JudikaturJustiz5Ob38/03d

5Ob38/03d – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. März 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache der Antragsteller 1. Dr. Helmut B*****, 2. Dipl. Ing. Klaus D*****, 3. Herbert G*****, 4. Waltraut P*****, 5. Eduard F*****, 6. Iganz Erich B*****, und 7. Dr. Helga S*****, gegen die Antragsgegner 1. Johannes K*****, und 2. Elisabeth K*****, beide vertreten durch Brauneis, Klauser Prändl, Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Neufestsetzung der Jahresmietwerte 1914, über den Revisionsrekurs des Erst- und Zweitantragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 24. September 2002, GZ 40 R 125/02g 23, mit dem der Zwischensachbeschluss des Bezirksgerichtes Döbling vom 11. Februar 2002, GZ 9 Msch 24/01v 18, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Sachbeschluss des Rekursgerichtes wird dahingehend abgeändert, dass er wie folgt zu lauten hat:

"Aus Anlass des Rekurses der Antragsgegner gegen den erstgerichtlichen Teil Sachbeschluss (richtig: Zwischensachbeschluss) wird diese Entscheidung aufgehoben und der Zwischenantrag der Antragsteller, festzustellen, dass die Mietwerte des Hauses ***** neu festzusetzen sind, zurückgewiesen.

Dem Erstgericht wird die Fortsetzung des Verfahrens über den Sachantrag der Antragsteller, die Jahresmietwerte 1914 für das Haus ***** neu festzusetzen, aufgetragen."

Text

Begründung:

Die Parteien dieses Verfahrens sind Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ ***** mit dem Haus K*****. Die Wohnungseigentumsanlage besteht seit den 60er Jahren; die Parifizierung erfolgte mit einem Bescheid vom 20. 5. 1965.

Die Antragsteller begehren nach vorheriger Anrufung der Schlichtungsstelle (gegen deren Entscheidung die Antragsgegner das Gericht angerufen haben) die Neufestsetzung der Jahresmietwerte 1914 für die Wohnungen und sonstigen selbständigen Räumlichkeiten der Wohnungseigentumsanlage. Zur Begründung brachten sie im Wesentlichen vor, dass sich die dem Parifizierungsbescheid zu Grunde gelegte Sach- und Rechtslage durch bauliche Veränderungen der Anlage so tiefgreifend verändert habe, dass der Bescheid nicht mehr den zwingenden Parifizierungsgrundsätzen entspreche.

Die Antragsgegner sind diesem Begehren mit dem Einwand entgegengetreten, es liege ein Fall des nach § 29 Abs 1 Z 1 WEG 1975 sinngemäß anzuwendenden § 3 Abs 2 Z 1a WEG 1975 vor, weshalb der Antrag auf Neuparifizierung verfrist sei. Die baubehördliche Benützungsbewilligung sei 1968 in Rechtskraft erwachsen.

Das Erstgericht stellte mit Teil Sachbeschluss (den das Rekursgericht zutreffend als Zwischensachbeschluss qualifizierte) fest, dass der Antrag, gemäß § 2 WEG 1948 die Jahresmietwerte 1914 für das verfahrensgegenständliche Haus neu festzusetzen, dem Grunde nach zu Recht bestehe. Es ging dabei von folgenden Feststellungen aus:

Der Bau des Hauses wurde mit Bescheid der MA 37 vom 24. 5. 1960 bewilligt. Noch vor Baubeginn kam es zu einem Planwechsel, der mit Bescheid der MA 37 vom 5. 5. 1964 bewilligt wurde. Geplant war die Errichtung von 14 Klein , 4 Mittelwohnungen und 2 Gassenladen als selbständige Bestandgegenstände sowie ein Einstellraum und ein Einstellplatz für Kraftfahrzeuge im Hof als unselbständige Bestandgegenstände.

Die Festsetzung der Mietwerte erfolgte auf Grund der vorliegenden Pläne. Hiebei wurde (ua) der Mietwert für top I (Erdgeschoß Gassenladen im Ausmaß von 45,58 m2) mit 1.460 Kronen, der Mietwert für top II (Erdgeschoß Gassenladen im Ausmaß von 66,15 m2) mit 2.120 Kronen, der Mietwert für das Objekt "Kfz Einstellraum Brandschleuse Erdgeschoß" im Ausmaß von 167,48 m2 mit 3.090 Kronen und der Mietwert für den 184,45 m2 großen Kfz Abstellplatz im Hof Erdgeschoß mit 500 Kronen bestimmt.

Vor Fertigstellung des Hauses fand ein zweiter Planwechsel statt, der eine Überdeckung des Hofs links zwischen Vorder- und Hintergebäude sowie die Überdeckung eines Teils des rückwärtigen Hofs an der linken Seite zur Schaffung von Werkstätten vorsah. Gleichzeitig sollte der restliche Teil des Hintergebäudes im Erdgeschoß (vorher Einstellplatz) zur Werkstätte umgestaltet werden. Dieser zweite Planwechsel wurde mit Bescheid der MA 37 vom 2. 8. 1966 bewilligt. Am 19. 6. 1968 erteilte schließlich die MA 37 die Benützungsbewilligung für den Werkstättenraum, Büro- und Lagerraum sowie Wasch- und Ankleideraum im Erdgeschoß, die auf Grund des Bescheides vom 2. 8. 1966 geschaffen worden waren. Diese Benützungsbewilligung wurde lediglich Dipl. Ing. Hans P*****, den Eigentümer der Erdgeschoß Objekte, nicht aber an Dr. K*****, den seinerzeitigen Wohnungseigentumsorganisator und späteren Hausverwalter, zugestellt.

Bereits am 25. 8. 1967 war ein Teilbenützungsbewilligungsbescheid der MA 37 hinsichtlich der 18 Kleinwohnungen (ohne Erdgeschoß) ergangen, der auch Dr. K***** zugestellt wurde.

Der Wohnungseigentums- und Benützungsregelungsvertrag vom 19. 12. 1966 enthält in § 20 Abs 4 folgende Vereinbarung:

"Der Fa. Dipl. Ing. P***** Co und ihren Einzel- und Gesamtrechtsnachfolgern steht das ausschließliche Verwaltungs- und Nutzungsrecht am gesamten Erdgeschoß des Hauses sowie an den von ihr im Zuge des Umbaus auf eigene Kosten selbst geschaffenen zusätzlichen Kellerräumlichkeiten zu. Die Umbauten durch die Fa Dipl. Ing. P***** Co gehen aus dem Auswechslungsplan, genehmigt mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 2. 8. 1966 ... hervor.

Die von der Fa Dipl. Ing. P***** Co geschaffenen Räumlichkeiten sind an die Stelle der ursprünglich geplanten Geschäftslokalitäten top Nr. I und top Nr. II sowie des Kraftfahrzeugabstellplatzes im Hintertrakt getreten. In sie wurden ferner einbezogen die Hoffläche des Hofes Nr. 2 und ein Teil der Hoffläche des Hofes Nr 3, welche sämtliche in der Parifizierungsentscheidung bereits parifiziert sind, und zwar mit zusammen 7.170 Friedenskronen. In diesem Ausmaß erwirbt auch die Fa Dipl. Ing. P***** Co unbeschadet ihrer weitergehenden ausschließlichen Verwaltungs- und Benützungsrechte an den übrigen Flächen des Erdgeschoßes das Wohnungseigentumsrecht an den in sich abgeschlossenen Geschäftslokalitäten.

Die Fa Dipl. Ing. P***** Co sowie deren Einzel- und Gesamtrechtsnachfolger räumt jedoch dagegen den übrigen Mit- und Wohnungseigentümern des Hauses den ungehinderten Zutritt durch die Hauseinfahrt und den Hof Nr 1 zu den Stiegenauf- und -abgängen und allfälligen sonstigen für gemeinsame Zwecke des Hauses unbedingt benötigten Teilflächen im Parterre und in den Höfen, wie zum Beispiel für Coloniakübel, Klopfstangen etc ein."

Der Parifizierungsbescheid, der im Erdgeschoß insgesamt 7.170 Friedenskronen Mietwert aufwies, beruhte auf der Bewertung der Anteile als Gassenläden, Kfz Einstellräumen und insbesondere als Kfz Einstellplatz im Hof; die tatsächliche Nutzung erfolgt jedoch nicht mehr in Hofflächen, sondern in Werkstättenräumen, Büro und Lagerraum sowie Wasch- und Ankleideräumen.

Warum Dr. K***** als Wohnungseigentumsorganisator nach den Umbauten keine Neufestsetzung der Nutzwerte beantragte, ließ sich nicht feststellen.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, dass gemäß § 29 Abs 1 Z 1 WEG 1975 die §§ 3 Abs 2 und Abs 3 WEG 1975 auf die in § 2 WEG 1948 geregelte Parifizierung nach dem Verhältnis der Jahresmietzinse 1914 sinngemäß anzuwenden seien. § 3 Abs 2 WEG beschränke die Möglichkeit der Neufestsetzung der Nutzwerte nicht auf die ausdrücklich im Gesetz geregelten Fälle. Neben einer entscheidenden Änderung des Sachverhalts könne auch das nachträgliche Hervorkommen der wahren Sach- und Rechtslage zum Anlass einer Antragstellung nach § 3 Abs 2 WEG genommen werden. Demnach sei eine neue Parifizierung auch dann möglich, wenn die Liegenschaft von den Mit- und Wohnungseigentümern so verändert wurde, dass die Parifizierung nicht mehr den zwingenden Berechnungsgrundsätzen entspricht. Auf Antrag auch nur eines Miteigentümers habe in einem solchen Fall das Gericht eine neue Parifizierung vorzunehmen, die auf der Basis der bestehenden Widmungs- und Zuordnungsvereinbarungen den Einklang der Parifizierung mit der materiellen Rechtslage herstelle. Im vorliegenden Verfahren sei nicht nur die Rechtsfrage strittig geblieben, ob eine Neufestsetzung der Nutzwerte durchzuführen sei, sondern auch die neue Bewertung der Wohnungen top 11 und 12. Aus prozessökonomischen Gründen sei daher vorläufig dem Grunde nach auszusprechen gewesen, dass eine neue Parifizierung vorzunehmen sei.

Das Rekursgericht änderte den erstinstanzlichen Sachbeschluss dahingehend ab, dass es den Sachantrag der Antragsteller abwies. Es ging dabei von folgenden Erwägungen aus:

Nach ständiger Judikatur sei im Verfahren außer Streitsachen, insbesondere auch im außerstreitigen Verfahren nach dem MRG, die Fassung eines Zwischensachbeschlusses nach § 393 Abs 1 ZPO nicht möglich (WoBl 1989/66 mit zustimmender Anmerkung von Würth; WBl 1993, 54; WoBl 1994, 51 f; WoBl 1999/146). Der Oberste Gerichtshof habe allerdings in der Entscheidung WoBl 1999/146 zugelassen, ein selbständiges Feststellungsbegehren zu stellen (im entschiedenen Fall, dass ein Anhebungsbegehren nach § 12 Abs 3 MRG dem Grunde nach zu Recht bestehe). Ein solcher Fall liege nicht vor, da der Antrag lediglich auf Ermittlung der Jahresmietwerte gerichtet gewesen und der "Zwischenfeststellungsantrag" erst im gerichtlichen Verfahren gestellt worden sei. Die Umdeutung in eine Antragserweiterung sei mangels vorheriger Befassung der Schlichtungsstelle nicht möglich. Bereits aus diesem Grund wäre aus verfahrensrechtlichen Gründen dem Rekurs der Antragsgegner (der auf eine Abänderung bzw Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung abzielte) im Ergebnis Folge zu geben.

Die Rechtssache sei jedoch aus rechtlichen Erwägungen bereits in Richtung einer Antragsabweisung spruchreif. In einem solchen Fall könne das Rechtsmittelgericht bei Stattgebung des Rechtsmittels eine bejahende Zwischenentscheidung in eine abweisende Endentscheidung abändern (Fasching III 598; OGH in ÖBA 1991/290) .

Die Antragsgegner bekämpften die Feststellungen des Erstgerichtes, dass die Benützungsbewilligung der MA 37 vom 19. 6. 1968 nur an Dipl. Ing. Hans P*****, nicht jedoch an Dr. K***** zugestellt worden sei, und bemängelten, dass das Erstgericht die Einvernahme des Zeugen Dr. K***** nicht durchgeführt habe. Als weiteren Verfahrensmangel hätten sie gerügt, dass das Erstgericht jegliche Ermittlung zur Frage des Vorliegens erheblicher Unterschiede in den tatsächlichen Nutzungsmöglichkeiten unterlassen habe. Darauf einzugehen erübrige sich jedoch, weil sich bereits aus vom Erstgericht getroffenen Feststellungen die Verfristung des Sachantrags ergebe. Das Rekursgericht übernehme daher (gemeint ist: insoweit) die erstinstanzlichen Feststellungen und lege sie seiner Entscheidung zugrunde.

Zutreffend sei das Erstgericht davon ausgegangen, dass nach § 29 Abs 1 Z 1 WEG 1975 für die Vornahme einer Neuparifizierung § 2 WEG 1948 weiter anzuwenden ist, wenn (wie im vorliegenden Fall) am Gesamtobjekt bereits vor Inkrafttreten des WEG 1975 Wohnungseigentum nach den Vorschriften des WEG 1948 erworben worden ist. Diese Übergangsregelung sei auch durch das am 1. 7. 2002 in Kraft getretene Wohnungseigentumsgesetz 2002 durch die Übergangsvorschrift in dessen § 55 aufrecht erhalten worden. Im Übrigen sei gemäß der Übergangsvorschrift des § 56 Abs 13 WEG 2002 das WEG 2002 auch auf die vor dem 1. 7. 2002 begründeten Wohnungseigentumsrechte anzuwenden.

Die nach der Übergangsvorschrift des § 55 WEG 2002 weiter anzuwendende Bestimmung des § 29 Abs 1 Z 1 WEG 1975 spreche aus, dass § 2 WEG 1948 weiter anzuwenden ist, jedoch unter sinngemäßer Anwendung des § 3 Abs 2 Z 2 und Abs 3 WEG 1975 iVm § 4 Abs 3 und § 5 Abs 3 WEG 1975. Die Vorschrift des § 3 Abs 2 Z 2 WEG 1975 finde sich im Übrigen auch im nunmehrigen § 9 Abs 2 Z 5 des WEG 2002 mit einer lediglich geringfügigen Formulierungsmodifikation. In seiner Rechtsprechung zur Übergangsvorschrift des § 29 Abs 1 Z 1 WEG 1975 habe der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass über den Wortlaut des § 2 WEG 1948 hinaus eine "Neuparifizierung" zuzulassen sei, wenn sich die Verhältnisse geändert haben (vgl MietSlg 21.732/48; EvBl 1980/84). Dabei sei (während der Geltungsdauer des WEG 1975) als ausdrückliche gesetzliche Grundlage für die schon nach dem WEG 1948 geübte Praxis der Um- und Neuparifizierungen § 3 Abs 2 WEG 1975 angewandt worden (EvBl 1980/84). Da nunmehr an die Stelle des Wohnungseigentumsgesetzes 1975 das Wohnungseigentumsgesetz 2002 getreten sei, seien dessen Bestimmungen in § 9 Abs 2 iVm § 10 WEG 2002 für einen derartigen Antrag auf Neuparifizierung heranzuziehen. Hieraus ergebe sich letztlich Folgendes:

§ 2 WEG 1948 habe als Berechnungsgrundlage den Jahresmietzins 1914 eingeführt und angeordnet, dass in Ermangelung eines solchen Jahrsmietzinses das Gericht auf Antrag einen Jahresmietwert festzusetzen habe, der für Mietgegenstände von gleicher Lage und Beschaffenheit am 1. 8. 1914 ortsüblich als Mietzins entrichtet wurde. Daraus ergebe sich, dass auch die für den Jahresmietzins 1914 maßgebenden Umstände des MG sinngemäß heranzuziehen seien. Gemäß § 12 Abs 6 MG könne der Jahresmietzins 1914 iSd § 2 Abs 1 lit a MG nur dann neu festgesetzt werden, wenn der Mietgegenstand in seinem Bestand geändert wird. Unter "Änderungen im Bestand eines Mietgegenstandes" in diesem Sinn könnten nur solche verstanden werden, die sich auf den Umfang des Bestandgegenstandes (Vergrößerung oder Verkleinerung des Objektes) beziehen. Diese Regelung sei sinngemäß auch auf Neuparifizierungen nach § 2 WEG 1948 anzuwenden (vgl MietSlg 17.705/14; EvBl 1980/84). Dies sei allerdings unter (dem Aspekt der) Änderungen zu verstehen, wie sie sich durch die Neuregelung des WEG 2002 und die sich hieraus ergebenden Auswirkungen auf bereits nach § 2 WEG 1948 parifizierte Objekte ergeben (vgl dazu die Anwendung des WEG 1975 während dessen Geltungsdauer in EvBl 1980/84). Daher sei eine Neuparifizierung nicht nur im Falle des § 3 Abs 2 Z 2 WEG 1975 (nunmehr § 9 Abs 2 Z 5 WEG 2002) möglich, sondern auch in den Fällen des § 9 Abs 2 Z 3 und 4 WEG 2002 (früher § 3 Abs 2 Z 1 bzw 1a und 3 WEG 2000; vgl EvBl 1980/84).

Im hier vorliegenden Fall komme infolge der Änderung der Bauführung gegenüber den Grundlagen der Jahresmietzinsermittlung (im Jahr 1965) § 9 Abs 2 Z 3 WEG 2002 (nach früherem Recht § 3 Abs 2 Z 1 bzw seit der Novelle BGBl 1997/7 Z 1a WEG 1975) in Betracht. Für einen Antrag auf Neufestsetzung nach § 3 Abs 2 Z 1 respektive 1a WEG 1975 sei schon bisher eine Einjahresfrist normiert gewesen. Nach dem WEG 1975 habe die Frist mit Eintritt der Rechtskraft der baubehördlichen Benützungsbewilligung begonnen; gemäß der nunmehr mangels einer abweichenden Übergangsregelung anzuwendenden Vorschrift des § 9 Abs 2 Z 3 WEG 2002 gelte iVm § 10 Abs 2 WEG 2002, dass die Einjahresfrist bereits ab Vollendung der Bauführung zu berechnen sei. Gemäß § 47 WEG 2002 beginne diese einjährige Frist vor dem Erwerb von Miteigentum durch eine vom bisherigen Alleineigentümer verschiedene und mit diesen nicht durch ein familiäres oder wirtschaftliches Naheverhältnis verbundene Person jedenfalls nicht zu laufen.

Dies bedeute für den vorliegenden Fall, dass die Frage, ob eine Rechtskraft der Benützungsbewilligung schon allein durch Zustellung an den damaligen Miteigentümer Dipl. Ing. P***** eingetreten ist, nicht mehr entscheidungsrelevant sei. Die für den Beginn des Fristenlaufes maßgebliche Vollendung der Bauführung sei jedenfalls zum Zeitpunkt dieser Benützungsbewilligung im Jahr 1968 vorgelegen. Für eine Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 47 WEG 2002 gebe es keine Anhaltspunkte, da bereits damals eine Miteigentümergemeinschaft vorhanden gewesen sei. Überdies ergebe sich aus dem offenen Grundbuch, dass schon im Jahre 1967 neben den vom Erstgericht angeführten Miteigentümern Dipl. Ing. P***** und Dr. K***** weitere Miteigentümer vorhanden waren, sodass auch ein eventuelles wirtschaftliches Naheverhältnis zwischen den beiden letzteren nicht für eine weitere Anwendung des § 47 WEG 2002 in Betracht komme.

Entgegen der Meinung des Erstgerichtes liege kein Verstoß gegen zwingende Grundsätze einer Parifizierung vor. Die von ihm zitierte Entscheidung 5 Ob 156/98x (WoBl 1999/96 = MietSlg 50.568) habe den hier nicht vorliegenden Fall betroffen, dass ein neu errichtetes Objekt ohne Nutzwert blieb.

Der vorliegende Antrag auf Neufestsetzung der Jahresmietwerte erweise sich daher als verfristet.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Zur Frage der "Neuparifizierung" gemäß § 2 WEG 1948 und der Anwendung des WEG 2002 liege nämlich keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vor.

Den rekursgerichtlichen Sachbeschluss haben nunmehr der Erst- und Zweitantragsteller wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten. Ihr Revisionsrekurs enthält den Antrag, diese Entscheidung und allenfalls auch noch die Entscheidung des Erstgerichtes aufzuheben und einer der Vorinstanzen die Neufestsetzung der Nutzwerte (Mietwerte) aufzutragen.

Die Antragsgegner haben sich dazu in einer Revisionsrekursbeantwortung geäußert und beantragt, das gegnerische Rechtsmittel entweder als unzulässig zurückzuweisen oder ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und iS der angestrebten Fortsetzung des Verfahrens zur Neufestsetzung der Jahresmietwerte auch berechtigt.

In den Gründen seiner Entscheidung hat das Rekursgericht zum Ausdruck gebracht, dass es den vom Erstgericht gefällten Zwischensachbeschluss aus verfahrensrechtlichen Gründen für unzulässig hält und von dessen Aufhebung nur deshalb Abstand genommen hat, weil die Sache bereits im Sinne einer Abweisung des Sachantrags entscheidungsreif sei. Da letzteres, wie noch auszuführen sein wird, nicht zutrifft, ist zunächst auf die Zulässigkeit des Zwischensachbeschlusses einzugehen.

Die Rechtsmittelwerber stellen selbst dessen Unzulässigkeit nicht mehr in Frage. Sie anerkennen, dass die herrschende Judikatur in außerstreitigen Verfahren nach § 37 Abs 3 MRG (zu denen auch solche nach § 26 Abs 1 Z 1 WEG 1975 bzw § 52 Abs 1 Z 1 WEG 2002 gehören) die analoge Anwendung des § 393 Abs 1 ZPO ablehnt, sodass gesonderte Entscheidungen über den Grund des geltend gemachten Anspruchs nur über einen Zwischenfeststellungsantrag nach § 37 Abs 3 Z 13 MRG iVm §§ 236 und 259 Abs 2 ZPO ergehen können (5 Ob 288/98h = WoBl 1999/146 mwN; zuletzt 5 Ob 199/02d). Ein solcher Antrag wurde im gegenständlichen Fall zwar gestellt, doch fehlen ihm verfahrensrechtliche Voraussetzungen für seine Behandlung. Dass mit einem solchen Antrag zunächst die Schlichtungsstelle zu befassen gewesen wäre, wie das Rekursgericht meint, trifft zwar nicht zu (RIS Justiz RS0070055); die angestrebte Feststellung muss jedoch für den geltend gemachten Rechtsschutzanspruch präjudiziell sein und in ihrer Rechtskraftwirkung über den anhängigen Rechtsstreit hinausgehen (MGA JN ZPO15, E 3 und 8 zu § 236 ZPO).

Zumindest die letztgenannte Zulässigkeitsvoraussetzung eines Zwischenfeststellungsantrags ist im gegenständlichen Fall nicht erfüllt. Die begehrte Feststellung der Zulässigkeit einer Neufestsetzung der Jahresmietwerte nimmt nämlich nur auf jene baulichen Änderungen Bezug, die auch inhaltlich in die Neufestsetzung der Jahresmietwerte einfließen und damit endgültig erledigt werden. Die sich daraus ergebende Unzulässigkeit des Zwischenfeststellungsantrags war auch noch im Rechtsmittelverfahren wahrzunehmen und hatte zu dessen Zurückweisung zu führen, was wiederum die Aufhebung des erstinstanzlichen Zwischensachbeschlusses nach sich zieht (vgl MGA JN ZPO15, E 35 und 81 zu § 236 ZPO; 5 Ob 111/90 = WoBl 1992/53 mit Anm von Würth).

Damit bleibt zu prüfen, ob die Sache - wegen der vom Rekursgericht angenommenen Verfristung - tatsächlich iS einer Abweisung des Sachantrags entscheidungsreif ist.

Die vom Rekursgericht als klärungsbedürftig angesehene Rechtsfrage, ob bei der (gegebenenfalls) nach § 2 WEG 1948 vorzunehmenden Neuparifizierung (§ 29 Abs 1 bis Abs 3 WEG 1975 iVm § 55 WEG 2002) die Vorschriften des § 3 Abs 2 WEG 1975 sinngemäß anzuwenden sind (wie die Judikatur den Hinweis auf § 3 Abs 2 Z 2 WEG 1975 in § 29 Abs 1 Z 1 WEG 1975 ausdehnend interpretierte) oder die Vorschriften des § 9 Abs 2 WEG 2002, ist dabei nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Die angesprochenen Regelungen stimmen nämlich darin überein, dass Verstöße gegen zwingende Grundsätze der Parifizierung bzw Nutzwertberechnung jederzeit auf Antrag zu korrigieren sind (vgl etwa 5 Ob 213/98d = MietSlg 51.512 mwN zur alten Rechtslage; jetzt § 9 Abs 1 Z 1 WEG 2002, der bei Nichtigkeit der Nutzwertfestsetzung die gemäß § 10 Abs 2 WEG 2002 unbefristete gerichtliche Festsetzung der Nutzwerte auf Antrag eines Miteigentümers oder Wohnungseigentumsbewerbers zulässt). Das hat offenbar auch das Rekursgericht so gesehen, weil es sich bemüßigt fühlte, das vom Erstgericht angenommene Abweichen der aktuellen Sach- und Rechtslage von zwingenden Parifizierungsgrundsätzen (das erkennbar auch nach Ansicht des Rekursgerichtes eine Verfristung des Antrags auf Neuparifizierung ausgeschlossen hätte) mit dem Argument zu verneinen, ein der Entscheidung 5 Ob 156/98x (die als Beleg für die konstatierte Verletzung zwingender Parifizierungsgrundsätze zitiert wurde) vergleichbarer Sachverhalt liege nicht vor. Eine nähere Judikaturanalyse bestätigt jedoch die Richtigkeit der erstinstanzlichen Rechtsansicht.

Diese Analyse wurde bereits von den Rechtsmittelwerbern im vorliegenden Revisionsrekurs gemacht (ON 25, 4 f). Demnach hat die zu § 3 Abs 2 WEG 1975 ergangene Judikatur, deren Grundsätze in die neue Bestimmung des § 9 Abs 1 Z 1 WEG 2002 übernommen wurden (vgl T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österr. Wohnrecht, Rz 31 ff zu § 9 WEG 2002), die Verletzung zwingender Grundsätze der Parifizierung bzw Nutzwertberechung als keiner Präklusion unterliegenden Grund für die gerichtliche Neufestsetzung der Nutzwerte (Jahresmietwerte) anerkannt, und zwar auch dann, wenn das Abweichen von diesen Grundsätzen durch eine nachträgliche Änderung der Verhältnisse herbeigeführt wurde oder gar nur nachträglich die dem Nutzwertfestsetzungsbeschluss ( bescheid) widersprechende Rechtslage hervorgekommen ist (5 Ob 156/98x = WoBl 1999/36; 5 Ob 213/98d = MietSlg 51.512; 5 Ob 279/00s = SZ 73/174). Unter den Verstoß gegen zwingende Grundsätze der Nutzwertberechnung fallen dabei nicht nur das Übergehen wohnungseigentumstauglicher Objekte oder umgekehrt, etwa die Zuweisung eines Nutzwertes für allgemeine Teile der Liegenschaft (wie im Fall der Entscheidung 5 Ob 279/00s) oder die Schaffung eines neuen Wohnungseigentumsobjekts "ohne Nutzwert" (wie im Fall der Entscheidung 5 Ob 156/98x), sondern auch die mit keiner baulichen Veränderung einhergehenden Umwidmungen allgemeiner Teile der Liegenschaft in Objekte, an denen Wohnungseigentum oder zumindest Zubehörwohnungseigentum bestehen soll, weil derartige Objekte bei der Nutzwertberechnung nicht unberücksichtigt bleiben dürfen (vgl 5 Ob 80/94 = WoBl 1995/13 mit Anm von Call; 5 Ob 213/98d = MietSlg 51.512). Eine privatautonome Beibehaltung der bisherigen Nutzwertberechung durch die Erstreckung des einem bestimmten Objekt zugewiesenen Nutzwertes auf neu entstandene Wohnungseigentumsobjekte, wie sie offenbar dem seinerzeitigen Wohnungseigentumsorganisator vorschwebte, ist im Gesetz nicht vorgesehen.

Im gegenständlichen Fall hat die Verwirklichung der zweiten Planänderung offenbar dazu geführt, dass Teile der Liegenschaft, die in der Festsetzung der Jahresmietwerte nicht aufscheinen, weil sie der gemeinschaftlichen Nutzung gewidmet waren, verbaut wurden. Allem Anschein nach sind dadurch selbständige Räumlichkeiten geschaffen worden, denen kraft ihrer Ausstattung und Widmung zwingend ein Nutzwert zuzuweisen gewesen wäre bzw jetzt zuzuweisen ist. Damit kann aber nach der derzeitigen Aktenlage angenommen oder zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass die Antragsteller einen keinerlei Präklusion unterliegenden Grund für die Neufestsetzung der Nutzwerte geltend gemacht haben. Die vom Rekursgericht als Grund für die Abweisung ihres Sachantrages unterstellte Verfristung greift jedenfalls nach jenen Feststellungen, die der zweitinstanzlichen Entscheidung zugrunde gelegt werden durften, weil sie von der Tatsachen- und Mängelrüge der Antragsgegner unberührt sind, nicht. Dem Erstgericht wäre vielmehr schon vom Rekursgericht der Auftrag zur Fortsetzung des Verfahrens zu erteilen gewesen. Um beurteilen zu können, ob und in welchem Umfang eine Neuparifizierung vorzunehmen ist, fehlen die notwendigen Entscheidungsgrundlagen.

Aus diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

Rechtssätze
10