JudikaturJustiz1Ob134/13g

1Ob134/13g – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. September 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** AG, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Richter und Dr. Rudolf Zahlbruckner, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagten Parteien 1. Karl T*****, vertreten durch Bruckner Ullrich Pansi Rechtsanwälte OG in Leibnitz, und 2. M***** GmbH, *****, vertreten durch ScherbaumSeebacher Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen 70.482,36 EUR sA, über die außerordentliche Revision der zweitbeklagten Partei (Revisionsinteresse 62.790,09 EUR sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 24. Mai 2013, GZ 2 R 74/13i 32, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 22. Februar 2013, GZ 23 Cg 69/12x 26, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Nach der Rechtsprechung (RIS Justiz RS0021880) trifft mehrere zur Herstellung desselben Werks bestellte Unternehmer, auch wenn keiner von ihnen zum Generalunternehmer bestellt wurde, die Pflicht, alles zu vermeiden, was das Gelingen des Werks vereiteln könnte („technischer Schulterschluss“, aaO [T2]). Wäre im Zuge dieser Kooperation die Untauglichkeit des bestellten Produkts erkennbar gewesen, dann haften die Unternehmer für die Warnpflichtverletzung solidarisch, wenn ihr Anteil am Gesamtschaden nicht erkennbar ist (RIS Justiz RS0021634 [T2]).

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen beauftragte die Betreiberin einer Pizzeria die zweitbeklagte Partei (auch) mit der Installation des Abgasrohrs des Pizza Ofens sowie ein anderes Unternehmen mit Trockenausbauarbeiten. Anlässlich einer Baubesprechung wurde festgestellt, dass ein am Abgasrohr angebrachter Kaminstutzen die Anbringung der brandschutztechnisch nötigen Verkleidung verhinderte. Die zweitbeklagte Partei hätte den Kaminstutzen abbauen, das mit den Trockenausbauarbeiten beauftragte Unternehmen danach die Brandschutzverkleidung anbringen sollen. Dieses brachte die brandschutztechnische Ummantelung aber nicht an, weil die zweitbeklagte Partei den Kaminstutzen nicht entfernt hatte. Die Zwischendecke wurde im Zuge der Trockenausbauarbeiten verschlossen. Die zweitbeklagte Partei schloss den Pizza Ofen an das Abgasrohr an. Aufgrund der fehlenden Brandschutzverkleidung kam es zu einem Brand, der die Betreiberin der Pizzeria schädigte. Bei dieser Sachlage ist es keine zu korrigierende Fehlbeurteilung, wenn die Vorinstanzen auch der zweitbeklagten Partei eine Verletzung ihrer Warnpflicht (§ 1168a ABGB) gegenüber der geschädigten Bestellerin anlasteten und die solidarische Haftung beider beteiligten Unternehmen bejahten.

Das in einem Vorprozess auf Schadenersatz geklagte Trockenausbauunternehmen hatte der zweitbeklagten Partei den Streit verkündet; sie trat dem Prozess jedoch nicht bei. Die Revisionswerberin bestreitet ihre von den Vorinstanzen bejahte Verpflichtung, der Solidarschuldnerin die Kosten des Vorprozesses einschließlich der eigenen Vertretungskosten anteilig zu ersetzen.

In der älteren höchstgerichtlichen Judikatur (6 Ob 630/83; RIS Justiz RS0017364 [T2]; RS0017438 [T3]; vgl 4 Ob 26/97w) wurde eine Ausgleichspflicht nach § 896 ABGB auch in Fällen der (erfolglos gebliebenen) Streitverkündung abgelehnt, weil als gemeinsame Verpflichtung nur die im gemeinschaftlichen schuldbaren Verhalten der Ersatzpflichtigen begründete Verpflichtung zum Ersatz des Schadens in Betracht komme. Der Oberste Gerichtshof hat aber in zahlreichen jüngeren Entscheidungen (RIS Justiz RS0109200, zuletzt ausführlich 2 Ob 215/11y mwN aus Judikatur und Lehre; 8 Ob 92/08z = RIS Justiz RS0108826 [T6, T7]) aus der Bindungswirkung des Vorprozesses des zahlenden Gesamtschuldners für den trotz Streitverkündung nicht beigetretenen anderen Gesamtschuldner einen Anspruch nach § 1037 ABGB auf Ersatz auch der Kosten des Vorprozesses abgeleitet. Es wurde zwar auch ausgesprochen (RIS Justiz RS0109200 [T8]), dass die Anspruchsgrundlage „Geschäftsführung ohne Auftrag“ ausscheide, wenn der für die Verfolgung fremder Interessen gemachte Aufwand von der eigenen Sphäre des Geschäftsführers nicht abtrennbar sei. Es gehe nicht an, den klaren und überwiegenden Vorteil in der prozessrechtlichen Bindungswirkung der Streitverkündung zu sehen, wirke sich doch diese gerade gegen den Regresspflichtigen aus (aaO [T7]). In diesen Fällen hafteten Regresspflichtiger und Regressberechtigter dem Geschädigten allerdings jeweils nicht solidarisch. Das Argument der zweitbeklagten Partei zur Verfolgung von ausschließlich Eigeninteressen durch die regressberechtigte Solidarschuldnerin schlägt im konkreten Fall nicht durch, hat diese doch nach den Feststellungen der Vorinstanzen im Vorprozess eine Reduktion des Schadenersatzanspruchs auf die Hälfte des geforderten Betrags erreicht. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, das einen auf § 1037 ABGB gestützten Anspruch auf Ersatz der Kosten des Vorprozesses als berechtigt ansah, hält sich demnach im Rahmen der jüngeren höchstgerichtlichen Judikatur zu einem Regress zwischen Solidarschuldnern.

Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Rechtssätze
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