12R50/24x – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch die Senatspräsidentin Mag. Fisher als Vorsitzende sowie die Richterinnen Dr. Reden und Mag. Janschitz in der Rechtssache der klagenden Partei A*, geboren am **, **, vertreten durch die Sacha Katzensteiner Blauensteiner Marko Rechtsanwälte GmbH in Krems an der Donau, wider die beklagte Partei Marktgemeinde B* , **, vertreten durch Mag. Herbert Nigl, Rechtsanwalt in Korneuburg, wegen Leistung (EUR 15.640,88 s.A.) und Feststellung (EUR 1.000), über die Berufung der klagenden Partei (Berufungsinteresse: EUR 16.640,88) gegen das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau vom 9.4.2024, **-72, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 1.958,22 (darin enthalten EUR 326,37 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt insgesamt EUR 5.000, nicht aber EUR 30.000.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe
Am Abend des 23.12.2021 besuchte die Klägerin ein Restaurant in **. Als das Lokal um 22.00 Uhr schloss, fuhr die Klägerin mit ihrem PKW mit dem amtlichen Kennzeichen ** über ** nach Hause nach B*. Als die Klägerin in B* auf der abwärts führenden C* entlang fuhr und in den rechts einmündenden D* einbiegen wollte, geriet ihr PKW ins Rutschen und kollidierte mit dem Vorderrad mit einem Elektrokasten am Straßenrand. Daraufhin stellte sich ihr PKW quer, rutschte noch weiter nach unten und prallte mit dem Hinterrad gegen einen Geschwindigkeitsmesser auf einem Betonsockel. Die Klägerin stieg aus dem PKW, kam in weiterer Folge zu Sturz und verletzte sich. Die C* und der D* sind Gemeindestraßen.
Bei der Beklagten sind zwei Mitarbeiter (E* und F*) wöchentlich abwechselnd von 4.00 Uhr bis 22.00 Uhr für die Streuung der Straßen zuständig. Sie kontrollieren zwischen 4.00 Uhr und 22.00 Uhr die Straßenverhältnisse und streuen dann je nach Bedarf.
Für den Unfalltag wurde in zahlreichen Medien, darunter auch auf der Homepage der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) vor gefrierendem Regen und gravierender Glatteisbildung auf Österreichs Straßen gewarnt.
Obwohl die Straßen trocken waren, nahm E* aufgrund der Wetterwarnungen ab 17.30 Uhr bis 19.00 Uhr eine Vorsorgestreuung im Gemeindegebiet vor. Er streute in der gesamten Ortschaft mit Salz und verwendete dazu einen Bigbag mit 1.000 Kilogramm.
Die Klägerin begehrte die Zahlung von EUR 15.640,88 s.A. (EUR 3.950 Sachschaden, EUR 9.000 Schmerzengeld, EUR 1.690,88 Fahrtspesen und Heilbehelfe, EUR 1.000 Pauschalbetrag für Haushaltshilfe und Pflege) und die Feststellung der Haftung der Beklagten für sämtliche Folgen aus dem Vorfall.
Dazu brachte sie – soweit im Berufungsverfahren noch von Bedeutung – vor, dass die Beklagte trotz Wetterwarnungen in diversen Medien ihren Streupflichten an der Unfallstelle nicht ordnungsgemäß nachgekommen sei, weshalb sich Glatteis bilden habe können. Die unterlassene Streuung stelle grobe Fahrlässigkeit dar, zumal das bloße Schauen vor die Haustüre durch einen Mitarbeiter der Beklagten keine ausreichende Kontrollmaßnahme sei.
Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und brachte zusammengefasst vor, weder der Unfall noch die Verletzungen seien auf Fehlleistungen der Beklagten zurückzuführen. Ein grob fahrlässiges Verhalten der Beklagten und ihrer Leute liege nicht vor. Es sei nicht zumutbar, die Straßen die gesamte Nacht ohne konkreten Anlass zu überprüfen. Vielmehr habe sich die Klägerin sorglos verhalten.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Zahlungs- und Feststellungsbegehren ab und verpflichtete die Klägerin zum Ersatz der Verfahrenskosten. Es traf neben dem eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt noch die auf den Seiten 3 bis 8 der Urteilsausfertigung ersichtlichen Feststellungen, auf die verwiesen wird.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, eine Haftung nach § 1319a ABGB komme nur bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz in Betracht. Unter grober Fahrlässigkeit sei eine auffallende Sorglosigkeit zu verstehen, bei der die gebotene Sorgfalt nach den Umständen des Falles in ungewöhnlicher Weise verletzt werde und der Schadenseintritt gerade als wahrscheinlich vorauszusehen sei. Ein solches Verhalten liege nicht vor. Die von der Beklagten durchgeführte Vorsorgestreuung und die Witterungskontrollen des Mitarbeiters E* am Unfallstag seien lege artis gewesen. Eine besondere Verpflichtung zur Überprüfung der Unfallstelle auf Glatteis bestehe nicht.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin aus den Berufungsgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es im klagsstattgenden Sinn abzuändern, in eventu es aufzuheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt in ihrer Berufungsbeantwortung der Berufung nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt:
1. Zu den Tatsachenrügen:
1.1. Um den Berufungsgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung gesetzmäßig auszuführen ist es erforderlich anzugeben, a) welche konkrete Tatsachenfeststellung bekämpft wird, b) infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurde, c) welche (ersatzweise) Feststellung begehrt wird und d) aufgrund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen diese begehrte Feststellung zu treffen gewesen wäre ( Pimmer in Fasching/Konecny 3 § 467 ZPO Rz 40; A. Kodek in Rechberger/Klicka , ZPO 5 § 471 Rz 15; RS0041835 [T1]). Die angestrebte Ersatzfeststellung muss zudem im Widerspruch zur bekämpften Feststellung stehen (RS0043150 [T9]).
1.2. Die Berufungswerberin beanstandet folgende Feststellung: „Zu Hause kontrollierte er [E*] gegen 22.00 Uhr zunächst aus dem Fenster, wie es draußen aussieht. Zusätzlich ging er hinaus und kontrollierte die G* und die H*. Er nahm wahr, dass alles trocken war, also legte er sich schlafen. An der kontrollierenden Stelle war es somit gegen 22.00 trocken.“ (ON 72, Seite 4).
Stattdessen begehrt die Berufungswerberin die Ersatzfeststellung: „Es kann nicht festgestellt werden, dass der Zeuge E* – wie von ihm ausgesagt – gegen 22:00 Uhr bei ihm zu Hause aus dem Fenster sah und zusätzlich die G* und die H* kontrollierte. Jedenfalls hätte er bei ordnungsgemäßer Kontrolle den einsetzenden gefrierenden Regen wahrnehmen müssen, um auch im Hinblick auf die Wetterwarnungen zu streuen.“
Weiters bekämpft die Klägerin die Feststellung, dass zwischen ca 21.45 Uhr und 22.30 Uhr bei Lufttemperatur von -2 Grad Celsius bis -3 Grad Celsius an den Messstellen messbarer, leicht gefrierender Regen einsetzte, der bald nach 23.00 Uhr endete und nicht flächendeckend zur selben Zeit auftrat (ON 72, Seite 6).
Stattdessen begehrt die Berufungswerberin die Ersatzfeststellung: „Zwischen ca 21.45 Uhr und 22.30 Uhr des 23.12.2021 setzte bei Lufttemperatur von -2 Grad Celsius bis -6 Grad Celsius an den Messstellen messbarer, leichter, gefrierender Regen ein, der bald nach 23.00 Uhr endete. Im Raum B* wurde am 23.12.2021 um 21.45 Uhr vom Radar Niederschlag detektiert.“
Die Klägerin führt ins Treffen, dass die Aussage des Zeugen E*, wonach gegen 22.00 Uhr an den von ihm kontrollierten Stellen (H*, G*) kein Niederschlag gefallen sei im Widerspruch zum meteorologischen Gutachten der Sachverständigen Dr. ** stehe. Nach dem Gutachten habe bereits um 21.45 Uhr im Raum B* gefrierender Regen eingesetzt. Dieser Niederschlag sei vom Radar detektiert worden. Trotzdem sei das Erstgericht den Angaben des Zeugen gefolgt.
Im Rahmen seiner Beweiswürdigung setzte sich das Erstgericht auch mit diesen (scheinbar widersprüchlichen) Beweisergebnissen nachvollziehbar und schlüssig auseinander. Es führte aus, dass dem Sachverständigengutachten nur die generelle Wetterlage im Raum B* samt Niederschlagsmenge entnommen werden könne, weshalb durchaus möglich sei, dass es gegen 22.00 an den vom Zeugen kontrollierten Stellen keinen Niederschlag gegeben habe. Das Erstgericht verweist auch noch darauf, dass nur eine äußerst geringe Niederschlagsmenge (vgl ON 20,14: „ Die Niederschlagsintensität war, wie bei gefrierendem Regen häufig, gering. In der Zeit von ca. 21:45 Uhr MEZ bis ca. 23:00 Uhr MEZ fiel etwa 1 mm Niederschlag “) gefallen sei. Mit diesen Argumenten setzt sich die Berufungswerberin inhaltlich gar nicht auseinander. Wenn das Erstgericht schlussfolgert, dass es an der Glaubwürdigkeit des Zeugen keinen Zweifel habe, weil schließlich auch durch das Sachverständigengutachten nicht ausgeschlossen werden könne, dass es an den Kontrollstellen keinen Niederschlag gegeben habe, ist dies nicht weiter zu beanstanden, hielt doch die Sachverständige – wie das Erstgericht schon zutreffend ausführt - es lediglich für unwahrscheinlich, dass es am Unfalltag um 22.00 Uhr noch keinen gefrierenden Regen an der H* und G* gegeben habe. Zudem floss in die Beweiswürdigung auch noch ein, dass es sich bei dem Zeugen um einen verlässlichen Gemeindemitarbeiter gehandelt hat. Auch mit diesem Argument setzt sich die Berufung nicht auseinander. Unbekämpft steht zudem fest, dass der Zeuge noch einmal die Straßen gestreut hätte, hätte er an den Kontrollstellen Regen wahrgenommen.
Grundsätzlich hat der erkennende Richter gemäß § 272 Abs 1 ZPO unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse der gesamten Verhandlung und Beweisführung nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine tatsächliche Angabe für wahr bzw für glaubhaft zu halten sei oder nicht. Dabei ist er bei der Bildung der Überzeugung, ob die für die Feststellung einer Tatsache notwendige Wahrscheinlichkeit vorliegt, frei, also an keine gesetzlichen Beweisregeln gebunden. Gerade dem persönlichen Eindruck kommt bei einer Tatsachenfeststellung, die in erster Linie an Hand der Aussagen der beteiligten Personen zu gewinnen ist, Bedeutung zu.
Die freie Beweiswürdigung erfordert lediglich, dass sich das erkennende Gericht – wie hier das Erstgericht - mit den von ihm aufgenommenen Beweisen auseinandersetzt und begründet, warum die von ihm festgestellten Tatsachen als erwiesen oder als nicht erwiesen angenommen wurden ( Rechberger in Fasching/Konecny ³, Rz 1 ff zu § 272 ZPO). Es gehört zum Wesen der freien Beweiswürdigung des Gerichts, sich für eine Darstellung aufgrund seiner Überzeugung, dass diese Glaubwürdigkeit beanspruchen kann, zu entscheiden (RS0043175).
Im Rahmen einer Beweisrüge hat der Rechtsmittelwerber insbesondere aufzuzeigen, durch welche Überschreitung des dem Gericht gemäß § 272 Abs 1 ZPO eingeräumten Beurteilungs und Ermessensspielraums die genannte Verfahrensbestimmung verletzt worden sein soll ( A. Kodek in Rechberger/Klicka , ZPO 5 Rz 15 zu § 471 ZPO). Die Beweiswürdigung kann erst dann erfolgreich angefochten werden, wenn stichhaltige Gründe ins Treffen geführt werden, die erheblichen Zweifel an den vom Erstgericht vorgenommenen Schlussfolgerungen rechtfertigen könnten. Dass aus den Ergebnissen der Verhandlung oder aus einzelnen Beweisergebnissen eine für die Berufungswerberin günstigere Sachverhaltsvariante ableitbar wäre, bildet noch kein Argument dafür, das Erstgericht hätte den Rahmen der freien Beweiswürdigung verlassen; es wäre vielmehr darzulegen, dass die getroffenen Feststellungen unrichtig sind oder wenigstens bedeutend überzeugendere Ergebnisse für andere Feststellungen vorliegen.
Wird eine Feststellung im Berufungsverfahren bekämpft, so hat das Berufungsgericht die dagegen vorgetragenen Argumente unter Berücksichtigung aller dazu vorliegenden Beweisergebnisse zu prüfen. Nur bei einer solchen Gesamtschau ist eine Beurteilung möglich, ob gegen die vom Erstgericht vorgenommene Beweiswürdigung Bedenken bestehen (RS0040123). Dementsprechend hat das Berufungsgericht die Beweiswürdigung (nur) darauf zu überprüfen, ob das Erstgericht die Grenzen der freien Beweiswürdigung eingehalten und die Beweisergebnisse nach der Aktenlage schlüssig gewürdigt hat ( A. Kodek in Rechberger/Klicka 5 , § 482 ZPO Rz 6). Dies gelingt der Berufungswerberin hier aber nicht. Stichhaltige Bedenken gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichts liegen damit nicht vor.
1.3. Im Rahmen der Beweisrüge rügt die Klägerin weiters nachfolgende Feststellung: „Im konkreten Fall konnte E* bei der Kontrolle, da er keinen Niederschlag wahrnahm, davon ausgehen, dass auch an der Unfallstelle kein Niederschlag ist.“ (ON 72, Seite 7) Als Ersatzfeststellung wird begehrt, dass davon auszugehen war, dass auch weitere Straßen in B* gefrierendem Regen ausgesetzt sind .
Weiters wird von der Klägerin die Feststellung bekämpft, dass insgesamt der genaue Grund für die massive Glätte an der Unfallstelle nicht festgestellt werden kann (ON 72, Seite 8). Stattdessen wird die Ersatzfeststellung begehrt: „Grund für die massive Glätte an der Unfallstelle war dementsprechend, dass der Zeuge E* sich, anstatt ordnungsgemäß zu streuen, schlafen legte.“
Die Ausführungen der Berufungswerberin lassen hier gänzlich vermissen, aufgrund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen die begehrten Ersatzfeststellungen zu treffen gewesen wären. Jedenfalls in Bezug auf die letzte Ersatzfeststellung liegen auch gar keine Beweisergebnisse vor, welche die von der Berufungswerberin begehrte Ersatzfeststellung stützen könnten. Um die Feststellungsrüge gesetzmäßig auszuführen, muss zudem die angestrebte Ersatzfeststellung im Widerspruch zur bekämpften Feststellung stehen (RS0043150 [T9]).
Der erkennende Berufungssenat übernimmt daher die Feststellungen des Erstgerichts als Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung und legt diese der Erörterung der Rechtsrüge zugrunde (§ 498 ZPO).
2. Zur Rechtsrüge:
2.1. Die gesetzmäßige Ausführung der Rechtsrüge verlangt ein konkretes Vorbringen, warum die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts unzutreffend sein soll. Dieses Vorbringen muss sich strikt am festgestellten Sachverhalt orientieren und darf keine feststellungsfremden Elemente, insbesondere keinen Wunschsachverhalt einführen. Eine Rechtsrüge, die nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht, ist nicht gesetzeskonform ausgeführt und kann insoweit einer weiteren Behandlung nicht zugeführt werden ( Lovrek in Fasching/Konecny 3 § 503 ZPO Rz 134 mwN; A. Kodek in Rechberger/Klicka , ZPO 5 § 471 ZPO Rz 16; RS0043603).
2.2. In der Rechtsrüge moniert die Berufungswerberin, dass grobe Fahrlässigkeit vorliege, weil der Zeuge E* aufgrund der zahlreichen massiven Wetterwarnungen (etwa von der ZAMG) zur Streuung verpflichtet gewesen wäre. Zur Unterstützung dieser Argumentationslinie führte die Klägerin überdies die Wetterwarnungen von I* ins Treffen. Soweit sie sich in ihren Ausführungen auf die „Rot-Warnung“ von I* stützt und meint, dass jedenfalls daraus abzuleiten gewesen wäre, dass in den Nachtstunden mit Niederschlag und Eisglätte zu rechnen gewesen sei und die Beklagte daher zur Streuung verpflichtet gewesen wäre, entfernt sie sich unzulässigerweise vom festgestellten Sachverhalt, obwohl sie – ihren eigenen Ausführungen zum sekundären Feststellungsmangel (Punkt 3. der Berufung) zufolge – selbst erkannte, dass dazu keine Feststellungen vorliegen.
2.3. Ungeachtet dessen ist die Rechtsansicht des Erstgerichts mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs in Einklang zu bringen und nicht zu beanstanden:
2.3.1. Gemäß § 1319a ABGB haftet der Halter des Weges den Benützern, wenn durch dessen mangelhaften Zustand ein Schaden herbeigeführt wird und dem Halter selbst oder seinen Leuten grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz vorzuwerfen ist. Im Vergleich zum allgemeinen Deliktsrecht privilegiert § 1319a ABGB den Wegehalter im Hinblick auf den Verschuldensmaßstab und besteht ein Anspruch auf Schadenersatz nur, wenn der mangelhafte Zustand des Weges auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit des Halters oder seiner Leute beruht.
2.3.2. Das Tatbestandselement „mangelhafter Zustand“ bedeutet, dass nicht nur für den Weg selbst, sondern auch für dessen Verkehrssicherheit im weitesten Sinne gehaftet wird. Beurteilungsmaßstab für die Mangelhaftigkeit des Weges ist, wie sich aus § 1319a Abs 2 letzter Satz ABGB ergibt, das Verkehrsbedürfnis und die Zumutbarkeit entsprechender Maßnahmen (RS0087605). Das Merkmal der Zumutbarkeit erfordert die Berücksichtigung dessen, was nach allgemeinen und billigen Grundsätzen vom Halter erwartet werden kann (RS0030180). Welche Maßnahmen ein Wegehalter im Einzelnen zu ergreifen hat, richtet sich danach, was nach der Art des Weges, besonders nach seiner Widmung, seiner geografischen Situierung in der Natur und dem daraus resultierenden Maß seiner vernünftigerweise zu erwartenden Benutzung für seine Instandhaltung angemessen und nach objektiven Maßstäben zumutbar ist (RS0030180 [T2]; RS0029997). Es kommt darauf an, ob der Weghalter die ihm zumutbaren Maßnahmen getroffen hat, um eine gefahrlose Benützung des Weges sicherzustellen (RS0029997; RS0030180; RS0087607).
2.3.3 Unter dem im § 1319a ABGB verwendeten Begriff der groben Fahrlässigkeit ist, wie das Erstgericht zutreffend ausführte, eine auffallende Sorglosigkeit zu verstehen, bei der die gebotene Sorgfalt nach den Umständen des Falles in ungewöhnlicher Weise verletzt wird und der Eintritt des Schadens nicht nur als möglich, sondern geradezu als wahrscheinlich vorauszusehen ist. Grobe Fahrlässigkeit ist gegeben, wenn ein objektiv schwerer Verstoß auch subjektiv schwer anzulasten ist (RS0030171).
Diesen Grundsätzen folgend kann ausgehend vom festgestellten Sachverhalt eine grobe Fahrlässigkeit oder gar ein vorsätzliches Verhalten der Beklagten bzw der ihr zurechenbaren Leute (E*, F*) nicht erkannt werden und hat das Erstgericht eine Schadenersatzpflicht der Beklagten zu Recht verneint:
Die Streupflichten von Wegehaltern dürfen nicht überspannt werden (RS0023298 [T1]). Wenngleich zwar der öffentlichen Hand, zu der auch Gemeinden – wie die Beklagte – zählen, gegenüber der Allgemeinheit bei Streupflichten mehr Verantwortung übertragen wird als Privaten (2 Ob 21/05k; 2 Ob 115/08p), kann eine ununterbrochene Sicherung der Verkehrswege nicht zugemutet werden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass kleinen Gemeinden als Wegehalter weniger zugemutet werden kann, als großen Gemeinden (ZVR 1979/316).
Im vorliegenden Fall wurde zwischen 17.30 Uhr und 19.00 Uhr, obwohl die Straßen trocken waren, eine Vorsorgestreuung mit ausreichend Salz durchgeführt, wobei ein zeitliches Zuwarten (in Richtung der späteren Abendstunden) nicht für mehr Sicherheit auf der Straße gesorgt hätte. Erst mit dem Beginn der Niederschläge wurde die Straße am Unfallort glatt. Der Gemeindemitarbeiter kontrollierte gegen 22.00 Uhr in B* die H* und die G*. Zu dieser Zeit fiel an den Kontrollstellen kein gefrierender Regen. Der Gemeindemitarbeiter durfte daher davon ausgehen, dass auch an der Unfallstelle kein Niederschlag vorhanden war.
Zusammengefasst erreicht das Verhalten der Beklagten und ihrer Leute damit nicht den Grad groben Verschuldens, sodass ihr das Haftungsprivileg des § 1319a Abs 1 ABGB zugutekommt.
2.4. Ein im Rahmen der Rechtsrüge geltend zu machender „sekundärer“ Feststellungsmangel liegt vor, wenn das Gericht infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung erforderliche Feststellungen nicht trifft, nicht jedoch, wenn das Erstgericht zu einem Sachverhaltskomplex ausreichende Feststellungen getroffen hat, mögen sie auch den Vorstellungen der Rechtsmittelwerberin zuwiderlaufen (RS0043320 [T18]; RS0043480 [T 15, T19]; RS0053317 [T1]). Ferner liegt auch dann kein sekundärer Feststellungsmangel vor, wenn die von der Berufungswerberin vermisste Feststellung für die rechtliche Beurteilung gar nicht relevant ist.
Die Berufungswerberin kritisiert das Fehlen von Feststellungen zu den von I* veröffentlichten Wetterwarnungen für B*. Welche Relevanz diese Feststellungen hätten erschließt sich aber nicht, steht doch im vorliegenden Fall fest, dass E* die vom ZAMG veröffentlichen Wetterberichte, die ohnehin vor gefrierenden Regen und gravierender Glatteisbildung auf Österreichs Straßen warnten, nicht jedoch jene von I* las.
Der Berufung war daher nicht Folge zu geben.
4. Die Kostenentscheidung des Berufungsverfahrens gründet sich auf §§ 41 Abs 1, 50 ZPO.
5. Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes beruht auf § 500 Abs 2 Z 1 ZPO sowie der unbedenklichen Bewertung des Feststellungsbegehrens durch die Klägerin.
6. Die Beurteilung des Verschuldensgrades und der Umfang der erforderlichen Streupflicht hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab und hat keine darüber hinausgehende Bedeutung (RS0030171 [T7; T11]; RS0087607). Die ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen (§ 502 Abs 1 ZPO).