JudikaturOLG Linz

2R57/25b – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
Zivilrecht
29. April 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht hat durch die Richter Mag. Bernhard Telfser als Vorsitzenden, Dr. Werner Gratzl und Mag. Christine Mayrhofer in der Rechtssache des Klägers MMag. A* B*, geb. **, Landesbediensteter, MSc, MBA, **straße **, **, vertreten durch die IPB Rechtsanwälte Dr. B. Illichmann, Dr. A. Pfeiffer, Dr. F. Bachinger, Mag. A. Hertl in Salzburg, gegen den Beklagten Mag. C* , Öffentlicher Notar, **platz **, **, vertreten durch die Rechtsanwälte Grassner, Lenz, Thewanger Partner in Linz, wegen EUR 15.029,27 sA und Feststellung (Streitwert: EUR 5.000,00), über die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 19. Februar 2025, Cg*-17, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten binnen 14 Tagen die mit EUR 2.220,42 (darin EUR 370,07 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt insgesamt EUR 30.000,00.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger wirft dem Beklagten eine für ihn nachteilige fehlerhafte notarielle Vertragsgestaltung vor. Er begehrt Schadenersatz und Haftungsfeststellung.

Dazu bringt er vor, er und seine Familie hätten 2015 beschlossen, das gesamte Liegenschaftseigentum von den Eltern auf die nächste Generation zu übertragen. Mit der Errichtung der dafür notwendigen Verträge hätte die Familie den Beklagten beauftragt. Der Kläger sollte dabei eine neu zu erwerbende Eigentumswohnung in D* sowie die Wohnung seiner Großmutter in E* erhalten. Bei der neu zu erwerbenden Wohnung sollte für seine Mutter F* B* ein Wohnungsgebrauchsrecht eingetragen werden. Die Eigentumswohnung in D* (158/12856 Anteile an der EZ ** [B-LNR **], KG **, BG D*) habe der Kläger – nachdem er den Kaufpreis von seinem Vater erhalten hatte - mit Kaufvertrag vom 11. Mai 2015 vom Voreigentümer G* erworben.

Der Beklagte habe dazu den Kaufvertrag errichtet und ihn später grundbücherlich durchgeführt.

Mit gesondertem Notariatsakt vom 28. Mai 2015 habe der Substitut des Beklagten (künftig: der Substitut) eine Vereinbarung über die Einräumung eines Wohnungsgebrauchsrechts und eines Veräußerungsverbots hinsichtlich der angeführten Wohnung in D* zugunsten der Mutter des Klägers errichtet und grundbücherlich durchgeführt. Dabei sollten die laufenden Kosten der übergebenen Liegenschaft von der gebrauchsberechtigten Mutter getragen werden, weil der Kläger zum Kaufzeitpunkt noch Student gewesen sei und er als grundbücherlicher Eigentümer die Kosten nicht tragen hätte können. Der Substitut habe im Notariatsakt niedergeschrieben, dass die Mutter des Klägers für die Dauer der Ausübung des Wohnungsgebrauchsrechts die anteiligen Betriebs-, Heiz- und Stromkosten, die anteilige Gebühr für Kanal und Müllabfuhr, die anteiligen Prämien für die Gebäudeversicherung sowie die anteilige Grundsteuer zu tragen habe. Nachdem die Mutter des Klägers die Betriebskosten über sechs Jahre anstandslos gezahlt habe, sei sie aufgrund der Formulierung „die Betriebskosten seien nur für die Dauer der Ausübung des Wohnungsgebrauchsrechts zu bezahlen“ nach ihrem Auszug aus der Wohnung ab Juni 2021 nicht mehr bereit gewesen, die Betriebskostenzahlungen zu übernehmen. Nachdem er gegen seine Mutter Klage erhoben habe, habe das Bezirksgericht Vöcklabruck im Verfahren zu C* die Auffassung der Mutter bestätigt und seine Klage abgewiesen. Seiner dagegen erhobenen Berufung sei vom Landesgericht Wels nicht Folge gegeben worden.

Durch die Formulierung des Substituten, der ebenfalls der Auffassung gewesen sei, dass er als Eigentümer die Betriebskosten erst dann tragen müsse, wenn die Gebrauchsberechtigte auf ihr Recht endgültig verzichtet habe, sei der Parteiwille und (auch) die Absicht des Vertragsverfassers nicht umgesetzt worden. Das rechtmäßige Alternativverhalten des Beklagten wäre gewesen, den Notariatsakt vom 28. Mai 2015 so zu gestalten und zu formulieren, dass die Gebrauchsberechtigte die Betriebskosten für die Wohnung so lange zu bezahlen habe, als das Wohnungsgebrauchsrecht aufrecht bestehe und im Grundbuch eingetragen sei und sie nicht endgültig darauf verzichtet habe. Es wäre Aufgabe und Pflicht des Beklagten gewesen, die Formulierung entsprechend dem Parteiwillen juristisch einwandfrei und eindeutig zu formulieren. Das geltend gemachte Punktum errechne sich aus den vom Kläger zu zahlenden Betriebskosten bis Februar 2025 sowie den vor dem Bezirksgericht Vöcklabruck aufgelaufenen Verfahrens- und Anwaltskosten und den an die Mutter bezahlten, nicht verjährten Beiträgen zum Reparaturfond. Zudem hafte der Beklagte für künftige Schäden aus der mangelhaften Formulierung des Notariatsakts.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren und brachte vor, die Eckpunkte der vom Substituten errichteten Vertragsentwürfe seien im Vorfeld der Unterzeichnung ausschließlich vom Vater des Klägers H* B* abgestimmt und von diesem im Wesentlichen vorgegeben worden. Der Substitut habe dem Auftrag des Vaters gemäß gehandelt und die Formulierungen seinem Vorschlag entsprechend gewählt. Der im Notariatsakt enthaltene Passus „für die Dauer der Ausübung dieses Wohnungsgebrauchsrechts“ sei zwischen den Anwesenden nicht besprochen worden. Die Vertragsbeteiligten hätten betreffend die Formulierung offenbar ein unterschiedliches Verständnis gehabt. Es sei daher vom objektiven Wortlaut der Vereinbarung in seiner gewöhnlichen Bedeutung auszugehen. Selbst wenn der Kläger und seine Mutter sich zum Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses unterschiedlichen Verständnisses bewusst gewesen wären, wäre die vom Kläger gewünschte Betriebskostenregelung nicht getroffen worden.

Das vorgebrachte einheitliche Verständnis in der Familie, wonach der Kläger und seine Geschwister als Übernehmer der Immobilien mit den damit verbundenen Kosten gar nicht belastet werden sollten, sei eine bloße Schutzbehauptung. Es werde bestritten, dass für den Substituten oder den Beklagten ein erkennbarer Wille der Vertragsparteien dahingehend bestanden hätte, dass die Betriebskostentragung bis zur Löschung des Rechts aus dem Grundbuch oder dem Verzicht oder den Tod der Berechtigten bestehen sollte.

Mit der angefochtenen Entscheidung wies das Erstgericht die Klage ab. Im Einzelnen traf es die auf den Seiten 6 bis 14 des Urteils (ON 17) ersichtlichen Sachverhaltsfeststellungen, auf welche verwiesen wird (§ 500a ZPO).

Für das Berufungsverfahren ist daraus wesentlich, dass die gesamte Korrespondenz zu den zu errichtenden Verträgen mit H* B*, dem Vater des Klägers, der auch die Rechnungen des Beklagten bezahlte, geführt wurde.

H* B* formulierte seine Vorstellungen zum Wohnungsgebrauchsrecht seiner Noch-Ehegattin und Mutter des Klägers F* B* in einem E-Mail vom 21. April 2015 an den Substituten des Beklagten auszugsweise wie folgt:

„ …

A* B* räumt für sich und seine Rechtsnachfolger im Besitz der gegenständlichen Wohnung seiner Mutter F* B* auf deren Lebensdauer ein unentgeltliches Wohnrecht in der gesamten beschriebenen Wohnung samt Benützung der dazugehörigen Fahrzeugabstellflächen und des dazugehörigen Kellerraums und Gartens ein. [...]

Die Betriebs- und Bewirtschaftungskosten einschließlich Grundsteuer und Kosten der Wohnungsversicherung trägt die Berechtigte für die Dauer der Ausübung dieses Wohnungsgebrauchsrechts. [...]

A* B* verpflichtet sich, die Wohnung auf Dauer der Ausübung des Wohnungsgebrauchsrechts nicht ohne Zustimmung der Frau F* B* zu veräußern oder zu belasten und räumt an der Wohnung für diesen Zeitraum ein Belastungs- und Veräußerungsverbot mit grundbücherlicher Sicherstellung ein.

F* B* erklärt unwiderruflich, dass sie sich mit diesem Wohnrecht als abgefunden betrachtet und im Rahmen der Scheidung von H* B* keine weiteren Ansprüche oder Unterhaltsforderungen stellen wird.“

Nach weiteren Korrespondenzen errichtete der Substitut den Notariatsakt vom 28. Mai 2015, nämlich die Vereinbarung über die Einräumung eines Wohnungsgebrauchsrechts und eines Veräußerungsverbots zwischen dem Kläger und F* B*, der in den wesentlichen Teilen wie folgt lautet (Beil ./A):

„Mit Kaufvertrag vom 11. Mai 2015 hat A* B* das vorbezeichnete Wohnungseigentumsobjekt von G* gekauft.

Zweitens ---- WOHNUNGSGEBRAUCHSRECHT

A* B* räumt seiner Mutter F* B* auf deren Lebensdauer das höchstpersönliche und unentgeltliche, sohin mietzinsfreie Wohnungsgebrauchsrecht an der Eigentumswohnung W 6 im Haus **straße **, ** D*, ein. […]

F* B* ist berechtigt, einen Lebenspartner, einen Angehörigen in gerader Linie oder Pflegepersonal in der Wohnung aufzunehmen. […]

Für die Dauer der Ausübung dieses Wohnungsgebrauchsrechtes werden die anteiligen Betriebs-, Heiz- und Stromkosten, die anteilige Gebühr für Kanal und Müllabfuhr, die anteiligen Prämien für die Gebäudeversicherung sowie die anteilige Grundsteuer von der Berechtigten getragen. […]“

Der Substitut verfasste auch den Übergabsvertrag zwischen dem Kläger und seiner Großmutter I* B* vom 28. Mai 2015, welcher in den wesentlichen Punkten lautet:

„1/ WOHNUNGSGEBRAUCHSRECHT

Der Übernehmer räumt der Übergeberin das wie folgt befristete, höchstpersönliche und unentgeltliche, sohin mietzinsfreie Wohnungsgebrauchsrecht an der Eigentumswohnung W 8 im Haus **straße **, ** E*, ein. […]

Für die Dauer der Ausübung dieses Wohnungsgebrauchsrechtes werden die anteiligen Betriebs-, Heiz- und Stromkosten, die anteilige Gebühr für Kanal und Müllabfuhr, die anteiligen Prämien für die Gebäudeversicherung sowie die anteilige Grundsteuer weiterhin von der Berechtigten getragen. […]

Dieses Wohnungsgebrauchsrecht erlischt nach Ablauf von drei Monaten nach dauerhafter Übersiedlung der Berechtigten in ein Senioren- oder Pflegeheim oder eine vergleichbare Institution. Für diesen Fall verpflichtet sich die Berechtigte bereits jetzt, eine grundbuchsfähige Löschungserklärung zu unterfertigen und dem Übernehmer zu übergeben. [...]“

Das Erlöschen des Wohnungsgebrauchsrechts nach 3 Monaten wurde nach Beratung durch den Substituten in den Vertrag aufgenommen, weil dies bei älteren Personen im Hinblick auf einen möglichen Pflegeregress Vertragspraxis war.

Der Substitut verfasste auch einen weiteren Übergabsvertrag vom 28. Mai 2015 zwischen H* B* und den Geschwistern des Klägers J* und K* B*.

Er las sämtliche Verträge vor. Nachdem es keine Fragen gab, unterschrieben alle Beteiligten. Der Passus der Kostentragung laut Punkt 2. wurde vom Substituten nicht angesprochen.

Sinn und Zweck der Verträge war die Übergabe des gesamten Liegenschaftsvermögens an die nächste Generation und die Wohnungssicherung der Eltern und der Großmutter in Form von Wohnungsgebrauchsrechten. Hintergrund war auch die - dem Substituten bekannte - bevorstehende Ehescheidung von H* und F* B*.

Der Kläger war 2015 noch nicht selbsterhaltungsfähig. Er hätte daher keine Betriebskosten zahlen können.

Die vom Substituten übermittelten Vertragsentwürfe über die Einräumung des Wohnungsgebrauchsrechts wurden zwischen H* B* und dem Kläger besprochen.

Zwischen H* und F* B* sowie dem Kläger wurde nicht darüber gesprochen, was wäre, wenn die Klägerin aus der Wohnung ausziehen würde und wer diesfalls die Kosten laut Punkt 2. des Vertrags tragen müsste. Eine Willensübereinstimmung zwischen den Vertragsparteien kann daher nicht festgestellt werden. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass F* B* den Vertrag abgeschlossen und die Zahlungspflicht für die Betriebskosten übernommen hätte, wenn ihr gesagt worden wäre, dass die Zahlungspflicht auch im Fall eines (vorübergehenden) Auszugs bestehe und diese erst und nur dann entfalle, wenn sie auf das Wohnungsgebrauchsrecht verzichte.

Der Substitut verstand die Kostenregelung in Punkt 2. so, dass der Berechtigte die Kosten so lange zu tragen hat, als das Wohnungsgebrauchsrecht besteht.

Weiters stellte das Erstgericht aus dem Akt des Bezirksgerichts Vöcklabruck zu C* die rechtlichen Ausführungen beider Gerichtsinstanzen fest (US 10-13).

Beweiswürdigend führte das Erstgericht aus, es habe nicht festgestellt werden können, dass F* B* den Vertrag abgeschlossen hätte, wenn sie gewusst hätte, dass eine Zahlungspflicht für die Betriebskosten unabhängig vom Bewohnen der Wohnung bestehen würde, oder dass sie – um der Zahlungspflicht zu entgehen – auf das Wohnungsgebrauchsrecht verzichten müsse. Ihre Aussage, dass sie diese Regelung als Absicherung ihres Wohnbedürfnisses auf Lebenszeit verstanden habe und nicht einsehe, Betriebskosten zu zahlen, wenn sie in der Wohnung nicht wohne, sei menschlich nachvollziehbar und glaubhaft. Im Schreiben Beilage ./1 finde sich zudem der Gedanke, F* B* solle mit diesem Wohnungsrecht abgefunden sein und im Rahmen der Scheidung keine weiteren Ansprüche mehr stellen. Zu bemerken sei, dass natürlich auch die Aussage des Klägers nachvollziehbar sei, wenn er keine Betriebskosten für eine Wohnung bezahlen möchte, die er selbst nicht bewohnen, nicht vermieten und auch nicht verkaufen könne, wobei das Erstgericht auf seine rechtliche Beurteilung verwies.

In dieser urteilte es, es gehöre zu den wichtigsten Aufgaben eines Rechtsanwalts oder eines Notars, der eine Vertretung übernehme, den meist nicht rechtskundigen Mandanten zu belehren. Ständige Rechtsprechung sei, dass Anwälte und Notare, wenn und soweit sie bei der Errichtung oder Abwicklung von Verträgen für beide Vertragspartner tätig werden, die Interessen beider Teile wahrzunehmen hätten, selbst wenn sie im Übrigen nur die Bevollmächtigten eines Teils seien. Der Kläger sei für die Behauptung beweispflichtig, dass der Schaden bei einem bestimmten und möglichen pflichtgemäßen Handeln des Anwalts – oder hier des Notars – nicht eingetreten wäre. Die Beweispflicht des Geschädigten für das Vorliegen des Kausalzusammenhangs gelte auch in den Fällen des § 1298 ABGB. Dies bedeute im konkreten Fall, dass es die Verpflichtung des Notariatssubstituten des Beklagten gewesen sei, H* B* und auch den Kläger und F* B* zu beraten und zu belehren. Auch wenn H* B* Formulierungsvorschläge unterbreitet habe, habe ihn dies nicht von seinen Beratungs-, Prüf- und Aufklärungspflichten entbunden. Der Substitut hätte sich bereits vor seiner Befragung vor Gericht Gedanken machen müssen, wie die von ihm gewählte Formulierung zu verstehen sei und ihr eine klare Fassung geben müssen, wenn man von seiner Aussage ausgehe, er habe gemeint und verstanden: „Solange das Recht besteht, sind auch die Kosten zu zahlen.“ Er sei auf die rechtlichen Ausführungen im Vorverfahren zu verweisen. So wie er den möglichen Auszug der Großmutter bedacht habe, hätte er auch einen möglichen Auszug der Mutter des Klägers bedenken und besprechen müssen, insbesondere in Anbetracht der ihm bekannten bevorstehenden Scheidung, die erfahrungsgemäß Konfliktpotential und Änderungen in den Lebensumständen mit sich bringen könne.

Allerdings sei dem Kläger der Kausalitätsbeweis misslungen. Es habe nicht festgestellt werden können, dass bei ordnungsgemäßer Formulierung und Beratung F* B* den Vertrag so abgeschlossen hätte, wie ihn der Kläger verstehen haben wollen. Es könne also nicht davon ausgegangen werden, dass F* B* nunmehr aufgrund ihres Wohnungsgebrauchsrechts die Kosten laut Punkt 2. bezahlen würde, egal, ob sie in der Wohnung wohne oder nicht. Die Klage sei daher abzuweisen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers aus den Berufungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der unrichtigen und „unvollständigen“ Tatsachenfeststellung sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, mit einem auf Stattgabe der Klage gerichteten Abänderungsantrag. Hilfsweise wird ein Zurückverweisungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt mit seiner Berufungsbeantwortung, dem Rechtsmittel des Klägers keine Folge zu geben.

Da dem Berufungssenat die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht erforderlich erschien, war trotz des darauf gerichteten – unzulässigen – Antrags des Klägers in nichtöffentlicher Sitzung zu entscheiden (§ 480 ZPO).

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Zur Mängelrüge:

1.1 Mangelhaft soll das Verfahren geblieben sein, weil das Erstgericht eine Überraschungsentscheidung iSd § 182a ZPO getroffen habe. Das Gericht habe mit den Parteien nicht erörtert, dass es die Willensbildung auf Seiten der Mutter des Klägers (der Zeugin F* B*) und die darauf aufbauende Spekulation, ob die Zeugin den Notariatsakt vom 28. Mai 2015 unter welchen Umständen unterschrieben hätte oder nicht, für entscheidungswesentlich erachte. Hätte das Gericht mit den Parteien die Kausalität der Handlungen und Unterlassungen des Beklagten im Hinblick auf die Willensbildung der Zeugin F* B* erörtert, dann wäre logischerweise auch die Willensbildung auf Seiten des Klägers zu untersuchen und mit den Parteien zu erörtern gewesen. Der Kläger hätte den Notariatsakt vom 28. Mai 2015 nämlich ganz sicher nicht abgeschlossen, hätte er gewusst, dass er im Falle des Auszugs der Gebrauchsberechtigten sämtliche Kosten für die Wohnung bis zu deren Lebensende bezahlen müsse, ohne die Wohnung nutzen oder verkaufen zu können.

1.2. Bevor auf diese Argumente eingegangen wird, ist – auch im Vorgriff auf die Ausführungen zur Tatsachen- und Rechtsrüge zwecks Übersichtlichkeit und Vereinfachung der Berufungsentscheidung - zur Behauptungs- und Beweislast in diesem Haftungsprozess Folgendes voranzustellen:

1.2.1. Belehrt der Rechtsanwalt oder Notar seinen Mandanten nicht ausreichend, weicht er von dem Prozessstandpunkt seines Mandanten dienlichen Weisungen ab und/oder unterlässt er notwendiges Vorbringen, so ist er dem Mandanten bei Verschulden zum Schadenersatz verpflichtet. In diesem Fall hat der Mandant nicht nur den Vertretungsfehler zu beweisen, ihn trifft auch die Beweislast dafür, dass der Schaden bei pflichtgemäßem Handeln des Rechtsanwalts nicht eingetreten wäre (4Ob 83/02p mwN).

Grundsätzlich hat jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen zu behaupten und zu beweisen; der Geschädigte hat daher zunächst die Pflichtverletzung und dann den dadurch verursachten Schaden zu beweisen; dabei ist ein konkreter, nicht bloß theoretisch möglicher Nachteil zu behaupten und zu beweisen, der dem Schädiger iS der Adäquanztheorie überwiegend wahrscheinlich zuzurechnen ist. Der weite Schadensbegriff des ABGB umfasst dabei jeden Zustand, der rechtlich als Nachteil aufzufassen ist. Den Geschädigten trifft grundsätzlich auch die Behauptungs- und Beweislast für den Kausalzusammenhang (RS0022686 [T2]) und zwar auch dann, wenn es sich um eine Unterlassung handelte (RS022686 [T8]; 1 Ob 151/01i mwN).

Eine Unterlassung ist für einen konkreten Schadenserfolg dann ursächlich, wenn die Vornahme einer bestimmten Handlung den Eintritt eines bestimmten schädigenden Erfolgs verhindert hätte (RIS-Justiz RS0022913). Die Kausalität ist demnach zu verneinen, wenn derselbe Nachteil auch bei pflichtgemäßem Tun entstanden wäre (RIS-Justiz RS0022913 [T1, T8]). Die Beweislast dafür, dass der Schaden bei gebotenem Verhalten nicht eingetreten wäre, trifft den Geschädigten (RIS-Justiz RS0022913 [T10], RS0022700 [T7]). Diese Grundsätze gelten auch bei pflichtwidriger Unterlassung eines Rechtsanwalts oder Notars (RIS-Justiz RS0022700, RS0106890). Die Anforderungen an den Beweis des hypothetischen Kausalverlaufs sind bei einer Schädigung durch Unterlassen aber geringer als jene an den Nachweis der Verursachung bei einer Schadenszufügung durch positives Tun, weil sich naturgemäß nie mit letzter Sicherheit beantworten lässt, wie sich das Geschehen unter ganz anderen Voraussetzungen entwickelt hätte (RIS-Justiz RS0022900 [T14]). Es genügt die überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass der Schaden auf das Unterlassen des pflichtgemäßen Handelns zurückzuführen ist (8Ob140/15v mwN).

Dem Geschädigten wird also auch bei Verletzung einer Aufklärungs- und Erkundungspflicht des Rechtsanwalts oder Notars der Nachweis der Kausalität des Verhaltens des Schädigers für den eingetretenen Schaden zugemutet. Hängt der Erfolg der Schadenersatzklage gegen den Rechtsanwalt oder Notar davon ab, ob dem Kläger durch den Beratungsfehler ein Schaden entstanden ist, so muss das Gericht den mutmaßlichen Verlauf der Geschehnisse unter der Voraussetzung ermitteln, dass sich der Anwalt oder Notar richtig verhalten hätte (RIS-Justiz RS0022706 [T8], RS0023549 [T29]). Dabei hat der Geschädigte darzustellen, was er bei erfolgter Aufklärung durch den Rechtsanwalt oder Notar unternommen hätte (RIS-Justiz RS0022706 [T9], RS0023549 [T30]; 7Ob164/18w). Der Kläger ist deshalb für die Behauptung beweispflichtig, dass der Schaden bei einem bestimmten und möglichen pflichtgemäßen Handeln des Rechtsanwalts oder Notars mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht eingetreten wäre (RIS-Justiz RS0022700 [T5]; 17Ob11/11h; 8Ob125/13k).

1.2.2. Zur Überraschungsentscheidung:

Die Bestimmung des § 182a ZPO normiert die Pflicht des Gerichts, das Sach- und Rechtsvorbringen der Parteien mit diesen zu erörtern und schreibt das - von der Rechtsprechung schon bisher aus § 182 ZPO abgeleitete - „Verbot von Überraschungsentscheidungen“ fest. Danach darf das Gericht seine Entscheidung nur auf rechtliche Gesichtspunkte stützen, die eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, wenn es sie zuvor mit den Parteien erörtert und ihnen Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat (RS0108816 [T3]).

Eine Überraschungsentscheidung liegt nicht vor. Dass der Erfolg der Anspruchserhebung allenfalls daran scheitern könnte, weil es an der Kausalität des fehlerhaften Verhaltens des Beklagten für den beim Kläger eingetretenen Schaden mangelt, brachte der Beklagte bereits in seinem vorbereitenden Schriftsatz vom 11. November 2024 (ON 7) insoweit vor, als er ausführte, „selbst wenn der Kläger und seine Mutter sich zum Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses unterschiedlichen Verständnis bewusst geworden wäre, wäre die vom Kläger gewünschte Betriebskostenregelung nicht getroffen worden.“ Der Beklagte brachte im Schriftsatz zudem vor, dass unzweifelhaft feststehe, dass zwischen den Vertragsparteien (dem Kläger und seiner Mutter) offenbar kein natürlicher Konsens betreffend die Dauer der Tragung der Betriebskosten bestanden habe (ON 7 S. 3). In der mündlichen Streitverhandlung vom 2. Dezember 2024 (ON 9) beantragte der Beklagte dann zum Beweis des Parteiwillens von F* B* die Beischaffung des Akts C* des Bezirksgerichtes Vöcklabruck, in welchem die Aussage der F* B* festgehalten worden sei.

Im Hinblick darauf musste dem anwaltlich vertretenen Kläger auch ohne entsprechenden Hinweis des Gerichts aufgrund des Vorbringens des Beklagten klar gewesen sein, dass die Willensbildung auf Seiten der Zeugin F* B* für die Anspruchsprüfung (Kausalitätsprüfung) von Wesentlichkeit ist.

§ 182a ZPO hat nichts daran geändert, dass es keiner richterlichen Anleitung zu einem Vorbringen bedarf, gegen das der Prozessgegner bereits (substanziierte) Einwendungen erhoben hat. Angesichts solcher Einwendungen hat die andere Partei ihren Prozessstandpunkt selbst zu überprüfen und die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen. Auch die Pflicht nach § 182a ZPO kann nicht bezwecken, das Gericht zur Erörterung eines Vorbringens zu zwingen, dessen Schwächen bereits der Prozessgegner aufgezeigt hat (OGH 04.10.2011, 10 Ob 46/11d; RS0122365). Aus der dem Gericht durch die §§ 182, 182a ZPO auferlegten Erörterungs- und Anleitungspflicht folgt nämlich nicht, dass es den Parteien schon vorweg im Rahmen der Streitverhandlung mitteilen müsste, wie es die entscheidungsrelevanten Tat- und Rechtsfragen zu lösen gedenke (RS0122749).

1.2.3. Zur Behauptungslast des Klägers im Hinblick auf die Kausalität der Pflichtverletzung:

Das Vorbringen des Klägers, er hätte bei Erörterung durch das Gericht vorgebracht, dass er den Notariatsvertrag auch selbst nicht unterfertigt hätte, wenn er gewusst hätte, dass er die Betriebskosten bei Auszug seiner Mutter übernehmen hätte müssen, führt zu keiner Mangelhaftigkeit des Verfahrens.

Auch damit zeigt er keinen Verstoß gegen das Überraschungsverbot auf. Das gegnerische Vorbringen, „selbst wenn der Kläger und seine Mutter sich zum Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses unterschiedlichen Verständnis bewusst geworden wäre, wäre die vom Kläger gewünschte Betriebskostenregelung nicht getroffen worden.“ provozierte geradezu eine Replik des Klägers im Sinne der jetzigen Mängelrüge. Eine zusätzliche Aufforderung des Gerichts an den Kläger, sich über die Kausalitätsfrage auf seiner Vertragsseite Gedanken zu machen, würde das vom Gericht einzuhaltende Objektivitätsgebot überspannen.

Es bestand daher für das Erstgericht keine Veranlassung zu diesbezüglichen Erörterungen. Verfahrensmängel liegt damit nicht vor.

2. Zur Tatsachenrüge:

2.1. Soweit der Beklagte in seiner Berufung als Berufungsgrund eine unrichtige oder „unvollständige“ Tatsachenfeststellung anspricht, findet mit dieser Benennung eine nicht dem Konzept der ZPO entsprechende Vermengung oder Verwechslung der Berufungsgründe der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung einerseits und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung andererseits statt. Wurden zu einem rechtlich relevanten Beweisthema Feststellungen getroffen, mit deren Inhalt der Berufungswerber nicht einverstanden ist, hat er diese Feststellungen als einen Akt fehlerhafter Beweiswürdigung mit einer Beweis- und Tatsachenrüge zu bekämpfen. Ist hingegen der Sachverhalt unvollständig, weil Feststellungen zu einem rechtlich erheblichen Thema fehlen, liegt eine im Rahmen der Rechtsrüge geltend zu machende unrichtige rechtliche Beurteilung vor (vgl dazu Pochmarski/Lichtenberg , Die Berufung in der Zivilprozessordnung 2 , 134).

2.2. Der Beklagte formuliert nun in seiner Tatsachenrüge insoweit ergänzende Feststellungen, als er in nicht gesetzmäßiger Ausführung des Berufungsgrunds unmittelbare Zeugen- und eine Parteienaussage wortwörtlich festzustellen begehrt, obwohl es sich dabei um reine Beweisergebnisse handelt (zur gesetzmäßigen Ausführung: vgl. Kodek in Rechberger/Klicka ZPO 5 Rz 15 zu § 471 ZPO).

Nach ständiger Rechtsprechung ist vom Berufungsgericht – auch von Amts wegen – auf jede sich aus einer (zutreffenden) rechtlichen Beurteilung ergebenden Unvollständigkeit des Sachverhalts Bedacht zu nehmen, sofern eine gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge vorliegt (RS0114379).

Eine solche Unvollständigkeit liegt hier nicht vor, weil das Erstgericht zu den jeweiligen Themenbereichen und Beweisergebnissen ohnedies Feststellungen getroffen hat, mögen diese auch nicht den Intentionen des Klägers entsprechen. Das Erstgericht hat – soweit von den Parteien in erster Instanz vorgebracht - zum jeweiligen Vertragsgestaltungswillen und den Zweckausrichtungen des Vertrags bezüglich der einzelnen Beteiligten umfassende Feststellungen getroffen (US 9 f). Wie bereits zur Mängelrüge ausgeführt, hat der Kläger seine Behauptungslast zur Kausalität der fehlerhaften Formulierung nicht erfüllt, weil er ein schon aufgrund der Einwendungen des Gegners angezeigtes Vorbringen, dass (auch) er den Vertrag nicht unterfertigt hätte, nicht erstattet hat.

Auf die gewünschten, nicht gesetzmäßig ausgeführten „ergänzenden Feststellungen“ kommt es damit rechtlich nicht an.

3. Zur Rechtsrüge:

3.1. Der Kläger argumentiert eine unrichtige rechtliche Beurteilung des Kausalitätszusammenhangs für den eingetretenen Schaden. Dass F* B* den Notariatsakt nicht unterschrieben hätte, sei spekulativ und unrichtig.

Mit diesen Vorbringen führt der Kläger die Berufung nicht gesetzmäßig aus, weil das Erstgericht (negative) Feststellungen zum Verhalten von F* B* für den Fall des Alternativverhaltens des Notarsubstituten getroffen hat. Diese Feststellungen sind der rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen. Von ihnen darf nicht abgewichen werden ( Kodek in Rechberger/Klicka ZPO 5 , Rz 16 zu § 471 ZPO).

3.2. Die Behauptung des Klägers in der Rechtsrüge, dass er ebenfalls nicht unterschrieben hätte, wenn der Substitut über das richtige Verständnis der Kostentragungspflicht aufgeklärt hätte, ist nicht vom Vorbringen in erster Instanz gedeckt (Neuerungsverbot § 482 ZPO; oben Punkt 1.2. und 1.2.3.).

3.3. Soweit der Kläger vorbringt, der Beklagte hätte den Beisatz „für die Dauer der Ausübung des Wohnungsgebrauchsrechts“ einfach weglassen müssen, weil in diesem Fall die Zeugin F* B* - bei weiterhin mangelhafter Beratung und Aufklärung, aber diesfalls richtiger Formulierung - den Vertrag dennoch unterfertigt hätte, fällt diese Kritik ebenfalls unter das Neuerungsverbot, weil dazu in erster Instanz kein Vorbringen erstattet wurde (§ 482 ZPO). Und außerdem: Der Beisatz wurde eben nicht weggelassen, sodass die Rechtsrüge auf reiner Spekulation aufbaut.

3.4. Wenn nicht festgestellt werden konnte, dass die Zeugin F* B* den Vertrag abgeschlossen hätte, wäre sie vom Beklagten ordnungsgemäß aufgeklärt worden, liegt darin genau die zu Lasten des Klägers gehende Unsicherheit der Kausalität des vom Substituten gesetzten Verhaltens für den behaupteten Schaden; möglicherweise hätte F* B* den Vertrag abgeschlossen, möglicherweise aber auch nicht.

3.5. Soweit letztlich der Kläger eine unrichtige rechtliche Beurteilung der Beweislastfrage der Kausalität auch bei § 1298 ABGB argumentiert und dafür die Entscheidung 5 Ob 38/05g ins Treffen führt, ist ihm mit der Berufungsbeantwortung entgegenzuhalten, dass die zitierte Entscheidung entgegen den Ausführungen in der Berufung ja sogar die Rechtsansicht des Erstgerichts unterstützt (zu den vom Erstgericht zutreffend beurteilten Beweislastgrundsätzen im Beratungshaftpflichtprozess darf auf Punkt 1.2. oben verwiesen werden).

Da laut den Feststellungen des Erstgerichts, welche vom Kläger in seiner Berufung auch nicht bekämpft wurden, nicht festgestellt werden kann, dass die Mutter den Vertrag geschlossen hätte, wenn sie die Zahlungspflicht für die Betriebskosten während der gesamten Dauer des Bestehens des Wohnungsgebrauchsrechts übernehmen hätte müssen, ist dem Kläger der Kausalitätsbeweis für den Schaden nicht gelungen. Die Berufung bleibt erfolglos.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO. Als Bemessungsgrundlage für die Berufungsbeantwortung wurden zutreffend EUR 22.029,27 herangezogen.

Die Bewertung des Entscheidungsgegenstandes orientiert sich an der Höhe des allfälligen (zukünftigen) Schadens.

Die ordentliche Revision ist gemäß § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig, weil keine über die Bedeutung des Einzelfalls hinausgehenden Rechtsfragen zu klären waren.