ENDERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des slowakischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .2024, Zl. XXXX , betreffend die Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbots zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Verfahrensgang:
Gegen den Beschwerdeführer (BF), einen volljährigen Staatsangehörigen der Slowakei, wurde mit dem Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom XXXX .2021 eine Ausweisung gemäß § 66 Abs 1 FPG erlassen, weil er die Voraussetzungen für ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht nicht erfüllte.
Nachdem er in der Folge in Österreich zu einer Haftstrafe verurteilt worden war, erließ das BFA gegen ihn mit dem Bescheid vom XXXX .2021 ein mit fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot. Er erhob dagegen kein Rechtsmittel.
Mit Beschluss des Landesgerichts XXXX vom XXXX wurde dem BF das vorläufige Absehen vom Strafvollzug gemäß § 133a StVG ab XXXX bewilligt. Am XXXX wurde er aus der Haft entlassen und reiste in die Slowakei aus. Er kehrte jedoch in das Bundesgebiet zurück, sodass von XXXX bis XXXX die noch offene Haftstrafe vollzogen wurde. Danach wurde er in die Slowakei abgeschoben. Er kehrte danach wiederholt nach Österreich zurück, sodass er bei weiteren Gelegenheiten in die Slowakei abgeschoben wurde.
Nachdem der BF im XXXX in XXXX verhaftet und in Untersuchungshaft genommen worden war, teilte ihm das BFA mit Schreiben vom XXXX .2024 mit, dass beabsichtigt sei, gegen ihn im Fall seiner rechtskräftigen Verurteilung ein weiteres Aufenthaltsverbot zu erlassen, und forderte ihn auf, sich dazu zu äußern und Fragen zu seinem Aufenthalt in Österreich sowie zu seinem Privat- und Familienleben zu beantworten. Der BF reagierte auf dieses Schreiben nicht.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid erließ das BFA daraufhin gegen ihn gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG ein mit zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I.), erteilte gemäß § 70 Abs 3 FPG keinen Durchsetzungsaufschub (Spruchpunkt II.) und erkannte einer Beschwerde gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt III.). Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der BF das bestehende Aufenthaltsverbot missachtet habe und in Österreich erneut straffällig geworden sei. Er habe hier keine familiären, sozialen oder beruflichen Bindungen; eine Integration sei nicht erkennbar. Mangels eines regelmäßigen Erwerbseinkommens und aufgrund des raschen Rückfalls sei eine erneute Straffälligkeit zu befürchten. Ein Gesinnungswandel sei nicht erkennbar und mangels eines relevanten Beobachtungszeitraums in Freiheit auch nicht anzunehmen. Angesichts des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung von Gewalt- und Eigentumsdelikten und des Fehlens entgegenstehender privater oder familiärer Interessen des BF sei ein zehnjähriges Aufenthaltsverbot zu erlassen, um der von ihm ausgehenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit wirksam zu begegnen. Seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet sei geboten.
Dagegen richtet sich die Beschwerde des BF mit den Anträgen auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie auf ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheids, in eventu die Aufhebung und Rückverweisung der Angelegenheit an das BFA. Hilfsweise strebt er außerdem die Reduktion der Dauer des Aufenthaltsverbots, die Gewährung eines einmonatigen Durchsetzungsaufschubs sowie die ersatzlose Behebung von Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids an. Er begründet dies zusammengefasst damit, dass sich das BFA einen persönlichen Eindruck von ihm hätte verschaffen müssen. Er könne sich auf Deutsch verständigen, habe im Bundesgebiet Verwandte, Bekannte und Freunde und könnte hier aufgrund seiner beruflichen Kontakte in Zukunft einer selbständigen Tätigkeit nachgehen und dadurch seine Familie weiterhin finanziell unterstützen. Er bereue seine Taten und sei in Österreich, wo er seinen Lebensmittelpunkt habe, sozial verankert. Das Aufenthaltsverbot sei ein unverhältnismäßiger Eingriff in seine Rechte gemäß Art 8 EMRK.
Das BFA legte die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Mit dem Teilerkenntnis vom 12.02.2025 wies das BVwG die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids als unbegründet ab und sprach aus, dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG nicht zuerkannt wird.
In der Folge wurde dem BVwG auftragsgemäß der slowakische ECRIS-Auszug des BF übermittelt.
Feststellungen:
Der BF kam am XXXX in der slowakischen Stadt XXXX zur Welt. Er ist Staatsangehöriger der Slowakei. Seine Erstsprache ist Slowakisch, er hat auch grundlegende Deutschkenntnisse. Am XXXX wurde ihm ein bis XXXX gültiger slowakischer Personalausweis ausgestellt.
Am XXXX wurde der BF in der Slowakei wegen Diebstahlsdelikten zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, die bis XXXX vollzogen wurde. Am XXXX wurde er in der Slowakei wegen Diebstahlsdelikten zu einer weiteren Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, die bis XXXX vollzogen wurde.
Am XXXX wurde der BF in Österreich einer fremdenrechtlichen Kontrolle unterzogen. Er war im Bundesgebiet ohne festen Unterstand, ging keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und war nicht krankenversichert. Gegen ihn wurde mit dem Bescheid des BFA vom XXXX eine Ausweisung gemäß § 66 Abs 1 FPG erlassen.
In der Folge wurde der BF im Bundesgebiet wegen verschiedener Straftaten zur Anzeige gebracht. Am XXXX wurde er in XXXX verhaftet, als er versuchte, die Sicherungskette eines Fahrrads aufzuschneiden, um es zu stehlen. Er wurde in Untersuchungshaft genommen und mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX , XXXX , wegen der Vergehen des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch (§§ 127, 129 Abs 1 Z 3, 130 Abs 1, 15 StGB) sowie der Körperverletzung (§§ 83 Abs 1, 15 StGB) als junger Erwachsener zu einer zwölfmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt. Er hatte am XXXX versucht, zwei andere Personen durch Schläge gegen den Hinterkopf und Tritte zu verletzen, wodurch diese zwar Schmerzen, aber keine Verletzung erlitten hatten. Außerdem hatte er im Zeitraum XXXX bis XXXX in gewerbsmäßiger Absicht sechs Ladendiebstähle begangen, wobei er Kleidung, Werkzeug und Lebensmittel im Gesamtwert von EUR 99,71 ohne zu bezahlen an sich genommen hatte. Letztlich hatte er am XXXX versucht, ein Fahrrad durch Aufschneiden der Sicherungskette zu stehlen. Der Bolzenschneider, den er dabei verwendet hatte, wurde konfisziert.
Aufgrund dieser Verurteilung erließ das BFA gegen den BF mit dem Bescheid vom XXXX rechtskräftig ein mit fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot.
Der BF verbüßte die Freiheitsstrafe zunächst in der Justizanstalt XXXX und ab XXXX in der Justizanstalt XXXX . Mit Beschluss des Landesgerichts XXXX vom XXXX wurde das vorläufige Absehen vom Strafvollzug gemäß § 133a StVG ab XXXX bewilligt. Am XXXX wurde er aus der Haft entlassen und reiste in die Slowakei aus, sodass das Aufenthaltsverbot noch bis XXXX gültig ist.
In der Slowakei wurde der BF am XXXX wegen schweren Diebstahls und Sachbeschädigung zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt, die er bis XXXX dort in einem Gefängnis verbüßte. Nach der Haftentlassung kehrte er entgegen dem Aufenthaltsverbot umgehend in das Bundesgebiet zurück, wo er am XXXX aufgegriffen und zum Vollzug der noch offenen Freiheitstrafe in die Justizanstalt XXXX eingeliefert wurde. Am XXXX wurde er aus der Haft entlassen und in die Slowakei abgeschoben. Er hielt sich weiterhin nicht an das Aufenthaltsverbot. Er wurde in Österreich mehrmals betreten, wegen seines nicht rechtmäßigen Aufenthalts angezeigt und am XXXX , am XXXX , am XXXX , am XXXX und am XXXX jeweils wieder in die Slowakei abgeschoben.
Am XXXX wurde er in XXXX bei dem Versuch betreten, in der Umkleidekabine eines Geschäfts Diebstahlssicherungen zu entfernen, um mehrere Kleidungsstücke zu stehlen. Er wurde verhaftet und in Untersuchungshaft genommen. Mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX , XXXX , wurde er der Vergehen des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 Abs 1 erster Fall, 15 StGB sowie der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB für schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, weil er im Zeitraum XXXX bis XXXX in fünf Angriffen in gewerbsmäßiger Absicht in Geschäften verschiedene Waren (Powerbank, Lebensmittel, Bekleidung) im Gesamtwert von EUR 470,44 gestohlen bzw. (in drei Fällen) zu stehlen versucht hatte und am XXXX nach einem der Diebstähle eine Mitarbeiterin des Geschäfts, die ihn beobachtet und angehalten hatte, durch die Äußerung, er werde auf sie warten und sie umbringen, mit zumindest einer Verletzung am Körper gefährlich bedroht hatte. Bei der Strafbemessung wurden das Geständnis und der teilweise Versuch als mildernd berücksichtigt, erschwerend wirkten sich vier einschlägige Vorstrafen (davon eine in Österreich) aus, sodass die Voraussetzungen für eine Strafschärfung bei Rückfall gemäß § 39 Abs 1 StGB vorlagen, weil er davor schon mehrfach wegen einschlägiger Taten Freiheitsstrafen verbüßt hatte. Ein bei ihm sichergestellter Seitenschneider, den er zur Entfernung von Diebstahlssicherungen verwendet hatte, wurde konfisziert.
Der BF wurde zunächst in der Justizanstalt XXXX und ab XXXX in der Justizanstalt XXXX angehalten. Seit XXXX verbüßt er die Freiheitsstrafe in der Justizanstalt XXXX . Unter Berücksichtigung der angerechneten Vorhaft ist das urteilsmäßige Strafende am XXXX ; eine bedingte Entlassung ist frühestens ab XXXX möglich.
Der BF hat keine ihm nahestehenden Familienangehörigen, die in Österreich leben. Er hat hier aber einen Freundeskreis und Bekanntschaften geknüpft. Er weist in Österreich – abgesehen von den Zeiten, in denen er in einer Justizanstalt angehalten wurde – keine Wohnsitzmeldung auf und war hier stets ohne festen Unterstand. Er ging im Bundesgebiet nie einer legalen Erwerbstätigkeit nach, war nie zur österreichischen Sozialversicherung gemeldet und hat auch nie die Ausstellung einer Anmeldebescheinigung beantragt. Er hat kein Vermögen und Schulden von ca. EUR 1.200 in der Slowakei. Er ist ledig und hat keine Sorgepflichten. Er hat keine schwerwiegenden gesundheitlichen Probleme und ist arbeitsfähig.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und der Gerichtsakten des BVwG.
Die Feststellungen ergeben sich ebenfalls aus den Akten des Verwaltungsverfahrens, insbesondere aus den Strafurteilen, aus denen auch die Vorstrafen in der Slowakei und der letzte Strafvollzug dort hervorgehen, sowie aus dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Strafregister und dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR).
Name, Geburtsdatum, Geburtsort und Staatsangehörigkeit des BF gehen aus seinem slowakischen Personalausweis, der dem BVwG in Kopie vorgelegt wurde, hervor. Slowakischkenntnisse des BF sind aufgrund seiner Herkunft naheliegend, zumal den Strafverfahren in Österreich jeweils Dolmetscher für diese Sprache beigezogen wurden. Die festgestellten Deutschkenntnisse folgen dem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen. Im IZR sind die gegen den BF erlassenen aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie die Abschiebungen in die Slowakei dokumentiert. Die Anzeigen, die gegen den BF wegen nicht rechtmäßigen Aufenthalts erstattet wurden, sind aktenkundig.
Die Feststellungen zu den vom BF begangenen Straftaten, zu seinen Verurteilungen und zum Strafvollzug basieren auf dem Strafregister, den österreichischen Strafurteilen und dem ECRIS-Auszug. Vollzugsinformationen, die mit den Wohnsitzmeldungen in Justizanstalten laut ZMR korrespondieren, liegen vor. Das urteilsmäßige Strafende und der frühestmögliche Termin für eine bedingte Entlassung wurden dem BFA von der Justizanstalt XXXX am XXXX bekannt gegeben. Der Strafvollzug in der Slowakei geht aus dem ECRIS-Auszug sowie aus dem letzten Strafurteil hervor.
Der BF weist in Österreich laut ZMR keine Wohnsitzmeldung außerhalb von Justizanstalten auf und war hier laut den Anzeigen und den Strafurteilen stets obdachlos. Er war hier nie legal erwerbstätig und nie sozialversichert, zumal für ihn keine Sozialversicherungsdaten gespeichert sind. Laut IZR wurde ihm nie eine Anmeldebescheinigung ausgestellt und er hat dies auch nicht beantragt. Er ist laut dem letzten Strafurteil ledig und hat weder Sorgepflichten noch Vermögen, aber (vergleichsweise geringe) Schulden.
Da der BF im XXXX erstmals in die Slowakei abgeschoben wurde und danach bis XXXX dort in Haft war, bevor er entgegen dem Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet zurückkehrte, hier erneut Straftaten beging und seit XXXX inhaftiert ist, kann das Beschwerdevorbringen, wonach sein Lebensmittelpunkt in Österreich sei, nicht nachvollzogen werden, zumal gegen ihn ein XXXX erlassenes und noch bis XXXX gültiges Aufenthaltsverbot besteht.
Es gibt keine Beweisergebnisse für maßgebliche familiäre Anknüpfungen des BF im Bundesgebiet; diese werden auch in der Beschwerde nicht behauptet. Es ist glaubhaft, dass er – wie in der Beschwerde angegeben – in Österreich Freunde und Bekannte hat, sodass eine entsprechende Feststellung getroffen werden kann.
Es gibt keine Hinweise auf schwerwiegende medizinische Probleme des BF. Seine Arbeitsfähigkeit ergibt sich daraus, aus seinem grundsätzlich erwerbsfähigen Alter sowie aus der Beschwerdebehauptung, wonach er vorhabe, in Zukunft einer legalen Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Rechtliche Beurteilung:
Die Vorgangsweise des BFA, den BF nicht persönlich zu den Voraussetzungen für die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme zu vernehmen, sondern ihn aufzufordern, sich schriftlich zu äußern und konkrete, entscheidungswesentliche Fragen zu beantworten, ist – trotz allfälliger Sprachbarrieren – nicht zu beanstanden. Parteiengehör kann von der Behörde grundsätzlich auch in schriftlicher Form gewährt werden. Außerdem hatte der BF die Möglichkeit, in der Beschwerde zulässiges Neuvorbringen zu erstatten.
Als Staatsangehöriger der Slowakei ist der BF Fremder iSd § 2 Abs 4 Z 1 FPG und EWR-Bürger iSd § 2 Abs 4 Z 8 FPG. Gegen ihn kann daher gemäß § 67 Abs 1 FPG ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund seines persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet ist. Da er volljährig ist und nach der Abschiebung im Februar 2022 erst wieder ab Februar 2024 im Bundesgebiet in Erscheinung getreten ist, ist der Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs 1 erster bis vierter Satz FPG („tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt“) anzuwenden, zumal er sich zuletzt aufgrund des 2021 erlassenen Aufenthaltsverbots nicht rechtmäßig in Österreich aufgehalten hat.
Strafrechtliche Verurteilungen allein können die Erlassung eines Aufenthaltsverbots nicht ohne weiteres begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Bei der Erstellung der erforderlichen Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Adressaten in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Bei der nach § 67 Abs 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" abzustellen ist und etwa strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (siehe VwGH 22.02.2024, Ra 2023/21/0168). Daher ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen (siehe VwGH 25.07.2023, Ra 2021/20/0246).
Außerdem ist unter dem Gesichtspunkt des Art 8 EMRK die Verhältnismäßigkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme am Maßstab des § 9 BFA-VG zu prüfen. Nach § 9 Abs 1 BFA-VG ist nämlich (u.a.) die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 FPG, das in das Privat- oder Familienleben eingreift, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele (nationale Sicherheit, öffentliche Ruhe und Ordnung, wirtschaftliches Wohl des Landes, Verteidigung der Ordnung, Verhinderung von strafbaren Handlungen, Schutz der Gesundheit und der Moral sowie Schutz der Rechte und Freiheiten anderer) dringend geboten ist. Bei Beurteilung dieser Frage ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. VwGH 29.06.2023, Ra 2022/21/0139).
Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung sind gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob dieser rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen. Gemäß § 9 Abs 3 BFA-VG ist das Privat- und Familienleben insbesondere im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht verfügen, zu berücksichtigen.
Der BF hat im Bundesgebiet keine relevanten familiären Anknüpfungen. Er hat zwar grundlegende Deutschkenntnisse erworben und in Österreich Freundschaften und Bekanntschaften geknüpft, war aber nie am österreichischen Arbeitsmarkt aktiv. Er hat durch die persistente Missachtung des XXXX erlassenen Aufenthaltsverbots massiv gegen die öffentliche Ordnung im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts verstoßen. Zu seinem Nachteil wirken sich vor allem fünf strafgerichtliche Verurteilungen zu Freiheitsstrafen aus, wobei auffällt, dass er sich von sämtlichen Sanktionen bislang gänzlich unbeeindruckt gezeigt hat und jeweils rasch einschlägig rückfällig wurde. Neben den im Vordergrund stehenden Vermögensdelikten sind ihm wiederholt auch Aggressionstaten (Sachbeschädigung, Körperverletzung, gefährliche Drohung) anzulasten. Der Umstand, dass seine Taten durchwegs nicht der Schwerkriminalität zuzurechnen sind, wird durch die anhaltenden raschen Rückfälle – zuletzt nach dem Vollzug einer empfindlichen Haftstrafe - mehr als aufgewogen. Die privaten Bindungen des BF in Österreich werden auch dadurch relativiert, dass er aufgrund des XXXX erlassenen Aufenthaltsverbots bis XXXX ohnedies weder in das Bundesgebiet einreisen noch sich hier aufhalten darf.
Der Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat. Dieser Zeitraum ist nach den Grundsätzen der Judikatur umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich seine Gefährlichkeit - etwa in Hinblick auf das der strafgerichtlichen Verurteilung zu Grunde liegende Verhalten oder einen raschen Rückfall - manifestiert hat (siehe z.B. VwGH 26.01.2021, Ra 2020/14/0491). Da der BF nach seiner letzten Tat festgenommen wurde und wie vor in Haft ist, liegt noch kein insoweit relevanter Beobachtungszeitraum in Freiheit vor.
Angesichts der Wirkungslosigkeit der bisherigen straf- und fremdenrechtlichen Sanktionen geht vom BF im Ergebnis weiterhin eine so erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit aus, dass trotz der in der Beschwerde angegebenen, vergleichsweise schwachen privaten Bindungen in Österreich die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme in der (angesichts der letzten Verurteilung zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe zehnjährigen) Maximaldauer unabdingbar ist.
Im Ergebnis ist die Erlassung eines mit zehn Jahren befristeten Aufenthaltsverbots gegen den BF somit rechtskonform. Auch bei der gemäß § 67 Abs 4 erster Satz FPG vorzunehmenden Bedachtnahme auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände ist keine Reduktion der Dauer des Aufenthaltsverbots möglich, zumal der BF das XXXX gegen ihn erlassene Aufenthaltsverbot nicht nur beharrlich ignoriert hat, sondern im Bundesgebiet danach auch noch weitere Straftaten begangen hat. Vor diesem Hintergrund ist es ihm zumutbar, den Kontakt zu Bezugspersonen in Österreich in den nächsten Jahren mit modernen Kommunikationsmitteln und bei Besuchen außerhalb des österreichischen Bundesgebiets aufrechterhalten. Die gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids erhobene Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.
Gemäß § 70 Abs 3 FPG ist EWR-Bürgern bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbots von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.
Aufgrund mehrerer, im engeren Sinn einschlägiger strafgerichtlicher Verurteilungen des BF, der raschen Rückfälle, der Wirkungslosigkeit des Vollzugs von (auch längeren) Freiheitsstrafen, und der hartnäckigen Missachtung der gegen ihn erlassenen aufenthaltsbeendenden Maßnahme ist die sofortige Ausreise des BF nach dem Strafvollzug im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit geboten. Die in der Beschwerde bekundete Reue und seine Absicht, in Zukunft in Österreich einer legalen Erwerbstätigkeit nachzugehen, hat noch nicht in einem - einen relevanten Zeitraum umfassenden - Wohlverhalten in Freiheit nach dem Strafvollzug ihre Entsprechung gefunden und reicht daher für den Wegfall der Gefährdungsprognose nicht aus (siehe z.B. VwGH 18.01.2024, Ra 2023/21/0112).
Vor diesem Hintergrund ist die Versagung eines Durchsetzungsaufschubs nicht zu beanstanden und die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids ebenfalls als unbegründet abzuweisen.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids wurde bereits mit dem Teilerkenntnis vom 12.02.2025 erledigt.
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt werden konnte und auch bei einer Einvernahme des BF in einer Verhandlung vor dem BVwG keine weitere Aufklärung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts zu erwarten ist, unterbleibt die beantragte Beschwerdeverhandlung gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG, zumal das BVwG ohnedies dem Vorbringen des BF zu seinen Anknüpfungen im Bundesgebiet folgt und angesichts der beharrlichen Vermögensdelinquenz, verbunden mit der Missachtung des XXXX erlassenen Aufenthaltsverbots, ein eindeutiger Fall vorliegt.
Die Revision ist wegen der Einzelfallbezogenheit dieser Entscheidung, die keine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG begründet, nicht zuzulassen. Die einzelfallbezogene Interessenabwägung und Gefährdungsprognose bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sind im Allgemeinen nicht revisibel (siehe VwGH 01.09.2020, Ra 2020/20/0239), zumal sich das BVwG an gefestigter Rechtsprechung des VwGH orientieren konnte.
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