JudikaturJustiz1Ob220/99f

1Ob220/99f – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. August 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Fritz H***** Gesellschaft m. b. H. Co. KG, *****, vertreten durch Dr. Manfred Pochendorfer, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wider die beklagte Partei R*****bank ***** reg. Gen. m. b. H., *****, vertreten durch Aumayr Mandl, Rechtsanwälte in Mauerkirchen, wegen 261.872 S sA infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 9. April 1999, GZ 4 R 21/99g-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 19. Oktober 1998, GZ 5 Cg 35/98v-10, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 12.960 S (darin 2.160 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten deren Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht wies das Klagebegehren, die beklagte Partei aufgrund eines Verwendungsanspruchs zur Leistung von 261.862 S sA zu verurteilen, ab.

Das Gericht zweiter Instanz hob dieses Urteil auf, verwies die Rechtssache zur Ergänzung der Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück und sprach überdies aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil es zur Frage, "ob der (frühere) Vorbehaltseigentümer einen Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB gegenüber dem Pfandgläubiger" habe, "der aus dem Verkaufserlös von Liegenschaften befriedigt worden" sei, "der infolge der dem Vorbehaltseigentümer gehörenden Sache(n) höher gewesen" sei, an einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung mangle.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist unzulässig.

1. Der österreichischen Rechtsordnung ist ein allgemeiner Bereicherungstatbestand fremd. Bereicherungsansprüche setzen vielmehr die Verwirklichung spezifischer, im Gesetz geregelter Tatbestände voraus (6 Ob 2/99h; 3 Ob 40/98y = immolex 1998, 206; JBl 1988, 784 ua). Der Verwendungsanspruch gemäß § 1041 ABGB ist eine solcher Bereicherungsanspruch, durch den eine ungerechtfertigte Vermögensverschiebung, der keine bewußte Zuwendung des Verkürzten an den Bereicherten, sondern eine Verwendung zu fremdem Nutzen zugrundeliegt, rückgängig gemacht oder ausgeglichen werden soll. Er beruht nach heutigem Verständnis vor allem auf der Vermeidung einer ungerechtfertigten Bereicherung aus fremden Sachen und auf dem Gedanken der Rechtsfortwirkung. Das Eigentumsrecht des Verkürzten findet also durch die Kraft seines Zuweisungsgehalts im Verwendungsanspruch sein schuldrechtliches Äquivalent. Verwendung zum Nutzen eines anderen ist jede dem Zuweisungsgehalt des Rechts des Eigentümers widersprechende Nutzungszuweisung. Ein solche Verwendung kann auf einer Handlung des Verkürzten beruhen, aber auch ohne sein Zutun erfolgen (6 Ob 2/99h; immolex 1998, 206; ÖBl 1991, 40). Dem rechtlichen Wesen eines Anspruchs nach § 1041 ABGB entsprechend muß somit die Verwendung zum Nutzen eines anderen als des Berechtigten ungerechtfertigt gewesen sein (6 Ob 2/99h; JBl 1999, 110; SZ 69/89).

1. 1. Vor dem Hintergrund der unter 1. erörterten Grundsätze steht die Verwendungsklage im mehrpersonalen Verhältnis dann nicht zu, wenn die maßgebliche Vermögensverschiebung ihren Rechtsgrund im Gesetz, in einem Vertrags- oder sonstigen Schuldverhältnis bzw einem vertragsähnlichen Verhältnis zwischen dem Verkürzten und dem Bereicherten (immolex 1998, 206; SZ 69/89) oder ersterem und einem Dritten - wenn auch über Mittelspersonen - hat (6 Ob 2/99h; JBl 1999, 110; immolex 1998, 206). Die Behauptungs- und Beweislast für die Voraussetzungen eines Verwendungsanspruchs liegt wie beim Kondiktionsanspruch beim Kläger (6 Ob 2/99h; 3 Ob 161/98t mwN).

1. 2. Der Anspruch des Eigentümers einer beim Verpflichteten gepfändeten Sache gegen den betreibenden Gläubiger, der aus dem Pfandobjekt Befriedigung erlangt, ist ein Verwendungsanspruch (SZ 57/192 [Vorbehalteigentum]; SZ 46/8) entsprechend dessen unter 1. und 1. 1. dargelegten Rechtsnatur. Der Eigentumsvorbehalt des Verkäufers einer beweglichen Sache erlischt jedoch, sobald die Vorbehaltssache zum unselbständigen Bestandteil einer unbeweglichen Sache im Eigentum eines anderen wurde (SZ 57/192). Sonderrechtsfähig bleiben nur selbständige Bestandteile (SZ 67/1; SZ 57/192).

2. Das Berufungsgericht sprach aus, daß dem Sacheigentümer ein Verwendungsanspruch zustehe, "wenn der Gläubiger aus dem Erlös fremden verkauften Vermögens Zahlung empfangen" habe. Deshalb sei die Rechtsprechung zu der auf Vorbehaltseigentum "abgeirrten Zwangsvollstreckung" auch im Anlaßfall - Befriedigung der beklagten Partei als Vertragspfandgläubigerin aus dem Verkäufserlös der Pfandobjekte (Liegenschaften), auf denen die Pfandschuldner die ihnen von der klagenden Partei unter Eigentumsvorbehalt verkauften und gelieferten beweglichen Sachen (Fenster und Türen) im Zuge der Errichtung eines Hauses verbaut hatten - anwendbar, wenn der Verkaufserlös für die Liegenschaften samt den Vorbehaltssachen höher gewesen sei, als er ohne sie gewesen wäre. Dieses Ergebnis setze jedoch voraus, daß der Eigentumsvorbehalt nicht deshalb untergegangen sei, weil die gelieferten Sachen unselbständige Bestandteile des Hauses der Besteller geworden seien.

2. 1. Wäre der Eigentumsvorbehalt der klagenden Partei an beweglichen Sachen bis zu deren gutgläubigen Erwerb durch die Liegenschaftskäufer noch nicht erloschen gewesen, was erst im fortgesetzten Verfahren abschließend zu klären sein wird, so wäre die Befriedigung der beklagten Partei in Höhe der zu ermittelnden Differenz zwischen dem tatsächlichen Kaufpreis der Liegenschaft mit dem Vorbehaltsgut und ihrem Marktwert ohne dieses auf Kosten der klagenden Partei erfolgt, ohne daß einer solchen Vermögensverschiebung ein Rechtsgrund in der mehrpersonalen Rechtsbeziehung zugrundeläge, durfte sich doch die beklagte Partei als Pfandgläubigerin nur aus dem Vermögen ihrer Schuldner befriedigen.

Wäre dagegen der Eigentumsvorbehalt der klagenden Partei an beweglichen Sachen, die sie den Pfandschuldnern der beklagten Partei verkauft und geliefert hatte, schon vor einem gutgläubigen Eigentumserwerb durch die neuen Eigentümer der ehemaligen Pfandliegenschaften erloschen, so durfte die Forderung der beklagten Partei aufgrund deren Vertragsbeziehung mit den Pfandschuldnern rechtmäßig aus dem Kaufpreis für die ehemaligen Pfandliegenschaften getilgt werden, weil eine solche Leistung dann nur mit dem Geldwertäquivalent ehemaligen Eigentums der Pfandschuldner erbracht worden wäre, wären doch dann die vormals unter Eigentumsvorbehalt der klagenden Partei verkauften und gelieferten, jedoch zu unselbständigen Bestandteilen des Hauses der Besteller gewordenen Türen und Fenster bereits vor dem Liegenschaftsverkauf aus der sachenrechtlichen Rechtszuständigkeit der klagenden Partei ausgeschieden, sodaß eine solche Vermögenverschiebung ihren Rechtsgrund im Vertragsverhältnis des Verkürzten mit den Dritten - den Pfandschuldnern der beklagten Partei - hätte. Insofern könnte sich also die klagende Partei nur an ihre Vertragspartner halten.

2. 2. Die sich aus dem voranstehenden Punkt ergebenden rechtlichen Zusammenhänge wurden vom Gericht zweiter Instanz nach den durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bereits geprägten und unter

1. bis 1. 2. zusammengefaßten Grundsätze zutreffend erkannt und dem angefochtenen Beschluß zugrundegelegt.

3. Im Rekurs wird gegen den allfälligen Bestand des geltend gemachten Anspruchs im Grundsätzlichen bloß eingewendet, der klagenden Partei wären verschiedene Möglichkeiten zu Gebote gestanden, ihre Befriedigung im Verhältnis zu ihren Vertragspartnern, den Pfandschuldnern, unter Vermeidung einer Bereicherung der beklagten Partei sicherzustellen.

Damit verkennt die beklagte Partei, wie in der Rekursbeantwortung zutreffend dargelegt wird, daß allfällige Versäumnisse der klagenden Partei in der Sicherstellung und Durchsetzung vertraglicher Ansprüche gegen ihre Vertragspartner, die überdies Pfandschuldner der beklagten Partei waren, keine Rechtfertigung für die Aufrechterhaltung einer allfälligen Bereicherung der beklagten Partei auf Kosten der klagenden Partei sein kann.

Was die mögliche Eigenschaft der im Anlaßfall bedeutsamen Türen und Fenster als unselbständige Bestandteile der vormaligen Liegenschaft der Vertragspartner der klagenden Partei betrifft, erörtert die beklagte Partei in ihrer Würdigung der bereits aufgenommenen Beweise bloß Tatfragen. Der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, kann aber den auf einer zutreffenden Rechtsansicht beruhenden Aufträgen des Gerichts zweiter Instanz zur Ergänzung des Beweisverfahrens in diesem Punkt nicht entgegentreten.

Soweit die beklagte Partei noch behauptet, der Verwertungserlös der Pfandobjekte wäre wesentlich geringer gewesen, wenn sie "die Liegenschaft in die Zwangsversteigerung geführt hätte", sodaß ihre allfällige Bereicherung nur nach der Höhe eines fiktiven Meistbots zu ermitteln sei, verkennt sie gleichfalls das Wesen des geltend gemachten Anspruchs, ist doch die tatsächliche Verwendung zu fremdem Nutzen rückgängig zu machen und auszugleichen.

4. Der Oberste Gerichtshof ist bei der Prüfung der Zulässigkeit des Rekurses gemäß § 526 Abs 2 ZPO an die Beurteilung des Gerichts zweiter Instanz über das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage nicht gebunden. Wie aus den voranstehenden Ausführungen folgt, ist dieser Einzelfall kein Anlaß, das durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs für die Beurteilung von Verwendungsansprüchen bereits definierte System fortzubilden. Der Rekurs ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO (§ 519 Abs 2 ZPO) zurückzuweisen, wobei die Begründung gemäß § 510 Abs 3 ZPO auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränkt werden darf.

5. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 41 und § 50 Abs 1 ZPO. Die klagende Partei beantragte primär die Zurückweisung des Rekurses, führte diesen Antrag der Sache nach auch näher aus und wies damit auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels der beklagten Partei hin. Die einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung demnach dienliche Rechtsmittelbeantwortung ist somit zu honorieren.

Rechtssätze
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