19Bs173/25t – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A*wegen Verbrechen der nationalsozialistischen Wiederbetätigung nach § 3g Abs 1 VerbotsG über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 14. März 2025, GZ **– 16.2 , nach der unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten Mag. Baumgartner, im Beisein der Richterinnen Mag. Körber und Dr. Hornich, LL.M. als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Mag. Salfelner, LL.M.sowie in Anwesenheit des Angeklagten A* und seines Verteidigers Mag. Amir Ahmed durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 9. September 2025 zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 9 Monate herabgesetzt.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde A* – abweichend von der Anklage – eines Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs 1 StGB (§ 3g Abs 1 VerbotsG) schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwölf Monaten verurteilt. Mit unter einem gefassten Beschluss wurde vom Widerruf der dem Angeklagten mit Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt zu AZ ** gewährten bedingten Entlassung gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO iVm § 53 Abs 3 StGB abgesehen.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat A* sich am 17. Oktober 2024 in **, wenn auch nur fahrlässig, durch den Genuss von Alkohol und den Gebrauch eines anderen berauschenden Mittels in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rausch versetzt und sich im Rausch auf andere als die in den §§ 3a bis 3f VerbotsG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, indem er den Nationalsozialismus, dessen typische Parolen und Gesten sowie die Person Adolf Hitlers propagandistisch vorteilhaft darstellte, indem er
1./ mehrmals den rechten Arm zum Hitlergruß hob und dazu die Parole „Sieg Heil“ skandierte,
2./ nachdem er wegen der zu 1./ angeführten Handlung von den einschreitenden Polizeibeamten zur Einstellung seines Verhaltens aufgefordert worden war, abermals den rechten Arm erhob und „Sieg Heil, Heil Hitler“ skandierte, und
3./ nachdem hinsichtlich der zu 1./ und 2./ angeführten Handlungen seine Abgabe in den Arrest ausgesprochen worden war und auf den Arrestantenwagen gewartet wurde, die Aussagen „Solange das Deutsche Reich besteht, wird der Zeiger rechts stehen“ und „Unterm Führer hätte es das Ganze so nicht gegeben“ tätigte, sohin Handlungen begangen, die ihm außer diesem Zustand als die Verbrechen nach § 3g Abs 1 VerbotsG zugerechnet würden, begangen. Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht mildernd das Geständnis, erschwerend die Tatbegehung innerhalb offener Probezeit.
Nach Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 1. Juli 2025, GZ 11 Os 55/25k-4, liegt nunmehr die Berufung des Angeklagten (ON 21.2) zur Entscheidung vor.
Rechtliche Beurteilung
Die erstgerichtlichen Strafzumessungsgründe sind zu-nächst dahingehend zu korrigieren, dass die Tatbegehung innerhalb offener Probezeit keinen besonderen Erschwerungsgrund darstellt, sondern sich im Rahmen allgemeiner Strafzumessungserwägungen (§ 32 Abs 2 zweiter Satz StGB) schuldaggravierend auswirkt. Das gilt auch für die Tatbegehung während eines Strafaufschubs nach § 39 SMG.
Da das Erstgericht die Vorstrafen des Angeklagten ohnehin nicht als einschlägig gewertet hat, ist das dies einfordernde Berufungsvorbringen unverständlich. Wenn die verhängte Strafe auch entgegen dem Berufungsvorbringen keinesfalls drakonisch ist, so erscheint sie angesichts der reumütigen geständigen Verantwortung des Angeklagten bei recht besehener Betrachtung doch etwas überhöht, sodass sie auf das spruchgemäße schuld- und tatangemessene, sowohl spezial- als auch generalpräventiven Gründen ausreichend Rechnung tragende Ausmaß herabzusetzen war. Mit dem Einwand, bisher erzielte Therapiefortschritte würden durch die Sanktion zunichte gemacht, ist der Berufungswerber auf die Möglichkeit der Fortsetzung der Entwöhnungsbehandlung im Strafvollzug (§ 68a StVG) zu verweisen. Es wird an ihm selbst liegen, dies zu nutzen.