JudikaturJustiz7Ob733/86

7Ob733/86 – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Januar 1987

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Hule, Dr. Warta und Dr. Egermann als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 4. Dezember 1979 verstorbenen Ferdinand U***, zuletzt wohnhaft Leonding, Gaumbergstraße 90, infolge Revisionsrekurses des Ing. Karl Eugen V***, Landwirt, Linz, Gaumberg 6, vertreten durch Dr. Manfred Meynd und Dr. Domenikus Schweiger, Rechtsanwälte in Linz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 21. August 1986, GZ. 13 a R 434/86-40, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz-Land vom 15. April 1986, GZ. A 693/79-36, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der am 4. Dezember 1979 verstorbene Ferdinand U*** hat in seinem Testament vom 7. Mai 1978 folgendes angeordnet: "Bei meinem Ableben setze ich meine Tochter Lucia als Universalerbin ein. Sollte Lucia ohne Kinder bleiben, fällt der Besitz nach ihrem Ableben an ihre Geschwister oder deren Kinder zu je einer Hälfte zurück". Auf Grund der erwähnten letztwilligen Anordnung wurde der Nachlaß mit Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Linz-Land vom 25. März 1980, A 693/79-12, der Tochter des Erblassers Lucia V*** eingeantwortet. Bei den vererbten Liegenschaften wurde die Beschränkung durch die Nacherbschaftsrechte zugunsten Helene S*** und Ferdinand U*** angemerkt.

Lucia V*** ist am 9. Oktober 1985 verstorben. Sie hinterließ ihren Ehemann Ing. Karl Eugen V*** und ein eheliches Kind, Karl Ferdinand V***, geboren am 12. Mai 1983.

Der Witwer hat auf Grund des Testamentes vom 15. Mai 1984 zum gesamten Nachlaß die bedingte Erbserklärung abgegeben. Am 23. Jänner 1986 gab Ferdinand U***, der Bruder der Vorerbin, im Abhandlungsakt nach seinem verstorbenen Vater auf Grund des Testamentes vom 7. Mai 1978 zum halben Substitutionsnachlaß die unbedingte Erbserklärung ab. Das Erstgericht wies den Antrag des Ferdinand U*** mit der Begründung zurück, für den geltend gemachten Erbanspruch aus dem Titel der Nacherbschaft läge kein Erbrechtstitel mehr vor, weil die Nacherbschaft durch die Geburt des mj. Karl Ferdinand V*** (geb. 12. Oktober 1983) aufgehoben worden sei. Das Rekursgericht änderte die erstgerichtliche Entscheidung dahin ab, daß die Erbserklärung des Ferdinand U*** angenommen wurde. Hiebei vertrat es die Rechtsansicht, nach § 122 AußStrG seien Erbserklärungen auf Grund eines formell gültigen Erbrechtstitels grundsätzlich anzunehmen. Ob sie materiell berechtigt seien, habe nicht das Verlassenschaftsgericht zu prüfen.

Der von Ing. Karl Eugen V*** gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist nicht gerechtfertigt. Richtig ist zwar, daß nach § 614 ABGB eine Substitution, die zweifelhaft ausgedrückt ist, auf eine Art ausgelegt werden muß, durch die die Freiheit des Erben, über das Eigentum zu verfügen, am mindesten eingeschränkt wird. Schon nach ihrem Wortlaut beinhaltet diese Bestimmung jedoch nur eine Auslegungsregel. Der Substitut kann daher beweisen, daß der Erblasser tatsächlich eine den Erben in weiterem Ausmaß beschränkende Verfügung treffen wollte.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 617 ABGB erlischt die von einem Erblasser seinem Kind zur Zeit, da es noch keine Nachkommenschaft hatte, gemachte Substitution, wenn derselbe erbfähige Nachkommen hinterlassen hat. Auch diese Bestimmung beinhaltet nicht ein grundsätzliches Erlöschen der Substitution, sondern ebenfalls nur eine Auslegungsregel. Auch diesbezüglich kann daher der Substitut den Beweis führen, daß der Erblasser die Substitution auch für den Fall aufrecht erhalten wollte, daß der Vorerbe nachträgliche Nachkommenschaft bekommen hat (Kralik, Erbrecht, 201, Welser in Rummel, Rz 1 zu § 617, Weiß in Klang 2 III, 462). Daraus ergibt sich aber, daß durch das bloße Vorhandensein von Nachkommenschaft des Vorerben das Erbrecht des Substituten noch nicht unbedingt erloschen sein muß. Lediglich eine große Wahrscheinlichkeit mag hiefür sprechen.

Nach § 122 AußStrG ist jede in der vorgeschriebenen Form abgegebene Erbserklärung vom Gericht anzunehmen. Eine Zurückweisung der Erbserklärung kommt nur in Betracht, wenn von vornherein zweifelsfrei feststeht, daß ein Erbrecht des Bewerbers nicht besteht (EvBl. 1983/47, NZ 1978, 174, SZ 44/72 ua.). Das Abhandlungsgericht ist nicht berechtigt, über die Auslegung des letzten Willens eine Entscheidung zu treffen (EvBl. 1972/262, SZ 42/69, SZ 34/61 ua.). Eine Erbserklärung ist vielmehr auch dann anzunehmen, wenn es nach dem bei ihrer Abgabe erstatteten Vorbringen wenig wahrscheinlich erscheint, daß das behauptete Erbrecht materiell gerechtfertigt ist (1 Ob 503/81, 6 Ob 502/80 ua.).

Im vorliegenden Fall stützt der Nacherbe seine Erbserklärung auf ein Testament, das grundsätzlich geeignet ist, sein Nacherbrecht zu rechtfertigen. Er hat demnach eine formell gültige Erbserklärung abgegeben. Zugegeben sei dem Revisionsrekurs, daß die materielle Berechtigung des behaupteten Nacherbrechtes nicht sehr wahrscheinlich ist. Ausgeschlossen ist sie allerdings nicht. Ob diese Berechtigung tatsächlich vorliegt, hängt letzten Endes von einer Auslegung des Testamentes ab. Diese Auslegung hat nicht das Verlassenschaftsgericht bei der Prüfung der Frage, ob eine abgegebene Erbserklärung anzunehmen ist, vorzunehmen, sondern nur ein Prozeßgericht, bei dem ein allfälliger Erbrechtsstreit anhängig zu machen wäre.

Rechtssätze
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