JudikaturJustiz7Ob101/12x

7Ob101/12x – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. September 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Dr. Schwarzenbacher und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. E*****gesellschaft mbH, *****, und 2. C***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Georg Rihs, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17 19 und die Nebenintervenientin P***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Nikolaus Weiser, Rechtsanwalt in Wien, wegen 286.177,91 EUR sA, über die Rekurse der klagenden und der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. März 2012, GZ 16 R 104/07t 44, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 20. März 2007, GZ 30 Cg 1/07y 12, teilweise aufgehoben und die Klage teilweise zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben und der Beschluss des Berufungsgerichts in seinem Punkt II.1 (Zurückweisung der Klage hinsichtlich eines Begehrens von 215.511,48 EUR samt 4 % Zinsen seit 1. 1. 2002) bestätigt.

Dem Rekurs der beklagten Partei wird Folge gegeben. Punkt II.2 und die Kostenaussprüche des angefochtenen Beschlusses werden dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts in diesem Umfang (Abweisung von 70.663,43 EUR samt 4 % Zinsen seit 1. 1. 2002) und im Kostenpunkt wiederhergestellt wird.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit 14.430,41 EUR (darin enthalten 5.188 EUR an Barauslagen) und der Nebenintervenientin die mit 8.595,59 EUR (darin enthalten 1.432,59 EUR an USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Anträge der Klägerinnen,

- vom Verwaltungsgerichtshof die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheids des Bundesvergabeamts vom 14. 7. 2006 (soweit der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Erfordernisses „gültige Exportgenehmigung“ abgewiesen wurde) gemäß § 341 Abs 4 BVergG 2006 zu begehren und

- dem Europäischen Gerichtshof einen Antrag zur Vorabentscheidung zur Auslegung der Richtlinie 89/665/EWG vorzulegen,

werden zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der beklagte Bund (Bundesministerium für Land und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft; Bezirkshauptmannschaft des Verwaltungsbezirks Wiener Neustadt) schrieb mit europaweiter Bekanntmachung vom 21. 9. 2001 in einem nicht offenen Verfahren die „Sanierung der A*****“ aus. Die Nebenintervenientin ist die Gesamtrechtsnachfolgerin der bei der Abwicklung des Vergabeverfahrens beratend tätigen Gesellschaft. Das Ende der Bewerbungsfrist wurde mit 30. 10. 2001, das Ende der Anbotsfrist mit 26. 2. 2002 festgelegt. Gegenstand der Ausschreibung war die Räumung einer mit vorwiegend hausmüllähnlichen und mineralischen Abfällen verfüllten ehemaligen Kiesgrube und des kontaminierten Untergrundes sowie der Transport und die Entsorgung der geräumten Abfälle. Sowohl Bewerber als auch Bietergemeinschaften wurden zugelassen. Unter Punkt C der Unterlagen für den Teilnahmeantrag (Eignungskriterien und Nachweise) wurde hinsichtlich des Nachweises der Befugnis (Punkt C.2.) unter anderem gefordert: „Nachweis der Befugnis 'Baumeister' gemäß § 202 GewO 1994 BGBl Nr 194/1994 idgF oder gleichwertige Befugnis für die durchzuführenden Arbeiten im Sitzstaat des Unternehmens.“ Zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit im Hinblick auf die Entsorgung wurde in Punkt C.4.2. festgehalten: „Im Falle einer Verbringung zu nicht in Österreich liegenden Anlagen wird zusätzlich das Vorliegen einer gültigen Exportgenehmigung für die im gegenständlichen Projekt anfallenden Abfallfraktionen gefordert. Diese kann auch nach Ablauf der Bewerbungsfrist spätestens bis zum Tag der Angebotsabgabe nachgereicht werden.“

Die Klägerinnen hatten die Absicht, sich gemeinsam als Bietergemeinschaft am Vergabeverfahren zu beteiligen. Auf ihre Anfrage teilten Repräsentanten des Beklagten klarstellend mit, dass bei allen Mitgliedern einer Bietergemeinschaft die Befugnis eines Baumeisters nach § 202 GewO oder eines Bauträgers nach § 225 GewO erforderlich sei. Die Klägerinnen beteiligten sich letztlich am Vergabeverfahren nicht, weil sie nicht beide über eine „aufrechte Baumeisterbefugnis“ und über keine „gültige Exportgenehmigung“ verfügten.

Mit Schriftsatz vom 12. 11. 2001 (also nach Ablauf der Bewerbungsfrist, aber vor Ende der Anbotsfrist) beantragten die Klägerinnen beim Bundesvergabeamt unter anderem die Nichtigerklärung der Auftraggeberentscheidungen, dass die Befugnis Baumeister für alle Mitglieder einer Bewerber /Bietergemeinschaft vorhanden sein müsse und dass im Fall einer Verbringung zu nicht in Österreich liegenden Anlagen das Vorliegen einer gültigen Exportgenehmigung spätestens zum Tag der Anbotsabgabe gefordert werde. Hilfsweise wurde beantragt, die gesamte Ausschreibung für nichtig zu erklären.

Mit Bescheid vom 28. 1. 2002 wies das Bundesvergabeamt alle Anträge auf Nichtigerklärung der Auftraggeberentscheidungen ab. Gegen diesen Bescheid erhoben die Klägerinnen am 8. 3. 2002 Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

Am 29. 4. 2002 wurde der Zuschlag erteilt. Dieser wurde am 27. 6. 2002 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Mit Erkenntnis vom 21. 6. 2004, B 531/02 8, hob der Verfassungsgerichtshof den Bescheid des Bundesvergabeamts in den Spruchteilen auf, die sich auf die Nachweise der Baumeisterbefugnis und der gültigen Exportgenehmigung beziehen. Durch das Verlangen einer Baumeisterbefugnis bei allen Mitgliedern einer Bewerber /Bietergemeinschaft werde das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt. Hinsichtlich des Verlangens einer gültigen Exportgenehmigung sei es unterlassen worden, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wie bereits während eines Vergabeverfahrens zur Räumung einer Deponie ein entsprechendes Notifizierungsverfahren betreffend den erst im Zuge der Räumung zu bergenden Abfall durchgeführt werden könne. Im Übrigen wies der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde ab.

Im weiteren Verfahren vor dem Bundesvergabeamt stellten die Klägerinnen mit Schriftsatz vom 11. 5. 2005 die Feststellungsanträge, dass die in den Teilnahmeunterlagen enthaltenen Forderungen, dass ein jedes Mitglied einer Bewerber /Bietergemeinschaft eine Baumeisterbefugnis haben müsse und dass die Bieter spätestens zum Tag der Anbotsabgabe über eine gültige Exportgenehmigung verfügen müssten, rechtswidrig seien.

Mit Schriftsatz vom 2. 11. 2005 „ergänzten“ die Klägerinnen ihre Anträge dahin, dass das Bundesvergabeamt weiters feststellen möge, dass wegen eines Verstoßes gegen das Bundesvergabegesetz (BVergG) der Zuschlag nicht dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt worden sei.

Der Beklagte beantragte in der Stellungnahme vom 20. 3. 2006 die Zurückweisung, hilfsweise die Abweisung der in den beiden zuletzt genannten Schriftsätzen enthaltenen Anträge. Für den Fall, dass das Bundesvergabeamt von der Durchführung eines Feststellungsverfahrens nach § 162 Abs 3 BVergG 2002 ausgehe, werde die Feststellung begehrt, die Klägerinnen hätten auch bei Einhaltung der Bestimmungen des BVergG 1997, hilfsweise des BVergG 2002, und der hiezu ergangenen Verordnungen keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlags gehabt.

Mit Schriftsatz vom 19. 4. 2006 beantragten die Klägerinnen die Abweisung dieses Antrags.

Mit Bescheid vom 14. 7. 2006 sprach das Bundesvergabeamt aus:

„I.

Den Anträgen, ' die in Punkt 10.2 Teilnahmeunterlagen (S 26) und in der Anfragebeantwortung vom 18. 10. 2001 (zur Frage 1) enthaltene Forderung nach dem Nachweis der Befugnis Baumeister für alle Mitglieder einer Bewerber /Bietergemeinschaft' sowie ' die in den Teilnahmeunterlagen enthaltene Forderung, dass im Fall einer Verbringung zu nicht in Österreich liegenden Anlagen das Vorliegen einer gültigen Exportgenehmigung spätestens zum Tag der Angebotsabgabe zu erbringen ist (Teilnahmeunterlagen, S 28), für nichtig zu erklären', wird insofern stattgegeben, als festgestellt wird, dass wegen eines Verstoßes gegen das BVergG 2002, nämlich der Forderung, dass sämtliche Mitglieder einer Bewerber /Bietergemeinschaft über die Befugnis 'Baumeister' zu verfügen haben, der Zuschlag nicht dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde.

...“

Das darüber hinausgehende Begehren hinsichtlich der „gültigen Exportgenehmigung“ wies das Bundesvergabeamt ab. Den Antrag des Beklagten festzustellen, dass die Klägerinnen auch bei Einhaltung der Bestimmungen des BVergG 1997 und 2002 sowie der hiezu ergangenen Verordnungen keine echte Chance auf Zuschlagserteilung gehabt hätten, wies es ebenfalls ab.

Da bereits die Zuschlagserteilung erfolgt sei, sei das Bundesvergabeamt nicht mehr zur Nichtigerklärung rechtswidriger Auftraggeberentscheidungen zuständig. Seine Entscheidung sei auf die Feststellung von Rechtsverstößen zu beschränken. Das bisherige Nachprüfungsverfahren habe sich durch die Zuschlagserteilung ex lege in ein Feststellungsverfahren umgewandelt. Entsprechend den Ausführungen des Verfassungsgerichtshofs sei davon auszugehen, dass die Bietergemeinschaft nur in ihrer Gesamtheit über die erforderlichen Befugnisse verfügen müsse. Aus diesem Grund sei die Festlegung in der Ausschreibung, wonach alle Mitglieder einer Bewerber /Bietergemeinschaft über die Gewerbeberechtigung eines Baumeisters zu verfügen hätten, als überschießend und dem BVergG 2002 widersprechend anzusehen. Die Teilnahmeunterlagen seien daher in diesem Punkt rechtswidrig. Da die Bestbieterermittlung somit unter anderen Voraussetzungen durchzuführen gewesen wäre, sei nicht auszuschließen, dass der Zuschlag einem anderen Bieter erteilt worden wäre. Das Bundesvergabeamt sei auch im Fall des § 175 Abs 2 BVergG 2002 dazu berufen, eine Feststellung im Sinn des § 162 Abs 3 BVergG 2002 zu treffen; ansonsten bleibe ungewiss, ob ein solcher Ausspruch für die Geltendmachung eines Schadenersatzanspruchs im Sinn des § 184 Abs 2 BVergG 2002 ausreiche. Zum Nachprüfungsantrag hinsichtlich der Forderung nach dem Vorliegen einer gültigen Exportgenehmigung führte das Bundesvergabeamt aus, es sei den Klägerinnen nach den gesetzlichen Bestimmungen und der Verwaltungspraxis möglich gewesen, die Genehmigung zu erwirken und das Notifizierungsverfahren innerhalb der Angebotsfrist abzuschließen. Diese Bestimmung in den Teilnahmeunterlagen sei nicht rechtswidrig.

Die Klägerinnen erhoben gegen den abweisenden Teil des Bescheids Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, der bis zum Zeitpunkt Schluss der Verhandlung erster Instanz darüber noch nicht entschieden hatte.

Das bereits vor diesem Vergabeverfahren eingeleitete (erste) Vergabeverfahren wurde widerrufen. Die Klägerinnen beteiligten sich an der ersten Ausschreibung, erwirkten jedoch keinen Bescheid des Bundesvergabeamts, wonach der Widerruf der Ausschreibung rechtswidrig gewesen sei.

Die Klägerinnen begehren mit der am 2. 1. 2007 eingebrachten Klage den Klagsbetrag (offenbar zur ungeteilten Hand), hilfsweise den Zuspruch von 129.012,01 EUR an die Erstklägerin und von 157.165,90 EUR sA an die Zweitklägerin, an Ersatz der (frustrierten) Kosten für getätigte Aufwände im Vergabeverfahren, die ihnen durch die rechtswidrigen Ausschreibungsbestimmungen des Beklagten hinsichtlich der verlangten „Baumeisterbefugnis“ (diese Bestimmung sei von den Klägerinnen mit Erfolg bekämpft worden) und „Exportgenehmigung“ (dazu sei eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof anhängig) entstanden seien. Sie seien daran gehindert worden, sich am Vergabeverfahren zu beteiligen und ein Anbot abzugeben, wodurch die geltend gemachten Rechtsverfolgungskosten notwendig geworden seien, um den Feststellungsbescheid des Bundesvergabeamts zu erwirken. Der weit überwiegende Teil der Kosten beziehe sich auf die Prüfung, welche Ansprüche den Klägerinnen insgesamt zustünden. Der Schadenersatzanspruch werde nicht nur auf den Beteiligungskostenersatz gegründet, sondern auch auf jeden anderen erdenklichen Rechtsgrund, insbesondere auf culpa in contrahendo.

Der Beklagte beantragt die Klagsabweisung. Die Klägerinnen hätten kein Anbot und keinen Teilnahmeantrag gestellt, sodass sie am Vergabeverfahren nicht beteiligt gewesen seien. Es treffe den Beklagten kein Verschulden. Die Ausschreibungsforderung nach dem Baumeistergewerbe bei jedem Mitglied einer Bietergemeinschaft sei zunächst auch vom Bundesvergabeamt als rechtmäßig erkannt worden. Der Verfassungsgerichtshof habe außerdem zum Ausdruck gebracht, dass in dieser Frage Argumentationsspielraum bestehe. Da die Klägerinnen eine ausreichende Entsorgungskapazität nicht nachweisen hätten können und nicht über entsprechende Exportbewilligungen verfügten, sei die als rechtswidrig erkannte Anforderung für den allfälligen Schaden nicht kausal gewesen. Die Klägerinnen seien nämlich auch aus diesem Grund nicht in der Lage gewesen, ein Anbot zu legen. Mangels eines entsprechenden Feststellungsbescheids sei zur Frage des Erfordernisses einer Exportgenehmigung gemäß § 341 Abs 2 BVergG 2006 der Rechtsweg unzulässig. Auch wenn der Bescheid angefochten worden sei, gehöre er nach wie vor zum Rechtsbestand. Zudem sei ein allfälliger Schadenersatzanspruch der Klägerinnen verjährt.

Die Nebenintervenientin beantragt die Klagsabweisung. Sie schloss sich im Wesentlichen dem Vorbringen des Beklagten an.

Das Erstgericht wies das Haupt und das Eventualbegehren ab. Gemäß § 345 Abs 1 Z 1 BVergG 2006 seien auf die nach dem 1. 2. 2006 eingebrachte Klage ausschließlich die Bestimmungen des BVergG 2006 anzuwenden. Die Klägerinnen könnten sich nur auf die Rechtswidrigkeit der Ausschreibungsforderung „Baumeisterbefugnis“ stützen, weil in diesem Umfang die Rechtswidrigkeit der Forderung durch Bescheid ausgesprochen worden sei. Die Klägerinnen hätten sich jedoch auch deshalb nicht am Vergabeverfahren beteiligen können, weil es ihnen nicht möglich gewesen sei, den weiters geforderten Nachweis des Vorliegens einer gültigen Exportgenehmigung zur Entsorgung der Abfälle in nicht in Österreich gelegenen Entsorgungsanlagen spätestens im Zeitpunkt der Anbotslegung zu erbringen. Dieses Erfordernis sei nicht für rechtswidrig erklärt worden. Seien Bewerber aus mehreren Gründen an der Beteiligung an einem Vergabeverfahren gehindert, von denen bloß ein einziger dem Auftraggeber als Verstoß gegen das BVergG 2006 anzulasten sei, erscheine es unbillig, ihm dennoch den Ersatz der Beteiligungskosten nach § 338 Abs 1 BVergG 2006 zu gewähren. Hinzu komme, dass Beteiligungskostenersatz nach § 338 Abs 1 BVergG 2006 nur die Kosten der Anbotstellung und die Kosten der Ausschreibungsunterlagen umfasse, nicht jedoch die Kosten des Nachprüfungsverfahrens. Da die Klägerinnen zuletzt klargestellt hätten, dass sie sich am Vergabeverfahren gar nicht beteiligt hätten, seien ihnen auch keine Kosten für eine Anbotstellung, sondern nur für die Vorbereitung dieses Prozesses (insbesondere zur Erwirkung des Feststellungsbescheids des Bundesvergabeamts) entstanden. Der Anspruch bestehe auch nicht aus dem Titel der culpa in contrahendo zu Recht.

Das Berufungsgericht stellte zunächst mit seinem Beschluss vom 11. 7. 2007, GZ 16 R 104/07t 18, gemäß § 341 Abs 4 BVergG 2006 iVm Art 131 Abs 2 B VG beim Verwaltungsgerichtshof den Antrag, die Rechtswidrigkeit des Spruchteils I des Bescheids des Bundesvergabeamts wie vorhin wörtlich zitiert festzustellen. Das Berufungsverfahren wurde bis zum Einlangen des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofs unterbrochen.

Mit Erkenntnis vom 26. 11. 2010, 2007/04/0162 10, entschied der Verwaltungsgerichtshof : „Gemäß § 341 Abs 4 BVergG 2006 wird festgestellt, dass der angefochtene Bescheid in seinem Spruchteil I, soweit mit diesem festgestellt wurde, dass der Zuschlag nicht dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt worden sei, rechtswidrig ist.“ Im Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Erkenntnisses vom 21. 6. 2004 sei das BVergG 2002 in Geltung gestanden, am 1. 2. 2006 sei das BVergG 2006 in Kraft getreten. Gemäß § 345 Abs 4 BVergG 2006 seien Verfahren, die (wie hier) beim Bundesvergabeamt im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits anhängig gewesen seien, nach den Bestimmungen des BVergG 2002 fortzuführen. Gemäß § 188 Abs 3 dritter Satz BVergG 2002 seien Verfahren vor dem Bundesvergabeamt, in welchen (wie hier) ein Bescheid des Bundesvergabeamts nicht vor dem 1. 9. 2002 durch den Verfassungs oder Verwaltungsgerichtshof aufgehoben worden sei, nach den Bestimmungen des BVerG 2002 fortzuführen. Das Bundesvergabeamt habe daher das Vergabekontrollverfahren bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheids nach den Bestimmungen des BVergG 2002 zu führen, sodass es gemäß § 175 Abs 2 BVergG 2002 bloß festzustellen habe, ob die angefochtene Entscheidung des Auftraggebers rechtswidrig gewesen sei. Davon sei die Frage zu unterscheiden, nach welchen (materiell rechtlichen) Vorschriften das Bundesvergabeamt die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Auftraggebers zu beurteilen habe. Da der Auftraggeber das Vergabeverfahren nach den Bestimmungen des BVergG 1997 zu führen habe, habe die belangte Behörde die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung des Auftraggebers (Teilnahmeunterlagen) nach den Bestimmungen des BVergG 1997 zu beurteilen. Im Bescheid sei zwar die unrichtige Gesetzesstelle genannt worden (BVergG 2002), doch führe dies nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheids. Er stelle in der Begründung auf die richtigen Bestimmungen aus dem BVergG 1997, die im Wesentlichen soweit hier relevant inhaltsgleich mit jenen des BVergG 2002 seien, ab. Schon infolge Bindung an das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs habe das Bundesvergabeamt zum Ergebnis gelangen müssen, dass die bekämpfte Forderung nach einer Baumeisterbefugnis bei allen Mitgliedern einer Bieter-/Bewerbergemeinschaft rechtswidrig sei.

Der Rechtsansicht des Bundesvergabeamts, dass auch im Fall des § 175 Abs 2 BVergG 2002 eine Feststellung gemäß § 162 Abs 3 BVergG 2002 zu erfolgen habe, weil dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden könne, er habe zwei verschiedene Arten von Feststellungsentscheidungen vorsehen wollen und weil die Feststellung, ob „der Zuschlag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde“, eine notwendige Voraussetzung für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gemäß § 184 Abs 2 BVergG 2002 sei, sei nicht zu folgen. Der Antrag der Klägerinnen habe die Nichtigerklärung der Teilnahmeunterlagen betroffen. Daher habe auch Gegenstand der Feststellung nach § 175 Abs 2 BVergG 2002 nur die Rechtswidrigkeit dieser Teilnahmeunterlagen sein können, nicht aber die Rechtswidrigkeit einer anderen Entscheidung des Auftraggebers. Der Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheids erweise sich im hier angefochtenen Umfang daher als rechtswidrig, weil die belangte Behörde festgestellt habe, „der Zuschlag“ sei nicht dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt worden, obwohl Gegenstand ihrer Feststellung gemäß § 175 Abs 2 BVergG 2002 nur die Rechtmäßigkeit der Teilnahmeunterlagen habe sein können. An diesem Ergebnis ändere der (ergänzende) Antrag der Klägerinnen vom 2. 11. 2005 nichts, mit dem genau dieses begehrt worden sei, weil er nicht fristgerecht eingebracht worden sei. Der Zuschlag sei nämlich am 29. 4. 2002 erteilt und am 27. 6. 2002 im Amtsblatt veröffentlicht worden, sodass der Feststellungsantrag vom 2. 11. 2005 außerhalb der sechswöchigen Antragsfrist der §§ 113 Abs 3 iVm 115 Abs 4 BVergG 1997 (ebenso § 168 Abs 2 BVergG 2002) eingebracht worden sei. Der Verwaltungsgerichtshof teile auch nicht die Ansicht der belangten Behörde, dass es aus Rechtsschutzüberlegungen notwendig sei, die gemäß § 175 Abs 2 BVergG 2002 vorgesehene Feststellung in eine Feststellung, ob der Zuschlag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt worden sei, umzudeuten, um die Voraussetzungen des § 184 Abs 2 BVergG 2002 für eine Schadenersatzklage zu schaffen. Der Verwaltungsgerichtshof habe nämlich bereits im Erkenntnis vom 1. 3. 2005, 2003/04/0199 (unter Hinweis auf das Erkenntnis 2004/04/0012) ausgesprochen, dass die Vergabekontrollbehörde gemäß § 175 Abs 2 BVergG 2002 als Voraussetzung für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen festzustellen habe, ob die angefochtene Entscheidung des Auftraggebers rechtswidrig gewesen sei. Damit sei im Sinn des Art 2 Abs 1 lit c der RL 89/665/EWG des Rates vom 21. 12. 1989 sicher gestellt, dass demjenigen, der durch einen Rechtsverstoß geschädigt worden sei, Schadenersatz zuerkannt werden könne (vgl dazu auch EuGH 30. 9. 2010, Rs C 314/09, Stadt Graz gegen Strabag Rn 32 f). Der bekämpfte Bescheid erweise sich daher deshalb als rechtswidrig, weil die belangte Behörde abweichend vom Nachprüfungsantrag vom 12. 11. 2001, der sich gegen die Teilnahmeunterlagen des Auftraggebers gerichtet habe über den Zuschlag des Auftraggebers abgesprochen und somit die Sache des Vergabekontrollverfahrens überschritten habe.

Im fortgesetzten Berufungsverfahren hob das Berufungsgericht aus Anlass der Berufung infolge des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofs das Ersturteil und das diesem vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück, weil durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs die Prozessvoraussetzung Vorliegen eines die Rechtswidrigkeit feststellenden Bescheids weggefallen sei.

Der Oberste Gerichtshof gab mit seiner Entscheidung 7 Ob 129/11p dem Rekurs der Klägerinnen Folge, behob den Beschluss des Berufungsgerichts und trug ihm die Entscheidung über die Berufung unter Abstandnahme vom gebrauchten Klagszurückweisungsgrund auf. Der Verwaltungsgerichtshof habe den bekämpften Spruchteil nur so weit aufgehoben, als er sich auf die Zuschlagserteilung bezog. Der übrige Spruchteil, nämlich die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Forderung des Auftraggebers nach einer „Baumeisterbefugnis“ hinsichtlich sämtlicher Mitglieder einer Bewerber /Bietergemeinschaft, sei aufrecht geblieben. Die Prozessvoraussetzung des Vorliegens eines positiven Feststellungsbescheids sei gegeben.

Das Berufungsgericht führte eine mündliche Berufungsverhandlung durch und forderte die Klägerinnen zwecks Prüfung der Zulässigkeit des Rechtswegs auf, eine Aufschlüsselung der geltend gemachten Kosten bis zur Zuschlagserteilung vom 29. 4. 2002 vorzunehmen.

Die Klägerinnen führten aus, dass vom Klagsbetrag auf den Zeitraum bis zur Zuschlagserteilung vom 29. 4. 2002 70.666,43 EUR entfielen (davon 27.209,41 EUR auf die Erstklägerin und 43.457,02 EUR auf die Zweitklägerin), ab dem Zeitpunkt der Zuschlagserteilung 215.511,48 EUR (193.302,60 EUR auf die Erstklägerin und 22.208,88 EUR auf die Zweitklägerin). Der Bescheid des Bundesvergabeamts vom 14. 7. 2006 betreffend die Forderung nach einer gültigen Exportgenehmigung für Abfälle sei rechtswidrig; es hätten der genaue Ursprung und die genaue Zusammensetzung der zu verbringenden Abfälle notifiziert werden müssen.

Der Beklagte brachte vor, dass der Verwaltungsgerichtshof mittlerweile mit Beschluss vom 26. 11. 2010, zu Zl 2006/04/0154 13, die Behandlung der Beschwerde der Klägerinnen gegen den abweisenden Teil des Bescheids des Bundesvergabeamts vom 14. 7. 2006 (Vorliegen einer gültigen Exportgenehmigung) mangels Vorliegens einer Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukomme, abgelehnt habe.

Das Berufungsgericht verwarf nun in der neuerlichen Entscheidung die Berufung, soweit Nichtigkeit geltend gemacht wurde (Punkt I), hob aus Anlass der Berufung das Ersturteil „im Umfang von 215.511,48 EUR sA“ als nichtig auf und wies die Klage in diesem Umfang zurück (Punkt II.1); im Übrigen („im Umfang von 70.663,43 EUR sA“) gab es der Berufung Folge, hob das angefochtene Urteil in diesem Umfang auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück (Punkt II.2). Die Klägerinnen seien Bewerber nach § 20 Z 8 BVergG 1997 und § 20 Z 9 BVergG 2002. Das Verschulden am Verstoß sei beim öffentlichen Auftraggeber zu vermuten; er könne sich nicht auf das Fehlen individueller Fähigkeiten und damit auf mangelnde subjektive Vorwerfbarkeit des behaupteten Verstoßes berufen. Beim Beteiligungskostenersatzanspruch komme es auf die Kausalität der Rechtsverletzung für den Schaden nicht an. Insofern werde durch § 338 BVergG 2006 eine Anspruchsgrundlage eigener Art festgelegt. Die Regelung solle den Bieter vom Nachweis befreien, dass er ohne den Verstoß den Zuschlag erhalten hätte. Nur dann, wenn festgestellt worden wäre, dass die Klägerinnen bei Einhaltung des BVergG keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlags gehabt hätten, könnte ihnen der Ersatzanspruch nach § 338 Abs 2 BVergG 2006 verweigert werden. Der Rechtsweg sei zwar für das Begehren auf Ersatz der Kosten im Zusammenhang mit einem auf Nichtigerklärung einer vergaberechtswidrigen Ausschreibung gerichteten Verfahren zulässig, weil dieses Verfahren typischerweise dazu diene, die Ausschreibung zu beseitigen und die ausschreibende Stelle zu einer gesetzmäßigen (neuen) Ausschreibung zu verhalten. Dies treffe jedoch nicht für die Kosten nach Zuschlagserteilung zu, weil es sich dabei um rein vorprozessuale Kosten handle, für deren Geltendmachung der Rechtsweg nicht zulässig sei. Die Klägerinnen stützten zwar ihr Klagebegehren auch auf culpa in contrahendo, darauf sei aber nicht einzugehen, weil der Anspruch dem Grunde nach bereits auf § 338 BVergG 2006 gestützt werden könne. Im Sinn der Erörterung des Berufungsgerichts in der mündlichen Berufungsverhandlung müsse die Klage, die sich auf die Geltendmachung von Kosten nach Zuschlagserteilung beziehe, mangels Zulässigkeit des Rechtswegs zurückgewiesen werden.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO zulässig sei, weil Judikatur zum Anspruch auf Ersatz der Kosten der Nichtigerklärung einzelner Ausschreibungsbedingungen im Vergabeverfahren, wenn im Nachprüfungsverfahren nur die Rechtswidrigkeit einer von mehreren bekämpften Ausschreibungsbedingungen festgestellt worden sei, fehle.

Der Rekurs der Klägerinnen richtet sich gegen Punkt II.1 der Entscheidung des Berufungsgerichts, womit ihre Klage zum Teil zurückgewiesen wurde. Sie beantragen, den Beschluss in diesem Umfang aufzuheben und dem Berufungsgericht die Fällung einer meritorischen Entscheidung aufzutragen.

Der Rekurs des Beklagten wendet sich gegen Punkt II.2 der Entscheidung des Berufungsgerichts, womit das erstinstanzliche Urteil teilweise aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen wurde, und beantragt, den Spruchteil dahin abzuändern, dass das erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt werde. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

In ihren Rekursbeantwortungen beantragen die Parteien und die Nebenintervenientin, dem jeweiligen Rekurs der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Die Klägerinnen beantragen darüber hinaus in ihrer Rekursbeantwortung, auf Grund begründeter Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Spruchteils I des Bescheids des Bundesvergabeamts vom 14. 7. 2006 vom Verwaltungsgerichtshof die Feststellung der Rechtswidrigkeit dieses Bescheids gemäß § 341 Abs 4 BVergG 2006 zu begehren, hilfsweise den Sachverhalt im Hinblick auf das Erfordernis der Exportbewilligung dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung zur Auslegung der RL 89/665/EWG vorzulegen.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurse sind zulässig. Der Rekurs der Klägerinnen ist nicht berechtigt. Dem Rekurs des Beklagten hingegen kommt Berechtigung zu.

Vorweg ist festzuhalten, dass weder das Erstgericht noch das Berufungsgericht im Spruch über das Eventualbegehren entschieden haben. Die Klägerinnen rügten dies nicht und stellten keinen Urteilsergänzungsantrag. Sie gehen darauf auch in ihrem Rekurs nicht ein. Abgesehen davon, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts über das Eventualbegehren konsequenterweise nicht anders lauten könnte als die Entscheidung über das Hauptbegehren, kann daher dahingestellt bleiben, ob die Vorinstanzen über das Eventualbegehren entsprechend dem Hauptbegehren entschieden haben und bloß ein Urteilsberichtigungsfall vorliegt oder ob das Begehren mangels Antragstellung der Klägerinnen aus dem Verfahren ausgeschieden ist (RIS Justiz RS0041490). Vom Obersten Gerichtshof ist auf das Eventualbegehren nicht einzugehen.

Zu beiden Rekursen:

Mit 1. 4. 2012 traten die Änderungen des BVergG 2006 durch BGBl I 10/2012 in Kraft. Nach § 145 Abs 3 BGBl I 10/2012 sind die nach den Bestimmungen des BVergG 2006 eingeleiteten Vergabeverfahren nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen. Diese Übergangsbestimmung entspricht § 345 Abs 4 BVergG 2006 aF, nach dem die beim Bundesvergabeamt im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes bereits anhängig gewesenen Verfahren nach den Bestimmungen des BVergG 2002 fortzuführen sind.

Die Übergangsbestimmungen beziehen sich ihrem Wortlaut nach somit nur auf Verfahren beim Bundesvergabeamt, also auf Verfahren, die auf die Beurteilung der Rechtswidrigkeit des Verhaltens der ausschreibenden Stellen gerichtet sind. Die Frage, ob die Übergangsbestimmungen analog auch auf das gerichtliche Verfahren zur Beurteilung von Schadenersatzansprüchen anzuwenden sind oder ob die jeweils im Entscheidungszeitpunkt geltende Fassung des BVergG relevant ist, kann für den vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, weil soweit hier entscheidungsrelevant durch die Novellen keine Änderung der Rechtslage eingetreten ist. Das BVergG räumte und räumt dem übergangenen Bewerber oder Bieter einen Anspruch auf Ersatz der Kosten der Angebotsstellung und der Kosten der Teilnahme am Vergabeverfahren ein (§ 181 Abs 1 BVergG 2002, § 338 Abs 1 BVergG 2006 aF, § 337 Abs 1 BVergG nF).

Zum Rekurs der Klägerinnen:

Die Kosten eines auf Nichtigerklärung einer vergaberechtswidrigen Ausschreibung gerichteten Verfahrens dienen typischerweise dazu, die Ausschreibung zu beseitigen und die ausschreibende Stelle zu einer gesetzmäßigen (neuen) Ausschreibung zu verhalten. Ist evident, dass bestimmte kostenverursachende Maßnahmen in erster Linie einen anderen Zweck verfolgen als die Vorbereitung eines gerichtlichen Verfahrens, so steht deren Geltendmachung als materiell rechtliche Schadenersatzforderung auch nicht entgegen, dass das Ergebnis einer Maßnahme gegebenenfalls auch eine spätere Prozessführung fördern kann (1 Ob 85/05i, 6 Ob 85/06b = RIS Justiz RS0121198). Werden hingegen Vertretungskosten im Feststellungsverfahren nach Zuschlagserteilung geltend gemacht, dann handelt es sich bei den aufgelaufenen Bearbeitungs , Teilnahme und Vertretungskosten um Kosten zur (zwingenden) Vorbereitung der nachfolgenden Prozessführung, die den den Kostenersatz regelnden §§ 40 ff ZPO unterworfen sind; für diese Kosten steht der ordentliche Rechtsweg nicht offen und damit ist eine Klagsführung unzulässig (7 Ob 112/04b, RIS Justiz RS0119158). Auch im Schrifttum wird die Ansicht vertreten, dass die Vertretungskosten im Feststellungsverfahren nach Zuschlagserteilung nicht zu den Kosten der Teilnahme am Vergabeverfahren gehören und es sich dabei um vorprozessuale Kosten handelt ( Aicher in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel , Bundesvergabegesetz 2006, § 338 Rz 37; Gölles , Praxisleitfaden Bundesvergabegesetz 2006 Rz 2717; Holly , Private Enforcement im Vergaberecht, ecolex 2006, 813 [816]); Keschmann in Schiefer/Preslmayr , Handbuch Vergaberecht, Rz 2188).

Auf den Einwand der Klägerinnen, man dürfe, selbst wenn man die Rechtsansicht des Berufungsgerichts teile, nicht auf die Erteilung des Zuschlags, sondern müsse auf dessen Veröffentlichung abstellen, ist nicht weiter einzugehen, weil nicht erkennbar ist, dass den Klägerinnen zwischen der Zuschlagserteilung und der Veröffentlichung Kosten entstanden sind.

Das Berufungsgericht hat daher zu Recht die Klage, soweit sie sich auf den Ersatz von Vertretungskosten nach Zuschlagserteilung bezogen hat, wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückgewiesen.

§ 337 Abs 3 BVergG 2006 nF lässt alternativ zu dem oben dargelegten Kostenersatzanspruch den Anspruch auf Ersatz des Erfüllungsinteresses zu. In den Vorgängerbestimmungen (§ 338 Abs 1 BVergG 2006 aF und § 181 Abs 1 BVergG 2002) wurde geregelt, dass weiter gehende, jedoch nur alternativ zustehende Schadenersatzansprüche des übergangenen Bieters nach anderen Rechtsvorschriften davon nicht berührt werden. Das BVergG lässt also nur alternativ Ansprüche auf Schadenersatz nach anderen Rechtsvorschriften zu. Wie sich auch aus den Materialien zum BVergG 2002 ergibt, ist der Anspruch auf Ersatz der Teilnahmekosten im BVergG abschließend geregelt. Es besteht insoweit keine Anspruchskonkurrenz mit dem allgemeinen Schadenersatzrecht des ABGB, wie culpa in contrahendo ( Aicher aaO, § 338 Rz 20). Abgesehen davon ist, wie auch in der Vorentscheidung 7 Ob 129/11p dargelegt, für die Einklagung eines Schadenersatzanspruchs der die Rechtswidrigkeit feststellende Bescheid der jeweils zuständigen Vergabekontrollbehörde Prozessvoraussetzung (vgl RIS Justiz RS0120993; Aicher aaO, § 341 Rz 2), sodass wie bereits ausgeführt die Kosten nach Zuschlagserteilung vorprozessuale Kosten sind. Es hat insoweit bei der Klagszurückweisung zu bleiben.

Zum Rekurs der Beklagten:

Was das übrige Begehren der Klägerinnen auf Ersatz der Kosten der Teilnahme am Vergabeverfahren betrifft, ist auszuführen, dass durch die oben genannten Bestimmungen des BVergG eine Anspruchsgrundlage eigener Art geschaffen wird, weil vom Bewerber oder Bieter der Nachweis der Kausalität zwischen dem vergaberechtswidrigen Verhalten des Auftraggebers und dem Schaden durch Aufwendung von Teilnahmekosten nicht verlangt wird. Der Anspruch steht schon zu, wenn vom Bundesvergabeamt nicht festgestellt wird, dass der Bewerber oder Bieter auch bei Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlags gehabt hätte. Liegt also ein Feststellungsbescheid über ein vergaberechtswidriges Verhalten vor, so muss der Bieter nicht beweisen, dass er ohne das rechtswidrige Vergabekriterium den Zuschlag erhalten hätte. Ist die Gegenfeststellung im Feststellungsbescheid nicht erfolgt, besteht Anspruch auf Schadenersatz ( Aicher aaO, § 338 Rz 38 f; Keschmann aaO, Rz 2193).

Zu bedenken ist im vorliegenden Fall aber, dass die Klägerinnen nach den Feststellungen zwei Forderungen der Ausschreibung nicht erfüllten, aber nur hinsichtlich einer feststeht, dass sie rechtswidrig war („Baumeisterbefugnis“). Hinsichtlich der Forderung „Exportgenehmigung“ lag im erstinstanzlichen Verfahren kein Bescheid vor, der eine Rechtswidrigkeit festgestellt hätte. Mittlerweile hat der Verwaltungsgerichtshof, wie in der mündlichen Berufungsverhandlung dargelegt, die die Frage der Exportgenehmigung betreffende Beschwerde der Klägerinnen zurückgewiesen. Wenn man sich das rechtswidrige Verhalten des Beklagten (Forderung nach einer „Baumeisterbefugnis“) wegdenkt, so entfällt dadurch auch der Schaden, weil die Klägerinnen die Forderung nach der „Exportgenehmigung“ nicht erfüllen konnten. Es fehlt die Kausalität. Die Bestimmungen des BVergG sollen nach ihrem Sinn und Zweck nur jene Bewerber oder Bieter durch die oben dargelegte Beweiserleichterung begünstigen, die alle bis auf die rechtswidrigen Forderungen der Ausschreibung erfüllen können. Es ist nämlich der Nachweis schwierig zu erbringen, dass man als Mitbewerber unter Außerachtlassung der rechtswidrigen Forderungen den Zuschlag erhalten hätte. Wenn aber der Bewerber nicht alle gesetzmäßigen Forderungen der Ausschreibung erfüllt, liegt es ohne weiteres auf der Hand, dass er aus einem anderen Grund als der Rechtswidrigkeit einer der Forderungen nicht als Bestbieter zum Zug gekommen wäre, dass also das rechtswidrige Verhalten für den Eintritt des Schadens nicht kausal war. Erfüllt ein Bewerber oder Bieter eine gesetzmäßige Forderung einer Ausschreibung nicht, so kann er sich bei der Geltendmachung des Ersatzes der Teilnahmekosten nicht darauf berufen, dass er die Kausalität des rechtswidrigen Verhaltens des Auftraggebers nicht nachweisen muss, weil nicht feststeht, dass er wegen einer anderen, rechtswidrigen Forderung keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlags gehabt hätte.

Die Richtigkeit des Bescheids des Bundesvergabeamts vom 14. 7. 2006 (soweit der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Erfordernisses „gültige Exportgenehmigung“ abgewiesen wurde) ist vom Gericht nicht zu prüfen:

Wie bereits in der Vorentscheidung 7 Ob 129/11p dargelegt, ist eine Schadenersatzklage nur dann zulässig, wenn zuvor eine Feststellung der jeweils zuständigen Vergabekontrollbehörde erfolgt ist, dass ein Vergabeverstoß vorliegt (§ 184 Abs 3 BVergG 2002, § 341 Abs 4 BVergG 2006). Das Gericht und die Parteien des Verfahrens vor dem Bundesvergabeamt sind an solche Feststellungen gebunden, außer das Gericht hält den (positiven) Feststellungsbescheid, dass eine Gesetzwidrigkeit vorliegt, für rechtswidrig. In diesem Fall hat das Gericht nach § 341 Abs 4 BVergG 2006 beim Verwaltungsgerichtshof Beschwerde zu erheben. Der Sinn der Bestimmung liegt darin, dass bei einem positiven, eine Prozessvoraussetzung darstellenden Bescheid das Gericht nicht daran gebunden sein soll, wenn er rechtswidrig ist, weil er naturgemäß vom Schadenersatz fordernden Kläger nicht bekämpft wird. Wird hingegen der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Forderung in einer Ausschreibung abgewiesen, so steht es dem Bewerber oder Bieter frei, diese Entscheidung im Verwaltungsweg zu bekämpfen, liegt es doch an ihm, die Prozessvoraussetzung für eine Schadenersatzklage zu schaffen. Für eine amtswegige Beschwerde hinsichtlich eines Bescheids, der keine Rechtswidrigkeit feststellt, fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Eine analoge Anwendung der betreffenden Bestimmungen der BVergG auf den Fall, dass die Vergabekontrollbehörde dem Antrag eines Bewerbers auf Feststellung eines bestimmten Vergabeverstoßes abweist, kommt nicht in Betracht. Es besteht kein Erfordernis, dem Gericht auch in einem solchen Fall eine Beschwerdelegitimation einzuräumen.

Zu den in der Rekursbeantwortung der Klägerinnen gestellten Eventualanträgen:

Der Schadenersatzanspruch der Klägerinnen steht schon mangels Kausalität des rechtswidrigen Verhaltens des Beklagten nicht zu, sodass die anderen Rechtsfragen dahingestellt bleiben können.

Ein Antragsrecht der Bewerber auf Befassung des Verwaltungsgerichtshofs ist gesetzlich nicht vorgesehen, weshalb der Antrag der Klägerinnen zurückzuweisen ist (vgl RIS Justiz RS0056514, RS0053805). Abgesehen davon hat der Verwaltungsgerichtshof ohnehin über den Antrag der Klägerinnen nunmehr entschieden.

Auch ein Antrag einer Partei auf Anrufung des Europäischen Gerichtshofs ist nicht gesetzlich vorgesehen (RIS Justiz RS0058452).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO. Bei der Rekursbeantwortung des Beklagten ON 50 ist nur von einem Streitwert von 215.511,48 EUR auszugehen.

Rechtssätze
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