JudikaturBVwG

W137 2269248-2 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
14. März 2025

Spruch

W137 2269248-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Peter HAMMER über den von XXXX eingebrachten Wiederaufnahmeantrag, vom 19.02.2025 betreffend das mit Erkenntnis vom 03.06.2024, GZ W137 2269248-1/5E, abgeschlossene Verfahren betreffend eine Ordnungsstrafe, zu Recht:

A)

Der Antrag wird gemäß § 32 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid der Bundesministerin für XXXX vom 21.02.2023, Zl. 2023-0.118.262, wurde über den Antragsteller eine Ordnungsstrafe verhängt. Die dagegen erhobene Beschwerde hat das Bundesverwaltungsgericht mit dem im Spruch angeführten Erkenntnis vom 03.06.2024 abgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.

Mit Schreiben vom 17.02.2025, eingelangt am 19.02.2025, wurde die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Geschäftszahl 2269248-1 beantragt und begründend ausgeführt (Hervorhebungen im Original): „im Verfahren W137 2296248-1 nunmehr beweisbar OFFENSICHTLICH der Verdacht auf Beweismittelfälschung, … Amtsmissbrauch, sowie Befangenheit vorliegen könnte und daher das Verfahren wiederaufzunehmen ist“

Im Weiteren beantragte der Antragsteller die Vorlage vollständiger und ungeschwärzter Akten, Stellungnahmen, Übersendungsaufstellungen für jedes einzelne Aktenteil sowie weitere Aufstellungen über die jeweilige Veraktung der Teile.

Im angeführten Schriftsatz wurden zusätzlich drei weitere Wiederaufnahmeanträge gestellt (zwei mit derselben unbelegten Begründung) und die übrigen Anträge auf insgesamt 12 (teils noch anhängige) Verfahren betreffend unterschiedliche Rechtsmaterien bezogen.

Mit Mängelbehebungsauftrag des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.02.2025 wurde der Antragsteller aufgefordert, binnen 14 Tagen seinen Antrag konkret zu begründen und allfällige Beweismittel zu übermitteln. Andernfalls werde der Antrag zurückgewiesen werden. Dabei wurde der Beschwerdeführer auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Gegenstand des Verfahrens eine Ordnungsstrafe gewesen sei.

Dieses Schreiben lag ab 27.02.2025 bei der Post zur Abholung bereit und wurde vom Antragsteller am 03.03.2025 nachweislich übernommen. Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 12.03.2025 ausgeführt, dass er – anders als ihm vorgeworfen werde – im November 2022 keinen anzüglichen „Aufruf“ an weibliche Justizbedienstete versandt habe. Dies sei tatsachenwidrig und das Beweismittel für diesen Vorwurf gefälscht. Einen Auszug dieses Aufrufs – lediglich ein Textausschnitt - legte er bei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben und der Entscheidung zugrunde gelegt.

Gegenstand des Verfahrens zur Zahl 2269248-1 war eine Ordnungsstrafe aufgrund eines am 19.12.2022 (u.a.) an die XXXX gerichteten Schreibens des Beschwerdeführers, wobei dessen Urheberschaft in der Beschwerde ausdrücklich bestätigt wurde. Der oben angeführte „Aufruf“ war in keiner Form Gegenstand des Schreibens vom 19.12.2022.

2. Beweiswürdigung:

Die obigen Feststellungen ergeben sich aus dem Gerichtsakt zum gegenständlichen Verfahren, insbesondere der Eingabe des Antragstellers sowie des Gerichtsaktes zur Zahl 2269248-1.

Das Bundesverwaltungsgericht geht vom oben dargelegten unstrittigen Sachverhalt aus, der unmittelbar auf Grund der Aktenlage festgestellt werden konnte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Die relevanten Bestimmungen im VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz):

Wiederaufnahme des Verfahrens

„§ 32. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn

1. das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder

3. das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde oder

4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

(4) Das Verwaltungsgericht hat die Parteien des abgeschlossenen Verfahrens von der Wiederaufnahme des Verfahrens unverzüglich in Kenntnis zu setzen.

(5) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind die für seine Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Paragraphen sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.“

3.2. In der Sache:

Gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens unter anderem dann stattzugeben, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten.

Gemäß § 32 Abs. 2 VwGVG ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt grundsätzlich mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG rechtfertigen neu hervorgekommene Tatsachen und Beweismittel (also solche, die bereits zur Zeit des früheren Verfahrens bestanden haben, aber erst später bekannt wurden) – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – eine Wiederaufnahme des Verfahrens, wenn sie die Richtigkeit des angenommenen Sachverhalts in einem wesentlichen Punkt als zweifelhaft erscheinen lassen (vgl. VwGH 20.05.2021, Ra 2021/21/0026).

Voraussetzung für die Stattgabe des Wiederaufnahmeantrags nach § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG ist insbesondere, dass die neuen Tatsachen oder Beweismittel ohne Verschulden der Partei nicht schon im wiederaufzunehmenden Verfahren geltend gemacht werden konnten (vgl. VwGH 05.02.2021, Ra 2020/19/0432). Hat die Partei eine Tatsache oder ein Beweismittel im wiederaufzunehmenden Verfahren nicht geltend gemacht, obwohl ihr dies bei gehöriger Aufmerksamkeit und gebotener Gelegenheit möglich gewesen wäre, liegt ein ihr zuzurechnendes Verschulden vor, das eine Wiederaufnahme des Verfahrens ausschließt (vgl. 20.05.2021, Ra 2021/21/0026). Jegliches Verschulden, das die Partei an der Unterlassung ihrer Geltendmachung trifft, auch leichte Fahrlässigkeit, schließt somit den Rechtsanspruch auf Wiederaufnahme des Verfahrens aus (VwGH 14.12.2015, Ra 2015/09/0076). Es ist Sache des Wiederaufnahmewerbers darzutun, dass die von ihm behaupteten neuen Tatsachen oder Beweismittel im Verwaltungsverfahren ohne sein Verschulden nicht geltend gemacht werden konnten (VwGH 23.03.1977, 1341/75).

Des Weiteren müssen die neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweismittel entweder allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens die Eignung aufweisen, einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid (hier: eine anders lautende Entscheidung des Verwaltungsgerichtes) herbeizuführen. Ob diese Eignung vorliegt, ist eine Rechtsfrage, die im Wiederaufnahmeverfahren zu beantworten ist; ob tatsächlich ein anderes Ergebnis des Verfahrens zustande kommt, ist sodann eine Frage, die im wiederaufgenommenen Verfahren zu klären ist. Tauglich ist ein Beweismittel als Wiederaufnahmegrund (ungeachtet des Erfordernisses der Neuheit) also nur dann, wenn es nach seinem objektiven Inhalt und unvorgreiflich der Bewertung seiner Glaubwürdigkeit die abstrakte Eignung besitzt, jene Tatsachen in Zweifel zu ziehen, auf welche das BVwG entweder die den Gegenstand des Wiederaufnahmeverfahrens bildende Entscheidung oder zumindest die zum Ergebnis dieser Entscheidung führende Beweiswürdigung tragend gestützt hat (vgl. VwGH 14.04.2021, Ra 2020/18/0526). Der Wiederaufnahmewerber hat den Grund, auf den sich das Wiederaufnahmebegehren stützt, in seinem Antrag aus eigenem Antrieb konkretisiert und schlüssig darzulegen. Es müssen Tatsachen vorgebracht werden, auf die mit hoher Wahrscheinlichkeit zutrifft, dass sie im wiederaufzunehmenden Verfahren zu einer anderen Entscheidung geführt hätten (vgl. VwGH 01.03.2022, Ra 2021/11/0023).

Für die Beurteilung der Frage, ob einem Wiederaufnahmeantrag stattzugeben ist, sind allein die innerhalb der Frist des § 69 Abs. 2 AVG vorgebrachten Wiederaufnahmegründe maßgebend (vgl. VwGH 01.03.2022, Ra 2021/11/0023; zur Übertragbarkeit der zu § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergangenen Judikatur auf den wortgleichen § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG siehe VwGH 08.09.2015, Ra 2014/18/0089).

Die zweiwöchige (subjektive) Frist gemäß § 69 Abs. 2 AVG beginnt mit dem Zeitpunkt, d.h. an dem Tag zu laufen, an dem der Antragsteller vom Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat. Für die Berechnung dieser verfahrensrechtlichen Frist sind die §§ 32 und 33 AVG maßgeblich. Gemäß § 33 Abs. 3 AVG werden die Tage von der Übergabe an einen Zustelldienst im Sinne des § 2 Z 7 des Zustellgesetzes zur Übermittlung an die Behörde bis zum Einlangen bei dieser (Postlauf) in die Frist nicht eingerechnet. Der Wiederaufnahmeantrag hat alle für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit, d.h. der Einhaltung der subjektiven und objektiven Fristen des § 69 Abs. 2 AVG maßgeblichen Angaben zu enthalten (VwGH 19.05.1993, 91/13/0099; 25.01.1996, 95/19/0003). Gemäß § 69 Abs. 2 letzter Satz AVG sind die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Fristen ergibt, vom Antragsteller glaubhaft zu machen. Die Beweislast für die Rechtzeitigkeit eines Wiederaufnahmeantrages trägt somit der Antragsteller. Er hat bereits im Antrag bekannt zu geben, wann er vom behaupteten Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat (VwGH 14.11.2006, 2005/05/0260) und an welchem Tag die in Rechtskraft erwachsene Entscheidung ihm gegenüber erlassen wurde (Hengstschläger/Leeb, AVG § 70 Rz 55).

Zudem setzt ein Wiederaufnahmeantrag ein durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichts abgeschlossenes Verfahren voraus (VwGH 28.04.2015, Ro 2015/18/0001).

3.3. Im gegenständlichen Fall ergibt sich daraus Folgendes:

Durch die Eingabe vom 12.03.2025 hat der Beschwerdeführer den Mangel einer gänzlich fehlenden Begründung behoben.

Allerdings hat die nachgereichte Begründung - insbesondere auch das Dokument, auf das sich der Beschwerdeführer bezieht – keinerlei inhaltlichen Zusammenhang mit jenem Verfahren, hinsichtlich dessen gegenständlich die Wiederaufnahme begehrt wird.

Damit erweist sich der gegenständliche Antrag auf Wiederaufnahme als unbegründet.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.