JudikaturJustiz11Os160/03

11Os160/03 – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. Februar 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Februar 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Loewe als Schriftführerin, in der Auslieferungssache gegen Attila K***** wegen Auslieferung zur Strafverfolgung an die Republik Ungarn, AZ 22 Ns 18/03 des Oberlandesgerichtes Wien, über die Beschwerde des Attila K***** gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 11. November 2003, GZ 22 Ns 18/03-25, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Beschluss wurde die vom Ministerium der Justiz der Republik Ungarn mit Schreiben vom 23. Juli 2003 begehrte Auslieferung des ungarischen Staatsangehörigen Attila K***** zur Strafverfolgung wegen der im Haftbefehl Nr. 9. B. 570/2003/4 des Hauptstädtischen Gerichtes in Budapest vom 18. Juli 2003 unter Punkt 1. und 4. beschriebenen Straftaten, nämlich der Begehung der "Veruntreuung" (nach dem Gesetzeszeugnis: "Unterschlagung") in Bezug auf einen besonders erheblichen Wert gemäß § 317 Abs 1 und Abs 7 Punkt a sowie § 138/A Punkt a des IV. Gesetzes über das Strafgesetzbuch der Republik Ungarn aus dem Jahre 1978 und der Privaturkundenfälschung gemäß § 276 dieses Gesetzes für zulässig (richtig: nicht für unzulässig; vgl JBl 2002, 670 m Anm Burgstaller; 13 Os 69/03, 13 Os 51/03, 14 Os 144/03), in Ansehung weiterer im Haftbefehl unter 2. und 3. angeführter Delikte aber für unzulässig erklärt.

Rechtliche Beurteilung

Gegen den stattgebenden Teil dieses Beschlusses richtet sich die Beschwerde des Attila K***** - die "Ergänzung der Beschwerde" vom 16. Dezember 2003 entzieht sich von vornherein jeder Erörterung, weil sich aus der analogen Anwendung des Grundrechtsbeschwerdegesetzes nur die Zulässigkeit einer einzigen Beschwerdeausführung ergibt (Mayrhofer/Steininger GRBG § 3 Rz 26; s hiezu sogleich unten) - welche - ungeachtet der verfehlten Annahme einer vierwöchigen Rechtsmittelfrist dennoch - rechtzeitig innerhalb der demnach maßgeblichen Frist des § 4 Abs 1 GRBG von vierzehn Tagen eingebracht wurde, und in welcher die Unzulässigkeit der Auslieferung wegen fehlender Unterlagen, Verletzung von Verfahrensvorschriften, mangelnder Strafbarkeit der zu verfolgenden Taten, Verletzung des Grundsatzes der Spezialität, Überschreitung des Auslieferungsantrages, Ablehnung eines Vertagungsantrages, zueinander im Widerspruch stehender Deliktssachverhalte und Befangenheit des erkennenden Senates geltend gemacht wird.

Vorauszuschicken ist, dass der Oberste Gerichtshof angesichts der Aufhebung der Bestimmung des § 33 Abs 5 zweiter Satz ARHG, der ein Rechtsmittel gegen gemäß § 33 ARHG (iVm Art 22 EuAlÜbk) gefasste Beschlüsse des Oberlandesgerichtes ausdrücklich ausschloss, durch den Verfassungsgerichtshof (Erkenntnis vom 12. Dezember 2002, G 151, 152/02-15) und der vom Gesetzgeber bislang noch nicht getroffenen Neuregelung, in Analogie zum Grundrechtsbeschwerdegesetz eine Beschwerde für zulässig erachtet (s 13 Os 51/03 mit eingehender Begründung). Damit folgte er nicht der Empfehlung des Verfassungsgerichtshofes, als Übergangslösung bis zu einer notwendigen Gesetzesänderung eine Beschwerdemöglichkeit in Analogie zu § 285d Abs 1 StPO einzuräumen, weil diese Bestimmung, welche für die Ausführung einer Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil eines Schöffengerichtes eine vierwöchige Ausführungsfrist vorsieht, nach Auffassung des Obersten Gerichtshof einen wertungsmäßig nicht gleichartigen Sachverhalt regelt und somit als Vergleichsnorm nicht herangezogen werden kann. Aus jenen Gründen, welche die analoge Anwendung der Bestimmungen des Grundrechtsbeschwerdegesetzes zur Erhebung einer Beschwerde rechtfertigen (s erneut 13 Os 51/03), folgt aber nicht nur eine vierzehntägige Rechtsmittelfrist (§ 4 Abs 1 GRBG), sondern auch, dass nur die Anfechtung wegen Verletzungen von als Auslieferungshindernis in Betracht kommenden Grundrechten statthaft ist, welche durch die EMRK garantiert sind, eine Bekämpfung aus anderen Gründen aber mangels einer methodologisch vergleichbaren Verfahrensnorm auch per analogiam nicht zulässig ist (vgl 13 Os 51/03, 12 Os 122/03, 14 Os 132/03).

Daraus folgt zunächst, dass die Beschwerdekritik, das Oberlandesgericht habe seine Entscheidung zu Unrecht auf den Haftbefehl Nr. 9. B. 570/2003/4 des Hauptstädtischen Gerichtes in Budapest vom 18. Juli 2003 gestützt und unbeachtet gelassen, dass der darin erhobene Tatvorwurf gegen den Beschwerdeführer durch den (über Ersuchen des Oberlandesgerichtes nachgereichten) Haftbefehl Nr. 9. B. 570/2003/6 des Hauptstädtischen Gerichtes in Budapest vom 29. Oktober 2003 in Ansehung des Tatzeitraumes und der Schadenssummen erheblich - wenn auch nicht in einem die rechtliche Beurteilung des Täterverhaltens nach ungarischem (oder österreichischem) Recht tangierendem Ausmaß - eingeengt wurde, einer Prüfung durch den Obersten Gerichtshof mangels Grundrechtsrelevanz entzogen ist, was in gleicher Weise für die damit thematisierte Verletzung des Grundsatzes der Spezialität aber auch für die behauptete Überschreitung des Auslieferungsbegehrens und den angeblichen Widerspruch in den Sachverhaltsangaben der beiden Haftbefehle gilt. In diesem Umfang war die Beschwerde daher zurückzuweisen.

Dem Beschwerdevorbringen zuwider war dem Auslieferungsbegehren des Ministeriums der Justiz der ungarischen Republik vom 23. Juli 2003 sehr wohl, wie in Art 12 Abs 2 lit a des EuAlÜbk vorgesehen, das Original des Haftbefehls Nr. 9. B. 570/2003/4 des Hauptstädtischen Gerichtes in Budapest vom 18. Juli 2003 angeschlossen. Dies ergibt sich mit hinreichender Klarheit aus der Bestätigung des (österreichischen) Bundesministeriums für Justiz vom 21. Oktober 2003 (GZ 22 Ns 18/03-6 des OLG Wien) und aus der Begründung des Ersuchens an das ungarische Ministerium der Justiz um Übermittlung einer Urschrift besagten Haftbefehls, wonach "die Originalunterlagen beim Landesgericht für Strafsachen Wien offensichtlich in Verstoß geraten" seien (GZ 22 Ns 18/03-18 des OLG Wien). Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die Bewilligung einer Auslieferung aufgrund einer bloßen (unbeglaubigten) Kopie eines Haftbefehls und die dadurch unterlaufene Missachtung des Formalerfordernisses des Art 12 Abs 2 lit a des EuAlÜbk überhaupt eine mit der Beschwerde aufgreifbare Grundrechtsverletzung darstellt.

Mit dem Einwand, das in beiden Haftbefehlen beschriebene Verhalten des Beschwerdeführers sei weder nach ungarischem noch nach österreichischem Recht strafbar, wird eine in Art 2 EuAlÜbk normierte Auslieferungsvoraussetzung bestritten, damit aber der Sache nach auch eine Verletzung des Art 7 der EMRK behauptet. Denn das in dieser Bestimmung konstituierte Recht, dass niemand wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden kann, die zur Zeit ihrer Begehung nach inländischem oder internationalen Recht nicht strafbar war, gilt, wie Art 2 des EuAlÜbk zeigt, auch für Taten, derentwegen eine Auslieferung begehrt wird. Zur Bestreitung ihrer Strafbarkeit ist die Beschwerde daher zulässig, nach Lage des Falles aber nicht begründet. Nach Art 12 Abs 2 lit b EuAlÜbk sind in den Auslieferungsunterlagen die Handlungen, derentwegen um Auslieferung ersucht wird, Zeit und Ort ihrer Begehung sowie ihre rechtliche Würdigung unter Bezugnahme auf die anwendbaren Bestimmungen so genau wie möglich anzugeben. Mit Blick darauf und auf Art 2 Abs 1 des Übereinkommens muss sich aus diesen Angaben beurteilen lassen, ob diese Handlungen sowohl nach dem Recht des ersuchenden wie nach dem des ersuchten Staates mit einer Freiheitsstrafe (oder die Freiheit beschränkenden sichernden Maßnahme) im Höchstmaß von mindestens einem Jahr oder einer schwereren Strafe bedroht sind, wobei sich diese Konkretisierung naturgemäß auch auf jene Handlungen bezieht, welche zwar nur mit einer geringeren Freiheitsstrafe pönalisiert sind, zu deren Verfolgung aber die Auslieferung gemäß Art 2 Abs 2 EuAlÜbk gemeinsam mit der Auslieferung wegen solcher Handlungen bewilligt wird, die die vorgenannten Voraussetzungen erfüllen.

Im Haftbefehl vom 18. Juli 2003 wird dem Beschwerdeführer, soweit für die Zulässigkeitsentscheidung von Relevanz, zur Last gelegt, in seiner Eigenschaft als einer der verantwortlichen Leiter der ungarischen Brokerfirma K***** Bank (Handels- und Kreditbank) der K ***** (Hungary) Aktiengesellschaft über das von ihm betreute Geld der Bankkunden wie über sein eigenes verfügt zu haben, indem er seit ca 2001 Geld- und Bankgeschäfte zu Lasten der Betroffenen, jedoch ohne ihr Wissen und Zustimmung abgewickelt hatte, wobei der Wert der begangenen Handlungen derzeit nicht genau bestimmt werden könne, jedoch mindestens 11,000.000.000 HUF und höchstens 23.207.508.528 HUF betrage. Attila K***** habe hiedurch eine Unterschlagung in Bezug auf einen besonders erheblichen - nämlich den Betrag von fünfhundert Millionen HUF übersteigenden - Wert nach § 317 Abs 1 und Abs 7 Punkt a sowie § 138/A Punkt a des IV. Gesetzes über das Strafgesetzbuch der Republik Ungarn aus dem Jahre 1978 begangen, welche mit Freiheitsstrafe von fünf bis zu zehn Jahren bedroht ist. Nach österreichischem Recht begründen die inkriminierten Tathandlungen jedenfalls den Vorwurf eines mit mindestens einem Jahr pönalisierten Verbrechens: In Betracht kommt sowohl Veruntreuung nach § 133 Abs 2 zweiter Strafsatz wie auch Untreue nach § 153 Abs 2 zweiter Strafsatz mit einer (jeweiligen) Strafdrohung von einem bis zu zehn Jahren. Diese Tatbeschreibung entspricht dem Beschwerdevorbringen zuwider der nach österreichischem Recht (§ 260 Abs 1 StPO) geforderten Individualisierung des Tatvorwurfs und damit auch dem Konkretisierungsgebot des Art 12 Abs 2 lit b des Übereinkommens. Darüber hinausgehende Angaben zu Tatzeiten, Täterverhalten, Geschädigten oder Schadenssummen sind daher nicht erforderlich, ebensowenig aber auch eine Beweisführung zum hinreichenden Tatverdacht, der gemäß § 31 ARHG, dessen Anwendung entgegen der Beschwerdeauffassung nach Art 22 EuAlÜbk ausdrücklich vorgesehen ist, nur zu prüfen ist, wenn insoweit erhebliche Bedenken bestehen, insbesondere wenn - was vorliegend nicht geschah - Beweise vorgelegt werden, durch die der Verdacht ohne Verzug entkräftet werden könnte. Die im ergänzenden Haftbefehl vom 29. Oktober 2003 erfolgte Präzisierung der dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegenden Handlungen wäre aus Sicht einer Grundrechtsverletzung nur dann beachtlich (und hätte demnach vom Oberlandesgericht unter diesem Aspekt berücksichtigt werden müssen), wenn sich daraus der Vorwurf der Strafbarkeit nicht (mehr) aufrechterhalten ließe. Dies trifft jedoch im Gegensatz zur Ansicht des Beschwerdeführers nicht zu:

Im Haftbefehl vom 29. Oktober 2003 wurde - ersichtlich unter Einbeziehung zwischenzeitlicher Ermittlungsergebnisse, um deren Bekanntgabe das ungarische Ministerium der Justiz ersucht worden war - Attila K***** nunmehr zum Vorwurf laut Punkt 1) des Haftbefehls vom 18. Juli 2003 angelastet, zwischen 29. Jänner 2003 und 20. Juni 2003 unter Missbrauch seiner bereits im vorangegangenen Haftbefehl beschriebenen Stellung durch unberechtigte Überweisungen Vermögen in einem 500 Millionen HUF weit übersteigendem Wert zu Lasten von Klienten ohne Gegenleistung und ohne deren Zustimmung unterschlagen zu haben, indem er

a) am 29. Jänner 2003 mit einem falschen Überweisungsauftrag vom bei der K ***** geführten Konto des Dr. Gabor G***** 270.000.000 HUF auf ein „technisches Konto" der K *****, über welches der Klient nicht verfügungsberechtigt war,

b) am 14. Mai 2003 Wertpapiere im Nominalwert von 519,740.000 HUF vom Konto der Auto D***** (GmbH) auf das Konto der Allami Autopalya Kezelö RT (Betriebsgesellschaft der staatlichen Autobahn) und zwischen 17. und 20. Juni 2003 mit falschen Transferbelegen insgesamt 376,600.000 HUF vom Konto der B***** (AG) auf das Konto der Allami Autopalya Kezelö RT, und

c) zwischen 28. Mai 2003 und 17. Juni 2003 mit falschen Überweisungsaufträgen in mehreren Raten insgesamt 281,000.000 HUF vom Konto der B***** (AG) auf die Konten zweier Privatpersonen und einer Firma überwies.

Wie dem Haftbefehl weiters zu entnehmen ist, hatten Dr. G***** als stellvertretender Generaldirektor der B***** RT und Miklos B*****, Generaldirektor der Allami Autopalya Kezelö RT von den diese beiden Unternehmen betreffenden widerrechtlichen Transaktionen des Beschwerdeführers Kenntnis, deckten aber dessen Handlungsweise, um sich selbst rechtswidrig zu bereichern und führten auch selbst mehrere fiktive Überweisungen zu Lasten des Vermögens der unter ihrer Leitung stehenden Firmen durch: Wie sich aus dem weiteren Inhalt des (ergänzenden) Haftbefehls (Punkt 2) nämlich ergibt, überwies Dr. G***** zwischen 14. Mai 2002 und 5. Mai 2003 in 27 Raten insgesamt 3,323.800.000 HUF vom Konto der unter seiner Leitung stehenden B***** auf das technische Konto der K ***** Bank im Wissen darum, dass die B***** hiefür keine Gegenleistung erhalten würde, und in der Absicht, dieses Vermögen von K***** im Rahmen dessen Arbeitsbereiches bei der K ***** Bank weiter überweisen zu lassen. Miklos B***** wiederum überwies als Generaldirektor der Allami Autopalya Kezelö RT zwischen 10. Februar 2003 und 5. Mai 2003 insgesamt 4,020.000.000 HUF vom Konto dieses Unternehmens mit gleichartigem Wissen und Absicht auf das technische Konto der K ***** Bank. Attila K***** wiederum überwies, um die solcherart unterschlagenen Gelder zu verschleiern, diese über mehrere Firmen auf die Konten der O***** Bank RT und der Magyar K***** Bank RT (Zentralsparkasse und Ungarische Handelsbank AG). Die auf die Konten dieser Banken eingelaufenen Beträge wurden in der Folge von den syrischen Staatsangehörigen El Abed H***** und Mohamed A***** bar aufgenommen (richtig wohl: abgehoben) und an Attila K***** zurückgegeben.

Damit wird zum einen deutlich, dass die im ergänzenden Haftbefehl angeführten Tathandlungen des Attila K***** im Haftbefehl vom 18. Juli 2003 Deckung finden und nur dessen Präzisierung darstellen, zum anderen aber auch, dass die konkretisierten Tatvorwürfe dem Unterschlagungstatbestand des ungarischen Strafgesetzes entsprechen, aber auch nach österreichischem Recht den Verdacht der qualifizierten Veruntreuung oder Untreue, begangen als unmittelbarer Täter (Faktum 1) beziehungsweise als Beitragstäter iSd § 12 dritter Fall StGB (Faktum 2), begründen, in Beziehung auf die unter Punkt 2 angeführten Handlungen eventuell, sofern Beitragstäterschaft mangels vorheriger Absprache ausscheiden sollte, jedenfalls aber die mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bedrohte qualifizierte Hehlerei nach § 164 Abs 4 StGB.

Der dagegen vorgebrachte Beschwerdeeinwand, die Kenntnis des Geschädigten schließe die Annahme der Unterschlagung aus, verfängt nicht, weil dies nur das Faktum 1 a) beträfe, diesbezüglich aber der Haftbefehl gerade keinen Hinweis darauf enthält, dass die dort angeführte Transaktion zum Nachteil des Dr. G***** mit dessen Kenntnis erfolgte. Mit der Behauptung aber, durch die vorgenommene Überweisung hätte K***** die Geldbeträge nicht der Verfügung des Kontoinhabers entzogen, werden die ausdrücklich gegenteiligen Annahmen des Haftbefehls übergangen. Dass Dr. G***** und B***** hinwieder von den widerrechtlichen Transaktionen zum Nachteil der von ihnen vertretenen Unternehmen wussten und diese sogar deckten, lässt der Beschwerde zuwider keine anderer rechtliche Würdigung des Verhaltens des Beschwerdeführers zu, sondern begründet nur die strafrechtliche Haftung der Genannten als verantwortliche Organwalter der geschädigten Gesellschaften.

Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Bewilligung der Auslieferung auch zur Verfolgung der ihm in Punkt 4) des Haftbefehls vom 18. Juli 2003 angelasteten Privaturkundenfälschung nach § 276 des IV. Gesetzes über das Strafgesetzbuch der Republik Ungarn aus dem Jahre 1978 mit der Behauptung unzureichender Sachverhaltsangaben wendet, ist ihm abermals zu entgegnen, dass die Deliktsbeschreibung den Determinierungsanforderungen des § 260 Abs 1 StPO für eine Subsumtion sowohl unter den zitierten Tatbestand des ungarischen Strafgesetzbuches als auch unter § 223 Abs 1 bzw Abs 2 des österreichischen StGB genügt.

Der die Verletzung von in Art 6 EMRK garantierten Verfahrensrechten relevierende Einwand der Parteilichkeit der an der Entscheidung über den Auslieferungsantrag beteiligten Richter und der Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten durch die Abweisung eines Vertagungsantrages schließlich ist unzulässig, weil die behaupteten Grundrechtsverletzungen nach dem Europäischen Auslieferungsübereinkommen kein Auslieferungshindernis darstellen (vgl 12 Os 122/03, 14 Os 132/03).

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Rechtssätze
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  • RS0117728OGH Rechtssatz

    23. November 2010·3 Entscheidungen

    1.) Ein - sogleich mit Verkündung rechtskräftiger - Beschluss des Oberlandesgerichtes, mit dem die Auslieferung nicht für unzulässig erklärt wurde, kann in analoger Anwendung des Grundrechtsbeschwerdegesetzes mit dem außerordentlichen Rechtsmittel einer an den Obersten Gerichtshof gerichteten Grundrechtsbeschwerde angefochten werden. 2.) In der Beschwerde ist daher anzugeben und zu begründen, worin der Beschwerdeführer die Verletzung eines bestimmt zu bezeichnenden, als Auslieferungshindernis in Betracht kommenden Grundrechtes des Betroffenen - vgl § 19 Z 1 (Art 3 und Art 6 MRK), § 20 ARHG (Art 1 6.ZPMRK) und § 22 ARHG (Art 8 MRK) - erblickt. Die angefochtene Entscheidung ist genau zu bezeichnen. Die Beschwerde muss von einem Verteidiger unterschrieben sein (vgl § 3 GRBG). 3.) Die Beschwerde ist binnen vierzehn Tagen ab Zustellung der (im Fall mündlicher Verkündung der Entscheidung als Grundlage des weiteren Auslieferungsverfahrens gebotenen, vgl § 33 Abs 6 ARHG) schriftlichen Beschlussausfertigung an den Betroffenen (falls er durch einen Verteidiger vertreten ist, an diesen - § 79 Abs 2 StPO) beim Gerichtshof zweiter Instanz einzubringen, der die zur Entscheidung über die Beschwerde erforderlichen Akten unverzüglich dem Obersten Gerichtshof vorzulegen hat. Die Frist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde rechtzeitig beim Obersten Gerichtshof eingebracht wird (vgl § 4 GRBG). Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung (vgl § 5 GRBG). 4.) Über die Beschwerde entscheidet der Oberste Gerichtshof nach Anhörung des Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung durch Erkenntnis. Insoweit lässt sich auch § 6 GRBG analog anwenden. Zur Entscheidung ist jedoch gemäß § 6 OGHG ein Senat aus fünf Mitgliedern berufen, weil kein von § 7 Abs 1 Z 8 OGHG angesprochenes "Erkenntnis nach dem Grundrechtsbeschwerdegesetz, BGBl Nr 35/1993" vorliegt. 5.) Im Grundrechtsbeschwerdeverfahren sind subsidiär die für den Obersten Gerichtshof und die für das gerichtliche Strafverfahren geltenden Vorschriften sinngemäß anzuwenden (vgl § 10 GRBG).