10Bs59/25i – OLG Graz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Richter Dr. Sutter (Vorsitz), Mag a . Haas und Mag. Wieland in der Strafsache gegen A*wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen und schweren, teils durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 2 zweiter Deliktsfall, 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen nach öffentlicher Verhandlung am 9. April 2025 in Anwesenheit des Oberstaatsanwalts Dr. Kirschenhofer sowie des Angeklagten und seiner Verteidigerin Rechtsanwaltsanwärterin Mag. a Aumann
I. über die Berufung der Staatsanwaltschaft Klagenfurt gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 19. Dezember 2024, GZ **-51, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird Folge gegeben und über A* die Freiheitsstrafe von 28 Monaten verhängt.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
II. den Beschluss gefasst:
Zu einer Änderung des Beschlusses besteht kein Anlass.
Text
GRÜNDE:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene A*, Staatsangehöriger der Russischen Föderation, des Verbrechens des gewerbsmäßigen und schweren, teils durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 2 zweiter Deliktsfall StGB (zu I.), des Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 dritter Fall StGB (zu II.) und der Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1, 84 Abs 2 StGB (zu III.) schuldig erkannt und unter Bedachtnahme auf § 28 Abs 1 StGB und in Anwendung des § 39 Abs 1 StGB nach § 130 Abs 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 2 Jahren verurteilt sowie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Kostenersatz verpflichtet. Gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB wurde ihm die Vorhaft von 31. Oktober 2024, 2.21 Uhr, bis 19. Dezember 2024, 16.30 Uhr, angerechnet (ON 51).
Mit gleichzeitig gefasstem Beschluss wurde gemäß § 494a Abs 1 Z 4 iVm § 53 Abs 1 StGB – nach Anhörung des Bewährungshelfers (ON 50,4) und Einsichtnahme in die Abschrift des Beschlusses (ON 13) – die im Verfahrens AZ ** des Landesgerichts Klagenfurt gewährte bedingte Entlassung (Strafrest 1 Monat [siehe ON 13,2]) widerrufen.
Nach dem unbekämpften Schuldspruch hat A*
Auf die vom Erstgericht getroffenen Konstatierungen, insbesondere zu den für die Anwendung des § 39 StGB relevanten Vorstrafen, seine Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Urteilsseiten 3 bis 8 verwiesen (RIS-Justiz RS0124017 [T3]).
Dagegen richtet sich die rechtzeitig angemeldete (ON 51) und ausgeführte (ON 69) Berufung der Staatsanwaltschaft zum Nachteil des Angeklagten mit dem Ziel einer Anhebung der verhängten Freiheitsstrafe.
Der Angeklagte beantragte in seiner Gegenäußerung (ON 70) der Berufung nicht Folge zu geben.
Die Oberstaatsanwaltschaft Graz trat in ihrer Stellungnahme vom 6. März 2025 dem Rechtsmittel bei.
Der Angeklagte erstattete am 19. März 2025 eine Gegenäußerung zur Stellungnahme.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist im spruchgemäßen Umfang berechtigt.
Strafbestimmend ist § 130 Abs 2 StGB mit einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe, der sich zufolge Vorliegens der Voraussetzungen des § 39 Abs 1 StGB auf 7,5 Jahre erhöht.
Erschwerend ist das Zusammentreffen (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB) des Verbrechens des gewerbsmäßigen und schweren, teils durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 2 zweiter Deliktsfall StGB, 15 StGB mit zwei Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1, 84 Abs 2 StGB und einem Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 dritter Fall StGB. Die Tatwiederholung (RIS-Justiz RS0091375 [T6]), die auf Grund der Berücksichtigung der Vorstrafen iSd § 70 Abs 1 Z 3 zweiter Fall StGB ohnedies nicht für die Begründung der Gewerbsmäßigkeit herangezogen wurde (11 Os 91/22z), fällt dem Angeklagten ebenso wie der Widerstand gegen zwei Polizeibeamte ( Riffelin WK² StGB § 32 Rz 77) sowie die Tatbegehung während einer offenen Probezeit nach einer bedingten Entlassung (Pos. 7 der ON 45 [RIS-Justiz RS0090597, RS0090954 [T1], RS0090969 [T13 und T16]) und während eines anhängigen Strafverfahrens (RIS-Justiz RS0119271 [Zeitpunkt der Beschuldigteneinvernahme: 14. März 2024]) sowie nach einem am 11. Jänner 2024, AZ ** des Landesgerichts Klagenfurt, gewährten Strafaufschub nach § 39 Abs 1 SMG (siehe etwa OLG Wien, 22 Bs 114/24m) samt der mehrfachen Qualifikation der Diebstahlsdelinquenz (RIS-Justiz RS0091058, RS0116020) aggravierend zur Last. Die – unter Bereinigung des Zusatzstrafenverhältnis – sechs einschlägigen Vorstrafen (§ 33 Abs 1 Z 2 StGB), deren Heranziehung auch bei Vorliegen der Rückfallsvoraussetzungen nach § 39 Abs 1 StGB nicht gegen das Doppelverwertungsverbot verstößt (vgl RIS-Justiz RS0091623, RS0091527, RS0108868), waren gleich dem raschen Rückfall (RIS-Justiz RS0091041, RS0090981) nach der Verurteilung am 20. Dezember 2023 durch das Landesgericht Klagenfurt, AZ ** ( Riffelin WK² StGB § 33 Rz 11 mwN), als erschwerend zu werten.
Mildernd ist, dass sich der Angeklagte (in Bezug auf die verfahrensgegenständlichen Fakten [ON 50,3]) letztlich umfassend reumütig geständig verantwortete (ON 50,2), wodurch er auch zur Wahrheitsfindung beitrug (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB) und dass ein Großteil der Tathandlungen (I.1; I.2; I.4.a; I.4.b; II. und III.) beim Versuch geblieben ist (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB), wobei der teilweise eingetretene, teils durch eine Versicherung gedeckte (ON 50,3), geringfügige Schaden (ON 5.13; ON 5.2,3; ON 43.14.2,2) den Milderungsgrund leicht entwertet ( Riffelin WK² StGB § 34 Rz 30 mwN; siehe auch RIS-Justiz RS0091081). Die grundsätzlich als mildernd heranzuziehende Tatbegehung zur Förderung der eigenen Suchtgiftabhängigkeit ( Tipold in Leukauf/Steininger, StGB 4 § 34 Rz 30; Riffelin WK² StGB § 35 Rz 4), war im gegenständlichen Fall nicht als mildernd heranzuziehen, weil der Angeklagte die verordneten Therapien nicht eingehalten hat (OLG Linz, 10 Bs 211/24m). Die im Hinblick auf Urteilsfaktum II. und III. durch eine übermäßige Tabletteneinnahme (ON 43.5.7.2,4) ausgelöste Psychose (ON 43.5.7.8,5) war selbstverschuldet und somit nicht als mildernd iSd § 34 Abs 1 Z 1 zweiter Fall StGB zu werten (RIS-Justiz RS0091261).
Ausgehend von den dargestellten Strafzumessungskriterien (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) kann auf Basis der Schuld der Angeklagten (§ 32 Abs 1 StGB) sowie unter Berücksichtigung spezial- und generalpräventiver Erwägungen ( Tipoldin L/St, StGB 4§ 32 Rz 9), insbesondere im Hinblick auf das massiv getrübte Vorleben des Angeklagten, der bereits zahlreiche Freiheitsstrafen wegen völlig gleichgelagerter Diebstahlsdelinquenz verbüßte (vgl ON 45) und trotz Strafaufschubs (§ 39 SMG) neuerlich im engsten Sinn wiederholt einschlägig delinquierte, mit der vom Erstgericht ausgemessenen Sanktion nicht das Auslangen gefunden werden. In Stattgebung der Berufung der Staatsanwaltschaft ist die Freiheitsstrafe daher auf das tat- und schuldangemessene Maß von 28 Monaten anzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.
Zum Beschluss:
Infolge Neubemessung der Strafe ist auch der Widerrufsbeschluss zu prüfen (RIS-Justiz RS0100194; RS0101886; Jerabek/Ropperin WK StPO § 498 Rz 8; Mayerhofer, StPO 5§ 498 E 14). Gemäß § 53 Abs 1 StGB ist im Falle der Verurteilung des Rechtsbrechers wegen einer während der Probezeit begangenen strafbaren Handlung die bedingte Strafnachsicht oder die bedingte Entlassung aus einer Freiheitsstrafe zu widerrufen und die Strafe vollziehen zu lassen, wenn dies in Anbetracht der neuerlichen Verurteilung zusätzlich zu dieser geboten erscheint, um den Rechtsbrecher von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Schon die Tatsache, dass der sechs auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Vorstrafen aufweisende Angeklagte die nun abgeurteilten Taten während offener Probezeiten trotz Betreuung durch die Bewährungshilfe und während eines Strafaufschubs beging, lässt auf eine erhebliche Sanktionsresistenz und eine unveränderte Einstellung des Angeklagten schließen, die ungeachtet der Anhebung der Freiheitsstrafe zusätzlich zur neuerlichen Verurteilung den Widerruf der bedingten Entlassung im Verfahren zum AZ ** des Landesgerichts Klagenfurt erfordert, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten und bei ihm eine nachhaltige Einstellungsumkehr herbeizuführen. Zu einer Änderung des Beschlusses nach § 494a Abs 1 Z 4 StPO besteht daher kein Anlass.