JudikaturJustiz15Os93/22y

15Os93/22y – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Oktober 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Oktober 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann als weitere Richter in Gegenwart des Mag. Buttinger als Schriftführer in der Strafsache gegen * L* wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB, AZ 16 Hv 60/16d des Landesgerichts Feldkirch, über die von der Generalprokuratur gegen Vorgänge in diesem Verfahren erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Mag. Wehofer, zu Recht erkannt:

Spruch

Im Strafverfahren AZ 16 Hv 60/16d des Landesgerichts Feldkirch verletzen

1./ das Unterlassen der Anordnung der Zustellung einer Rechtsmittelbelehrung in der richterlichen Zustellverfügung vom 7. Februar 2017 § 152 Abs 3 Geo iVm § 129 Abs 4 Geo sowie

2./ das Unterbleiben der Zustellung einer Rechtsmittelbelehrung § 6 Abs 2 StPO.

Alle auf dem Abwesenheitsurteil vom 16. Dezember 2016 (ON 8) beruhenden Verfügungen werden aufgehoben.

Dem Landesgericht Feldkirch wird aufgetragen, dem Angeklagten dieses Urteil unter Anschluss einer vollständigen Rechtsmittelbelehrung neuerlich zuzustellen.

Text

Gründe:

[1] Im V erfahren AZ 16 Hv 60/16d des Landesgerichts Feldkirch legte die Staatsanwaltschaft Feldkirch * L* mit Strafantrag vom 15. November 2016 ein als Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB beurteiltes Verhalten zur Last (ON 3).

[2] Die Hauptverhandlung am 16. Dezember 2016 wurde in Abwesenheit des – zum Anklagevorwurf vernommenen (ON 2 S 13 ff), ordnungsgemäß geladenen (ON 4 S 1 samt Zustellnachweis) und anwaltlich nicht vertretenen – Angeklagten durchgeführt (ON 7).

[3] Mit Abwesenheitsurteil vom selben Tag, GZ 16 Hv 60/16d 8, wurde der Genannte des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer Geldstrafe verurteilt.

[4] Mit am 7. Februar 2017 getroffener Verfügung ordnete der Einzelrichter die Zustellung einer Ausfertigung des Abwesenheitsurteils sowie des Protokolls über die Hauptverhandlung, nicht aber die Zustellung einer schriftlichen Rechtsmittelbelehrung an den Angeklagten an (ON 8 S 4). Das Abwesenheitsurteil wurde dem Angeklagten am 15. Februar 2017 durch Hinterlegung zugestellt (Hinterlegungsmitteilung angeschlossen an ON 8; vgl auch ON 9), wobei dem Urteil (laut Verfahrensautomation Justiz) keine Rechtsmittelbelehrung angeschlossen war.

Rechtliche Beurteilung

[5] Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, wurde das Gesetz im bezeichneten Verfahren verletzt:

1./ Gemäß § 152 Abs 3 Geo ist (unter anderem) bei der Zustellung eines Abwesenheitsurteils stets auch eine entsprechende Rechtsmittelbelehrung zuzustellen, wobei dies vom Richter in der Zustellverfügung ausdrücklich anzuordnen ist (§ 129 Abs 4 Geo).

[6] Indem Letzteres verabsäumt wurde, liegt ein Verstoß gegen die genannten Bestimmungen der Geo vor (RIS Justiz RS0059446, RS0096533; zur Wahrnehmung der Verletzung von Verordnungen durch den Obersten Gerichtshof siehe RIS Justiz RS0102164 [T1]).

2./ Das Unterbleiben der Zustellung einer Rechtsmittelbelehrung an den Angeklagten bewirkt einen Verstoß gegen § 6 Abs 2 StPO.

[7] I n einem solchen Fall hindert die fehlende Rechtsmittelbelehrung den Lauf von Rechtsmittelfristen nicht (RIS Justiz RS0096136 [T3, T7], RS0096224 [T5]; Danzl , Geo 9 § 152 Anm 20./b./; Fabrizy / Kirchbacher , StPO 14 § 6 Rz 5 und § 268 Rz 4). Ein darauf bezogener Gesetzesverstoß ist auch nicht ohne weiteres dadurch behebbar, dass die Zustellung in richtiger Form wiederholt wird (RIS Justiz RS0059452).

[8] Da nicht auszuschließen ist, dass sich die aufgezeigten Gesetzesverletzungen zum Nachteil des Angeklagten auswirken, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, deren Feststellung auf die im Spruch ersichtliche Weise mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO).

Rechtssätze
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