JudikaturJustiz1Ob114/00x

1Ob114/00x – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. April 2000

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** Gesellschaft m. b. H., *****, vertreten durch Dr. Karl Zingher und Dr. Madeleine Zingher, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Ing. Georg Heinrich G*****, vertreten durch Dr. Hans Wagner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 29. Februar 2000, GZ 40 R 598/99h 17, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Es entspricht herrschender Ansicht, dass § 1116a ABGB auch für Untermietverhältnisse gilt (MietSlg 20.179; MietSlg 16.150; Binder in Schwimann, ABGB2 Rz 2 zu § 1116a; Würth in Rummel, ABGB2 Rz 1 zu § 1116a). Demnach wird ein solches Dauerschuldverhältnis nicht schon durch den Tod des Untermieters aufgelöst. Vererblich sind aber auch Mitmietrechte (MietSlg 8.661; Binder in Schwimann aaO Rz 9 zu § 1116a; Würth/Zingher , Miet- und Wohnrecht20 Rz 1 zu § 14 MRG), weshalb sie nicht dem überlebenden Mitmieter anwachsen ( Würth/Zingher aaO). Wohnungsmieten können allerdings gemäß § 1116a Satz 2 ABGB nach dem Tod des Mieters sowohl von dessen Erben als auch vom Vermieter ohne Rücksicht auf die vereinbarte Dauer des Mietverhältnisses unter Einhaltung der gesetzlichen Frist gekündigt werden.

2. Im Lichte der unter 1. referierten Rechtslage berief sich das Berufungsgericht mit Recht auf die Entscheidung 1 Ob 517/96 (= MietSlg 48.142 mwN) zur Begründung seiner Ansicht, das Untermietverhältnis bestehe mangels Kündigung mit dem ruhenden Nachlass des verstorbenen Mituntermieters fort. Da überdies auch Mit(unter )mieter als Beklagte eines Kündigungsprozesses eine einheitliche Streitpartei bilden (MietSlg 50.167; SZ 45/70 je mwN), ist einer der Mit(unter )mieter allein nicht passiv legitimiert.

3. Die klagende Partei richtete ihre gerichtliche Aufkündigung nur gegen den überlebenden Mituntermieter und unterließ es - entgegen der soeben dargestellten Rechtsprechung -, auch den ruhenden Nachlass der verstorbenen Mituntermieterin in das Kündigungsverfahren einzubeziehen.

Nach Ansicht der Revisionswerberin sind die Mituntermietrechte nicht auf den ruhenden Nachlass der verstorbenen Mituntermieterin übergegangen, sei doch die Verlassenschaft nicht abgehandelt, sondern nach § 73 AußStrG einem Gläubiger an Zahlungsstatt überlassen worden. Wenn gemäß § 529 ABGB sogar eine persönliche Dienstbarkeit mit dem Tod des Berechtigten erlösche, so müsse das umso mehr für ein Untermietrecht gelten. Diese Argumentation missachtet die unter 1. und 2. erläuterte Rechtslage.

Wohl sprach der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 3 Ob 87/66 (= MietSlg 18.073) aus "jeder von mehreren Gläubigern eines unteilbaren Gegenstandes" könne "diesen zur Gänze fordern", was sowohl bei körperlicher Unteilbarkeit als auch dann gelte, "wenn nach dem Willen der Parteien der Vertrag einheitlich auf die ganze Sache gerichtet" sei. Demnach wachse der "Anteil" eines Mitmieters bei dessen Ausscheiden "den anderen zu". Diese Rechtsausführungen beziehen sich jedoch nicht auf die Vererblichkeit von Mitmietrechten. Das wurde auch vom LGZ Graz in seiner Entscheidung 3 R 294/86 (= MietSlg 38.307) erkannt, weshalb diese Entscheidung den Prozessstandpunkt der klagenden Partei gerade nicht stützt, widerspräche doch eine solche Akkreszenz im Todesfall der unter 1. und 2. erläuterten herrschenden Ansicht zum rechtlichen Schicksal der (Unter )Mietrechte eines verstorbenen (Unter )Bestandnehmers.

Nicht erfolgreich kann auch der Einwand der Revisionswerberin sein, sie habe bei Einbringung der gerichtlichen Aufkündigung als Untervermieterin im Dezember 1992 nach Treu und Glauben nicht mehr mit der Geltendmachung eines Mituntermietverhältnisses rechnen müssen, sei doch die Mituntermieterin bereits 1983 verstorben. Damit übersieht die klagende Partei, dass die bloße Untätigkeit eines berechtigten Mitmieters nur in Ausnahmefällen auf einen Verzichtswillen schließen lässt (10 Ob 57/98z; 4 Ob 509/95), wäre doch die Unterstellung eines schlüssigen Mietrechtsverzichts nur aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls, die keine andere Deutung zuließen, gerechtfertigt (3 Ob 12/99g). Aus dem Versäumnis der klagenden Partei, das Problem der Rechtsnachfolge nach der verstorbenen Mituntermieterin zu klären und ihr Kündigungsverhalten an der bereits erläuterten Rechtslage zu orientieren, kann jedenfalls nicht auf einen Verzicht des ruhenden Nachlasses auf Mituntermietrechte geschlossen werden.

Der Beklagte brachte bereits in seinen Einwendungen gegen die gerichtliche Aufkündigung vor, als Mitmieter allein nicht passiv legitimiert zu sein (ON 2). Nach Fortsetzung des mehr als sechs Jahre unterbrochenen Verfahrens stützte er diesen Einwand in der Verhandlungstagsatzung vom 30. September 1999 auch auf die eingangs erläuterte Rechtslage (ON 12 S. 1).

Schließlich beruft sich die klagende Partei noch auf die Entscheidung 9 Ob 312/98t (= MietSlg 50.306). Dort wird allerdings nur dargelegt, dass - in Ermangelung eines Eintrittsrechts - "bereits der Tod des Wohnraumuntermieters den Kündigungstatbestand des § 30 Abs 2 Z 5 MRG erfüllt". Daraus kann aber nicht abgeleitet werden der ruhende Nachlass - nehme nach Überlassung der Verlassenschaft an Zahlungsstatt - entgegen § 1116a Satz 2 ABGB nicht die Rechtsstellung des verstorbenen Untermieters ein und könne deshalb auch nicht Kündigungsgegner sein.

4. Nach allen voranstehenden Erwägungen ist somit die außerordentliche Revision der klagenden Partei gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Rechtssätze
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