JudikaturVwGH

Ro 2014/11/0023 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
27. Januar 2015

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl, Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über den Antrag des W B in W, vertreten durch Dr. Helmut Preyer, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Rooseveltplatz 10, auf Wiederaufnahme des mit hg. Erkenntnis vom 21. August 2014, Zl. Ro 2014/11/0023-7, abgeschlossenen Verfahrens (über die Revision gegen den Bescheid der Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungs- und Behindertenangelegenheiten beim Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom 8. März 2013, Zl. 41.550/902- 9/12, betreffend Neufestsetzung des Grades der Behinderung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Antrag auf Wiederaufnahme wird abgewiesen.

1.1. Der Revisionswerber gehört gemäß einem Bescheid des Landeshauptmannes für Wien vom 14. Jänner 1997 seit dem 26. Jänner 1995 dem Kreis der begünstigten Behinderten an. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 27. Juli 2001, Zl. 97/08/0162, als unbegründet abgewiesen.

Mit Bescheid der Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungs- und Behindertenangelegenheiten vom 8. März 2013 wurde ein Antrag des Revisionswerbers auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung abgewiesen und der Grad der Behinderung mit 70 v.H. festgestellt.

Die gegen diesen Bescheid gerichtete Revision wurde mit hg. Erkenntnis vom 21. August 2014, Zl. Ro 2014/11/0023-7, als unbegründet abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof erachtete, wie sich aus der Begründung des Erkenntnisses, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ergibt, die vom Antragsteller behaupteten relevanten Verfahrensfehler, die der belangten Behörde unterlaufen seien, als nicht gegeben und führte abschließend aus, dass es im Lichte des Revisionsvorbringens und im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zustehenden nachprüfenden Kontrolle, die darauf beschränkt gewesen sei zu prüfen, ob ein wesentlicher Verfahrensmangel vorliegt, nicht als unschlüssig zu beanstanden sei, wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid in der Frage der richtsatzmäßigen Einschätzung, besonders in Bezug auf die höhergradigen Veränderungen der Wirbelsäule und die Anpassungsstörung, in freier Beweiswürdigung dem Sachverständigengutachten Dris. S gefolgt sei, weshalb vor diesem Hintergrund die von der belangten Behörde getroffene Einschätzung der Leidenszustände des Revisionswerbers im Ergebnis nicht als rechtswidrig zu erkennen sei.

1.2. Mit Schreiben vom 12. November 2014 begehrte der Antragsteller die Wiederaufnahme des durch das dargestellte hg. Erkenntnis abgeschlossenen Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof. Über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes wurde fristgerecht ein von einem Rechtsanwalt verfasster, dem hg. Mängelbehebungsauftrag entsprechender Schriftsatz eingebracht.

2.1.1. Wie der Verwaltungsgerichtshof im bereits mehrfach zitierten Erkenntnis vom 21. August 2014 betonte, galten für die Behandlung der Revision des Antragstellers gemäß § 4 Abs. 5 VwGbk-ÜG die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung sinngemäß (im Folgenden: alte Fassung aF). Dies gilt auch für den vorliegenden Antrag auf Wiederaufnahme des nach den genannten Bestimmungen abgeschlossenen Verfahrens.

2.1.2. § 45 VwGG aF lautete (auszugsweise):

"Wiederaufnahme des Verfahrens

§ 45. (1) Die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluss abgeschlossenen Verfahrens ist auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn

1. das Erkenntnis oder der Beschluss durch eine gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist oder

2. das Erkenntnis oder der Beschluss auf einer nicht von der Partei verschuldeten irrigen Annahme der Versäumung einer in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Frist beruht oder

3. nachträglich eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung bekannt wird, die in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte, oder

4. im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, dass sonst das Erkenntnis oder der Beschluss anders gelautet hätte oder

5. das Verfahren vor dem Gerichtshof wegen Klaglosstellung oder wegen einer durch Klaglosstellung veranlassten Zurückziehung der Beschwerde eingestellt, die behördliche Maßnahme, die die Klaglosstellung bewirkt hatte, jedoch nachträglich behoben wurde.

(2) Der Antrag ist beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen von dem Tag, an dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, jedoch spätestens binnen drei Jahren nach der Zustellung des Erkenntnisses oder des Beschlusses zu stellen.

..."

2.2.1.1. Der Antragsteller erachtet in dem durch einen Rechtsanwalt eingebrachten Verbesserungsschriftsatz den Wiederaufnahmsgrund des § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG aF als verwirklicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hätte, so der Antrag, den mit Revision bekämpften Bescheid der belangten Behörde wegen eines relevanten Verfahrensmangels aufzuheben oder selbst eine Sachverhaltsfeststellung vornehmen und reformatorisch zu entscheiden gehabt. Hätte der Verwaltungsgerichtshof selbst den Sachverhalt festgestellt, so hätte er dem Antragsteller Parteiengehör einzuräumen gehabt, was zu einer anderslautenden Entscheidung geführt hätte.

2.2.1.2. In einem selbstverfassten Schreiben vom 31. Dezember 2014 bringt der Antragsteller überdies vor, es liege der Wiederaufnahmsgrund nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VwGG aF vor, wobei die gerichtlich strafbare Handlung "im Vorgehen der vorher bestellten Verfahrenshelferin zu finden" sei, weshalb der Antragsteller auch Strafanzeige wegen Urkundenunterdrückung erstattet habe.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, das Vorliegen eines Wiederaufnahmsgrundes aufzuzeigen.

2.2.2.1. Soweit der Antrag davon spricht, dass das Parteiengehör nicht gewahrt worden sei, spricht er den Wiederaufnahmsgrund des § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG aF an. Dieser könnte aber nur dann vorliegen, wenn im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, dass sonst das Erkenntnis anders gelautet hätte.

Die Verfahrenshelferin als Vertreterin des Antragstellers hat fristgerecht einen als Revision zu wertenden Schriftsatz eingebracht, in dem Gründe für die behauptete Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung der belangten Behörde angeführt waren (unrichtige rechtliche Beurteilung bzw. Mangelhaftigkeit des Verfahrens). Die Durchführung einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof war nicht beantragt worden. Angesichts des Vorliegens einer mängelfreien Revision bestand für den Verwaltungsgerichtshof kein Anlass, dem Antragsteller (und seinerzeitigen Revisionswerber) etwa persönlich Parteiengehör einzuräumen, da er für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof durch die Verfahrenshelferin vertreten war. Ob diese vor der Abfassung der Revision mit dem Antragsteller (und seinerzeitigen Revisionswerber) ausreichend den Inhalt der abzufassenden Revision erörtert hatte, war bei der Behandlung der eingebrachten Revision für den Verwaltungsgerichtshof nicht von Bedeutung, weil sich derjenige, dem Verfahrenshilfe bewilligt wurde, den Revisionsschriftsatz seines Verfahrenshelfers zurechnen lassen muss.

Der Antrag stellt sich seinem Inhalt nach als Kritik an der mit dem hg. Erkenntnis vom 21. August 2014 erfolgten Abweisung der Revision dar. Dabei wird aber übersehen, dass der Verwaltungsgerichtshof entgegen der schon im ursprünglichen Revisionsschriftsatz geäußerten Rechtsauffassung zum Ergebnis gelangt war, dass der angefochtene Bescheid nicht mit relevanten Verfahrensmängeln behaftet war, weshalb sich die Revision als unbegründet erwies. Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 VwGG aF infolge Nichtvorliegens eines relevanten Verfahrensmangels an den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt gebunden war, bestand auch in dieser Hinsicht keine Veranlassung für die Gewährung von Parteiengehör. Eine reformatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes wäre von vornherein nur dann in Betracht gekommen, wenn sich der mit Revision angefochtene Bescheid als rechtswidrig erwiesen hätte, was aber, wie dargestellt, nicht der Fall war.

War aber im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht zuwidergehandelt worden, so kann auch der Wiederaufnahmsgrund des § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG aF nicht vorliegen.

2.2.2.2. Da im vorliegenden Fall - selbst wenn der durch die Verfahrenshelferin eingebrachte mängelfreie Revisionsschriftsatz nicht sämtliche Argumente aufgegriffen haben sollte, die der Antragsteller zur Untermauerung seines Rechtsstandpunktes für erforderlich hielt - auch nicht ansatzweise erkennbar ist, weshalb das hg. Erkenntnis vom 21. August 2014 durch eine gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden sein sollte, liegt auch der Wiederaufnahmsgrund des § 45 Abs. 1 Z. 1 VwGG aF nicht vor.

2.3. Schon aus diesen Erwägungen war der Antrag auf Wiederaufnahme des mit dem hg. Erkenntnis vom 21. August 2014 abgeschlossenen Verfahrens, gemäß § 45 Abs. 3 VwGG aF in nichtöffentlicher Sitzung, abzuweisen.

Wien, am 27. Jänner 2015

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