JudikaturJustiz5Ob156/07p

5Ob156/07p – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. Oktober 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin P*****, vertreten durch Dr. Johannes Liebmann, Rechtsanwalt in Gleisdorf, wegen grundbücherlicher Eintragungen in den EZ 900 und 1015 je GB ***** über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 13. April 2007, AZ 4 R 19/07d, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Graz vom 30. November 2006, TZ 19544/06, bestätigt wurde, nachstehenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin ist sowohl Eigentümerin der EZ 900, die unter anderem aus den Grundstücken 1872/1 und 1872/2 besteht, als auch der EZ 1015, die unter anderem aus dem Grundstück 1929 besteht, beide GB *****.

Auf der EZ 900 ist zu C LNR 14a ein Bestandrecht zugunsten M***** Gesellschaft mbH aufgrund des Bestandvertrages vom 26. 9. 2002 folgendermaßen einverleibt:

„Bestandrecht bis 2042 09 26 gemäß Pkt 2 4

Bestandvertrag 2002 09 26 für M***** Gesellschaft mbH"

Dem in der Urkundensammlung vorhandenen Bestandvertrag ist zu entnehmen, dass vermietet nur eine Teilfläche des Grundstückes 1872/2 im Ausmaß von 3.643 m² zum Zweck der Errichtung eines Superädifikats für den Betrieb eines M***** Restaurants ist.

Das Bestandrecht bezieht sich damit nicht auch auf das Grundstück 1872/1 der EZ 900.

Auch die Aufsandungserklärung im Bestandvertrag (Punkt 9/2) bezieht sich ausdrücklich nur auf das Grundstück 1872/2.

Mit dem verfahrenseinleitenden Grundbuchsantrag begehrte die Antragstellerin unter Vorlage diverser Urkunden hinsichtlich der EZ 1015 die Teilung des Grundstücks 1929 in die Grundstücke 1929/1 und 1929/2, die Abschreibung des Grundstücks 1929/2 von der EZ 1015 unter Mitübertragung des Eigentumsrechts und Eigentumstitels und unter Mitübertragung der Dienstbarkeiten/Rechte in C LNR 1a, 4a und 5a über/hinsichtlich des Grundstücks 1929/2 und Eröffnung einer neuen Einlagezahl hiefür.

Hinsichtlich der EZ 900 wird die Abschreibung der Teilflächen 1, 2 und 3 des Grundstücks 1872/1, deren Einbeziehung in das Grundstück 1929/2 und deren Zuschreibung zu der für das Grundstück 1929/2 neu eröffneten EZ sowie weitere damit zusammenhängende Eintragungen begehrt.

Eine Zustimmungserklärung der Bestandnehmerin hinsichtlich der Löschung des in C LNR 14a in der EZ 900 verbücherten Bestandrechts wurde mit der Begründung nicht vorgelegt, das Bestandrecht beziehe sich nur auf das Grundstück 1872/2 und berühre damit nicht die begehrte lastenfreie Abschreibung von Trennstücken des Grundstücks 1872/1 der EZ 900.

Das Erstgericht wies den dargestellten Teil des Grundbuchsgesuchs ab. § 3 Abs 2 LiegTeilG, wonach bei Grunddienstbarkeiten, die auf bestimmte räumliche Grenzen beschränkt sind (§ 12 Abs 2 GBG), die Eintragung in der neuen Einlage entfällt, wenn sich diese Lasten auf das abzuschreibende Trennstück nicht beziehen (§ 847 ABGB), komme bei verbücherten Bestandrechten nicht in Betracht. Diese seien als persönliche Dienstbarkeiten keine Grunddienstbarkeiten. Weil der Bescheid des Vermessungsamtes vom 3. 2. 2006 die Bedingung enthalte, diesen Plan zur Gänze durchzuführen, sei der gesamte diesbezügliche Antrag abzuweisen.

Einem dagegen von der Antragstellerin erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge. Es entspreche höchstgerichtlicher Rechtsprechung, die auch von der Lehre gebilligt werde, dass § 3 Abs 2 LiegTeilG auf verbücherte Bestandrechte nicht anzuwenden sei (SZ 31/65; RIS Justiz RS0024839; Sailer in KBB Rz 4 zu § 847 ABGB; Gamerith in Rummel³ Rz 5 zu § 847 ABGB; Egglmeier/Gruber/Sprohar in Schwimann³ Rz 5 zu § 847 ABGB). Auch die erl Bem zu § 3 LiegTeilG verneinten die Anwendbarkeit des § 3 Abs 2 LiegTeilG auf verbücherte Bestandrechte (vgl Dittrich/Angst/Auer Grundbuchsrecht4 Anm 1 zu § 3 LiegTeilG, S 494).

§ 3 Abs 2 LiegTeilG sei die grundbuchsrechtliche Konsequenz aus der materiellrechtlichen Regelung des § 847 ABGB, wonach im Fall der Teilung eines Guts eine Grunddienstbarkeit hinsichtlich derjenigen Teilstücke erlösche, auf die sich die Ausübung nicht beziehe (EvBl 1993/73). Zwar sei § 847 Satz 2 ABGB analog auf Reallasten anwendbar, jedoch nicht auf persönliche Dienstbarkeiten (SZ 50/61; RIS Justiz RS0011719).

Kürzlich habe der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 5 Ob 87/06i (= NZ 2007/668 mit Anm Hoyer) die Möglichkeit der lastenfreien Abschreibung eines von einem Vorkaufsrecht nicht betroffenen Trennstücks ohne Zustimmung des Berechtigten zugelassen. Dennoch sei beachtlich, dass ein verbüchertes Bestandrecht und ein Vorkaufsrecht unterschiedlich zu behandeln seien, vor allem wegen der exekutionsrechtlichen Folgen der §§ 150, 227 EO.

Im Übrigen treffe dieser Abweisungsgrund auch auf das zu C LNR 10a in der EZ 900 GB 63102 St. Leonhard einverleibte Pachtrecht zu.

Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil infolge der höchstgerichtlichen Entscheidung 5 Ob 87/06i auch die Ansicht vertreten werden könnte, die lastenfreie Abschreibung eines von einem verbücherten Bestandrecht nicht betroffenen Trennstücks eines Grundstücks sei ohne Zustimmung des Berechtigten zulässig. Insoweit liege eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG vor.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin, der aus dem vom Rekursgericht bezeichneten Grund zulässig ist.

Der Revisionsrekurs ist jedoch nicht berechtigt.

§ 847 ABGB regelt die rechtlichen Folgen der Teilung einer Liegenschaft gegenüber Dritten. Auch ohne Eigentümerwechsel sind diese Regeln analog anwendbar (vgl 1 Ob 510/84 = SZ 57/39; Klang in Klang III 138 ua). Die Teilung darf demnach einem Dritten nicht zum Nachteil gereichen. Alle ihm zustehenden Pfand , Servituts- und anderen dinglichen Rechte werden nach wie vor der Teilung ausgeübt. Betrifft jedoch die Ausübung einer Grunddienstbarkeit nur ein Teilstück, so erlischt das Recht hinsichtlich der übrigen Teile. Voraussetzung dafür ist bei Grunddienstbarkeiten, dass sich deren räumliche Beschränkung schon aus dem Grundbuch ergibt (§ 12 Abs 2 GBG) und durch Urkunden iSd § 74 Abs 1 GBG nachgewiesen wird, dass die Servitut das abzuschreibende Teilstück nicht betrifft (7 Ob 551/86 = SZ 59/50; 5 Ob 69/03p = NZ 2004, 57 mit Anm Hoyer). Ansonsten erfordert eine lastenfreie Abschreibung die Zustimmung des Berechtigten (SZ 57/39; Sailer in KBB § 847 Rz 3).

Nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung ist § 847 zweiter Satz ABGB analog zwar auf Reallasten anwendbar, nicht aber auf persönliche Dienstbarkeiten (7 Ob 563/77 = SZ 50/61; 7 Ob 350/97i = SZ 71/48; 8 Ob 156/98v = EF 87.156; 5 Ob 302/66 = EvBl 1967/275; 5 Ob 377/66 = JBl 1967, 627; Gamerith in Rummel³ Rz 5 zu § 847 ABGB; Klang III 139; Ehrenzweig SR 312; Rsp 1936/99).

Auch auf verbücherte Bestandrechte ist § 3 Abs 2 LiegTeilG nicht anwendbar (5 Ob 124/58 = SZ 31/65; 7 Ob 66/67 = SZ 40/68; Sailer in KBB § 847 Rz 5 mwN; Egglmeier ua in Schwimman³ Rz 5 zu § 847 mwN; Gamerith aaO; Klang aaO). Eine Ausdehnung des § 847 Satz 2 auf persönliche Dienstbarkeiten und auf Bestandrechte wurde schon in den EB (376 BlgNR 3. GP 7, abgedruckt in Dittricht/Angst/Auer Grundbuchsrecht4 494) abgelehnt. Das mit der Begründung, die §§ 150 und 227 EO normierten einen Anspruch auf Entschädigung aus dem Erlös des ganzen Grundbuchskörpers. Bei Bestandrechten, bei denen Ersatzansprüche für Aufwendungen in Betracht kommen können, gehe es nicht an, ohne Zustimmung des Berechtigten den Befriedigungsfonds zu schmälern. Dieser Ansicht ist auch höchstgerichtliche Judikatur gefolgt (vgl SZ 31/65; SZ 50/61 [dort eine persönliche Dienstbarkeit betreffend]).

§ 1121 ABGB regelt, dass bei einer zwangsweisen gerichtlichen Veräußerung das Bestandrecht, wenn es in die öffentlichen Bücher eingetragen ist, gleich einer Dienstbarkeit zu behandeln ist. Hat der Ersteher das Bestandrecht nicht zu übernehmen, so muss ihm der Bestandnehmer nach gehöriger Aufkündigung weichen. Ist nämlich bezüglich des Bestandsrechts die Verpflichtung des Erstehers zur Übernahme ohne Anrechnung auf das Meistbot nicht gegeben, findet der Wert dieses Bestandrechts aber im Versteigerungserlös keine Deckung, muss das Kündigungsrecht des Erstehers nach dem § 1121 ABGB bejaht werden (7 Ob 585/81 = MietSlg 33.742). Nach § 227 EO tritt an Stelle des Bestandrechts ein Entschädigungsanspruch des einverleibten Bestandnehmers (vgl Angst/Jakusch/Mohr EO14 E 2 f zu § 227 EO).

Nach ständiger Rechtsprechung kann zufolge § 3 GBG sowohl ein Bestandrecht als auch ein Vorkaufsrecht nur auf dem ganzen Grundbuchskörper und nicht etwa nur auf dem Teil, auf den sich die Ausübung dieser Rechte bezieht, einverleibt werden (RIS Justiz RS0060181). Das allein hindert die lastenfreie Abschreibung nicht betroffener Grundstücke grundsätzlich nicht (5 Ob 63/93 = SZ 66/150; 5 Ob 182/98w = NZ 2000, 370 zust Hoyer).

Der erkennende Senat hat kürzlich, wie das Rekursgericht zutreffend ausführte, dies in seiner Entscheidung 5 Ob 87/06i (= NZ 2007/668 mit zust Hoyer) bekräftigt und darüberhinaus erkannt, dass es grundsätzlich zulässig sei, einen Liegenschaftsteil ohne Zustimmung des Berechtigten abzuschreiben, wenn sich das Vorkaufsrecht nachgewiesener Maßen nur auf andere Teile der Liegenschaft bezieht.

Auf ein bücherlich einverleibtes Bestandrecht, auch wenn es sich nur auf einen von mehreren Liegenschaftsteilen bezieht und dies sogar im Grundbuch ersichtlich ist, finden die in dieser Entscheidung angestellten Erwägungen aber keine Anwendung. Hier ergibt sich trotz der grundsätzlichen Zulässigkeit einer Vereinbarung, das Bestandrecht beziehe sich nur auf ein einzelnes Grundstück (bzw einen bestimmten Teil desselben), noch nicht, der Bestandnehmer habe damit wirksamen auf die ihm umfänglich zustehende Haftung, wie sie sich aus den §§ 150, 227 EO ergibt, verzichtet.

Gerade der vorliegende Fall macht deutlich, dass die Errichtung eines Superädifikats auf einem Liegenschaftsteil mit einer auf viele Jahre ausgerichteten Bestanddauer bei vorzeitiger Auflösung des Bestandvertrags infolge einer exekutiven Inanspruchnahme der Liegenschaft zu erheblichen Ersatzforderungen des Mieters und zu einer mangelnden Deckung nur aus dem Erlös des vom Bestandrecht unmittelbar betroffenen Liegenschaftsteils führen könnte.

Der erkennende Senat sieht daher keinen Anlass, von der von Lehre und Judikatur vertretenen Ansicht abzugehen, dass § 3 Abs 2 LiegTeilG auf verbücherte Bestandrechte nicht anzuwenden ist, selbst wenn der bücherlichen Einverleibung eine räumliche Beschränkung auf einen Teil der gesamten Liegenschaft zu entnehmen ist.

Die begehrte Abschreibung der Liegenschaftsteile kommt daher nur mit Zustimmung der Bestandnehmerin in Betracht.

Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.

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