen dem 9. Februar 2025 und dem 15. Februar 2025 in der Rekrutierungsabteilung in Idlib anzumelden. Bewerber hätten ledig und zwischen 18 und 22 Jahre alt zu sein. Sie dürften nicht chronisch krank oder verletzt sein. Vorzulegen seien ein Foto, eine Kopie des Personalausweises und eine Kopie des akademischen Nachweises, wenn vorhanden (Nachrichten des freien Syrien, 6. Februar 2025).
Syria TV, ein syrischer Fernsehsender mit Sitz in Instanbul, der im Besitz eines katarischen Mediennetzwerks ist und sich in Opposition zur Assad-Regierung positioniert hatte, berichtet in einem arabischsprachigen Artikel vom Februar 2025, dass sich der Rekrutierungsprozess für die neuen syrischen Militär- und Sicherheitsinstitutionen, wie die Polizei sowie Kriminal- und Geheimdienste, von Gouvernement zu Gouvernement unterscheide. Am 10. Jänner 2025 habe das Innenministerium der Übergangsregierung verkündet, dass Anmeldungen zum Eintritt in die Polizeiakademie begonnen hätten. Die Kurse, die einen Eintritt in die Reihen der Polizei und Dienste der öffentlichen Sicherheit ermöglichen sollen, hätten in fast allen Gouvernements, insbesondere in Damaskus, Rif Dimaschq, Homs, Tartus, Idlib, Sweida und Deir ez-Zor begonnen. Dem Artikel zufolge sei Idlib in dieser Hinsicht am aktivsten, gefolgt von Deir ez-Zor und Teilen von Rif Dimaschq, während der Rekrutierungsprozess in den Küstenregionen sowie in Homs eher verhalten verlaufe. Bewerber hätten zwischen 20 und 30 Jahre alt zu sein, einen Sekundarschulabschluss oder einen entsprechenden Abschluss vorzuweisen, die vorgeschriebenen Kurse absolviert zu haben, unbescholten sowie gesund und von guter Statur zu sein. Sie hätten zudem körperlich fit zu sein und müssten mindestens 168 cm groß sein. Einem für den Artikel interviewten 27-jährigen Mann zufolge stelle der freiwillige Beitritt zum Polizei- oder Geheimdienstapparat für ihn eine gute Beschäftigungsmöglichkeit dar. Das Gehalt betrage mindestens 200 US-Dollar, während ein Arbeiter in Idlib täglich nicht mehr als umgerechnet drei US-Dollar verdiene. Der Mann aus Süd-Idlib habe auf Facebook eine Rekrutierungsanzeige gesehen und sich daraufhin beeilt, sich zu bewerben. Er habe erklärt, dass für die Bewerbung ein Formular mit persönlichen Daten auszufüllen sei. Das Formular gebe an, dass Bewerber nicht älter als 30 Jahre sein dürften. Man dürfe im Formular angeben, ob man in die Reihen des Geheimdienstes oder der Polizei, darunter die Kriminalpolizei, die Verkehrspolizei und die Moralpolizei, aufgenommen werden wolle. Die Moralpolizei sei eine Abteilung, die in Idlib vor dem Sturz der Assad-Regierung hätte gegründet werden sollen, aber trotz der Verabschiedung eines Gesetzes mit dem Titel „Öffentliche Moral“, auf Eis gelegt worden sei (Syria TV, 21. Februar 2025).
In einem Artikel vom 19. Februar 2025 berichtet The National von einem Funktionär der HTS, der im Damaszener Außenbezirk Ost-Ghuta junge Männer rekrutieren solle. Die HTS benötige dem Artikel zufolge so viele Männer wie möglich, insbesondere für entlegenere Gegenden. An einem öffentlichen Platz im Vorort Ain Tarma habe der Funktionär ein kommunales Gebäude betreten und einen Zuständigen dort gefragt, ob er Personen kenne, die geeignet seien, der HTS beizutreten. Er habe eine Telefonnummer hinterlegt und sei zu einer ehemaligen Regierungskaserne weitergegangen, die sich auf dem Gebiet befinde, wo neue HTS-Rekruten ein dreiwöchiges Training absolvieren sollen. Dem Funktionär zufolge hätten sich seit dem Fall der Assad-Regierung tausende der HTS angeschlossen. Hunderte weitere würden bald in den Kasernen in Ost-Ghuta erwartet (The National, 19. Februar 2025).
Laut einem Artikel der Foundation for Defense of Democracies (FDD) von Jänner 2025 behaupte die syrische Übergangsregierung zwar, sich für religiöse Toleranz einzusetzen. Gleichzeitig werde die von der Regierung bevorzugte sunnitisch-islamische Glaubensströmung der Rekrutierung und der Ausbildung neuer Sicherheitskräfte zugrunde gelegt. Berichten zufolge würden neue Rekruten eine 21-tägige Scharia-Ausbildung durchlaufen (FDD, 28. Jänner 2025). In einem Artikel von Jänner 2025 berichtet Reuters von der Rekrutierung von Polizisten durch die Übergangsregierung. Polizisten, die aus der ehemals HTS-regierten Enklave in Idlib nach Damaskus gebracht worden seien, würden Bewerber nach ihrem Glauben befragen. Die Ausbildung von Polizisten dauere zehn Tage und der Fokus liege Ausbildnern und Absolventen zufolge auf dem Umgang mit Waffen und der Vermittlung von islamischem Recht. Dem Leiter der Polizei in Aleppo zufolge sei geplant, die Ausbildung auf neun Monate auszuweiten, wenn sich die Sicherheitslage gebessert habe. Ihm zufolge würden den Polizeirekruten die Prinzipien der islamischen Rechtsprechung, die Biographie des Propheten Mohammed und Verhaltensregeln gelehrt. Die Bewerbungsformulare würden Reuters zufolge einen Abschnitt „Glaube, Orientierung und Standpunkte“ enthalten, in welchem Bewerber nach ihrer „Bezugsautorität“ („referential authority“) befragt würden. Drei anonymen HTS-Beamten zufolge diene die Frage dazu, Bewerber zu identifizieren, die einer genaueren Prüfung unterzogen werden müssen, insbesondere Alawiten, die derselben Glaubensströmung wie die Assad-Familie angehören würden und möglicherweise Verbindungen zur Assad-Regierung gehabt hätten (Reuters, 23. Jänner 2025).
Dem von Reuters befragten Wissenschaftler Aron Lund zufolge fänden viele Syrer·innen die religiöse Komponente bei der Rekrutierung von Polizisten bedenklich. Das betreffe nicht nur Minderheiten wie Christ·innen, Alawit·innen und Druz·innen, sondern auch urbane, säkulare sunnitische Muslim·innen. Das Innenministerium der Übergangsregierung, welches für Polizeiangelegenheiten zuständig sei, habe Reuters Fragen zum religiösen Fokus bei der Rekrutierung und Ausbildung von Polizisten nicht beantwortet. Mehreren von Reuters interviewten führenden Polizeioffizieren zufolge diene dieser nicht dazu, der Allgemeinbevölkerung religiöse Inhalte aufzuzwingen, sondern dazu, Rekruten ethisches Verhalten zu vermitteln. Sieben Polizeioffiziere, die Polizeistationen verwalten oder im Rekrutierungsprozess involviert seien, hätten ausgesagt, dass die Polizei mehr Mitarbeiter benötige und Bewerbungen von Personen jeder Glaubensrichtung willkommen seien (Reuters, 23. Jänner 2025).
Einem Polizei-Ausbildner an einer Polizeiakademie in Damaskus zufolge hätten sich über 200.000 Personen gemeldet, die Teil des neuen Polizeidienstes werden wollen. Alle fünf von Reuters interviewten hochrangingen Offiziere seien davon ausgegangen, dass sich die Personalausstattung vor dem Hintergrund der Ausweitung von Rekrutierung und Training im Jahr 2025 verbessern werde. Die Anmeldung von Polizisten, die vor dem Sturz der Assad-Regierung zu den Rebellen übergelaufen seien, werde laut von Reuters befragten führenden Polizeioffizieren begrüßt (Reuters, 23. Jänner 2025; siehe auch Enab Baladi, 12. Februar 2025). Diejenigen, die nicht übergelaufen seien, hätten einen „Aussöhnungsprozess“ zu durchlaufen. Im Zuge dessen hätten sie ein Dokument zu unterzeichnen, worin sie den Regierungswechsel anerkennen würden, und sie hätten ihre Waffe abzugeben. Es sei noch unklar, ob sie dem neuen Polizeidienst beitreten dürften (Reuters, 23. Jänner 2025).
In einem Artikel von Ende Februar 2025 berichtet Syria TV von Gerüchten, denen zufolge die Übergangsregierung in den Gouvernements Tartus und Latakia Männer zum Militärdienst rekrutiert und zwangsverpflichtet hätte. Auf Facebook-Seiten, die der Quelle zufolge von Medienfachleuten betrieben würden, die der Assad-Regierung naheständen, sei berichtet worden, dass Sicherheitskräfte in den Städten Dschableh, Baniyas und Qardaha Checkpoints aufgestellt und Personen mit Statusregelungsausweisen („Bidaqat Taswiya“) festgenommen hätten. Offizielle Quellen des Gouvernements Tartus hätten den Verantwortlichen der Rekrutierungsabteilung der Stadt Baniyas zitiert, der diese Gerüchte vehement abgestritten habe. Er habe darauf hingewiesen, dass der Militärdienst nunmehr auf Freiwilligkeit aufbaue und dazu aufgerufen, offizielle Quellen für Informationen zu konsultieren (Syria TV, 26. Februar 2025).
Rekrutierungen durch andere bewaffnete Gruppen; Zwangsrekrutierungen
SDF und SDF-nahe Kräfte
Mitte März 2025 berichten Quellen von einer zwischen Ahmad Scharaa und Mazloum Abdi, dem Leiter der SDF, getroffenen Einigung, die Ende 2025 umgesetzt werden solle (DW, 11. März 2025; CNN, 11. März 2025; The Guardian, 10. März 2025). Die Vereinbarung sehe vor, alle „zivilen und militärischen Einrichtungen“ in Nordost-Syrien der Verwaltung des syrischen Staates zu unterstellen (DW, 11. März 2025, siehe auch The Guardian, 10. März 2025). Der von CNN dazu interviewten Wissenschaftlerin am Center for Strategic and International Studies Natasha Hall zufolge sei zu dem Zeitpunkt unklar, wie die Integrierung der SDF in die Institutionen des syrischen Staates aussehen werde. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung sei es der SDF erlaubt, ihre Struktur und ihre Waffen zu behalten (CNN, 11. März 2025).
In einem arabischsprachigen Artikel von März 2025 von Al Jazeera wird ein Mann zitiert, der an den zu der Zeit bestehenden Protesten in Deir ez-Zor teilgenommen habe. Er habe unter anderem darauf hingewiesen, dass SDF-Kräfte Verhaftungskampagnen in den von der SDF kontrollierten Gebieten durchgeführt hätten, in deren Rahmen Dutzende junge Männer unter dem Vorwurf der Gruppe Islamischer Staat (IS) beitreten zu wollen, verhaftet und zwangsrekrutiert worden seien (Al Jazeera, 8. März 2025). In einem arabischsprachigen Artikel von Jänner 2025 zitiert Al Jazeera den Wissenschaftler Amir Al-Mithqal, dem zufolge die SDF aufgrund eines Mangels an kurdischen Kräften ethnische Araber zwangsrekrutiert hätten (Al Jazeera, 29. Jänner 2025). Ende Jänner 2025 berichtet Syria TV, dass seit dem Sturz der Assad-Regierung über 5.000 Männer die SDF verlassen hätten, indem sie übergelaufen oder geflohen seien. Einer der SDF nahestehenden Quelle zufolge bestehe ein Mangel an Kräften in den Reihen der SDF und diese sei nicht imstande neue Rekrutierungskampagnen in der Region zu starten. Es würden nur begrenzt Rekrutierungsoperationen durchgeführt, und zwar hauptsächlich im Gouvernement Hasaka. Der Quelle zufolge prüfe die SDF sämtliche Optionen, um ihre Militär- und Sicherheitskräfte zu stärken, unter anderem durch den Aufbau neuer Kräfte. Mitte Jänner habe die SDF die Demobilisierung von Wehrpflichtigen, die ihre Wehrpflicht bereits abgeleistet hätten, aufgrund des bedeutenden Anstiegs an Desertionen und Überläufen in ihren Kreisen gestoppt. Die SDF sehe für jeden Mann, der das Alter von 18 Jahren erreicht habe und zwischen 1998 und 2006 geboren sei, eine einjährige Wehrpflicht vor. Ein von der SDF zwangsrekrutierter Mann habe Syria TV erzählt, dass er seinen Wehrdienst vor zwei Monaten erfüllt habe und die SDF sich ohne Angabe von Gründen weigern würde, ihn aus der Pflicht zu entlassen. Davon seien hunderte andere Personen betroffen (Syria TV, 31. Jänner 2025). […]
1.3.3. Aus dem UNHCR-Regional Flash Update, Syria situation crisis, vom 25.04.2025 ergibt sich auszugsweise wie folgt:
Nach Schätzungen des UNHCR sind mit Stand 24.04.2025 seit dem 08.12.2024 rund 443.227 Syrer über die Nachbarländer nach Syrien zurückgekehrt. […]
Laut türkischem Innenminister Ali Yerlikaya ist die freiwillige, sichere und menschenwürdige Rückkehr von Syrern in einem transparenten, vom UNHCR überwachten Prozess zu einer der wichtigsten Prioritäten geworden. Er erwähnte „Go-and-see“-Besuche, erhöhte Grenzkapazitäten und Terminsysteme für eine geordnete Rückkehr. […]
Der Prozess der freiwilligen Rückkehr wird in den Provinzen und an fünf Grenzübergängen fortgesetzt: Cilvegözü/Bab al Hawa, Yayladağı/Keseb, Öncüpınar/Bab al Salama, Karkamış /Jarablus und Akçakale/Tel Abyad.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsunterlagen sowie den Aktenbestandteilen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Als Beweismittel insbesondere relevant sind die Niederschriften der Einvernahmen durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Erstbefragung; EB) und durch das BFA (EV) sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (VHP), der Beschwerdeschriftsatz, der Bericht der EUAA, Syria: Country Focus, Country of Origin Information Report vom März 2025, die ACCORD-Anfragebeantwortung zu Syrien, Rekrutierungspraxis der Übergangsregierung, Rekrutierungen durch andere bewaffnete Gruppen (z.B. YPG); Zwangsrekrutierung vom 21.03.2024, das UNHCR-Regional Flash Update, Syria situation crisis, vom 25.04.2025, und die Strafregisterabfrage vom 29.04.2025.
2.2. Zu folgenden Feststellungen wird näher ausgeführt wie folgt:
2.2.1. Zur Person des Beschwerdeführers
Das Bundesverwaltungsgericht erachtet den Beschwerdeführer betreffend Staatsangehörigkeit, ethnische Zugehörigkeit, Herkunftsregion, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Familienstand, Familienverhältnisse und Gesundheitszustand für glaubwürdig, weil er im Verfahren im Wesentlichen gleichbleibende Angaben dazu machte.
Die Feststellung zur illegalen Ausreise aus Syrien und Einreise nach Österreich ergibt sich ebenfalls aus seinen gleichbleibenden Angaben im Verfahren.
Sein Heimatort ergibt sich aus seinen Angaben in der EV und VH, wonach er in XXXX geboren und aufgewachsen sei. Es sei dort auch seine letzte Wohnadresse gewesen (EV, S. 3; VHP, S. 6 und 7).
2.2.2. Zum Fluchtvorbringen
2.2.2.1. Zur Gefahr einer Verfolgung durch das syrische Assad-Regime
Die Feststellung, wonach der Heimatort des Beschwerdeführers unter der Kontrolle türkischer Kräfte/der SNA (ehemals FSA) steht, basiert auf einer Nachschau unter https://www.cartercenter.org und https://syria.liveuamap.com. Der Beschwerdeführer bestätigte dies in der VH (VHP, S. 8; siehe auch EV, S. 3).
Dass der Beschwerdeführer dort nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung und Rekrutierung durch das syrische Assad-Regime ausgesetzt ist, ergibt sich aus den vorherrschenden Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten.
Den Länderfeststellungen ist zu entnehmen, dass Ende November 2024 politische Umbrüche in Syrien erfolgten und es am 08.12.2024 zum Sturz des Regimes des Langzeitmachthabers Bashar al-Assad kam. Die Sicherheitskräfte und das Militär des alten Regimes wurden aufgelöst. Das Assad-Regime verfügt in Syrien über keine Gebietshoheit mehr, sondern es bestehen nur noch zersplitterte Pro-Assad-Gruppierungen. Die von diesen durchgeführten Angriffe richten sich zudem gegen die Sicherheitskräfte der (aktuellen) Regierung.
Daraus folgt, dass das syrische Assad-Regime in der Heimatregion des Beschwerdeführers nicht die Möglichkeit hat, ihn zu rekrutieren, zu verhaften oder wegen allfälliger Wehrdienstverweigerung oder einer (unterstellten) oppositionellen Gesinnung zu bestrafen, ebenso wenig wie bei seiner Einreise nach Syrien und Weiterreise in seinen Heimatort.
Abgesehen davon steht die Heimatregion des Beschwerdeführers sowie der Weg dorthin unter der Kontrolle türkischer Kräfte/der SNA, sodass es dem syrischen Regime selbst im Falle seines Fortbestandes nicht möglich (gewesen) wäre, auf den Beschwerdeführer zuzugreifen. Auch der Beschwerdeführer selbst gab – bezogen auf die ehemalige syrische Assad-Regierung – an, dass diese in seinem Heimatort nicht auf ihn zugreifen könne (EV, S. 8). Hinsichtlich der Einreisemöglichkeit des Beschwerdeführers wird auf die Ausführungen weiter unten verwiesen.
Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei vom syrischen Assad-Regime gesucht worden (siehe auch VHP, S. 7), ist daher die Grundlage entzogen, welches für den Beschwerdeführer keine Gefahr darstellt. Ebenso erübrigt sich damit die Frage, ob dem Beschwerdeführer ein Freikauf vom Wehrdienst (bei den Streitkräften des ehemaligen Assad-Regimes) möglich wäre.
Auch alle sonstigen Befürchtungen des Beschwerdeführers, nämlich, aufgrund seiner illegalen Ausreise, Asylantragstellung und Rückkehr nach Syrien einer Bedrohung durch das syrische Assad-Regime zu unterliegen gehen infolge des Sturzes des Regimes ins Leere, ebenso wie sein Vorbringen, dass ihm seitens des Assad-Regimes eine Reflexverfolgung wegen seines Vaters drohe, der im Jahr 2013 von der syrischen Armee (EV, S. 7; siehe auch Beschwerde, S. 11, „vom Regime verhaftet“) als vermeintlicher Regimegegner verhaftet worden sei, oder wegen seines Bruders, der den Wehrdienst ebenfalls nicht abgeleistet habe. Aufgrund der geänderten Machtverhältnisse in Syrien erübrigt sich daher eine nähere Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen.
Betreffend die angegebene Verhaftung seines Vaters im Jahr 2013, dem eine oppositionelle Gesinnung bzw. Regimegegnerschaft unterstellt worden sei, ist überdies darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer selbst angab, dass seine Familie deshalb keine Probleme gehabt habe und er in Syrien auch nie persönlich bedroht oder verfolgt worden sei (EV, S. 7). Es ist daher auch aus diesem Grund nicht ersichtlich, weshalb der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in seine Heimatregion nunmehr – rund zwölf Jahre nach der abgegebenen Verhaftung seines Vaters – einer Bedrohung ausgesetzt sein sollte, zumal die Verhaftung durch das ehemalige Assad-Regime erfolgt sei, welches in Syrien nicht mehr an der Macht ist, und seine Heimatregion unter der Kontrolle türkischer Kräfte/der SNA steht.
Es ist auch nicht davon auszugehen, dass es sich beim Sturz des Assad-Regimes nur um eine vorübergehende Veränderung handelt, auch wenn es nach den Länderberichten noch vereinzelt zu Konflikten mit zersplitterten Pro-Assad-Gruppierungen kommt. Der Umbruch in Syrien fand nunmehr bereits vor fast sechs Monaten statt, al-Assad hat Syrien verlassen und eine Rückkehr Assads aus dem Exil ist aufgrund der Dauer seiner Abwesenheit und der einigermaßen hergestellten Stabilität samt internationaler Einbettung des Landes unter der Übergangsregierung nicht mehr zu erwarten. Jüngst besuchten auch europäische Spitzenpolitiker mehrfach unter offensichtlich vertretbaren Sicherheitsbedingungen das Herkunftsland des Beschwerdeführers, wie der allgemein zugänglichen Berichtslage in unterschiedlichen Nachrichtenformaten zu entnehmen ist.
Eine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende Gefahr für den Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in seine Heimatregion durch Kräfte des (ehemaligen) Assad-Regimes ist daher nicht anzunehmen.
2.2.2.2. Zur Gefahr einer Rekrutierung und Verfolgung durch die neue syrische Regierung und sonstige Kräfte
Eine dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in seine Heimatregion mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende Gefahr einer Rekrutierung und Verfolgung durch die neue syrische Übergangsregierung unter der Führung des Übergangspräsidenten Ahmed al-Sharaa, durch Kräfte der HTS, der SNA, kurdische Milizen oder sonstige Gruppierungen ergibt sich aus den Länderberichten ebenfalls nicht.
In Bezug auf die neue syrische Übergangsregierung ist festzuhalten, dass das Militär der früheren Regierung nach den Länderberichten aufgelöst und die Wehrpflicht abgeschafft wurde. Die syrische Armee soll künftig – außer in Notsituationen – als Freiwilligenarmee organisiert werden. Für die Befürchtung des Beschwerdeführers, zum Wehrdienst in Syrien eingezogen zu werden, besteht daher keine Grundlage.
Selbst unter der – rein hypothetischen – Annahme, dass die neue syrische Regierung von ihrer bisherigen Linie abweichen und tatsächlich beginnen sollte, Männer ab 18 Jahren einzuziehen (wofür aktuell keinerlei Anhaltspunkte vorliegen), ist zu bedenken, dass sich die Lage in Syrien seit dem Sturz des Assad-Regimes wesentlich verbessert hat und von den mittlerweile etablierten und zunehmend international akzeptierten Machthabern keine völkerrechtswidrigen Kampfeinsätze drohen, keine politische Gesinnung unterstellt wird und der Beschwerdeführer bereits 24 Jahre alt ist. Nach den Länderberichten können sich aktuell lediglich Männer im Alter zwischen 18 und 22 Jahren für die neue syrische Armee bewerben, womit der Beschwerdeführer für einen freiwilligen Eintritt bereits zu alt ist. Darüber, ob eine etwaige neu ausgestaltete Wehrpflicht rückwirkend auf jene (auch ältere) Personen erstreckt wird, die ihren Wehrdienst in der bisherigen Armee noch nicht abgeleistet haben, sind nur Mutmaßungen möglich. Für Zwangsrekrutierungen liegen aktuell keinerlei Anhaltspunkte vor. In dem Artikel von Februar 2025 laut Länderfeststellungen, wonach die Übergangsregierung in den Gouvernements Tartus und Latakia Männer zum Militärdienst rekrutiert und zwangsverpflichtet habe, wurde lediglich über bloße Gerüchte berichtet. Entscheidend ist jedoch nur, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen zu rechnen ist, wovon anhand der aktuellen Berichtslage nicht auszugehen ist.
Der aktuellen Berichtslage sind auch keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass mit einer allfälligen Ableistung des Wehrdienstes eine Teilnahme an völkerrechtswidrigen Kampfhandlungen verbunden wäre oder die neuen Machthaber im Falle einer Verweigerung eine oppositionelle Gesinnung unterstellen würden.
Auch Zwangsrekrutierungen durch Kräfte der HTS und SNA ergeben sich aus den aktuellen Berichten nicht. Im Übrigen gab der Beschwerdeführer selbst an, dass er – trotz der nach seinen Angaben bereits ab dem Jahr 2021 bestehenden Kontrolle seines Heimatorts durch die FSA bzw. nunmehr SNA (EV, S. 3; siehe auch VHP, S. 8, wonach auch vor seiner Ausreise die FSA und türkeinahe Milizen in seinem Heimatort an der Macht gewesen seien) – keine Einberufung seitens der FSA (nunmehr SNA) erhalten habe und dass es seitens der FSA auch auf ihn persönlich bezogen keine Rekrutierungsversuche gegeben habe, obwohl er in Syrien seinen Grundwehrdienst nicht abgeleistet und Syrien erst im Juni 2022 und damit im Alter von bereits 21 Jahren verlassen habe (EV, S. 3 f und 7). Rekrutierungsversuche durch andere Gruppierungen brachte er ebenfalls nicht vor. Die angebliche Suche nach ihm durch eine bewaffnete Gruppierung vor seiner Ausreise war als unglaubwürdig zu beurteilen, wobei auf die Ausführungen weiter unten verwiesen wird. Auch gab er selbst explizit an, dass es bei der FSA keine Zwangsrekrutierungen gegeben habe (EV, S. 4 und 8).
Dies steht auch im Einklang mit dem von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid herangezogenen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien, letzte Änderung 17.07.2023, wonach bewaffnete (nunmehr ehemals) oppositionelle Gruppen wie die SNA und HTS (vor der Machtübernahme im Dezember 2024) Zivilisten in den von ihnen kontrollierten Gebieten keine Wehrdienstpflicht auferlegten (siehe hierzu die entsprechenden Passagen des genannten Länderinformationsblatts laut Bescheid, S. 116). Systematische Zwangsrekrutierungen sind nicht dokumentiert. Solche ergeben sich auch aus der dem Bundesverwaltungsgericht amtswegig vorliegenden aktuellen Berichtslage nicht. Die entsprechenden Passagen in dem von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid herangezogenen Länderinformationsblatt fanden sich ebenso noch im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien, Version 11, Stand 27.03.2024.
Es ist insbesondere auch nicht ersichtlich, weshalb die HTS bzw. die dahinterstehenden Kräfte oder die SNA, die die HTS beim Sturz des Assad-Regimes unterstützte, nunmehr – nach dem Sturz des Assad-Regimes und damit nach Wegfall ihres Hauptgegners sowie der Übernahme der Staatsgewalt, auch wenn vereinzelt noch räumlich begrenzte Konflikte mit Überbleibseln des ehemaligen Assad-Regimes aufflammen – in größerem Stil damit beginnen sollten, Zwangsrekrutierungen von Zivilisten durchzuführen. Ein Aufflammen des militärischen Konflikts kann nach nun knapp einem halben Jahr nicht vermutet werden. Auch der Beschwerdeführer erstattete zur aktuellen Berichtslage diesbezüglich kein konkretes Vorbringen (und verwies im Übrigen – wie oben bereits dargelegt – selbst darauf, dass die SNA in seiner Heimatregion keine Zwangsrekrutierungen durchgeführt habe).
Eine Rekrutierung durch kurdische Kräfte ist ebenfalls nicht maßgeblich wahrscheinlich. Dies bereits deshalb, da diese – wie der Beschwerdeführer selbst angibt (EV, S. 3; VHP, S. 8) und wie sich auch aus der Karteneinsicht unter https://syria.liveuamap.com ergibt – in seiner Heimatregion nicht die Kontrolle haben, weshalb sie den Beschwerdeführer dort auch nicht rekrutieren können. Seine Heimatregion steht unter der Kontrolle türkischer Kräfte/der SNA.
Dem Beschwerdeführer ist es auch möglich, über den türkisch-syrischen Grenzübergang Akçakale-Tel Abyad in das unter der Kontrolle türkischer Kräfte/der SNA stehende Gebiet einzureisen und in seinen Heimatort weiterzureisen, ohne die kurdischen Selbstverwaltungsgebiete durchqueren zu müssen. Dies ergibt sich ebenfalls aus der Karteneinsicht unter https://syria.liveuamap.com, wonach Tel Abyad in dem unter der Kontrolle türkischer Kräfte/der FSA stehenden Gebiet liegt, wie auch sein Heimatort XXXX und der Weg dorthin. Bereits aus diesem Grund stellt sich die Frage einer Rekrutierung des Beschwerdeführers durch kurdische Kräfte und nach allfälligen Konsequenzen im Falle einer Weigerung nicht.
Dass er vor seiner Ausreise Rekrutierungsversuchen durch kurdische Kräfte ausgesetzt gewesen sei, brachte der Beschwerdeführer im Übrigen ebenfalls nicht vor, obwohl diese nach seinen eigenen Angaben von 2013 bis 2021 die Kontrolle über seinen Heimatort gehabt hätten (EV, S. 3). Der Beschwerdeführer lebte damit auch nach seinem 18. Geburtstag mehrere Jahre in einem unter kurdischer Kontrolle stehenden Gebiet, ohne einer Rekrutierung ausgesetzt gewesen zu sein. Insofern er auf entsprechenden Vorhalt in der EV darauf verwies, dass die Kurden erst ab dem 21. Lebensjahr rekrutieren würden, ist ihm entgegenzuhalten, dass dies den von ihm selbst in seiner Beschwerde zitierten Berichten widerspricht, wonach im kurdischen Selbstverwaltungsgebiet Männer bereits im Alter zwischen 18 und 24 Jahren rekrutiert werden (geboren 1998 oder später) (siehe Beschwerde, S. 9).
Eine Rekrutierung des Beschwerdeführers im Falle seiner Rückkehr in seine Heimatregion ist daher im Ergebnis nicht maßgeblich wahrscheinlich.
Der Beschwerdeführer schilderte auch sonst keine konkreten Berührungspunkte mit der HTS, der SNA (FSA) oder mit sonstigen Gruppierungen, die eine Gefahr im Falle seiner Rückkehr in seine Heimatregion indizieren könnten.
Das erstmals in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht erstattete Vorbringen, er sei von einer ihm unbekannten bewaffneten Gruppierung verfolgt worden, ist als gesteigert und unglaubwürdig zu beurteilen.
So gab der Beschwerdeführer in der EV bezogen auf seine Befürchtungen im Falle seiner Rückkehr nach Syrien lediglich an, von der Regierung (dies war zum Zeitpunkt seiner Einvernahme durch die belangte Behörde am 28.04.2023 noch das syrische Assad-Regime) inhaftiert und im Regierungsgebiet gesucht zu werden, weil er den Militärdienst noch nicht abgeleistet habe (EV, S. 6 und 8). Syrien habe er wegen des Militärdienstes verlassen und weil sein Vater seit 2013 vermisst werde (EV, S. 3). Auch in der EB erwähnte er noch keine Bedrohung durch eine bewaffnete Gruppierung. Vielmehr verwies er auch hier nur auf eine Einberufung zum syrischen Militär und die Bombenanschläge. Bei einer Rückkehr fürchte er das Militär und er wolle nicht kämpfen (EB, S. 6).
In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht bestätigte er ebenfalls, dass er wegen des drohenden Militärdienstes unter dem Assad-Regime geflüchtet sei und er verwies darauf, vom Regime gesucht worden zu sein. Eine konkrete Gefahr durch die neuen Machthaber oder sonstige Gruppierungen schilderte er hingegen nicht, sondern er führte lediglich aus, dass es nicht abschätzbar sei, wie der neue Machthaber vorgehen würde. Erst konkret zu den von ihm (nur allgemein im Zusammenhang mit den aktuellen Machthabern in seinem Heimatort) erwähnten bewaffneten Gruppierungen befragt ergänzte er vage – zudem erstmals im Verfahren, damit gesteigert und nicht eigeninitiativ im Rahmen seines Fluchtvorbringens –, dass er von einer ihm unbekannten bewaffneten Gruppierung verfolgt worden sei, weshalb er geflüchtet sei. Zu diesem Zeitpunkt hätten die FSA und türkisch unterstützte Gruppierungen die Macht in seiner Herkunftsregion innegehabt (VHP, S. 7 f). Er schilderte damit ein gänzlich neues fluchtauslösendes Ereignis.
Eine gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlung und Bedrohung im Falle seiner Rückkehr kann daraus aber nicht abgeleitet werden.
Diesbezüglich ist einerseits zu betonen, dass der Beschwerdeführer – wie dargelegt – eine ihm konkret drohende Verfolgungsgefahr durch eine bewaffnete Gruppierung in der EV (und der EB) noch mit keinem Wort erwähnte und auch in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zunächst lediglich angab, Syrien mit seiner Familie wegen der (allgemeinen) Kampfhandlungen verlassen zu haben. Er nahm zu Beginn der Verhandlung vor dem Bundeverwaltungsgericht auch keine Richtigstellungen und Ergänzungen der Protokolle vor (VHP, S. 5 f). Auch die konkrete Nachfrage, ob es abgesehen von den Kampfhandlungen irgendetwas gebe, weshalb er als Person gefährdet oder verfolgt werden würde, beantwortete er lediglich allgemein damit, dass er vom Regime gesucht worden und es nicht abschätzbar sei, wie der neue Machthaber vorgehen werde. Die FSA habe die Macht in seinem Heimatort, besser gesagt bewaffnete Gruppierungen. Eine gegen ihn konkret gerichtete Bedrohung schilderte er an dieser Stelle eigeninitiativ mit keinem Wort. Auch die Nachfrage, ob es in seinem Heimatort eine mit ihm verfeindete Gruppierung gebe, beantwortete er zunächst nur damit, dass er die Frage nicht verstanden habe. Erst auf nochmalige Nachfrage gab er (zudem völlig pauschal) an, dass er von einer ihm unbekannten bewaffneten Gruppierung verfolgt worden sei, weshalb er in die Türkei geflüchtet sei (VHP, S. 7). Auf die Nachfrage, was diese Gruppierung gemacht habe, führte er ebenfalls nur völlig vage aus, dass diese Gruppierung in seinem Heimatdorf „nach ihm gefragt“ habe. Als er dies erfahren habe, habe er das Dorf verlassen. Er könne auch nicht sagen, wer dies gewesen sei (VHP, S. 8). Insgesamt antwortete der Beschwerdeführer damit ausweichend und er legte keine konkrete Bedrohungslage dar. Auch auf die Nachfrage, weshalb er bei der Behörde nichts von dieser Gruppierung gesagt habe, gab er nur ausweichend an, dass er hierzu nicht befragt worden sei. Man habe nur danach gefragt, warum er das Land verlassen habe (VHP, S. 8). Dies ist aber unrichtig und der Beschwerdeführer wurde – wie sich aus der Niederschrift seiner Einvernahme am 28.04.2023 ergibt – in der EV explizit aufgefordert, die Gründe zu schildern, warum er sein Heimatland verlassen habe, wobei er sich so viel Zeit lassen solle, wie er brauche. Er solle alles erzählen und es bestehe kein Zeitdruck (EV, S. 6). Eine Bedrohung durch eine bewaffnete Gruppierung schilderte er in der Folge aber nicht, sondern er wies lediglich darauf hin, dass er im Regierungsgebiet gesucht werde und sein Leben in dem von der FSA kontrollierten Gebiet aufgrund von syrischen Angriffen in Gefahr gewesen sei (EV, S. 6). Die ausdrückliche Nachfrage, ob es noch andere Gründe gebe, warum er Syrien verlassen habe, verneinte er, ebenso wie die Nachfrage, ob er in Syrien je persönlich bedroht oder verfolgt worden sei (EV, S. 7). Auch befragt zu seinen Befürchtungen im Falle seiner Rückkehr verwies er lediglich auf eine drohende Inhaftierung durch die (damalige) Regierung, nicht aber auf irgendeine Gefahr durch eine bewaffnete Gruppierung (EV, S. 8). Der Beschwerdeführer bestätigte am Ende seiner Einvernahme auch, dass er genug Gelegenheit gehabt habe, alles vorzubringen und dass er nichts hinzufügen wolle (EV, S. 9). Seine Behauptung in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, er sei in der EV nicht (hinreichend) befragt worden, ist daher nicht nachvollziehbar und durch die Niederschrift widerlegt.
Im Übrigen ist es auch nicht in Einklang zu bringen, dass der Beschwerdeführer in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zwar einerseits angab, dass man ihn in der EV „nur“ danach gefragt habe, warum er das Land verlassen habe, weshalb er bei der Behörde nichts von der Gruppierung erwähnt habe, er aber andererseits in der Verhandlung behauptete, dass er von einer Gruppierung verfolgt worden und deshalb in die Türkei geflüchtet sei, womit er gerade einen Grund für das Verlassen des Landes behauptete (VHP, S. 7 und 8). Wäre er tatsächlich wegen einer Bedrohung durch eine bewaffnete Gruppierung aus Syrien geflüchtet, wovon nicht auszugehen ist, so sind keinerlei Gründe ersichtlich, weshalb er dieses Vorbringen nicht bereits in der EV erstatten konnte. Sein Vorbringen, er habe bei seiner EV Angst gehabt und sei nervös gewesen, ist als bloß verfahrenstaktische Schutzbehauptung zu qualifizieren. Davon, dass er vor seiner Ausreise von einer bewaffneten Gruppierung gesucht wurde, ist daher nicht auszugehen.
Dies im Übrigen auch deshalb, da der Beschwerdeführer auch in der Folge auf die Frage, ob er zu seinen Fluchtgründen und zur Situation im Falle seiner Rückkehr noch irgendetwas angeben wolle, keinerlei konkrete Befürchtungen hinsichtlich der bewaffneten Gruppierung schilderte, sondern nur auf die allgemeine Sicherheitslage wie Bürgerkrieg, Bombenanschläge oder weitere Kampfhandlungen verwies. Auch die Frage, was ihm konkret passieren würde, wenn er jetzt in seinen Herkunftsstaat zurückkehren müsste, beantwortete er nur allgemein damit, dass er getötet oder entführt werden könnte. Die Sicherheitslage sei nach wie vor schlimm und man könne dort kein Leben führen. Die neue Regierung könne noch nicht beurteilt werden. Auch auf nochmalige Nachfrage, wer ihn töten oder entführen könnte, gab er nur an, dass er dies nicht sagen könne. Aufgrund der Existenz von bewaffneten Gruppierungen müsse aber damit gerechnet werden (VHP, S. 8 und 9).
Eine ihm individuell drohende Gefahr im Falle seiner Rückkehr in seinen Heimatort nannte der Beschwerdeführer auch sonst nicht, sondern er verwies im Wesentlichen – auch nach Erläuterung des Unterschieds zwischen subsidiärem Schutz und Asyl im Abstrakten – nur allgemein auf kriegsbedingte Gefahren und dass es in seinem Heimatort nach wie vor Kampfhandlungen zwischen Kurden, der FSA und den neuen Machthabern gebe. Lediglich allgemein führte er befragt dazu, ob sich an den Gründen seiner Asylantragstellung seit dem Erhalt des angefochtenen Bescheides etwas geändert habe, aus, dass es zwar einen neuen Machthaber gebe, die Situation aber nach wie vor kritisch sei (VHP, S. 5 f). Auch auf die Nachfrage, ob er persönlich einer Gefahr unterliege, verwies er nur auf die bereits erwähnten Kampfhandlungen, weshalb er mit seiner Familie auch seinen Heimatort verlassen habe (VHP, S. 7).
Insgesamt brachte er damit aber lediglich allgemeine Sicherheitsbedenken zum Ausdruck, die bereits im Rahmen der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten durch die belangte Behörde Berücksichtigung fanden, nicht aber eine konkrete individuelle Bedrohung im Falle seiner Rückkehr. Dass ihm in Syrien irgendetwas vorgeworfen werden würde, was annähernd einem in der GFK genannten Fluchtgrund nahekommt, brachte er auch auf nochmalige Nachfrage nicht vor (VHP, S. 9). Insoweit der Beschwerdeführer angab, in Syrien drohe Gewalt und man wisse nicht, in welche Richtung sich die sogenannte Übergangsregierung entwickeln würde, so ist auch aus dieser beschriebenen allgemeinen Bedrohungssituation allenfalls ein Argument im Zusammenhang mit der Verlängerung des subsidiären Schutzes verbunden. Diese Thematik ist im gegenständlichen Verfahren jedoch nicht von Bedeutung, da dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde bereits subsidiärer Schutz zuerkannt wurde.
Die Länderberichte zeigen auch sonst keine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende individuelle Gefahr für den Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Syrien auf.
Dafür, dass ihm durch die neue syrische Übergangsregierung eine Reflexverfolgung wegen seines – laut seinen eigenen Angaben vom syrischen Assad-Regime inhaftierten – Vaters oder wegen seines Bruders, der den Wehrdienst nicht abgeleistet habe, drohen könnte, liegen keinerlei Anhaltspunkte vor. Das diesbezügliche Vorbringen war nur betreffend das syrische Assad-Regime von Relevanz, welches aber nicht mehr an der Macht ist. Hinsichtlich seines Bruders ist auch an dieser Stelle darauf zu verweisen, dass die neue syrische Übergangsregierung die Wehrpflicht abgeschafft hat und dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr keine Gefahr droht, weil er seinen Wehrdienst noch nicht abgeleistet hat. Insofern ist es auch nicht ersichtlich, weshalb ihm eine Reflexverfolgung drohen sollte, weil sein Bruder den Wehrdienst ebenfalls noch nicht abgeleistet habe.
Aus den Länderberichten ergeben sich weiters zwar Verhaftungen und Hinrichtungen von Personen, die mit dem ehemaligen Assad-Regime in Verbindung stehen. Der Beschwerdeführer – der nach seinen eigenen Angaben in Syrien nicht einmal seinen Grundwehrdienst abgeleistet und sich auch nicht an bewaffneten Kampfhandlungen beteiligt hat (EV, S. 6 und 7) – kann mit diesen allerdings nicht in Verbindung gebracht werden und er erstattete kein diesbezügliches Vorbringen. Ganz im Gegenteil brachte er vor, dass sein Vater als vermeintlicher Gegner des Assad-Regimes vom ehemaligen Regime verhaftet worden sei.
Es haben sich auch sonst keine Anhaltspunkte dafür ergeben, die auf eine Gefährdungslage für den Beschwerdeführer wegen einer (unterstellten) oppositionellen Gesinnung gegenüber den Kräften der neuen syrischen Übergangsregierung oder der SNA schließen lassen könnten. Auch sonst ist er nicht in das Blickfeld dieser (oder sonstiger) Kräfte gerückt.
Der Beschwerdeführer brachte zu keinem Zeitpunkt vor, sich in Syrien (oder Österreich) in irgendeiner Weise politisch exponiert zu haben. Vielmehr gab er in der EV explizit an, in Syrien nicht politisch tätig und nicht Mitglied einer politischen Partei gewesen zu sein. Es sei auch nicht wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt worden, habe in Syrien keine Probleme mit den Behörden gehabt, sei nicht vorbestraft und sei in Syrien nicht inhaftiert worden (EV, S. 6). Es finden sich keinerlei Anhaltspunkte, dass beim Beschwerdeführer oder bei Familienmitgliedern eine oppositionelle Haltung gegenüber den Kräften der neuen syrischen Übergangsregierung/der SNA vorliegen würde oder gegen diese gerichtete Aktivitäten gesetzt wurden, die ihn als (politischen) Gegner erscheinen lassen könnten.
Insofern der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde auf eine drohende Gefahr – zudem noch bezogen auf das gestürzte Assad-Regime – aufgrund seiner „Lebensführung“ im Falle seiner Rückkehr nach Syrien verweist (Beschwerde, S. 14), ist zu entgegnen, dass er diese Lebensführung nicht näher konkretisierte. Im Übrigen lassen sich aus den aktuellen Länderinformationen keine Hinweise dahingehend entnehmen, dass die neuen Machthaber in Syrien oder die SNA gezielt gegen in ihren Augen „Andersdenkende“, „verwestlichte“ Männer oder gegen alle Personen vorgehen würden, die nicht mit ihr sympathisieren.
Weiters verneinte der Beschwerdeführer auch die Fragen, ob er wegen seiner Nationalität, Volksgruppenzugehörigkeit, Religion oder Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe verfolgt worden sei (EV, S. 5 f). Eine Gefährdung des Beschwerdeführers, der Araber und sunnitischer Moslem ist, aus diesen Gründen ergibt sich aus den Länderberichten ebenfalls nicht. Insbesondere ist der Beschwerdeführer nicht Alawit, Schiit oder Christ, die nach den Länderberichten vermehrt Angriffen ausgesetzt sind. Er ist auch kein Kurde.
Hinsichtlich der SNA (ehemals FSA) ist zudem darauf zu verweisen, dass sein Heimatort – wie oben dargelegt und vom Beschwerdeführer selbst vorgebracht – auch bereits vor seiner Ausreise aus Syrien unter der Kontrolle der SNA bzw. türkischer Kräfte stand und der Beschwerdeführer explizit angab, dort vor seiner Ausreise keinerlei Probleme gehabt zu haben. Das erst in der Verhandlung vor dem Bundeverwaltungsgericht erstattete Vorbringen, er sei von einer bewaffneten Gruppierung gesucht worden, war als gesteigert und unglaubwürdig zu beurteilen. Eine konkrete Bedrohung im Falle seiner Rückkehr vermochte der Beschwerdeführer damit nicht darzulegen.
Insofern der Beschwerdeführer vorbringt, dass er aufgrund seiner illegalen Ausreise und Asylantragstellung im Falle seiner Rückkehr einer Verfolgung ausgesetzt wäre, ist festzuhalten, dass dieses Vorbringen ebenfalls im Hinblick auf das syrische Assad-Regime erstattet wurde, angesichts der Länderberichte jedoch nur im Hinblick auf die neue Übergangsregierung bzw. die HTS (samt Verbündeten) und die SNA von Relevanz sein kann und den Länderberichten keine Anhaltspunkte zu entnehmen sind, wonach die genannten Aspekte von diesen Kräften als Ausdruck einer oppositionellen politischen Gesinnung gewertet werden würden. Es liegen auch keinerlei Hinweise darauf vor, dass Rückkehrende gezielt verfolgt werden würden, zumal bereits eine sehr hohe Anzahl an Menschen seit dem Sturz des Assad-Regimes nach Syrien zurückgekehrt ist und die sichere Rückkehr von Syrern auch für die Türkei nach den Länderfeststellungen eine Priorität ist.
Es ist abschließend auch davon auszugehen, dass die Einreise des Beschwerdeführers nach Syrien und Weiterreise in seine Heimatregion, die unter der Kontrolle türkischer Kräfte bzw. der SNA steht, ohne eine ihm mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende Verfolgung möglich ist. Der Beschwerdeführer kann – wie dargelegt – über den türkisch-syrischen Grenzübergang Akçakale-Tel Abyad in das unter der Kontrolle türkischer Kräfte/der SNA stehende Gebiet einreisen und in seinen Heimatort weiterreisen. Das Gebiet steht durchgehend unter der Kontrolle türkischer Kräfte/der SNA. Dass er Verfolgungshandlungen durch diese Kräfte unterliegen könnte, ist – wie ausgeführt – nicht anzunehmen.
2.2.3. Zur Situation in Syrien
Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat ergeben sich aus den unter Punkt 1.3. genannten Länderberichten samt den darin zitierten Quellen. Die aktuellen Länderberichte beruhen auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von staatlichen und nichtstaatlichen Stellen und bieten dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche, weshalb im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass besteht, an der Richtigkeit dieser Berichte zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums, insbesondere des Länderinformationsblatts der Staatendokumentation zu Syrien, Version 12, Stand 08.05.2025, für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.
Das Bundesverwaltungsgericht teilte den Verfahrensparteien in der mündlichen Verhandlung mit, welche Berichte es beabsichtigt, der Entscheidung zugrunde zu legen und bot die Möglichkeit zur Einsicht- und Stellungnahme an (VHP, S. 6 und 7). Den Länderberichten wurde nicht entgegengetreten, weshalb für das Bundesverwaltungsgericht auch aus diesem Grund keine Zweifel an deren Richtigkeit bestehen. Eine Frist für eine schriftliche Stellungnahme wurde ebenfalls nicht beantragt (VHP, S. 9).
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Gegenständlich wurde ausschließlich gegen Spruchpunkt I. des Bescheides (Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten) Beschwerde erhoben, weshalb die Spruchpunkte II. und III., mit denen dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt wurde, in Rechtskraft erwuchsen.
Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (in Folge: AsylG 2005), ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).
Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074; 09.03.1999, 98/01/0370).
Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 08.07.2021, Ra 2021/20/0111; 10.11.2015, Ra 2015/19/0185).
Nicht jede diskriminierende Maßnahme gegen eine Person ist als „Verfolgung“ im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK anzusehen, sondern nur solche, die in ihrer Gesamtheit zu einer schwerwiegenden Verletzung grundlegender Menschenrechte der Betroffenen führen (vgl. Art. 9 Abs. 1 der Statusrichtlinie). Ob dies der Fall ist, ist im Einzelfall zu prüfen und in einer die nachprüfende Kontrolle ermöglichenden Begründung darzulegen (vgl. VwGH 16.12.2021, Ra 2021/18/0387, mwN).
Grundlage für die Prüfung, ob mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung droht, ist die Bestimmung der Heimatregion (VwGH 25.08.2022, Ra 2021/19/0442). Zu prüfen ist weiters, ob die Heimatregion für den Beschwerdeführer erreichbar ist, ohne dass ihm am Weg dorthin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung iSd § 3 AsylG 2005 droht (vgl. VwGH 04.07.2023, Ra 2023/18/0108; VfGH 29.06.2023, E 3450/2022).
Wie der Verwaltungsgerichtshof zur möglichen Asylrelevanz von Wehrdienstverweigerung näher ausgeführt hat, kann auch der Gefahr einer allen Wehrdienstverweigerern bzw. Deserteuren im Herkunftsstaat gleichermaßen drohenden Bestrafung asylrechtliche Bedeutung zukommen, wenn das Verhalten des Betroffenen auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht oder dem Betroffenen wegen dieses Verhaltens vom Staat eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird und den Sanktionen – wie etwa der Anwendung von Folter – jede Verhältnismäßigkeit fehlt. Unter dem Gesichtspunkt des Zwanges zu völkerrechtswidrigen Militäraktionen kann auch eine „bloße“ Gefängnisstrafe asylrelevante Verfolgung sein (vgl. VwGH 31.10.2023, Ro 2023/19/0002, mwN; 03.05.2022, Ra 2021/18/0250).
Fehlt ein kausaler Zusammenhang mit einem oder mehreren Konventionsgründen, kommt die Asylgewährung nicht in Betracht (vgl. VwGH 24.04.2024, Ra 2024/19/0144; 31.10.2023, Ro 2023/19/0002, mwN).
Für die Asylgewährung kommt es auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der GFK zum Zeitpunkt der Entscheidung an (vgl. etwa VwGH 27.06.2019, Ra 2018/14/0274).
3.3. Umgelegt auf den konkreten Fall ergibt sich daraus wie folgt:
Das Vorbringen hinsichtlich der befürchteten Einziehung zum Wehrdienst in Syrien vermochte keine asylrelevante Verfolgung zu begründen.
Eine Einziehung des Beschwerdeführers zum Wehrdienst in die syrische Armee unter der Führung des ehemaligen Assad-Regimes ist nicht maßgeblich wahrscheinlich, da dieses vor rund sechs Monaten gestürzt wurde und in Syrien über keine Gebietshoheit mehr verfügt. Das Militär und die Sicherheitsorgane der früheren Regierung wurden aufgelöst. Es besteht daher keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit, dass dem Beschwerdeführer asylrelevante Verfolgung durch das syrische Assad-Regime insbesondere im Kontext der vorgebrachten Wehrdienstverweigerung droht, aber auch nicht aufgrund seiner illegalen Ausreise, Asylantragstellung in Österreich oder Rückkehr nach Syrien. Auch der vorgebrachten Reflexverfolgung wegen der Verhaftung seines als Regimegegner qualifizierten Vaters durch das ehemalige Assad-Regime und wegen seines Bruders, der nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers den Wehrdienst ebenfalls noch nicht abgeleistet hat, ist damit die Grundlage entzogen.
Bezogen auf die neue syrische Übergangsregierung besteht ebenfalls keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit, dass dem Beschwerdeführer asylrelevante Verfolgung im Kontext einer allfälligen Wehrdienstverweigerung droht. Dies bereits deshalb, da die Wehrpflicht abgeschafft wurde und es sich bei der syrischen Armee nunmehr um eine Freiwilligenarmee handelt. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass mit einer allfälligen Ableistung des Wehrdienstes eine Teilnahme an völkerrechtswidrigen Kampfhandlungen verbunden wäre oder im Falle einer Verweigerung eine oppositionelle Gesinnung unterstellt würde.
Für eine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende Zwangsrekrutierung durch andere Gruppierungen, insbesondere die SNA, liegen ebenfalls keine Anhaltspunkte vor. Eine Rekrutierung durch kurdische Milizen scheidet bereits deshalb aus, da die Heimatregion des Beschwerdeführers und der Weg dorthin von türkischen Kräften/der SNA kontrolliert werden und kurdische Milizen dort nicht auf den Beschwerdeführer zugreifen können.
Dass dem Beschwerdeführer eine Verfolgung aufgrund einer (unterstellten) oppositionellen Gesinnung oder aus anderen Konventionsgründen drohen könnte, ist ebenfalls nicht maßgeblich wahrscheinlich. Aus den Länderberichten ergeben sich zwar – trotz eingeleiteter Versöhnungsprozesse – Übergriffe auf Personen, die mit dem ehemaligen Assad-Regime in Verbindung stehen. Der Beschwerdeführer hat jedoch nicht vorgebracht, für dieses tätig gewesen zu sein und sich auch sonst in keiner Weise (politisch) exponiert. Er ist auch nicht Alawit, Schiit oder Christ, die nach den Länderfeststellungen Angriffen ausgesetzt sind und er gehört auch nicht der Volksgruppe der Kurden an. Dafür, dass er aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Araber oder aufgrund seines sunnitischen Glaubens mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungshandlungen ausgesetzt sein könnte, ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte, zumal der Beschwerdeführer dies nicht vorbrachte.
Das Vorbringen, er sei von einer bewaffneten Gruppierung gesucht worden, war als unglaubwürdig zu beurteilen und vermochte ebenfalls keine asylrelevante Verfolgung zu begründen.
Den Länderfeststellungen sind auch keine Hinweise dahingehend zu entnehmen, dass die syrische Übergangsregierung oder die SNA gezielt gegen in ihren Augen „Andersdenkende“ oder „verwestlichte“ Männer bzw. gegen alle Personen vorgehen würde, die nicht mit ihr sympathisieren und diese Personen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung asylrelevanter Intensität ausgesetzt wären. Es liegen auch keinerlei Hinweise darauf vor, dass Rückkehrende, die im Ausland um Asyl angesucht und Syrien illegal verlassen haben, gezielt verfolgen würden.
In einer Gesamtschau besteht keine Gefährdung des Beschwerdeführers in einem Ausmaß, welches für sich genommen wohlbegründete Furcht vor Verfolgung begründet. Insgesamt waren seine Ausführungen allgemein auf die Sicherheitslage gerichtet und – seit dem Sturz des Assad-Regimes – in Bezug auf den Wehrdienst asylrechtlich irrelevant.
Abschließend wird festgehalten, dass aus den amtswegigen Ermittlungen des Bundesverwaltungsgerichts in Form von Einsichtnahmen in die relevanten Länderberichte und dem am Bundesverwaltungsgericht vorhandenen Fachwissen eine asylrelevante Verfolgung auch aus anderen, nicht vom Beschwerdeführer vorgebrachten Gründen nicht maßgeblich wahrscheinlich ist.
Da die Glaubhaftmachung ein wesentliches Tatbestandsmerkmal für die Gewährung von Asyl ist, und es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine aus einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Grund aktuell drohende Verfolgung maßgeblicher Intensität glaubhaft zu machen, liegt somit im Falle des Beschwerdeführers weder ein Flucht- noch ein Nachfluchtgrund vor und hat die belangte Behörde zu Recht den Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.