JudikaturOGH

12Os203/10k – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. Januar 2011

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. Jänner 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, Dr. Bachner Foregger und Mag. Michel in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Fischer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Patrick M***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens nach § 3g VG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Patrick M***** gegen das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis als Geschworenengericht vom 23. September 2010, GZ 23 Hv 44/10s 61, sowie über die Beschwerde gegen den unter einem verkündeten Beschluss nach §§ 50, 52 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten Patrick M***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen rechtskräftigen Schuldspruch des Mitangeklagten Patrick K***** enthält, wurde Patrick M***** aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen des Verbrechens nach § 3g VG (1), der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB (2/a und b) und nach § 107 Abs 1 StGB (2/c) sowie der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (3) schuldig erkannt.

Danach hat er sich soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant in Braunau am Inn auf andere als die in §§ 3a bis 3f VG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, indem er

a) am 24. Oktober 2008 im einverständlichen Zusammenwirken mit abgesondert verfolgten Mittätern vor dem Kolpingheim die Hand zum „deutschen Gruß“ erhob, eine Hakenkreuzfahne entrollte und die Lieder „Hängt dem Adolf den Nobelpreis um“ und „Hisst die rote Fahne mit dem Hakenkreuz“ sang;

b) am 19. Oktober 2008 Fotos, auf denen er und Christoph W***** jeweils mit zum „deutschen Gruß“ erhobener Hand vor einer Hakenkreuzfahne abgebildet waren, in die Internetplattform „e*****“ stellte;

c) am 28. Oktober 2008 im einverständlichen Zusammenwirken mit abgesondert verfolgten Mittätern in der Salzburger Vorstadt und im Stadtbachbereich wiederholt „Heil Hitler“ rief und

d) am 22. November 2008 Lieder wie insbesonders „Berlin bleibt deutsch“ der Gruppe Landser, „Heil, Heil“ der Gruppe Leitwolf und „Deutschland“ der Gruppe Nordfront mit nationalsozialistischen und ausländerfeindlichen, im Ersturteil jeweils wiedergegebenen Texten abspielte.

Rechtliche Beurteilung

Die ausdrücklich bloß gegen diese Schuldsprüche gerichtete, aus dem Grund der Z 8 des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Gegenstand der Instruktionsrüge (Z 8) ist der auf die Darlegung der gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlungen, auf welche die Fragen an die Geschworenen gerichtet sind, die Auslegung der in diesen vorkommenden Ausdrücke des Gesetzes, das Verhältnis der Fragen zueinander und die Folgen der Bejahung oder Verneinung jeder Frage bezogene Inhalt der von §§ 321, 323 Abs 1 und 327 Abs 1 StPO genannten Belehrungen. Hinzu kommt, dass die Rechtsbelehrung nach ständiger Judikatur nur insofern angefochten werden kann, als sie Fragen betrifft, die den Geschworenen tatsächlich gestellt worden sind. Dabei ist zu beachten, dass sämtliche nach §§ 321, 323 Abs 1 und 327 Abs 1 StPO zu den beschriebenen Inhalten erteilten Belehrungen eine Einheit bilden, die nur als Ganzes betrachtet richtig oder unrichtig sein kann (RIS Justiz RS0125434; Ratz , WK StPO § 345 Rz 53, 54, 56, 63).

Weshalb die den Geschworenen erteilte Instruktion sich entgegen § 321 Abs 2 StPO mit dem keinen Gegenstand der Fragestellung bildenden Verwaltungs-straftatbestand des Art III Abs 1 Z 4 EGVG auseinandersetzen oder Hinweise auf eine vom Verteidiger in seinem Schlussplädoyer zitierte Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs enthalten hätte müssen, erklärt die Rüge nicht und genügt solcherart nicht den Anfechtungskriterien des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes ( Ratz , WK StPO § 345 Rz 65).

Soweit sie in diesem Zusammenhang einer Unrichtigkeit gleichkommende Unvollständigkeit der Rechtsbelehrung, insbesonders zur für die Subsumtion des Täterverhaltens unter § 3g VG erforderlichen subjektiven Tatseite behauptet, nimmt sie nicht auf die Gesamtheit der Instruktion (vgl dazu insbesonders S 23 iVm S 16 f, 19 f, 21 der Rechtsbelehrung), sondern bloß auf aus dem Zusammenhang gelöste Teile derselben Bezug und verfehlt damit ebenso die Ausrichtung am Verfahrensrecht (RIS Justiz RS0100695).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Linz zur Entscheidung über die Berufung und die implizierte Beschwerde folgt (§§ 285i, 344, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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