JudikaturOGH

11Os55/25k – OGH Entscheidung

Entscheidung
Strafrecht
01. Juli 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 1. Juli 2025 durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz, Dr. Oberressl, Dr. Brenner und Mag. Riffel in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Ebner als Schriftführerin in der Strafsache gegen * K* wegen Verbrechen der nationalsozialistischen Wiederbetätigung nach § 3g Abs 1 VerbotsG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 14. März 2025, GZ 608 Hv 1/25x 16.2, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde * K* – abweichend von der Anklage – ein es Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs 1 StGB (§ 3g Abs 1 VerbotsG) schuldig erkannt.

[2] Die Geschworenen hatten die jeweils in Richtung eines Verbrechens der nationalsozialistischen Wiederbetätigung nach § 3g Abs 1 VerbotsG gestellten Hauptfragen (1 bis 3) sowie die dazu jeweils gestellten Zusatzfragen (1 bis 3) nach dem Schuldausschließungsgrund der Zurechnungsunfähigkeit (§ 11 StGB) bejaht; ebenso die für diesen Fall in Richtung eines (vgl RIS-Justiz RS0095936) Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs 1 StGB gestellte Eventualfrage (vgl zum Dreifragenschema RIS Justiz RS0100558).

[3] Danach hat er sich am 17. Oktober 2024 in W*, wenn auch nur fahrlässig, durch den Genuss von Alkohol und den Gebrauch eines anderen berauschenden Mittels in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rausch versetzt und sich im Rausch auf andere als die in den §§ 3a bis 3f VerbotsG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, indem er den Nationalsozialismus, dessen typische Parolen und Gesten sowie die Person Adolf Hitlers propagandistisch vorteilhaft darstellte, indem er

1/ mehrmals den rechten Arm zum Hitlergruß hob und dazu die Parole „Sieg Heil“ skandierte,

2/ nachdem er wegen der zu 1/ angeführten Handlung von den einschreitenden Polizeibeamten zur Einstellung seines Verhaltens aufgefordert w orden war , abermals den rechten Arm erhob und „Sieg Heil, Heil Hitler“ skandierte, und

3/ nachdem hinsichtlich der zu 1/ und 2/ angeführten Handlungen seine Abgabe in den Arrest ausgesprochen w orden war und auf den Arrestantenwagen gewartet wurde, die Aussagen „Solange das Deutsche Reich besteht, wird der Zeiger rechts stehen“ und „Unterm Führer hätte es das Ganze so nicht gegeben“ tätigte,

sohin Handlungen begangen, die ihm außer diesem Zustand als die Verbrechen nach § 3g Abs 1 VerbotsG zugerechnet würden, begangen.

Rechtliche Beurteilung

[4] Dagegen richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 8, 10a und 11 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[5] Die Instruktionsrüge (Z 8) bemängelt , der Schwurgerichtshof habe die Geschworenen nicht über den Verwaltungsstraftatbestand des Art III Abs 1 Z 4 EGVG belehrt (vgl Seiten 18 bis 23 der Rechtsbelehrung Beilage ./B), erklärt jedoch nicht , weshalb sich die in Rede stehende Instruktion entgegen § 321 Abs 2 StPO mit diesem – keinen Gegenstand der Fragestellung bildenden (vgl RIS Justiz RS0049613 [T2]) – Verwaltungsstraftatbestand hätte auseinandersetzen müssen ( vgl RIS-Justiz RS0101085 [T1 und T3], RS0101091; Ratz , WK-StPO § 345 Rz 63; 12 Os 203/10k; 14 Os 31/10f). Solcherart genügt die Rüge nicht den Anfechtungskriterien des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes ( Ratz , WK-StPO § 345 Rz 6 5; RIS-Justiz RS0100190 [T1]) .

[6] Die Tatsachenrüge (Z 10a) vermag mit dem Hinweis auf isoliert hervorgehobene Passagen der Angaben der Zeugen * B* (ON 16.1 S 20) und * I* (ON 16.1 S 32), wonach ihnen von einer Dame mitgeteilt worden sei, der Angeklagte habe gepöbelt bzw herumgeschrien, und mit daran anknüpfenden beweiswürdigenden Überlegungen keine erheblichen Bedenken (RIS-Justiz RS0119583 [T7]) gegen die im Wahrspruch der Geschworenen getroffene Feststellung zum Wiederbetätigungsvorsatz des Angeklagten zu wecken (siehe auch RIS-Justiz RS0118780 [T17]).

[7] Die Geltendmachung materiell-rechtlicher Nichtigkeit im geschworenengerichtlichen Verfahren verlangt den Vergleich der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten Tatsachen mit der im Schuldspruch (§ 260 Abs 1 Z 2, § 270 Abs 2 Z 4 iVm § 342 StPO) vorgenommenen Subsumtion (RIS-Justiz RS0101148, RS0101403).

[8] Diesen Anfechtungsrahmen verlässt die Rechtsrüge (Z 11 lit a), indem sie die – mit Blick auf § 7 Abs 1 StGB – in den gestellten Hauptfragen (1 bis 3) hinreichend zum Ausdruck gebrachten und solcherart im Wahrspruch der Geschworenen getroffenen Feststellungen zur inneren Tatseite übergeht (RIS-Justiz RS0113270 [T 4 ]; Lässig , WK-StPO § 312 Rz 10; 11 Os 103/24t [ Rz 8], 14 Os 58/23w [ Rz 14]) und b l oß anhand eigener beweiswürdigender Überlegungen den Standpunkt vertritt , es mangle dem Angeklagten an der erforderlichen subjektiven Tatseite.

[9] Gleiches gilt für die unter Vernachlässigung der im Wahrspruch getroffenen Konstatierungen zur subjektiven Tatseite aufgestellte Behauptung (Z 11 lit a), durch das inkriminierte Verhalten sei lediglich Art III Abs 1 Z 4 EGVG erfüllt (vgl auch 13 Os 85/23h [ Rz 9], 14 Os 58/23w [ Rz 13]; 14 Os 77/23i [ Rz 6], 13 Os 23/22i [ Rz 8] sowie die zur Tatzeit im Oktober 2024 gültige Fassung diese r Verwaltungsstrafbestimmung [BGBl I 2023/177]: „sich auf andere als die in den §§ 3a bis 3g des Verbots g esetzes 1947 […] bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt [...]“).

[10] I m Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur war die Nichtigkeitsbeschwerde daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§§ 344, 285i StPO).

[11] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.