JudikaturJustiz1Ob4/80

1Ob4/80 – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. März 1980

Kopf

SZ 53/38

Spruch

Als Grenze des Wasserbettes ist der regelmäßig wiederkehrende höchste Wasserstand anzusehen. Der Gemeingebrauch an einem öffentlichen Gewässer umfaßt auch das Betreten des infolge wechselnden Wasserstandes nicht ständig Wasser enthaltenden Wasserbettes

OGH 5. März 1980, 1 Ob 4/80 (OLG Linz 6 R 60/79; LG Salzburg 6 Cg 412/77)

Text

Der Beklagte ist auf Grund des Kaufvertrages vom 12. September 1974 Eigentümer der Liegenschaft EZ 158 KG G mit dem Grundstück 286/5 Wiese (in Natur Einfamilienhaus G 140) und, 100 bis 150 m davon entfernt, dem in der KG R liegenden Überlandgrundstück 279/53 Wiese.

Die klagende Partei, die Republik Österreich (Österreichische Bundesforste), ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ 1 KG R, zu der u. a. das Grundstück 279/1 See (Abersee), bei welchem es sich um den Wolfgangsee handelt, gehört. Das Grundstück 279/53 KG R grenzt an das Grundstück 279/1. Das Grundstück 279/53 ist durch Teilung des Grundstückes 279/51 im Jahr 1952, dieses im Jahr 1951 durch Teilung des Grundstückes 279/13 entstanden. Das Grundstück 279/13 befand sich seit dem Jahr 1890 im Besitz der Familie A. Das Grundstück 279/53 wurde im Jahr 1952 von Johann A an Franz B veräußert. Weitere Voreigentümer des Beklagten waren Carl und Elsbeth K je zur Hälfte und Hans Georg F.

Die Grenzen des Seegrundstückes 279/1 wurden im August 1909 von der damaligen k. k. Forst- und Domänendirektion aufgenommen und mit den Anrainern einvernehmlich festgelegt. Die einzelnen Grenzpunkte wurden genau beschrieben und in einer Begrenzungstabelle festgehalten; so auch die Grenzpunkte zum Grundstück 279/13.

Zwischen der zum See hin gelegenen Grenze des Grundstückes 279/53, das an das Grundstück 279/1 angrenzt und der Wasserfläche des Grundstückes 279/1 befindet sich auf dem Grundstück 279/1 ein zirka 9 m breiter und zirka 18 m tiefer Landstreifen, der überwiegend mit Gras bewachsen, aber auch mit Weiden und Erlen bestanden ist. Vereinzelt ist auch Schilf vorhanden. Zirka 1 bis 2 m vor der Wasserfläche fällt das Gelände etwa 20 cm zur Wasserfläche ab. Zwischen dem grasbewachsenen Teil und der Wasserfläche ist Schotter und Sand vorhanden. Schmale Schotterzungen reichen bis 5 m in die Landfläche hinein. In einem Abstand von 3 bis 4 m, teilweise auch etwas weniger, verläuft in Richtung See gesehen von links ein Weg über diese oben geschilderte Grundfläche und führt zu jenem Landteil des Grundstückes 279/1, der den der Berta S gehörigen Grundstücken 279/48 und 279/52 vorgelagert ist. Am Ende des Nachbargrundstückes endet dieser Weg bei einem Stacheldrahtzaun; er kann daher nicht weiter begangen werden. Der Strand ist im Bereich der oben geschilderten Flächen etwa bis 40 - 50 m in den See hinein flach. Auf der landeinwärts gelegenen Seite des dem Beklagten gehörigen Grundstückes 279/53 befindet sich eine zirka 40 cm hohe Steinmauer, das dahinterliegende Gelände ist etwas vertieft. Auf dem Grundstück 279/53 des Beklagten ist das Gras mehr mit Moos durchsetzt, während das Gras auf dem der Wasserfläche vorgelagerten Landstreifen des Grundstückes 279/1 höher gewachsen ist und eine andere Färbung aufweist. Dipl.-Ing. Ernst P, der bei der Forstverwaltung Strobl tätig ist, hat eine auf dem strittigen Landstreifen stehende Erle und zwei auf dem den Grundstücken 279/48 und 279/52 vorgelagerten Landstreifen stehende Fichten auf ihr Alter untersucht und festgestellt, daß die Erle ein Alter von zirka 35 Jahren, die Fichten von 45 bis 50 Jahren, allenfalls etwas weniger haben.

Die klagende Partei begehrt die Fällung des Urteiles, 1. es werde festgestellt, daß dem Beklagten weder persönlich noch als Eigentümer des Grundstückes 279/53 KG R ein Zugangsrecht von diesem Grundstück über die ihr vorgelagerte Landfläche des Grundstückes 279/1 KG R, die mit Bäumen und überwiegend mit Gras, vereinzelt mit Schilf bewachsen ist, zum Wolfgangsee zusteht, 2. die beklagte Partei sei schuldig, das Betreten der im Punkt 1 genannten Teilfläche des Grundstückes 279/1 KG R zu unterlassen. Das Grundstück 279/1 bestehe einerseits aus dem Wolfgangsee und andererseits aus einem Uferstreifen. Der Beklagte habe wiederholt ohne gültigen Rechtsgrund den Uferstreifen des Grundstückes 279/1, der dem Grundstück 279/53 vorgelagert sei, überquert, um zum Wolfgangsee zu gelangen. Die strittige Fläche sei niemals Bett des Wolfgangsees gewesen, ein Gemeingebrauch im Sinne des Wasserrechtsgesetzes könne daher dem Beklagten schon aus diesem Grund nicht zustehen. Diese Fläche gehöre auch gemäß § 4 Abs. 3 WRG nicht zum öffentlichen Wassergut, da sie in Verwaltung der Österreichischen Bundesforste stehe, vorsichtshalber werde auch bestritten, daß es sich beim Wolfgangsee um ein öffentliches Gewässer handle; das Recht, zu einem Gewässer zuzugehen, sei überhaupt nicht Inhalt des Gemeingebrauches. Der strittige Uferstreifen sei in der Zeit vom 1. Jänner 1970 bis zum Erwerb durch den Beklagten im Jahre 1974 an den Rechtsvorgänger des Beklagten, Dipl.- Ing. Hans Georg F, verpachtet gewesen. Dieser habe nie eigene Rechte gegenüber der klagenden Partei geltend gemacht. Auch der seitlich an die strittige Fläche anschließende Uferstreifen im Ausmaß von 823 m2 sei an die Eigentümerin der dahinterliegenden Grundstücke 279/48 und 279/52 verpachtet worden. Auch diese habe keine eigenen Rechte an dem Uferstreifen geltend gemacht. Da Dipl.- Ing. Hans Georg F als Besitzdiener der klagenden Partei den Grundstücksteil benützt habe, wäre eine allenfalls bis zum Abschluß dieses Bestandvertrages angelaufene Ersitzungszeit - von einer Ersitzung könne allerdings keine Rede sein - unterbrochen worden. Selbst wenn die behauptete Ersitzungszeit damals bereits abgelaufen gewesen wäre, käme dies dem Beklagten nicht zugute, weil die klagende Partei seit 1. Jänner 1970 ebenfalls bereits längst wieder die Freiheit ihres Eigentums dadurch ersessen hätte, daß sie ihren ungestörten Besitz durch Dipl.-Ing. Hans Georg F als Besitzdiener ausgeübt habe. Im übrigen könne aber keine Rede davon sein, daß etwa die Vorvorgänger des Beklagten irgendeinen Ersitzungsbesitz an der strittigen Grundfläche oder an Rechten daran ausgeübt hätten. Die Eheleute A hätten niemals ein Zugangsrecht über die strittige Grundfläche zur Ermöglichung des Badens oder Wassersportes ausgeübt oder behauptet. Sofern sie die strittige Grundfläche hin und wieder als Viehweide benützt haben sollten, so sei dies jedenfalls niemals im Bewußtsein einer Rechtsausübung, sondern im Bewußtsein geschehen, daß ihnen eine solche Nutzung jederzeit untersagt werden könnte. Im übrigen wäre eine den Eheleuten A zugestandene Dienstbarkeit keinesfalls auf den Beklagten übergegangen, da eine solche gewiß kein Zubehör des winzigen Grundstückes 279/53 KG R gewesen, sondern vielmehr bei der Stammliegenschaft der Eheleute A, dem Grundstück 279/13 der EZ 42 KG R, verblieben wäre, die sich nach wie vor im Eigentum der Eheleute A befinde. Jegliche Ersitzung durch sämtliche Rechtsvorgänger des Klägers wäre aber jedenfalls schon deshalb ausgeschlossen, weil allen infolge der Vermarkung der Grundgrenze die für eine Ersitzung erforderliche Redlichkeit des Besitzes fehlen mußte.

Der Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Der Wolfgangsee sei öffentliches Wassergut. Von der Landfläche aus, die nunmehr das Grundstück 279/53 darstelle, sei von den Voreigentümern, ihren Bediensteten, den Gästen und bekannten Einheimischen der Gemeingebrauch im Sinne des § 8 Abs. 1 WRG am strittigen Grundstreifen ausgeübt worden. Dabei habe je nach Höhe des Wasserstandes des Wolfgangsees, der ein öffentliches Gewässer sei, auch ein allenfalls nicht vom Wasser bedeckter Streifen des Grundstückes 279/1 betreten werden müssen. Bei hohem Wasserstand reiche die Wasserlinie bis zum Grundstück 279/53 heran. Die dem Grundstück 279/53 vorgelagerte Grundfläche sei daher auch nicht kultiviert. Die Fläche sei nur teilweise bewachsen, ihr Bewuchs stelle keine Wiese dar. Das Grundstück 279/53 sei aufgeschüttet worden, um es vor Überflutungen zu schützen. Der Gemeingebrauch werde nicht nur von den Anrainern und deren Gästen, sondern auch von Urlaubern und Badegästen der benachbarten Campingplätze ausgeübt. Bis zur Vermessung und Festlegung der Grenze zwischen dem Seegrundstück und den anrainenden Grundstücken habe sich die Seegrenze nach dem Wasserstand gerichtet. Nach der Jahrhundertwende sei zwischen dem damaligen k. k. Agrarbesitz und den Uferanrainern eine künstliche Grenze festgelegt und vermessen worden, wobei an dieser Stelle der Vater des nunmehrigen Besitzers A zugestimmt habe, daß die Grenze aus einer Geraden gebildet und vermessen werde. Die Grenze sei damals nach dem ungefähren Uferverlauf gezogen worden. Ungefähr um dieselbe Zeit sei in Strobl beim Seeabfluß ein Wehr gebaut worden; dadurch sei es dem Seebesitzer möglich geworden, den See aufzustauen oder abzusenken. Die Grundgrenze zwischen den Grundstücken 279/1 und 279/53 bilde auch die Gewässergrenze. Das Klagebegehren sei daher schon deshalb nicht berechtigt, da dem Beklagten im Rahmen des § 8 Abs. 1 WRG der Gemeingebrauch am öffentlichen See und an dem zum Seegrundstück gehörigen wasserfreien Streifen zustehe. Für den Fall der Verneinung dieser Befugnisse behauptete der Beklagte, daß ihm das Recht der Dienstbarkeit auf Durchgang zum Wasser zustehe. Die Voreigentümer, deren Familienangehörige und Bedienstete, Gäste und bekannte Einheimische hätten den Uferstreifen ungehindert betreten, um in das Wasser des Wolfgangsees zu gelangen. Da vor Ende 1969 die Ersitzungszeit beendet gewesen sei, könnte eine nachfolgende Pachtung die Ersitzungsfolgen nicht mehr aufgehoben haben. Der Pachtvertrag der klagenden Partei mit Dipl.-Ing. Hans Georg F sei überdies nichtig, weil er gegen § 8 WRG und gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen habe. Im übrigen müsse aber auch durch die begradigende Grenzziehung nach 1900 und Zuschlagung der dadurch abgeschnittenen, seewärts gelegenen Teile zum Seebesitz sowie der landwärts gelegenen Teile zu den Anrainern von einer stillschweigenden Dienstbarkeitseinräumung gesprochen werden, weil damals den Vertragsteilen klar gewesen sei, daß die Anrainer des Wolfgangsees die Nutzung des Sees aufrechterhalten wollten und, um zum See zu gelangen, einen allfälligen auf dem Seegrundstück befindlichen wasserfreien Streifen betreten müßten. Da die klagende Partei selbst behaupte, daß keine Dienstbarkeit bestanden habe, ihr aber auch eine solche nicht bekannt habe sein können, liege in der Tatsache der Verpachtung keine Widersetzung gegen eine Dienstbarkeit im Sinne des § 1488

ABGB.

Das Erstgericht hat das Begehren auf Feststellung, daß dem Beklagten persönlich kein Zugangsrecht vom Grundstück 279/53 über die ihr vorgelagerte Landfläche des Grundstückes 179/1 KG R, die mit Bäumen und überwiegend mit Gras, vereinzelt mit Schilf, bewachsen sei, zum Wolfgangsee zustehe, der Beklagte sei schuldig, das Betreten dieser Teilfläche des Grundstückes 279/1 KG R zu unterlassen, abgewiesen. Dem weiteren Begehren stattgebend hat es festgestellt, daß dem Beklagten als Eigentümer des Grundstückes 279/53 KG R kein Zugangsrecht auf Grund einer Dienstbarkeit von diesem Grundstück über die ihr vorgelagerte Landfläche des Grundstückes 279/1 KG R, die mit Bäumen und überwiegend mit Gras, vereinzelt mit Schilf bewachsen sei, zum Wolfgangsee zustehe.

Es stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest: Etwa vier- bis fünfmal im Jahr steige die Wasserfläche des Wolfgangsees so hoch, daß die strittige Landfläche zwischen dem Grundstück 279/53 und der normalen Wasserfläche überflutet werde; das Wasser reiche dann bis an das Grundstück 279/53 heran. Bei Hochwasser, durchschnittlich einmal im Jahr, werde auch das Grundstück 279/53 überflutet. Die Fläche des Grundstückes 279/53 und die Nachbargrundstücke seien von einem der Besitzvorgänger des Beklagten aufgeschüttet worden. Früher sei es vorgekommen, daß das Land im Bereich des Ufers noch nicht überflutet gewesen, während weiter landeinwärts in den etwas tiefer gelegenen Wiesen das Wasser gestanden sei. Der 1904 geborene Johann A sei seit seiner Kindheit, wenn am Feld im Bereich des Sees gearbeitet worden sei, am Seeufer entlanggegangen, dies auch über den strittigen Streifen, der damals ungefähr schon so ausgebildet gewesen sei wie heute. Vom Grundstück 279/13 und vom vorgelagerten und im öffentlichen Eigentum stehenden Landstreifen aus seien Johann A und die anderen auch mehrmals am Tage in den See hineingegangen, um zu baden. Johann A habe dies jedoch nicht als Servitut aufgefaßt. Es habe damals geheißen, daß der See frei sei. Bis zum Zweiten Weltkrieg sei in Trockenzeiten das Vieh zum See zur Tränke getrieben worden. Auf der Grundfläche der Familie A habe das Vieh frei weiden und zum Wasser gehen können. Vor dem Ersten Weltkrieg habe der Vater des Johann A am Seeufer auch Schotter geholt, bei Bedarf auch Wasser. Die klagende Partei habe nicht nur einen Pachtvertrag mit Dipl.-Ing. Hans Georg F, sondern solche Verträge auch mit anderen Anrainern abgeschlossen gehabt.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß die klagende Partei eine Eigentumsfreiheitsklage erhoben habe, bei deren Entscheidung als Vorfrage vom Gerichte zu prüfen sei, ob der Beklagte seine Befugnisse auf Grund des Gemeingebrauches ausübe. Unter Gewässer im Sinne des Wasserrechtsgesetzes sei auch das Wasserbett zu verstehen. Wasserwelle und Wasserbett seien eine rechtliche Einheit. Sie bildeten zusammen das Gewässer im Sinne des Wasserrechtsgesetzes. Im Bundesland Salzburg seien die Privatgewässer des Staates gemäß Landesgesetz vom 27. Jänner 1920, LGBl. 28, öffentlichen Gewässern gleichzuhalten. Dies treffe auch für den Wolfgangsee zu, sodaß auch an ihm Gemeingebrauch im Sinne des § 8 Abs. 1 WRG bestehe. Voraussetzung für die Anwendung des § 8 Abs. 1 WRG sei aber, daß der strittige Grundstreifen als Wasserbett zu beurteilen sei. Im Wasserrechtsgesetz fehle eine Definition des Begriffes Wasserbett. Der strittige Landstreifen sei zwar während der weitaus überwiegenden Zeit des Jahres nicht, mehrmals im Jahre jedoch, ohne daß dies auf außergewöhnliche Verhältnisse zurückzuführen sei, von Wasser bedeckt. Es sei somit davon auszugehen, daß die strittige Fläche zwar nicht häufig, aber doch regelmäßig mehrmals jährlich auch ohne Vorliegen außergewöhnlicher Verhältnisse überflutet werde, also nicht nur bei irregulären Hochwasserständen. Daß auf dem strittigen Grundstreifen Gras und Baumbewuchs vorhanden sei, spreche nicht zwingend gegen die Annahme eines Wasserbettes. Auch bei Flüssen komme es häufig vor, daß die Uferböschung mit Gras oder Stauden bewachsen sei. Nach § 2 Abs. 4 WRG behielten öffentliche Gewässer diese Eigenschaft auch dann, wenn ihr Bett nicht ständig Wasser enthalte. Auch die Bestimmung des § 4 Abs. 7 WRG über die Ausscheidung von Grundflächen aus dem öffentlichen Wassergut zeige, daß die Widmung als öffentliches Wassergut jedenfalls auch dem Zweck diene, den Gemeingebrauch zu sichern und diejenigen zu schützen, die den Gemeingebrauch ausüben. Bis zum Jahre 1909 hätte offensichtlich eine feste Grenzlinie zur Wasserfläche nicht bestanden, da früher die Wasserlinie zugleich die Eigentumsgrenze der an das Wasser anrainenden Grundbesitzer gebildet habe. Es liege nahe, daß damals die Grenzziehung nach der Wasser- bzw. Uferlinie erfolgt sei, wobei allerdings nicht bekannt sei, ob die Uferlinie nach dem mittleren Wasserstand oder aber im Sinne einer Entscheidung des k. k. Ackerbauministeriums vom 3. Jänner 1880 nach jener Linie, bis zu welcher in regelmäßigen Perioden eintretende höhere Wasserstände oder Hochwässer reichten, festgelegt worden sei.

Das Erstgericht war der Auffassung, daß der strittige Grundstreifen als Wasserbett im Sinne des Wasserrechtsgesetzes anzusehen sei. Der Gemeingebrauch umfasse auch das Wasserbett. Zur Ausübung des Badens im Rahmen des Gemeingebrauches sei es erforderlich, die gerade trockenen Streifen des Wasserbettes zu betreten. Das Unterlassungsbegehren sei daher nicht berechtigt. Das Feststellungsbegehren sei insoweit abzuweisen, als begehrt werde, daß der Beklagte persönlich nicht berechtigt sei, den strittigen Grundstreifen zu betreten. Damit sei offensichtlich die Ausübung des Gemeingebrauches und nicht eine persönliche Dienstbarkeit gemeint gewesen. Eine Dienstbarkeit zugunsten des Beklagten bestehe jedoch nicht. Das Ufergrundstück des Beklagten gehörte zu einem landwirtschaftlichen Anwesen, sodaß es an der utilitas praedii fehle, wenn Familienmitglieder und das Gesinde im See zu baden pflegten. Eine Besitzanrechnung bei einer persönlichen unregelmäßigen Servitut wäre ausgeschlossen. Durch die Teilung des herrschenden Grundstückes wäre eine erhebliche Erschwerung und Ausweitung für das belastete Gut eingetreten. Letztlich hätte dem Vormann Johann A der Ersitzungswille gefehlt. Eine allenfalls ersessene Dienstbarkeit wäre durch den Abschluß eines Pachtvertrages mit dem Voreigentümer Dipl.-Ing. Hans Georg F im Sinne des § 1488 ABGB verschwiegen worden. Da der Beklagte in diesem Verfahren eine von seinen Besitzvorgängern abgeleitete Dienstbarkeit behauptet hätte, sei auch das Feststellungsinteresse gegeben, sodaß dem Feststellungsbegehren teilweise stattzugeben sei.

Der Berufung der klagenden Partei gab das Berufungsgericht nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, den Betrag von 60 000 S übersteige. Das Berufungsgericht hielt das erstinstanzliche Verfahren für mängelfrei, übernahm die Feststellungen des erstinstanzlichen Urteiles und billigte seine rechtliche Beurteilung. Entscheidend sei die Lösung der Frage, ob der strittige Grundstücksteil zum Wasserbett gehöre. Unbestritten gehöre Überschwemmungsgebiet nicht mehr zum Wasserbett. Es sei daher zu entscheiden, wo im Bereich der Schwankungsbreite vom niedrigsten Wasserstand bis zu jenem, der eben gerade noch nicht als Hochwasser bezeichnet werden könne, die Uferlinie zu ziehen sei. Die natürliche Abgrenzung finde sich demnach bei jener Linie, die vom Gewässer nur bei außerordentlichem, im wahrsten Sinne des Wortes "außer der Ordnung" seiendem Wasserstand (Hochwasser) überschritten und in regelmäßig wiederkehrenden Perioden noch erreicht werde. Hier gehe es nicht um Quantitäten, nämlich ob dadurch auch die überwiegende Zeit des Jahres ein Bett mit Wasser gefüllt sei, sondern um die Qualität, die lediglich verlange, daß "regelmäßig" im Sinne von "jährlich immer sich wiederholend" es zur Überflutung komme, ohne daß von Hochwasser gesprochen werden könne. Windverfrachtungen, Steigen des Wasserstandes nach einem Regen, aber auch Schneeschmelze usw. kämen hier als auslösende Momente in Frage. Ein in diesem Umfang vom Gewässer regelmäßig überfluteter Grund solle daher auch zum Wasserbett gehörig qualifiziert werden.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

In rechtlicher Hinsicht ist davon auszugehen, daß die klagende Partei eine Eigentumsfreiheitsklage, somit einen privatrechtlichen Anspruch erhob, dessen Beurteilung auch dann im ordentlichen Rechtsweg zu erfolgen hat, wenn sich der Beklagte auf einen im öffentlichen Recht wurzelnden Gemeingebrauch beruft. Ob dem Beklagten ein solcher Gemeingebrauch zustehe, ist von den Gerichten als Vorfrage zu prüfen. Ist die Handlungsweise des Beklagten vom Gemeingebrauch gedeckt, so ist die Negatorienklage abzuweisen (JBl. 1962, 261; zuletzt 1 Ob 23/79).

Die klagende Partei bekämpft nicht mehr die Rechtsansicht der Vorinstanzen, daß der Wolfgangsee gemäß dem ersten Satz des § 6 des Salzburger Gesetzes über Benützung, Leitung und Abwehr der Gewässer vom 28. August 1870 i. d. F. des Gesetzes vom 27. Jänner 1920, LGBl. 28, welche Bestimmung ausdrücklich durch § 140 Abs. 1 Z. 1 WRG 1959 aufrechterhalten wurde, als Privatgewässer des Staates den öffentlichen Gewässern gleichzuhalten ist. Die Bestimmung des § 4 Abs. 3 WRG 1959, nach der u. a. Grundstücke, die in der Verwaltung eines Bundesbetriebes, somit auch der Österreichischen Bundesforste (Krzizek, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz, 36), stehen, nicht zum öffentlichen Wassergut zählen, schließt allerdings aus, daß das Bett des Wolfgangsees öffentliches Wassergut ist. Dem käme dann rechtliche Bedeutung zu, hätte der Wolfgangsee sein Bett verlassen (Krzizek, Komm. z. WRG, 49; Haager - Vanderhaag, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz 1936, 115). Da sich aus § 5 Abs. 1 WRG ergibt, daß vom Gemeingebrauch im Sinne des § 8 WRG auch das Wasserbett umfaßt ist (Krzizek a. a. O., 49; Grabmayr - Roßmann, Das Österreichische Wasserrecht[2], 45 f. Anm. 5 zu § 5 WRG), ist er hingegen ohne rechtliche Bedeutung, wenn die strittige Fläche zum Wasserbett des Wolfgangsees gehört.

Die Revision führt dazu aus, daß die vom Berufungsgericht vorgenommene Grenzziehung zu einer Überflutung durch Hochwasser nach der Zahl der Überflutungen oder Anzahl der Überflutungstage, die im übrigen nicht nur jahreweise schwanken könnten, sondern auch in mehrjährigen Perioden einem Wechsel unterworfen sein könnten, entweder zu keiner oder zu einer willkürlichen Grenzziehung führen müsse. Auch die Begriffsbildung des Berufungsgerichtes, daß ein nur außer der Ordnung liegender Wasserstand ein "Hochwasser" sei, bringe keine Lösung, sondern nur eine Verschiebung der Fragestellung dahin, was in der Ordnung sei. Die Definition des Berufungsgerichtes, regelmäßig wiederkehrende Überflutungen seien in der Ordnung, treffe ebenso auf regelmäßig alle zehn Jahre wiederkehrende Hochwässer zu wie auf regelmäßig einmal jährlich wiederkehrende Hochwässer usw. Da das Wasserrechtsgesetz den Begriff des "Hochwassers" nicht definiere, müsse als solches jeder Wasserstand qualifiziert werden, der über den Wasserstand hinausgehe, der während des überwiegenden Teiles des Jahres herrsche. Alle Kommentatoren seien sich daher auch darüber einig, daß für die Bestimmung des Gewässerbettes nur der normale Wasserstand maßgeblich sei, der allerdings nicht als eine rechnerische Linie eines mittleren Wasserstandes, sondern als jene Grenze aufzufassen sel., bis zu der das Wasser den größten Teil des Jahres reiche und die insbesondere durch das Vorhandensein einer Grasnarbe gekennzeichnet sei. Bei der Uferlinie handle es sich nicht um die rechnerische Größe eines mittleren Wasserstandes, sondern im Sinne sämtlicher Autoren um jene Grenze zwischen der normalerweise vom Wasser bedeckten Fläche, die eben deshalb vegetationslos sei, und der normalerweise wasserfreien Fläche, die eben deshalb Vegetation aufweise. Im übrigen ergebe sich schon auf Grund des gewöhnlichen Sprachgebrauches, daß eine grüne Wiese mit 35- bis 45jährigen Bäumen nicht als Wasserbett angesehen werden könne.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Wie auch in der Revision hervorgehoben wird, enthält das Wasserrechtsgesetz keine Definition der Uferlinie. Dementsprechend hat sich auch keine einheitliche Lehre ausgebildet.

Krzizek a. a. O., 12 führt hiezu aus, daß es nicht erforderlich sei, daß das Wasserbett ständig vom Wasser bedeckt sei, wohl aber müsse ein Wasserbett vorhanden sein. Für Wasser, das sich infolge besonderer Ereignisse (außerordentlicher Überschwemmungen, Dammbrüche) auf einem Grundstück sammle oder über ein solches fließe, gälten nur einzelne Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes. Vom Wasserbett sei das Hochwasserabflußgebiet (Überschwemmungsgebiet) zu unterscheiden. Ein solches gebe es nur bei fließenden Gewässern. Die Grenze zwischen Wasserbett und anschließendem Ufergrund sei die Uferlinie (Wasserlinie). Dabei handle es sich um einen Rechtsbegriff. Für die Feststellung der Uferlinie seien folgende Umstände von Bedeutung: 1. künstliche oder natürliche Grenzen des Wasserbettes (Felswände, Ufer, Mauern, Brückenpfeiler u. dgl.), 2. der normale, d. h. während der längsten Zeit des Jahres dauernde Wasserstand, 3. die Fauna und Flora der in Betracht kommenden Flächen, 4. die durch längere Zeit andauernde Nutzung der Grundfläche (als Ausfluß des Gemeingebrauches oder auf Grund des Eigentumsrechtes). Eine Änderung der Grenzen der Gewässer könne von Menschen auch willkürlich herbeigeführt werden.

Grabmayr - Roßmann a. a. O., 44 Anm. 3, zu § 5 WRG, führen aus, daß als Bett die Sohle des Gewässers und jene Streifen des Ufers zu betrachten seien, die in der Regel unter Wasser liegen und äußerlich meist am Fehlen einer Grasnarbe kenntlich seien.

Haager - Vanderhaag a. a. O., 22 führt aus, daß man unter Wasserbett denjenigen zwischen den Ufern befindlichen Raum zu verstehen habe, der bei dem ordentlichen, d. h. nicht durch ungewöhnliche Ereignisse herbeigeführten Wasserstand vom Wasserspiegel bedeckt sei. Das Wasserbett erstrecke sich auf die Bach- und Flußsohle und das Seitengelände, das unter dem regelmäßigen Wasserspiegel gelegen sei. Dieser Umfang des Wasserbettes entspreche auch dessen Zweckbestimmung, das Wasser vollständig, also auch dann, wenn es seinen höchsten ordentlichen Stand erreiche, in sich aufzunehmen. Dieser Stand allein bilde eine sichere Grenze für das Wasserbett gegenüber dem Ufer, während der mittlere Wasserstand, der sich bei einer durchschnittlichen Berechnung aus den verschiedenen Wasserständen während eines längeren Zeitraumes ergäbe, eben deshalb mit dem jeweiligen wirklich vorhandenen Wasserstand nicht übereinstimme. Andererseits sei aber mit Rücksicht auf die ständigen Schwankungen dieser Wasserlinie auch eine gewisse Unsicherheit in den Eigentumsverhältnissen der Uferbewohner festzustellen. Um in dieser Richtung mit einer gewissen feststehenden Größe arbeiten zu können, werde angenommen, daß sich die Wasserlinie nach dem mittleren Wasserstand des Wasserlaufes bestimme. Er zitiert anschließend (a. a. O., 27) eine Entscheidung des k. k. Ackerbauministeriums vom 3. Jänner 1880, Z. 11 968, wonach als Grenzlinie zwischen dem Wasserbett und den Ufergrundstücken jene Linie angenommen werde, bis zu der die in regelmäßigen Perioden eintretenden höheren Wasserstände oder Hochwasser reichen, weil durch derlei höhere Wasserstände die kontinuierliche Übung, welche die Voraussetzung des privatrechtlichen Besitzes und damit des Eigentums sei, unterbrochen werde, ein Privateigentum unterhalb dieser Linie sich nicht mehr bilden könne. A. a. O., 76 wird dann ausgeführt, wie weit im Einzelfall das Bach- oder Flußbett gehe und was als mittlere Uferlinie, die die Grenze zwischen dem Flußbett und den anderen Grundstücken bezeichne, anzusehen sei, sei eine Tatfrage, für die nach dem Wasserrechtsgesetz 1934 nur anzunehmen sei, daß die den Bach oder Fluß in seiner Längsrichtung einsäumenden Grundstücke, die im Privatbesitz stehen und auch bei einem normalen Wasserstand zeitweise vom Wasser bedeckt sein können, noch nicht als Fluß- oder Bachbett anzusehen seien; andererseits würden Grundstücke, die sich nicht im Privatbesitz befänden und auch nicht als solche benützt werden, weil sie sich dazu nicht eignen und auch vom Wasser überflutet würden, doch zum Bach- oder Flußbett gerechnet werden können, wenn sie auch nur unter besonderen Umständen zur Abfuhr der Gewässer dienen.

Wiglitzy, Österreichisches Wasserrecht 1923, führte auf S. 8 aus, daß die (damals geltenden Landes ) Wasserrechtsgesetze über die Feststellung der Uferlinie keine positive Bestimmung träfen. Es sei daher eine von Fall zu Fall nach den tatsächlichen Verhältnissen zu beurteilende Frage, wo die Grenze zwischen dem Bett eines Gewässers und den Ufergrundstücken verlaufe, eine Frage, die nach hydrotechnischen Gesichtspunkten wohl dahin zu lösen sei, daß als Uferlinie jene Linie zu gelten habe, bis zu welcher der Boden bei einem gewissen, als maßgeblich betrachteten Wasserstand vom Wasser bedeckt werde. Ob hiebei der normale, d. h. während der längsten Zeit des Jahres dauernde, Wasserstand oder der bei regelmäßig wiederkehrenden Hochwässern sich ergebende oder ein mittlerer (durchschnittlicher) Wasserstand als maßgebend angesehen werden solle, sei zweifelhaft.

Peyrer - Heimstätt, Das Österreichische Wasserrecht[3] 1898, 16, lehrte, daß das Bett der Gewässer denjenigen Teil des Landes bilde, welcher nach den regelmäßigen Verhältnissen des Wasserstandes und Wasserabflusses mit Wasser bedeckt zu sein pflege. Es umfasse sowohl die Bodenfläche, auf der das Wasser stehe oder fließe, als auch denjenigen Teil des die Bodenfläche einfassenden Seitenlandes, welcher unter dem regelmäßigen Wasserspiegel liege. Die Ufer bildeten die natürliche Grenze des Wasserbettes. Da jedoch die Wasserlinie zugleich die Eigentumsgrenze der an dem Wasserlauf anrainenden Grundbesitzer bilde, so sei auch diese Grenze tatsächlich fortwährenden Schwankungen ausgesetzt. Um mit solchen Schwankungen verbundenen Rechtsverwirrungen vorzubeugen, nehme man gewöhnlich an, daß die Uferlinie nach dem mittleren Stand des Wasserlaufes sich bestimme. Richtig erscheine es jedoch, als Grenzlinie eines öffentlichen Gewässers zwischen dem Wasserbette und den im Privatbesitz stehenden Ufergrundstücken jene Linie anzunehmen, bis zu welcher die in regelmäßigen Perioden eintretenden höheren Wasserstände oder Hochwässer (im Unterschiede von außerordentlichen Überschwemmungen) reichen, weil durch derlei höhere Wasserstände jene kontinuierliche Übung, welche die Voraussetzung des privatrechtlichen Besitzes und daher auch des Eigentums sei, unterbrochen werde, ein Privateigentum unterhalb dieser Linie sich also nicht mehr bilden könne. Andererseits sei jene Linie des häufig eintretenden höheren Wasserstandes zugleich die Grenzlinie, welche bei Uferschutzbauten zu berücksichtigen sei und daher auch in die Baulinie dieser Uferschutzbauten falle. Den über den Mittelwasserspiegel fallenden Teil des Flußbettes respektive dessen seitliche Begrenzungsflächen nenne man gemeinhin das Ufer. Habe das Ufergelände mit der Uferböschung eine gleich geneigte Lage, dann verschwinde der Ufergrat und es lasse sich der Umfang des Bettes nur nach dem Wasserstande bestimmen. Es sei jedoch auch die Grenze des mittleren Wasserstandes bzw. des in regelmäßigen Perioden eintretenden höheren Wasserstandes tatsächlich nicht immer erkennbar und unterliege sogar ebenfalls Schwankungen. Dennoch sei es notwendig, für gewisse Zwecke eine solche Grenze jedenfalls für einen längeren Zeitraum als feststehend anzunehmen.

Randa, Das Österreichische Wasserrecht 1898, 7 Anm. 8, führte aus, daß vom Flußbett die Flußufer zu unterscheiden seien; diese stunden im Eigentum des Ufergrundbesitzers. Die Grenzen des Flußbettes müßten nach dem mittleren Wasserstand festgesetzt werden.

Endemann, Das ländliche Wasserrecht 1862, 12, definierte den gemeinrechtlichen Begriff des Ufers als die bei vollem Wasserstand trocken bleibende Einfassung. Weder ein außerordentlich niedriger noch ein außerordentlich hoher Wasserstand könne den Begriff alterieren.

Die aufgezeigten Unterschiedlichkeiten in der Lehre sind wohl darauf zurückzuführen, daß entgegen dem römischen und gemeinen Recht das Ufer nunmehr als Linie und nicht als Fläche gedacht wird (s. hiezu das Paulusfragment 3 § 2 D 43, 12). Nur Peyrer - Heimstätt a. a. O. behandelt die Begrenzung nicht nur als Uferlinie, sondern bezeichnet als Ufer auch die Fläche zwischen mittlerem Wasserspiegel und Ufergrat. Die Uferfläche nach römischem und gemeinem Recht konnte unabhängig von den Eigentumsverhältnissen an dieser Fläche bei öffentlichen Gewässern von jedermann betreten werden, soweit dies zur Benutzung des Wassers notwendig war (siehe Entscheidung des Obertribunals zu Stuttgart vom 14. Jänner 1873, SeuffA 28/7). Nur für die Eigentumslinie - das Eigentum war in einem solchen Fall zur nuda proprietas herabgesunken - war bei dieser Rechtslage der mittlere Wasserstand von Bedeutung, nicht aber für die Abgrenzung des oberen Randes der Uferfläche zu den angrenzenden Grundstücken. Für diese Grenze galt der Grundsatz "plenissimum flumen continet", sie bestimmte sich daher nicht nach dem mittleren Wasserstand, sondern nach dem regelmäßig oder durchschnittlich in jedem Jahr wiederkehrenden höchsten ordentlichen Wasserstand (SeuffA 24/189, 22/115). Als ordentlicher Wasserstand wurde dabei derjenige bezeichnet, der nicht durch ungewöhnliche Ereignisse herbeigeführt wurde (SeuffA 28/7 - zu den in der Revision erwähnten Nilüberschwemmungen siehe schon fr 12 § 5 D 43, 12).

Bei einer sinnvollen Auslegung des Begriffes Wasserbett, die die von § 8 Abs. 1 WRG offenbar für den Regelfall gewollte freie Benutzung eines öffentlichen Gewässers gewährleistet, kann die Grenze des Wasserbettes nicht nach der gemeinrechtlichen unteren Begrenzung des Ufers zum Gewässer hin gezogen werden. In diesem Fall würden schon bei mittlerem (normalem) Wasserstand die privaten Eigentümer eines öffentlichen Gewässers den Zugang zum Gewässer jedermann verweigern können. Die Grenzziehung zwischen Wasserbett und anrainenden Grundstücken muß vielmehr zumindest für den Normalfall nach dem regelmäßig wiederkehrenden ordentlichen höchsten Wasserstand erfolgen. Daß die vier- bis fünfmalige Überflutung der im vorliegenden Fall strittigen Landfläche durch außerordentliche Verhältnisse herbeigeführt würde, ist im Verfahren nicht hervorgekommen. Bei der Abgrenzung des regelmäßig wiederkehrenden höchsten Wasserstandes zu einem Hochwasserstand kommt es aber entgegen den Ausführungen der Revision der klagenden Partei in einem Fall, in dem ein Ufergrat nicht eindeutig vorhanden ist und daher mit der im § 48 Abs. 3 WRG verwendeten Formulierung, daß ein Hochwasser dann vorliegt, wenn ein Gewässer sein Ufer überflutet (vgl. VwGH vom 31. März 1914, Slg. 10 171/A), wenig gewonnen werden kann, auf den Grund der Änderung des Wasserstandes an. Ist die Höhe des Wasserstandes auf außergewöhnliche, weit über die Durchschnittswerte hinausgehende Niederschläge zurückzuführen, handelt es sich um ein außerordentliches Ereignis, um ein Hochwasser, andernfalls aber noch um eine Wassermenge, die unter den Begriff des vollen Wasserstandes fällt. Dieser Stand ist als Grenze des Wasserbettes anzusehen. Hilfsweise wird bei Fehlen eines Ufergrates zur Beurteilung auch herangezogen werden können, ob die regelmäßig überflutete Fläche unproduktiv ist oder ob sie anderweitig genutzt wird. Im ersten Fall ist ungeachtet einer sich ausgebildet habenden Mischvegetation noch ein Wasserbett anzunehmen, nur im zweiten Fall wird von einem Überschwemmungsgebiet gesprochen werden müssen. Bedeutungslos ist es, ob der relativ häufig wiederkehrende volle Wasserstand ohne oder durch eine Tätigkeit von menschlicher Hand zustandekommt.

Die strittige, vom regelmäßig genutzten Land deutlich abgehobene, im Jahre 1909 von diesem als Seegrundstück abgegrenzte und offenbar wegen der relativ häufigen Überflutung wirtschaftlich nicht genutzte Grundfläche ist daher als zum Wasserbett des Wolfgangsees gehörig anzusehen. Unter dieser Voraussetzung ist aber die Benützung dieses Grundstücksteiles durch den Beklagten, auch wenn er nicht mit Wasser bedeckt ist und daher begangen werden muß, auf Grund des Gemeingebrauches nach § 8 Abs. 1 WRG gerechtfertigt.

Der Revision kann nämlich nicht darin gefolgt werden, daß das Betreten des Wasserbettes nicht durch den Gemeingebrauch gedeckt sei. § 8 WRG zählt vielmehr eine Reihe von Befugnissen auf (Baden, Gewinnung von Pflanzen, Schlamm, Erde, Sand, Schotter und Steinen), die ein Betreten des Wasserbettes voraussetzen (vgl. Frank, Das Österreichische Wasserrecht, 41). Der Gemeingebrauch an dem privaten Wasserbett eines öffentlichen (oder einem solchen gleichzuhaltenden) Gewässers umfaßt also auch das Betreten eines infolge wechselnden Wasserstandes nicht ständig Wasser enthaltenden (§ 2 Abs. 4 WRG) Seebettes (Krzizek a. a. O., 22).

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