Das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht hat durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Mag. Obrist als Vorsitzenden sowie die Richterinnen des Oberlandesgerichts Dr. Nemati und Mag. Ladner-Walch als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei A* , vertreten durch Mag. Patrick Beichl, LL.M, Rechtsanwalt in Feldkirch, wider die beklagte Partei B*gesellschaft mit beschränkter Haftung , vertreten durch Dr. Michael Brandauer, LL.M., Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen [richtig] EUR 30.622,-- s.A. und Feststellung (Streitinteresse EUR 5.000,--), über die Berufung der klagenden Partei (Berufungsinteresse EUR 35.622,--) gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 30.4.2025, **-43, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird n i c h t Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei zu Handen ihres Vertreters binnen 14 Tagen die mit EUR 3.662,52 (darin enthalten EUR 610,42 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Die (ordentliche) Revision ist n i c h t zulässig.
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte ist Rechtsträgerin des Landeskrankenhauses C* (in der Folge kurz: Krankenhaus). Verfahrensgegenständlich sind Schadenersatzansprüche der Klägerin im Zusammenhang mit einer bei ihr am 23.8.2021 in diesem Krankenhaus durchgeführten Darmoperation (Sigmaresektion – das ist eine chirurgische Entfernung des Sigma, nämlich des vorletzten, S-förmigen Abschnitts des Dickdarms).
Nachdem die Klägerin im April 2021 erstmals Schmerzen in Form eines Stechens im linken Unterbauch verspürte, begab sie sich zunächst zu ihrer Frauenärztin und am 20.4.2021 erstmals in das Krankenhaus der Beklagten. Dort wurde nach einer klinischen Untersuchung samt Laborkontrolle zunächst eine Harnwegsinfektion diagnostiziert und die Klägerin mit Antibiotikum nach Hause entlassen. Da sich ihre Schmerzen nicht besserten, wurde die Klägerin zwei Tage später erneut auf der chirurgischen Abteilung des Krankenhauses vorstellig. Weil sich bei der erneuten Laborkontrolle ihre Werte verschlechtert hatten, wurde sie von 22.4. bis 24.4.2021 stationär im Krankenhaus aufgenommen. Es wurde am 22.4.2021 eine CT-Untersuchung und eine erste Koloskopie (Darmspiegelung) durchgeführt. Zu diesem Zeitpunkt lag bei der Klägerin ein aktiver Entzündungsprozess vor. Es war in weiterer Folge geplant, einen (vermeintlich im Sigma bestehenden) Polypen chirurgisch zu entfernen.
Am 4.5.2021 erfolgte ein Aufklärungsgespräch und am Tag darauf die stationäre Aufnahme der Klägerin im Krankenhaus, dies zur ursprünglich geplanten Entfernung des Polypen. Das Aufklärungsgespräch am 4.5.2021 wurde von OA DDr. D*, dem späteren Operateur, durchgeführt (in der Folge kurz: Oberarzt). Ein weiteres Gespräch fand am 5.5.2021 statt. Nach Aufklärung über die Möglichkeit einer Operation (Dickdarmteilentfernung) entschied sich die Klägerin nach Rücksprache mit ihrem Mann für die antibiotische Therapie und gegen einen operativen Eingriff.
Am 6.5.2021 erfolgte im Krankenhaus die zweite Koloskopie. Der im April 2021 diagnostizierte Polyp war nicht mehr zu erkennen. Vielmehr lagen Divertikel (Ausbuchtungen des Darms) mit einer akuten eitrigen Divertikulitis (Entzündungen der Divertikel) vor.
Anfang August 2021 suchte die Klägerin das Krankenhaus der Beklagten zu einem Kontrolltermin auf.
Bei einem weiteren Aufklärungsgespräch am 19.8.2021 besprach der Oberarzt im Krankenhaus der Beklagten mit der Klägerin einen Aufklärungsbogen über resezierende Eingriffe am Dickdarm/Mastdarm.
Schließlich führte der Oberarzt am 23.8.2021 bei der Klägerin im Krankenhaus der Beklagten aufgrund der Diagnose „benigne Sigmastenose [narbenbedingte Verengung des Sigma] auf dem Boden einer Divertikulitis“ eine laparoskopische Sigmaresektion durch.
Nach dieser Operation hatte die Klägerin Schmerzen im Brustbereich und Probleme beim Stuhlgang. Auch noch Wochen nach dem Eingriff nahmen die Bauchschmerzen und Obstipationsbeschwerden (Verstopfungsbeschwerden) stets zu und wurde ihr Stuhlgang zunehmend unregelmäßiger. Die Klägerin nahm nach der Operation insbesondere eine Verstopfung (Obstipation) wahr. Eine im Februar 2022 durchgeführte Untersuchung der Klägerin ergab, dass sie offensichtlich an einem „langsamen“ Darm leidet bzw dass bei ihr ein gestörter Verdauungsweg besteht.
In diesen chronologischen Grundzügen kann der – nicht immer wörtlich wiedergegebene – Sachverhalt als unstrittig vorangestellt werden.
Gegenstand des Berufungsverfahrens sind einzig noch die von der Klägerin behaupteten Aufklärungsfehler im Zusammenhang mit der Operation vom 23.8.2021. Die noch im erstinstanzlichen Verfahren ebenso behaupteten Behandlungsfehler sowie jene vom Erstgericht verneinte Behauptung, dass nicht der die Aufklärung durchführende Oberarzt, sondern ein anderer Arzt den operativen Eingriff durchgeführt habe, sind im Berufungsverfahren keine Streitpunkte mehr. Das Erstgericht hat das Verfahren auf den Grund des Anspruchs eingeschränkt (S 13 in ON 39).
Die Klägerin begehrte vom beklagten Krankenhausträger die Zahlung eines Schadenersatzes von EUR 30.622,-- s.A. (EUR 22.000,-- an Schmerzengeld und darüber hinaus Haushaltshilfe-, Pflege-, Heilungs-, Fahrt- und pauschale Unkosten) sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für sämtliche künftige Folgen und Schäden, die aus der unvollständigen Aufklärung und der fehlerhaften Operation vom 23.8.2021 resultierten.
Sie brachte dazu – soweit für dieses Berufungsverfahren noch von Bedeutung – vor, sie sei bei den Behandlungsterminen im August 2021 darüber informiert worden, dass bei ihr ein großes Risiko für einen Darmverschluss oder einen -durchbruch bestehe. Die Ärzte im Krankenhaus hätten ihr daher zu einer dringenden Operation geraten. Die Operation habe aber das Leben der Klägerin bis heute schlagartig negativ verändert. Seit Dezember 2021 habe sie keinen Einfluss mehr auf ihre Verdauung und die Peristaltik.
Die Klägerin sei insbesondere nicht darüber aufgeklärt worden, dass nach der Operation dauerhafte Schmerzen und Beschwerden im Sinne von Verstopfungs- und Verdauungsproblemen auftreten könnten. Vor dem Eingriff im August 2021 sei sie auch unvollständig und unrichtig über Behandlungsalternativen aufgeklärt worden. Bei richtiger und vollständiger Aufklärung hätte sich die Klägerin jedenfalls gegen die Operation und für die Fortführung einer antibiotischen oder konservativen Therapie entschieden. Allerdings sei der Klägerin damals mitgeteilt worden, dass nur noch eine Operation helfen könne, ihre Beschwerden zu lindern. Die Ärzte im Krankenhaus der Beklagten hätten somit einen Aufklärungsfehler zu verantworten, da sie die Klägerin vor dem Eingriff im August 2021 unvollständig über Behandlungsalternativen und die letztlich verbliebenen Operationsfolgen aufgeklärt hätten.
Die Beklagte bestritt und wandte im Wesentlichen ein, dass die Aufklärung lege artis und entsprechend den aktuellen Erkenntnissen evidenzbasierter Medizin erfolgt sei. Bei der zweiten Koloskopie am 6.5.2021 habe sich der Verdacht einer Divertikulitis (Entzündung) mit passierbarer Stenose im proximalen Sigma gezeigt. Bereits damals seien mit der Klägerin die Behandlungsmöglichkeiten sowie das weitere Procedere ausführlich besprochen worden. Sie habe sich damals nach Überlegung und Rücksprache mit ihrem Ehegatten für die konservative und antibiotische Therapie entschieden.
Da bei einer weiteren Kontrollkoloskopie im August 2021 die Persistenz der entzündlichen Engstellung nachgewiesen werden habe können, sei lege artis die Indikation zur Entfernung dieses Teils des Dickdarms gestellt worden. Das Vorhandensein einer Stenosierung im Rahmen dieser Entzündung des Sigma könne insbesondere bei relativ jungen Patienten zu einer narbigen Fixierung und in letzter Konsequenz zur unüberwindlichen Engstellung sowie zu einem manifesten Darmverschluss führen. Über den Beobachtungszeitraum von vier Monaten hinweg habe sich bei der Klägerin eine Rückbildung nicht feststellen lassen, sodass von der Weiterführung einer konservativen Therapie keine Zustandsbesserung mehr erwartet werden habe können.
Beim Aufklärungsgespräch habe der Oberarzt den operativen Eingriff im Detail erläutert und mit der Klägerin den geplanten Eingriff, adäquate Behandlungsalternativen, die Art und Bedeutung des Eingriffs sowie Risiken und mögliche Komplikationen ausführlich besprochen. Im Aufklärungsbogen sei explizit erwähnt worden, dass narbige Engen (Stenosen) des Darms und Verwachsungen in der Bauchhöhle noch Jahre später Bauchschmerzen und/oder einen akuten Darmverschluss verursachen könnten. Eine Erfolgsgarantie für die Behandlung sei nicht gegeben gewesen, worauf auch im Aufklärungsbogen hingewiesen worden sei.
Die Klägerin sei schließlich präoperativ unter einem erheblichen Leidensdruck gestanden und habe operiert werden wollen, weshalb jedenfalls von einer fiktiven Zustimmung ihrerseits auszugehen sei.
Das Erstgericht wies mit dem angefochtenen Urteil die Klagebegehren ab.
Es legte seiner Entscheidung neben dem eingangs referierten Sachverhalt die auf Seiten 7 bis 15 des Urteils enthaltenen Feststellungen zugrunde, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden kann. Zum besseren Verständnis dieser Berufungsentscheidung werden nachfolgende Sachverhaltsannahmen – nicht immer wörtlich – hervorgehoben, wobei die von der Klägerin in ihrer Berufung bekämpften Feststellungen in Fettdruck und mit vorangestellten Kleinbuchstaben verdeutlicht werden:
„ (….)
Das Aufklärungsgespräch am 4.5.2021 wurde vom Oberarzt geführt. Ein weiteres Gespräch fand am 5.5.2021 statt. Beim Aufklärungsgespräch vom 4.5.2021 wurde der Klägerin erklärt, dass entweder eine antibiotische Therapie samt einer Kontrollkoloskopie in drei Monaten versucht oder eine chirurgische Resektion des betroffenen Anteils des Sigma durchgeführt werden kann. Im Aufklärungsbogen hielt der Oberarzt handschriftlich fest: Sigmaresektion, gegebenenfalls laparoskopisch, gegebenenfalls offen, Aufklärung über Risiken, Komplikationen und Langzeitfolgen erfolgt. Insbesondere nahm er handschriftliche Einkreisungen, Unterstreichungen und Durchstreichungen vor und hob damit Besonderheiten wie die Operationsmethode, Komplikationen sowie Verletzungen benachbarter Organe, Nervenschäden, Nahtbruch des Darms, hervor. (….) Nach Aufklärung über die Operation und die möglichen Operationsbeschwerden und -komplikationen entschied sich die Klägerin nach Rücksprache mit ihrem Mann für die antibiotische Therapie und gegen einen operativen Eingriff.
Am 6.5.2021 erfolgte die (zweite) Koloskopie. Es lagen Divertikel mit einer Divertikulitis und einer Entleerung von Eiter, somit eine lokal akute eitrige Divertikulitis mit passierbarer Stenose im proximalen Sigma vor. Im Sigma zeigte die Schleimhaut eine Rötung, eine Schwellung und wenige punktförmige Einblutungen. Zu diesem Zeitpunkt lagen keine erhöhten Entzündungszeichen vor, sodass nur eine lokal begrenzte Entzündung ohne Reaktion des Körpers bestanden hat. Nach der Koloskopie am 6.5.2021 waren Ausbuchtungen (Divertikel) aus dem Darm im betroffenen Bereich der S-Schlinge (Sigma) bekannt. Entzündungen des Divertikel können sekundär zu Engstellen (Stenosen) im Darm führen. Im vorliegenden Fall war das Lumen im proximalen Sigma auf eine Länge von 3 cm entzündungsbedingt eingeengt. Es konnte aber die Stenose passiert werden.
(….)
Divertikel sind Ausbuchtungen des Darms, die häufig ohne Probleme bestehen können. Divertikel können sich aber durch Bakterien im Darm entzünden. Die Entzündung kann – wie hier – auf die Darmwand beschränkt ablaufen oder sich in den Bauchraum ausbreiten. Beschränkt sich die Divertikulitis auf die Wand, kann diese meist konservativ zur Ausheilung gebracht werden. Ein wiederholtes Auftreten der Entzündung führt dann zur Ausbildung von Engstellen. Entsteht eine Stenose (Verengung) aufgrund wiederholter Entzündung, dann entsteht durch diese Engstellung eine Verstopfung, wodurch diese Passage gestört ist. Auch bleiben mit jeder Entzündung bestimmte Restzustände mit Verwachsungen bestehen.
Tritt eine neuerliche Divertikulitis auf, sind damit wieder die gleichen Probleme verbunden. Verläuft eine Divertikulitis (Entzündung) schwer, kann dies auch zu einem Durchbruch und zur Ausbreitung von Bakterien in der gesamten Bauchhöhle und zu einer eitrigen Bauchfellentzündung führen. (….) Es handelt sich dabei um eine ernstzunehmende Erkrankung. Die Sepsis ist ein schwerwiegender Zustand und kann je nach körperlicher Konstellation auch lebensbedrohlich sein. (….)
Üblicherweise wird der erste Schub einer Divertikulitis konservativ behandelt. Kommt es zur Abheilung, wird der Zustand so belassen. Wird ein zweiter Schub verzeichnet, wird zunächst wieder konservativ behandelt und die Operation in einem entzündungsfreien Intervall empfohlen. Es gibt jedoch auch Stimmen, die noch mehr ein konservatives Vorgehen empfehlen. In Absprache mit dem Patienten wird diskutiert, ob dieser einen dritten oder vierten Schub (der Divertikulitis) in Kauf nehmen möchte. Kommt es zur Operation, wird dadurch der betroffene Dickdarmabschnitt entfernt und damit das Auftreten einer erneuten Entzündung verhindert.
Im Rahmen der Aufklärung muss der Patient über die möglichen Behandlungen und die damit verbundenen Komplikationen sowie über die Möglichkeit einer erneuten Entzündung bei verbliebenen Divertikel informiert werden. (....) Überschreitet die Divertikulitis die Wand, dann werden ca 60 % der Patienten auch operiert.
Anfang August hatte die Klägerin einen Kontrolltermin im Krankenhaus der Beklagten. Sie hatte zu diesem Zeitpunkt nach wie vor Beschwerden, insbesondere Schmerzen im Bauchraum.
Beim Aufklärungsgespräch am 19.8.2021 wurde mit der Klägerin erneut der Aufklärungsbogen „über resezierende Eingriffe am Dickdarm/Mastdarm“ besprochen. Das Aufklärungsgespräch wurde erneut vom Oberarzt geführt, die Klägerin unterzeichnete auch dieses Formular.
Damals wurden – wie bereits bei der Aufklärung am 4.5.2021 – mit der Klägerin sämtliche Punkte durchgegangen und insbesondere die Komplikationen der geplanten Sigmaresektion besprochen und auch entsprechend gekennzeichnet. (….) Für die Klägerin war klar, dass primär laparoskopisch und nur für den Fall, dass dies aufgrund der Gegebenheiten nicht möglich ist, „offen“ operiert werden soll. Die Klägerin wollte primär einen minimal invasiven Eingriff.
Der Oberarzt führte mit der Klägerin dieses Gespräch auch hier sehr ausführlich und erläuterte darüber hinaus, dass die weiterhin bestehende Divertikulitis ein Risiko darstelle und es schlimmstenfalls zu einem Darmdurchbruch kommen könne. Er klärte die Klägerin über mögliche Risiken der Operation wie damit verbundene Entzündungen auf. Der Oberarzt teilte der Klägerin auch mit, dass ein funktionales, mechanisches Problem bei ihr vorliege und sich nach der Operation die Beschwerden verbessern sollten. Im Gespräch wurde auch über Behandlungsalternativen gesprochen. Die Alternative wäre jene gewesen, keine Operation durchzuführen.
[ a ] Dies hätte bedeutet, die Situation zu belassen, was bedeutet hätte, dass die Klägerin mit den Schmerzen weiterleben hätte müssen . Au c h wurde darüber gesprochen, die antibiotische Behandlung nochmals zu wiederholen. Die Klägerin hatte zu diesem Zeitpunkt über Wochen und Monate vor der Operation erhebliche Schmerzen im Darmbereich und zeigten sich auch massive Verdauungsgeräusche. Diese Schmerzen beeinträchtigten die Lebensqualität der Klägerin. Für sie war ausschlaggebend, dass nach der Operation die andauernden Schmerzen verschwinden sollten.
Eine Behandlung in Form einer Ernährungsumstellung kam bei der Klägerin nicht in Frage, da sie ohnehin jung und sportlich war und bereits auf ihre Ernährung geachtet hatte. Insgesamt sprach sich der Oberarzt im Gespräch mit der Klägerin daher für die Durchführung der Operation aus, dies auch deshalb, da bereits im Mai 2021 eine Beschwerde-Episode bestand und über den Sommer eine konservative Therapie (symptomatische Schmerztherapie durch Antibiotikum) erfolgte, aber keine Besserung eintrat. Für den Oberarzt waren vor allem die bestehenden Schmerzen der Klägerin, die andauernde Beschwerdesymptomatik und der Verlust der Lebensqualität die Indikation zur Operation, was auch so mit der Klägerin besprochen wurde. Der Oberarzt war aber auch aufgrund der bei der Klägerin bestehenden Engstelle und des mechanischen Problems von der Operation überzeugt.
Dass es nach der Operation zu Verdauungsproblemen, insbesondere zu einer Obstipation (Verstopfung) kommen könne, wurde nicht besprochen. Vielmehr wurde informiert, dass nach der Operation eine Besserung eintreten sollte.
Der Oberarzt hat die Klägerin von Anfang an betreut und war ihr ständiger Ansprechpartner. Die Gespräche mit ihm waren sehr vertrauensvoll und war der Oberarzt gegenüber der Klägerin sehr bemüht. Der Oberarzt sprach sich im Ergebnis klar für eine Operation aus und empfahl der Klägerin, diese Operation durchzuführen. Hätte der Oberarzt eine neuerliche konservative Therapie mit Antibiotika vorgeschlagen, hätte die Klägerin sich für diese Möglichkeit entschieden. Die Klägerin vertraute dem Oberarzt völlig und holte sich auch keine Zweitmeinung ein. (….) Die Klägerin wollte auch kein Risiko eingehen, insbesondere schreckte sie das mögliche Risiko eines Darmdurchbruchs oder -verschlusses ab. Aufgrund der klaren Empfehlung des Oberarztes willigte die Klägerin in die Operation ein.
Das Gespräch [vom 19.8.2021] dauerte zumindest eine halbe Stunde, wobei die Klägerin sämtliche Fragen an den Oberarzt richten konnte. (….) Nach dem Gespräch nahm die Klägerin den Aufklärungsbogen vom 19.8.2021 mit nach Hause.
(….)
Bei der Klägerin wurde eine benigne Sigmastenose bei Divertikulitis diagnostiziert. Eine schwere Divertikulitis hat zu keinem Zeitpunkt vorgelegen. Die Indikation zur Operation wurde aufgrund der schon länger bestehenden Beschwerden, nämlich andauernder Schmerzen und des damit einhergehenden Verlustes an Lebensqualität, gestellt. Die Indikation zur Operation erfolgte aber auch, weil bei der Klägerin eine gutartige – wenn auch passierbare – Verengung gegeben war. Es waren auch Stuhlgangprobleme der Klägerin bekannt, wenngleich die Klägerin zu diesem Zeitpunkt an keiner Verstopfung litt. Eine zwingende Operationsindikation bestand zu diesem Zeitpunkt nicht, war aber in Zusammenschau mit den angegebenen und andauernden Beschwerden der Klägerin gerechtfertigt. Die Hintergründe dafür wurden auch mit der Klägerin erörtert.
(….)
Die Operation am 23.8.2021 führte der Oberarzt durch. Die noch im April/Mai 2021 bei der Klägerin vorgelegene akute Entzündung war im August 2021 komplett abgeklungen. Die Operation wurde daher in einem entzündungsfreien Intervall durchgeführt. Die Operation selbst erfolgte entsprechend den medizinischen Standards und blieb ohne chirurgische Komplikationen. Insbesondere lag nach der Operation keine Engstelle mehr vor, was bedeutet, dass die Passage [des Darms] gut passierbar ist. (….)
Im Übrigen bestanden vorliegend zwei Behandlungsmethoden, einerseits die konservative und andererseits die operative Therapie. Eine Behandlung über die Ernährungsschiene war vorliegend aufgrund der Tatsache, dass die Klägerin selbst im Ernährungsbereich tätig ist, ohnehin auf ihre Ernährung achtet und eine junge sportliche Frau ist, weggefallen. Auch bestand kein Anhaltspunkt, dass man der Klägerin Medikamente für die Behandlung einer chronisch entzündeten Darmerkrankung hätte geben können. Die begonnene konservative Therapie war vorliegend erfolgreich, da im August 2021 die Entzündungsparameter wieder im Normbereich waren. [ b ] Damit ergab sich die grundsätzliche Frage, ob eher in Richtung Operation gegangen wird, um ein weiteres Auftreten der Divertikulitis zu verhindern, oder ob die Klägerin bereit ist, mit diesem Zustand und den andauernden Schmerzen zu leben . Eine zwingende Operationsindikation bestand im August 2021 nicht.
Eine eindeutige Indikation zur Operation besteht [nur] bei nicht passierbaren Stenosen. Die vorliegend bei der Klägerin diagnostizierte Stenose konnte hingegen passiert werden. Eine erfolgreich behandelte akute unkomplizierte Divertikulitis (Typ Ia und Typ Ib) stellt keine Operationsindikation dar. Die bei der Klägerin vorgelegene Divertikulitis ist als Typ Ia ohne Umgebungsreaktion einzustufen. Auch wenn keine eindeutige Operationsindikation bestand, kann jede Operationsindikation aber individuell in Absprache mit dem Patienten erstellt werden. Stimmt ein Patient zu oder wünscht er die Operation, dann wird diese auch durchgeführt.
Eine konservative Therapie, wie sie mit der Klägerin im Mai 2021 besprochen worden war, wäre daher auch möglich gewesen. [ c ] Die konservative Therapie kann aber nicht als gleichwertige Behandlungsalternative zur operativen Behandlung gesehen werden . Bei einer konservativen Therapie verbleiben nämlich die Divertikel im Körper und es besteht das Risiko einer erneuten Entzündung derselben. Durch den operativen Eingriff und die möglicherweise komplette Entfernung der Divertikel ist das Risiko einer erneuten Entzündung nicht mehr gegeben. Die operative Entfernung eines Darmsegmentes ist allerdings mit einem operativen Risiko verbunden. Die wesentlichen Komplikationen dabei sind Infektionen, Blutungen, Nahtinsuffizienz bis hin zu einem künstlichen Darmausgang. Derartige Risiken haben sich bei der Klägerin nicht verwirklicht.
[ d 1 ] Obstipationsbeschwerden nach einer Sigmaresektion sind kein operationsimmanentes Risiko und stehen in keinem Zusammenhang mit der Operation .
Letztlich konnten bei der Klägerin das Bestehen von Divertikeln und eine chronische Entzündung bestätigt werden. (….) Es gibt aber auch andere Gründe, die eine Operation nahelegen. Beispielsweise kann bei wiederholten Entzündungen und den damit verbundenen Beschwerden eine Operation in Erwägung gezogen werden. Auch zur Behandlung einer chronischen Verstopfung (Obstipation) wird gelegentlich die Sigmaresektion vorgenommen. Die Lebensqualität kann nach einer akuten Divertikulitis eingeschränkt sein, sodass aus diesem Grund ebenfalls eine Operation gerechtfertigt sein kann.
Nach der Operation am 23.8.2021 hatte die Klägerin Schmerzen im Brustbereich und Probleme beim Stuhlgang. Auch noch Wochen nach dem Eingriff nahmen die Bauchschmerzen und Obstipationsbeschwerden stets zu und wurde ihr Stuhlgang zunehmend unregelmäßiger. Ab Dezember 2021 war es so, dass die Klägerin keinen Einfluss mehr auf ihre Verdauung oder die Peristaltik hatte. Sie achtete noch mehr als üblich auf ihr Essen und Trinken, nahm Abführmittel ein und verschiedene alternative Heilmethoden in Anspruch. Erst seit Februar 2023 stellte sich durch die Einnahme von „Kijimea Regularis“ eine Besserung ein. Eine im Februar 2022 durchgeführte Untersuchung der Klägerin ergab, dass sie offensichtlich an einem „langsamen“ Darm leidet bzw ein gestörter Verdauungsweg besteht.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Klägerin insbesondere nach der Operation eine Verstopfung (Obstipation) wahrnahm. [ d 2 ] Diese Verstopfungsfolgen (Obstipationsfolgen) stehen aber in keinem Zusammenhang mit der durchgeführten Sigmaresektion . Vielmehr ist es so, dass im entfernten Darmbereich (Sigma) normalerweise die höchsten Drücke im Darm herrschen und dieser Abschnitt für den Stuhl am schwierigsten zu passieren ist. Dies führt dazu, dass in diesem Bereich Divertikel besonders auftreten. Ist dieser Teil entfernt und damit der Darm verkürzt, besteht in diesem Bereich eine ungestörte Passage. Die Form der vorliegend gewählten Operation wird daher auch zur Behandlung von chronischen Verstopfungen angewandt. Dabei beschränkt sich die Operation auf das betroffene Darmsegment und betrifft keine Strukturen des vegetativen Nervensystems. [ d 3 ] Wenn nach der Operation Verstopfungsfolgen angegeben werden, muss davon ausgegangen werden, dass eine Schädigung des Darms bereits vor der Operation bestanden hat oder unabhängig von der Operation entstanden ist. Durch die Verkürzung des Darms ist die verzögerte Passage mit Verstopfung (Obstipation) niemals der Operation anzulasten. Eine Verkürzung oder Begradigung dieser Stelle kann daher die Passage nur erleichtern, diese aber nicht erschweren. Verstopfungsfolgen nach einer Sigmaresektion treten daher keinesfalls operationsbedingt auf .
Lediglich in der frühen postoperativen Phase kann es zu vorübergehenden Stuhlentleerungsstörungen kommen, bis sich der Darm an die geänderten Bedingungen angepasst hat. Danach verläuft die Verdauung wieder normal. Warum bei der Klägerin dieser „normale Zustand“ nicht eintrat, ist anhand der vorliegenden Befunde nicht nachvollziehbar. (….) “
In rechtlicher Beurteilung dieses Sachverhalts verneinte das Erstgericht zunächst einen Behandlungsfehler. Die Weiterführung einer konservativen Therapie und Belassung der Divertikel im Darm der Klägerin habe vorliegend keine gleichwertige Behandlungsalternative dargestellt. Dass die Klägerin dennoch postoperativ an erheblichen Beschwerden, nämlich insbesondere Verstopfungsbeschwerden, gelitten habe und leide, sei nicht auf die Operation zurückzuführen. Ebenso wenig könne den Ärzten der Beklagten eine Verletzung der aus dem Behandlungsvertrag resultierenden Aufklärungspflicht vorgeworfen werden. Der Klägerin seien die unterschiedlichen Behandlungsmöglichkeiten (konservative Therapie versus operatives Vorgehen) bereits aus der ersten Aufklärung vom Mai 2021 bekannt gewesen. Auch bei der Aufklärung am 19.8.2021 seien erneut die Behandlungsalternativen mit der Klägerin besprochen und erörtert worden. Aufgrund der unterschiedlichen Wirkungsweisen und der unterschiedlichen Auswirkungen auf die Lebensqualität der Klägerin habe es sich eben nicht um gleichwertige Behandlungsmethoden gehandelt. Der Vorteil der Sigmaresektion, nämlich die Entfernung der Divertikel und damit einhergehend der Beseitigung des Risikos einer erneuten Entzündung samt weitergehender Stenose und dem damit verbundenen Risiko von Verstopfungen, hätte durch die konservative Therapie nicht erreicht werden können. Eine weitergehende Aufklärung sei daher nicht zu fordern. Die Haftung des Arztes bei Annahme einer Aufklärungspflichtverletzung beschränke sich letztlich zudem auf die Verwirklichung jenes Risikos, auf das er hätte hinweisen müssen. Die bei der Klägerin aufgetretenen dauerhaften Schmerzen sowie Obstipations- und Verdauungsprobleme stünden in keinem Zusammenhang mit der durchgeführten Operation. Mangels eines rechtswidrigen und kausalen Verhaltens der Ärzte der Beklagten seien die Klagebegehren abzuweisen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin . Sie strebt – gestützt auf die Rechtsmittelgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der unrichtigen Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung – die Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinn einer vollständigen Klagsstattgebung (dem Grunde nach), hilfsweise die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung an.
Die Beklagte beantragt in ihrer Berufungsbeantwortung, dem gegnerischen Rechtsmittel einen Erfolg zu versagen.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
I. Zur Verfahrensrüge
1. Die Klägerin moniert darin die vom Erstgericht unterlassene Einholung eines weiteren Gutachtens aus dem Fachbereich der „Koloproktologie“ . Der vom Erstgericht beigezogene chirurgische Sachverständige habe nicht erkennen können, was die bei der Klägerin anhaltenden Stuhlentleerungs- bzw Obstipationsbeschwerden konkret verursacht habe. Die Ausführungen dieses Sachverständigen dazu seien nicht schlüssig: Wenn er ausschließe, dass bestimmte Beschwerden auf den operativen Eingriff zurückzuführen seien, dann müsse die Frage, ob diese Beschwerden also auch ohne die Operation aufgetreten wären, eindeutig mit ja beantwortet werden. Zur tatsächlichen Ursächlichkeit der Beschwerden habe der beauftragte chirurgische Sachverständige aber keine Auskunft geben können. Das Erstgericht wäre daher von Amts wegen gehalten gewesen, das von der Klägerin beantragte weitere (Spezial-)Gutachten einzuholen, da die Ergebnisse des vorliegenden Sachverständigenbeweises offensichtlich nicht geeignet gewesen seien, für eine abschließende Beantwortung aller wesentlichen Fragen zu sorgen. Das vorliegende Sachverständigengutachten sei wie dargestellt widersprüchlich. Durch die Einholung eines koloproktologischen Gutachtens hätte sich ergeben, dass die Obstipationsbeschwerden der Klägerin unmittelbar auf die Operation zurückzuführen seien und ohne die Operation nicht eingetreten wären.
Hiezu ist zu erwägen:
1.1.Mit diesen Ausführungen releviert die Klägerin einen Stoffsammlungsmangel nach § 496 Abs 1 Z 2 ZPO. Von einem Stoffsammlungsmangel im Sinne dieser Bestimmung ist auszugehen, wenn das Unterbleiben einer beantragten Beweisaufnahme die Unrichtigkeit der Entscheidung zum Nachteil der rügenden Partei bewirkt haben könnte, also die beantragte – de facto aber unterbliebene – Beweisaufnahme die abstrakte Möglichkeit zur Erweiterung des Sachverhaltsbilds in eine für die antragstellende Partei in rechtlicher Hinsicht günstigere Richtung impliziert. Der Rechtsmittelwerber muss daher in der Berufung grundsätzlich behaupten, welche für die Entscheidung des Rechtsfalls relevanten Ergebnisse ohne den Mangel hätten erzielt werden können (RS0043039), also zu welchen Feststellungen das Erstgericht kommen hätte können, hätte es das übergangene Beweismittel aufgenommen und gewürdigt (RS0043027; RS0116273; RS0043039). Andernfalls ist der Rechtsmittelgrund nicht ordnungsgemäß ausgeführt (RS0043039 [T4]).
1.2.Ob der relevante Stoffsammlungsmangel den behaupteten nachteiligen Einfluss auf die Entscheidung gehabt haben konnte, ist anhand der Verfahrensrüge in Zusammenschau mit dem zum übergangenen Beweisantrag (in erster Instanz) vorgebrachten Beweisthema zu beurteilten (vgl 3 Ob 230/11m).
Die Klägerin beantragte die Einholung eines weiteren medizinischen Sachverständigengutachtens aus dem Fachbereich der Koloproktologie erstmals nach der erfolgten mündlichen Erörterung des vom Erstgericht beauftragten chirurgischen Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. E* zum Beweis dafür, dass „ die Obstipationsbeschwerden nicht nur erst seit der Operation bestehen, sondern dass die Operation die Ursache für diese Beschwerden sei; die Koloproktologie sei die Lehre der Erkrankung des Dick- und Enddarms; im medizinischen Fachfeld sei bekannt, dass gerade die vorliegenden Störungen ihre Ursache in einer Sigmaresektion haben könnten “ (siehe Protokoll ON 39.3, S 17 und 18).
1.3. Das Erstgericht begründete im Urteil ausführlich die Unterlassung dieses von der Klägerin beantragten weiteren Sachverständigengutachtens (US 7). Die Beurteilung dieses (oben angeführten) Beweisthemas sei ohnehin vom Fachbereich des vom Erstgericht beauftragten Sachverständigen umfasst und könne die Einholung eines weiteren Gutachtens zum selben Beweisthema unterbleiben.
Dieser Begründung ist zuzustimmen. Abgesehen davon, dass es in der Sachverständigenliste der österreichischen Justiz („Justizonline“) einen gesonderten Fachbereich der Koloproktologie nicht gibt, ist Beweisthema dieses Rechtsstreits im Zusammenhang mit dem behaupteten Aufklärungsfehler jener Frage, ob Verstopfungsbeschwerden eine typische Folge des operativen Eingriffs (Sigmaresektion) sind, über welches Risiko daher aufzuklären gewesen wäre. Diese medizinischen Fachfragen wurden von dem vom Erstgericht beauftragten Sachverständigen beantwortet, ebenso wie die Frage dazu, ob die bei der Klägerin nach der Operation aufgetretenen Verstopfungsbeschwerden nicht auf den operativen Eingriff zurückzuführen sind. Welche tatsächliche Ursache diese nunmehr verbliebene Erkrankung der Klägerin hat, ist in diesem Rechtsstreit hingegen nicht zu klären.
1.4.Erscheint das abgegebene Gutachten ungenügend oder wurden von den (mehreren) Sachverständigen verschiedene Ansichten ausgesprochen, so kann das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen anordnen, dass eine neuerliche Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige oder doch mit Zuziehung anderer Sachverständiger stattfindet (§ 362 Abs 2 ZPO).
Nach dieser Bestimmung ist die Einholung eines weiteren Gutachtens nur dann notwendig, wenn das eingeholte (Erst-)Gutachten mit Mängeln behaftet ist, wenn es Unklarheiten oder Unschlüssigkeiten aufweist oder wenn dies wegen der besonderen Schwierigkeiten des Falls notwendig ist. Das Gericht ist jedoch immer befugt, einem Gutachten zu folgen, wenn ihm die Darlegungen schlüssig und überzeugend erscheinen durften. Das Gericht kann selbst dann, wenn entgegengesetzte Beweisergebnisse etwa aus Urkunden (Privatgutachten) vorliegen, das eingeholte Sachverständigengutachten zugrundelegen. Das Gericht könnte sich schließlich auch im Fall, wenn die Fachmeinungen zweier – vom Gericht beauftragter – Sachverständigen einander widersprechen, durchaus einem der beiden Gutachter anschließen ( Schneider in Fasching/Konecny³ III/1, § 362 ZPO, Rz 5, mwN).
Dass das vorliegende medizinische Gutachten hier schlüssig und überzeugend erschien, hat das Erstgericht angemerkt.
Wenn der Richter dem Gutachten eines Sachverständigen folgt und dabei weder einen Verstoß gegen das Denkgesetz begeht, noch ihm erkennbar sein muss, dass der Sachverständige erheblichen Verhandlungsstoff außer Acht gelassen hat, so liegt die Beurteilung, zu der der Richter aufgrund des Gutachtens gelangt, auf dem Gebiet der Beweiswürdigung und kann nur im Rahmen einer Beweisrüge angefochten werden (RS0113643). Ob die Einholung eines weiteren Gutachtens erforderlich ist, ist daher in der Regel eine Frage der Beweiswürdigung (1 Ob 98/02x).
1.5. Im vorliegenden Fall hat der chirurgische Sachverständige ein umfassendes, schlüssiges und nachvollziehbares schriftliches Gutachten erstattet und ist schließlich im Rahmen der mündlichen Gutachtenserörterung auf sämtliche Fragestellungen eingegangen und hat diese ausreichend und – entgegen dem Standpunkt der Klägerin – auch schlüssig beantwortet. Welche Ursachen eine Verstopfung (Obstipation) haben kann, ist wie dargestellt nicht Beweisthema dieses Rechtsstreits.
Dass die wesentlichen Gutachtensergebnisse des vom Erstgericht beigezogenen chirurgischen Sachverständigen für den Standpunkt der Klägerin als Beweisführerin ungünstig waren oder diese mit dem Gutachten insgesamt nicht einverstanden ist, rechtfertigt nicht die Einholung eines ergänzenden oder weiteren Gutachtens.
Der behauptete Stoffsammlungsmangel liegt daher nicht vor.
2. Auch die weiteren Ausführungen der Klägerin in ihrer Verfahrensrüge zeigen keinen Verfahrensfehler auf, sondern befassen sich vielmehr mit Beweis- oder Rechtsfragen, die an sich den Rechtsmittelgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung zuzuordnen sind.
Mehrere Berufungsgründe sind grundsätzlich nicht gemeinsam auszuführen. Dies hindert zwar nicht die Behandlung der Berufung. Allfällige Unklarheiten gehen jedoch zu Lasten der Berufungswerberin, sodass nur diejenigen Teile der Berufung behandelt werden, die die Berufungsgründe deutlich erkennen lassen (RS0041911, RS0041761, RS0041768).
3.1. Ob nun eine konservative Behandlung oder ein operatives Vorgehen in medizinischer Hinsicht gleichwertige oder nicht gleichwertige Behandlungsalternativen sind, ist in erster Linie eine vom medizinischen Sachverständigen zu beurteilende Fachfrage. Der Berufungswerberin ist indes zuzustimmen, dass die Beurteilung dessen, ob im Zuge der ärztlichen Aufklärung vor dem operativen Vorgehen das Für und Wider von Behandlungsalternativen ausreichend abgewogen werden konnte, und die Frage der Richtigkeit der insoweit erfolgten Aufklärung im gegebenen Fall eine dem Erstgericht zustehende rechtliche Beurteilung darstellt. Dies erfordert jedoch zunächst entsprechende Feststellungen auf der Tatsachenebene, nämlich dazu, was in medizinischer Hinsicht die Vor- und Nachteile der jeweiligen Behandlungsalternative sind.
3.2. Ebenso wird erst noch im Rahmen der Behandlung der Rechtsrüge darauf einzugehen sein, ob im gegebenen Fall die vom Oberarzt im Krankenhaus der Beklagten in mehreren Gesprächen erfolgte Aufklärung über die Behandlungsalternativen insgesamt ausreichend war oder nicht.
Soweit die Klägerin bereits an dieser Stelle (in der Verfahrensrüge) moniert, dass das Erstgericht einzelne mögliche Feststellungen nicht getroffen hat, so handelt es sich dabei ebenso um der Rechtsrüge zuzuordnende sekundäre Feststellungsmängel. Bereits jetzt kann darauf hingewiesen werden, dass die Klägerin zumindest im Rahmen ihrer Verfahrensrüge nicht aufzeigt, welche ergänzenden weiteren Feststellungen, die sodann auch zu formulieren wären, das Erstgericht treffen hätte müssen und infolge welcher Beweisergebnisse diese zu erschließen wären. Das Erstgericht hat alle zur Beurteilung dieses Rechtsstreits erforderlichen Feststellungen getroffen. Dass diese für den Standpunkt der Klägerin ungünstig waren, ändert daran nichts.
3.3.Die Klägerin verweist schließlich in ihrer Verfahrensrüge auch auf jene Feststellung des Erstgerichts, wonach sie sich dann, wenn der Oberarzt ihr eine neuerliche konservative Therapie mit Antibiotika vorgeschlagen hätte, für diese Möglichkeit entschieden hätte. Weshalb das Verfahren oder das angefochtene Urteil aber bei Berücksichtigung dieser Sachverhaltsannahme mangelhaft im Sinne des § 496 ZPO sein sollte, wird nicht näher aufgezeigt.
4. Zusammengefasst beruht das angefochtene Urteil auf einem mangelfreien Verfahren. Ein relevanter Verfahrensfehler liegt nicht vor.
II. Zur Beweisrüge
1. Der Behandlung der Beweisrüge ist voranzustellen, dass das Erstgericht die bekämpften – und im Berufungsverfahren noch relevanten – Feststellungen im Wesentlichen auf die Ausführungen des von ihm beauftragten chirurgischen Sachverständigen stützte. Das schriftliche Gutachten dieses Sachverständigen ist auf alle vom Erstgericht gestellten Fragestellungen ausreichend eingegangen und hat diese ausnahmslos schlüssig beantwortet. Im Rahmen der mündlichen Gutachtenserörterung erläuterte der chirurgische Sachverständige sein Gutachten ausführlich und ist ebenso sämtlichen Fragestellungen, auch jenen der Klägerin, in umfassender und schlüssiger Weise nachgekommen. Diesem Gutachten widersprechende Beweisergebnisse (etwa ein Privatgutachten) liegen nicht vor und werden in der Beweisrüge von der Klägerin auch nicht ausreichend aufgezeigt.
Wenn daher das Erstgericht den gutachterlichen Schlüssen folgte und die wesentlichen Sachverständigenfeststellungen auf das medizinische Gutachten gründete, so ist eine derartige Beweiswürdigung vertretbar und nicht korrekturbedürftig. Es darf dazu auf die zutreffende Begründung des Erstgerichts verwiesen werden (§ 500a ZPO).
Eine bekämpfte und die an deren stelle angestrebte Feststellung muss überdies denselben tatsächlichen Gesichtspunkt in unterschiedlicher Weise beleuchten, also in einem sogenannten Alternativ- oder Austauschverhältnis zueinander stehen (RI0100145, OLG Innsbruck 3 R 165/24z und 3 R 26/24h).
Der bloße Umstand, dass nach den Beweisergebnissen allenfalls auch andere Feststellungen möglich wären oder dass es einzelne Beweisergebnisse gibt, die für den Prozessstandpunkt jener Partei, die sich gegen eine Feststellung richtet, sprechen, reicht nicht aus, eine unrichtige oder bedenkliche Beweiswürdigung aufzuzeigen. Es ist vielmehr darzulegen, dass bedeutend überzeugendere Ergebnisse für eine andere Feststellung vorliegen. Dabei ist darzustellen, warum das Erstgericht bei richtiger Beweiswürdigung gerade die begehrte Feststellung (und nicht etwa aufgrund anderer vorliegender Beweismittel) andere Feststellungen hätte treffen müssen (9 Ob 104/22t Rz 7; RS0041835). Dies gelingt der Klägerin in ihrer Beweisrüge nicht.
2. Zunächst bekämpft die Klägerin die oben zu [ a ] hervorgehobene Feststellung und will diese durch folgende ersetzt wissen:
„ Dies hätte bedeutet, die Situation zu belassen, was bedeutet hätte, dass bei der Klägerin im Idealfall eine Beschwerdefreiheit eingetreten wäre. “
Die Klägerin verweist dazu auf eine einzelne Protokollierung bei der Aussage des chirurgischen Sachverständigen im Rahmen der mündlichen Gutachtenserörterung, wonach im Idealfall bei Fortsetzung der konservativen (antibiotischen) Therapie eine Beschwerdefreiheit erzielbar gewesen wäre.
Gerade diese ersatzweise begehrten Feststellungen ergeben sich aber bereits aus einer Gesamtbetrachtung aller dazu vom Erstgericht zu den tatsächlichen Aufklärungsgesprächen und zu den Behandlungsalternativen getroffenen Feststellungen. Der Behandlungsvertrag ist nämlich ein im Gesetz nicht näher typisiertes Vertragsverhältnis, aufgrund dessen der Arzt dem Patienten eine fachgerechte, dem objektiven Standard des besonderen Fachs entsprechende Behandlung, nicht aber einen bestimmten Erfolgschuldet (RS0021335).
Die Ärzte im Krankenhaus der Beklagten hatten daher der Klägerin das Für und Wider einer Operation einerseits und der Fortführung der konservativen Behandlung (durch Gabe von Antibiotika) andererseits darzustellen. Der Oberarzt hat nach den im Übrigen unbekämpft gebliebenen Feststellungen bei beiden Aufklärungsgesprächen, sowohl im Mai als auch im August 2021, auch jeweils die konservative Behandlungsmöglichkeit angesprochen und erklärt, weshalb er der Klägerin sodann im August 2021 eine Durchführung der Operation empfahl. Bereits nach den Gesprächen zu Anfang Mai 2021 stand die Alternative einer Operation im Raum, wobei sich damals die Klägerin noch für die Fortführung der konservativen Therapie und gegen einen operativen Eingriff entschied (US 8). Gleichzeitig wurde schon damals ein Kontrolltermin für August 2021 vereinbart, wobei die Klägerin dann bei der Kontrolle nach wie vor weiterhin Beschwerden und Schmerzen im Bauchraum hatte, sohin die erste konservative Behandlung mit Antibiotika nicht zur Schmerzfreiheit führte (US 9 und 10). Ein Arzt kann bei Empfehlung einer Behandlung einerseits im Wege eines operativen Vorgehens oder andererseits durch Medikamentengabe nicht mit ausreichender Sicherheit vorhersehen, ob die jeweilige Behandlungsmethode bei der Patientin erfolgreich sein wird. Er schuldet wie dargestellt auch keinen Erfolg. Wenn daher vorab die einzelnen Behandlungsalternativen abgewogen werden, ist es selbstredend, dass es sein kann, dass die Fortführung der konservativen Behandlung entweder dazu führt, dass die Klägerin mit den Schmerzen stets weiterleben muss oder im Idealfall eine Beschwerdefreiheit erzielbar sein kann.
Aus der von der Klägerin ergänzend begehrten Feststellung ließe sich daher keine Haftung der Beklagten und daher keine Klagsstattgebung rechtfertigen.
Mit anderen Worten bedeutet dies, dass die von der Klägerin dazu begehrte Feststellung ohne weiteres zugrundegelegt werden könnte, ohne dass sich an der zutreffenden rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts etwas ändert.
3. Die Klägerin erachtet weiters jene zu [ b ] hervorgehobenen Feststellungen als unrichtig und begehrt stattdessen folgenden Sachverhalt:
„ Damit ergab sich die grundsätzliche Frage, ob eher in Richtung Operation gegangen wird, um ein weiteres Auftreten der Divertikulitis zu verhindern, oder ob die Klägerin bereit ist, mit diesem Zustand, nämlich dem Risiko eines neuerlichen Auftretens einer Divertikulitis, zu leben. “
Die Beweisrüge zu diesem Punkt ist nicht gesetzmäßig ausgeführt, da die bekämpfte und die stattdessen begehrte Feststellung nicht in einem Alternativ- und Austauschverhältnis stehen. Vielmehr unterscheiden diese sich einzig darin, ob die Klägerin bereit ist, mit dem damaligen Zustand und den andauernden Schmerzen (so das Erstgericht) oder dem Risiko eines neuerlichen Auftretens einer Divertikulitis (so die Klägerin in ihrer Beweisrüge) zu leben. Auch bei einem neuerlichen Auftreten einer Divertikulitis ist mit weiteren Schmerzen zu rechnen. Es kann daher sein, dass in einem entzündungsfreien Intervall gar keine oder nur schwache Schmerzen vorliegend sind. Kommt es jedoch wieder zu einer Entzündung des Dickdarms (der Divertikel), so ist nach den insgesamt vom Erstgericht getroffenen Feststellungen zweifelsfrei mit einem Schmerzzustand zu rechnen. Das Wort „andauernd“ ist daher im Sinne von rezidivierenden Schmerzen zu verstehen.
Die Beweisrüge ist daher zu diesem Punkt nicht gesetzmäßig ausgeführt und nicht weiter zu behandeln.
Wenn die Beweisrüge nämlich bloß Tatsachen zum Gegenstand hat, die bei richtiger rechtlicher Beurteilung nicht von Belang sind (RS0043190), oder wenn der festgestellte und der angestrebte Sachverhalt das gleiche rechtliche Ergebnis nach sich ziehen (RS0042386), muss die Beweisrüge mangels Entscheidungsrelevanz nicht erledigt werden.
4. Anstelle jener Feststellung, wonach die konservative Therapie nicht als gleichwertige Behandlungsalternative zur operativen Behandlung gesehen werden kann [lit c ], begehrt die Klägerin eine Feststellung, wonach dies sehr wohl eine gleichwertige Behandlungsalternative sei.
Die Klägerin argumentiert damit, dass es sich insoweit um eine Rechtsfrage handelt. Diesem Standpunkt kann aber nicht beigetreten werden, da es zur Beurteilung der Frage, ob eine ordnungsgemäße Aufklärung auch über Behandlungsalternativen vorlag, einer ausreichenden Sachverhaltsgrundlage bedurfte. Dabei handelt es sich bei Vor- und Nachteilen von einzelnen medizinischen Behandlungen (operatives Vorgehen oder konservative Behandlung mittels Medikamentengabe) um medizinische Fachfragen, die im vorliegenden Fall der chirurgische Sachverständige ausreichend und schlüssig beantwortet hat. Er kam dabei zum Schluss, dass die konservative Therapie in der bei der Klägerin im August 2021 gegebenen Situation nicht als gleichwertige Behandlungsalternative zur operativen Behandlung gesehen werden kann, da eben bei der konservativen Therapie die – immer wieder zur Entzündung führenden – Divertikel im Körper verblieben wären (vgl S 24 im schriftlichen Gutachten ON 31). Diesem medizinischen Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene stehende, widersprechende Beweisergebnisse liegen nicht vor und werden von der Klägerin auch nicht aufgezeigt. Die Beweisrüge ist daher auch in diesem Punkt nicht berechtigt.
5. In gleicher Weise verhält sich dies mit den von der Klägerin bekämpften Feststellungen zu [ d 1 -d 3 ]. Die Klägerin begehrt stattdessen folgende Feststellungen:
„ Ohne die Operation wären bei der Klägerin diese massiven Obstipationsbeschwerden nicht aufgetreten; vielmehr haben die massiven Obstipationsbeschwerden ihre Ursache in der im August 2021 durchgeführten Operation. “
Die Klägerin argumentiert dazu im Wesentlichen damit, dass sich im Akt keine Anhaltspunkte ergäben, dass bereits vor der Operation eine Schädigung des Darms der Klägerin vorgelegen haben hätte können. Es gebe auch keinerlei Hinweise, dass es vor der Operation zu irgendwelchen Nervenschäden im Bereich des Darms gekommen sein könnte. Die Frage, ob die Obstipationsbeschwerden auch ohne die Operation aufgetreten wären, habe der medizinische Sachverständige schlichtweg nicht beantworten können.
Es mag richtig sein, dass der vom Erstgericht beauftragte chirurgische Sachverständige die tatsächliche Ursache der bei der Klägerin erstmals nach der Operation vorhandenen Verstopfungsbeschwerden nicht klären konnte. Er führte jedoch völlig nachvollziehbar, insbesondere im Rahmen der umfassenden mündlichen Erörterung seines Gutachtens aus, weshalb die bei der Klägerin am 23.8.2021 erfolgte Operation gerade nicht Ursache für eine Verstopfung sein könnte. Diese medizinischen Schlussfolgerungen sind nachvollziehbar und in sich schlüssig. Widersprechende Beweisergebnisse werden auch in der Beweisrüge von der Klägerin nicht aufgezeigt.
Woraus daher die von ihr begehrten Ersatzfeststellungen abzuleiten wären, wird nicht dargestellt. Die gesetzmäßige Geltendmachung des Berufungsgrunds der unrichtigen Beweiswürdigung erfordert auch die bestimmte Angabe, aufgrund welcher Beweisergebnisse die begehrte Feststellung zu treffen gewesen wäre (RS0041835). Dass die zu diesem Punkt gewünschten Ersatzfeststellungen für die Klägerin günstig sein könnten, rechtfertigt allein nicht den Schluss, dass das Erstgericht unvertretbare oder unrichtige Feststellungen getroffen hat. Der vom Erstgericht beigezogene chirurgische Sachverständige hat vielmehr nachvollziehbar dargelegt, dass ein Kausalzusammenhang zwischen Operation und Verstopfungsbeschwerden nicht besteht.
6. Insgesamt sind somit die bekämpften Feststellungen des Erstgerichts Ergebnis einer widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Beweiswürdigung und nicht zu beanstanden. Diese Feststellungen können daher der rechtlichen Beurteilung zugrundegelegt werden.
III. Zur Rechtsrüge
1. Zunächst argumentiert die Klägerin damit, dass es im gegebenen Fall vor der Entscheidung, welche Behandlung durchgeführt werden soll, nämlich ob Operation oder Fortsetzung der konservativen Behandlung, auf die Schmerzlinderung oder Schmerzbeseitigung angekommen sei. Dazu vermisst die Klägerin nachfolgende Feststellungen und macht insoweit einen sekundären Feststellungsmangel geltend:
„ Meist kann durch eine konservative Therapie eine Divertikulitis, wenn sie sich auf die Darmwand beschränkt – wie im vorliegenden Fall -, durch eine konservative Therapie zur Ausheilung gebracht werden. Im Idealfall ist dadurch eine Beschwerdefreiheit erzielbar. “
Die Klägerin übersieht dabei, dass das Erstgericht diesen von ihr begehrten Sachverhalt an anderer Stelle – beinahe wortgleich – konstatiert hat. Das Erstgericht hat nämlich folgendes Festgestellt: „ Die Entzündung kann – wie hier – auf die Darmwand beschränkt ablaufen oder sich in den Bauchraum ausbreiten. Beschränkt sich die Divertikulitis auf die Wand, kann diese meist konservativ zur Ausheilung gebracht werden “ (US 9). Wenn das Erstgericht dabei von einer Ausheilung spricht, so ist bei einer Ausheilung naturgemäß auch eine Beschwerdefreiheit darunter zu verstehen.
Der behauptete sekundäre Feststellungsmangel liegt daher nicht vor.
2. In der Rechtsrüge an sich argumentiert die Klägerin im Wesentlichen damit, dass die Schlussfolgerungen des Erstgerichts, wonach nicht gleichwertige Behandlungsmethoden vorgelegen seien, nicht nachvollziehbar seien. Vielmehr wäre die konservative Therapie im konkreten Fall eine gleichwertige alternative Behandlungsmethode zur durchgeführten Operation gewesen. Die Feststellungen seien derzeit unvollständig und sei daher die Frage der Gleichwertigkeit nicht abschließend beurteilbar.
Hiezu ist zu erwägen:
2.1. Diesem Standpunkt der Klägerin ist nicht beizutreten. Gerade das Gegenteil ist der Fall. Das Erstgericht hat umfassende und ausreichende Feststellungen über sämtliche Vor- und Nachteile der einzelnen Behandlungsalternativen getroffen. Bereits beim ersten Aufklärungsgespräch im Mai 2021 hat der Oberarzt im Krankenhaus der Beklagten die Klägerin über die beiden alternativen Methoden einer Behandlung aufgeklärt und hat sich die Klägerin damals noch für die Fortführung der konservativen Behandlung entschieden.
Nachdem in weiterer Folge die Klägerin beim Kontrolltermin Anfang August 2021 nach wie vor Beschwerden und Schmerzen im Bauchraum hatte (US 10) und sich bei ihr über Wochen und Monate vor der Operation erhebliche Schmerzen im Darmbereich und auch massive Verdauungsgeräusche zeigten und diese Schmerzen die Lebensqualität der Klägerin beeinträchtigten (US 11), wurden die Behandlungsalternativen beim Aufklärungsgespräch am 19.8.2021 neuerlich angesprochen (US 11 f).
2.2. Weshalb die Sachverhaltsgrundlage hier unvollständig sein sollte und die Frage der Gleichwertigkeit nicht abschließend beurteilbar wäre, erschließt sich somit nicht. Dass insgesamt die vom Erstgericht getroffenen und vor allem aus den medizinischen Sachverständigengutachten abgeleiteten Feststellungen für den Rechtsstandpunkt der Klägerin ungünstig sein mögen, rechtfertigt nicht die Annahme, dass weitere – wohl im Sinne der Klägerin anderslautende – Feststellungen zu treffen gewesen wären.
3.Nach ständiger Rechtsprechung umfasst die Verpflichtung des Arztes aus dem Behandlungsvertrag auch die Pflicht, den Patienten über die Art und Schwere sowie die möglichen Gefahren und die schädlichen Folgen einer Behandlung zu unterrichten (RS0038176, RS0026473; 7 Ob 228/11x; ua). Die ärztliche Aufklärung soll den Patienten in die Lage versetzen, die Tragweite seiner Erklärung, in die Behandlung einzuwilligen, zu überschauen (RS0026413).
Wenngleich im Allgemeinen eine Aufklärung des Patienten über mögliche schädliche Folgen einer vorgesehenen Operation bzw eines Eingriffs dann nicht erforderlich ist, wenn die Schäden nur in äußerst seltenen Fällen auftreten, so ist doch auf typische Risikeneiner Operation oder eines Eingriffs ganz unabhängig von der prozentmäßigen statistischen Wahrscheinlichkeit, also auch bei einer allfälligen Seltenheit ihres Eintritts, hinzuweisen (RS0026340; RS0026581 [T2]).
Nach dem vom Erstgericht getroffenen Sachverhalt sind Verstopfungsbeschwerden nach einer Sigmaresektion kein operationsimmanentes Risiko und stehen in keinem Zusammenhang mit der Operation (US 14). Es handelt sich sohin um kein typisches Risiko, weshalb schon aus diesem Grund über das Risiko von möglichen, sodann ab Herbst 2021 bei der Klägerin tatsächlich aufgetretenen Obstipationsbeschwerden nicht aufzuklären war.
4.Richtig ist, dass die Frage, in welchem Umfang der Arzt den Patienten aufklären muss, eine Rechtsfrage ist, die nach den Umständen des Einzelfalls zu beantworten ist (RS0026529 [T18, T20]; 7 Ob 15/14p; ua). Der Arzt muss nicht stets von sich aus alle theoretisch in Betracht kommenden Behandlungsmöglichkeiten oder Operationsmöglichkeiten mit dem Patienten erörtern (RS0026426). Eine Aufklärung über Behandlungsalternativen ist dann erforderlich, wenn für den konkreten Behandlungsfall mehrere medizinisch gleichermaßen indizierte und übliche Behandlungsmethoden zur Verfügung stehen, die gleichwertig sind, aber unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen haben (RS0026426 [T11]; 2 Ob 194/13p; ua).
Im vorliegenden Fall wurden seitens des Oberarztes im Krankenhaus der Beklagten im Zuge der mehrfachen Aufklärungsgespräche sämtliche Behandlungsalternativen angedacht und angesprochen, nämlich einerseits die zunächst versuchte Fortführung einer konservativen (medikamentösen) Behandlung, andererseits die Möglichkeit einer Ernährungsumstellung und schließlich die Variante einer Operation. Geht man vom festgestellten Sachverhalt aus, sind alle Vor- und Nachteile der einzelnen Behandlungsalternativen angesprochen worden. Wenn die Klägerin in ihrer Berufung mehrfach darauf abzielt, dass auch die Fortführung der konservativen Behandlung eine gleichwertige alternative Behandlungsmethode dargestellt hätte, so geht sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Überdies würde selbst dies nichts ändern, da sie über diese andere Behandlungsalternative aufgeklärt wurde und sich die Klägerin zunächst im Mai 2021 noch – dies nach Rücksprache mit ihrem Mann – für die antibiotische Therapie und gegen einen operativen Eingriff entschieden hatte.
5. Die Klägerin argumentiert weiters, dass sich nach dem derzeitigen Sachverhalt die Klägerin bei einem entsprechenden Vorschlag durch den behandelnden Arzt zur Durchführung einer konservativen Therapie entschieden hätte. Dies stellt eine Beurteilung ex post, nämlich mit dem nunmehrigen Wissen der Klägerin dar, zudem unter ihrer subjektiven Meinung, dass die bei ihr bestehenden Verstopfungsbeschwerden auf die Operation zurückzuführen sein müssten.
Nach dem festgestellten Sachverhalt hat der Oberarzt bei den Aufklärungsgesprächen die Klägerin über die alternativen Behandlungsmethoden aufgeklärt, mit ihr bei einem über eine halbe Stunde dauernden Aufklärungsgespräch über sämtliche Vor- und Nachteile der Behandlungsalternativen gesprochen und ihr dann, da eine mehrmonatige konservative Behandlung nicht zur Beschwerdefreiheit führte, die Durchführung einer Operation empfohlen. Der Klägerin stand auch noch vor Durchführung der Operation die Fortführung der alternativen Behandlungsmethode durch konservative Behandlung offen und lag es in ihrem Belieben, genauso wie zum Entscheidungszeitpunkt Anfang Mai 2021 eine der Behandlungsmethoden zu wählen.
Weshalb diese Art der Aufklärung vor Einwilligung der Klägerin in das operative Vorgehen vertrags- und rechtswidrig sein sollte, wird somit nicht ausreichend aufgezeigt.
6. Zusammenfassend sind die vom Erstgericht gezogenen rechtlichen Schlüsse einer vollständigen und umfassenden ärztlichen Aufklärung nicht zu beanstanden. Mangels eines rechtswidrigen kausalen Verhaltens der Ärzte im Krankenhaus der Beklagten hat das Erstgericht ohne Rechtsirrtum die Klagebegehren abgewiesen.
Die Rechtsrüge und damit die Berufung der Klägerin sind insgesamt nicht berechtigt.
IV. Verfahrensrechtliches
1.Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf den Bestimmungen der §§ 50, 41 Abs 1 ZPO. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolgreichen Berufungsbeantwortung richtig und tarifgemäß verzeichnet.
2. Eine Bewertung des Entscheidungsgegenstands konnte schon im Hinblick darauf unterbleiben, dass die Klagsabweisung des Zahlungsbegehrens der Klägerin ebenso Entscheidungsgegenstand des Berufungsverfahrens war und dieses Zahlungsbegehren bereits den Schwellenwert von EUR 30.000,-- übersteigt.
3.Das Berufungsgericht konnte sich bei allen behandelten Fragen auf die zitierte höchstgerichtliche Judikatur stützen. Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO stellten sich bei der vorliegenden, auf den Einzelfall abgestellten und vielfach Tatfragen betreffenden Berufungsentscheidung nicht. Der Umfang der Aufklärungspflicht im Einzelfall hängt überdies stets von den konkreten Umständen ab (RS0026529 [T18, T21, T30, T31], RS0026763 [T1, T2, T5]). Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer (ordentlichen) Revision liegen somit nicht vor.
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