Beschluss
Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Mag. Dr. Irene HOLZSCHUSTER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , StA. Indien, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gregor KLAMMER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.08.2022, Zl. 1313820301/222070325, den Beschluss:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG iVm. § 31 Abs. 1 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden auch als „BF“ bezeichnet), ein Staatsangehöriger Indiens, stellte am 02.07.2022 nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Der BF wurde am 03.07.2022 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes unter Beziehung einer Dolmetscherin für Punjabi erstbefragt, wobei er u.a. angab, seine Muttersprache Punjabi in Wort und Schrift zu beherrschen. Als Fluchtgrund gab er an, Grundstücksprobleme mit seinem Onkel zu haben; dieser hätte Anschläge auf ihn verübt.
3. Der BF war in der Folge vom 04.07.2022 bis 17.07.2022 in einem Quartier im Rahmen der Grundversorgung ( XXXX ]) untergebracht. Infolge von Abgängigkeit wurde er vom Quartier abgemeldet, danach war er unbekannten Aufenthalts und lag (bzw. liegt bis dato) keine Meldeadresse des BF im Bundesgebiet vor.
4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge auch als „BFA“ bezeichnet) vom 01.08.2022 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien abgewiesen (Spruchpunkt I. und II.). Dem BF wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt IV und V.). Schließlich wurde die Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.).
Dieser Bescheid wurde mit Wirksamkeit 03.08.2022 gemäß § 8 Abs. 2 iVm § 23 ZustG ohne vorausgehenden Zustellversuch im Akt hinterlegt.
5. Am 24.03.2025 beantragte der BF durch seine im Spruch genannte Rechtsvertretung per E-Mail an das BFA die Löschung der ihn betreffenden im N.SIS (nationalen Schengener Informationssystem in Österreich) verarbeiteten personenbezogenen Daten, wobei u.a. ausgeführt wurde, dass dem BF die Ausstellung eines Aufenthaltstitels in einem anderen Schengen-Staat aufgrund einer Eintragung einer österreichischen Behörde in das SIS verweigert worden sei. Mit E-Mail vom 27.03.2025 forderte das BFA den BF durch seine Rechtsvertretung auf, eine Reisepasskopie sowie eine Bestätigung einer Schengenausreise binnen zwei Wochen zu übermitteln. Mit Schreiben vom 03.06.2025 lehnte das BFA den Antrag auf Löschung ab, zumal kein Nachweis einer Schengenausreise erbracht worden sei, weshalb die Rückkehrentscheidung gegen den BF noch immer aufrecht sei. Der BF sei aufgrund der aufrechten Rückkehrentscheidung im SIS ausgeschrieben. Die personenbezogenen Daten würden rechtmäßig verarbeitet werden.
6. Gegen den Bescheid des BFA vom 01.08.2022 erhob der BF durch seine im Spruch genannte Rechtsvertretung am 16.07.2025 per E-Mail das Rechtsmittel der Beschwerde, in welcher u.a. zur Rechtzeitigkeit ausgeführt wurde, der Bescheid sei dem BF am 10.07.2025 (laut Vorbringen: im Rahmen von Akteneinsicht bei der Behörde) zugestellt worden. Die Behörde habe gegen Gesetze und Verfahrensvorschriften verstoßen, sie hätte den BF nicht zu einer Einvernahme geladen, sie hätte das Asylverfahren einstellen müsse, jedenfalls hätte keine inhaltliche Entscheidung getroffen werden können. Auch sei der Bescheid durch Hinterlegung im Akt gemäß § 8 Abs. 2 iVm. § 23 ZustG durch das BFA nicht ordentlich zugestellt worden, zumal der BF nach der Asylantragstellung aus der Anhaltung entlassen worden sei und keine Möglichkeit gehabt habe, eine für die Zustellung taugliche Abgabestelle zu errichten. Ein Vorgehen nach § 8 Abs. 2 iVm. § 23 ZustG komme nicht zur Anwendung, wenn die Verfahrenspartei keine Abgabestelle gehabt habe. Der BF sei nicht einmal verständigt worden. Zudem sei eine zustellfähige Adresse „in Bosnien“ der Behörde ebenso bekannt gewesen.
Unter einem wurde ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt. Diesbezüglich wurde im Wesentlichen begründend ausgeführt, dass der BF jedenfalls durch seine dauernde und endgültige Abwesenheit aus Österreich nicht in der Lage gewesen sei, rechtzeitig Kenntnis vom Zustellungsdatum des angefochtenen Bescheides zu erhalten. Er sei daher nicht im Stande, gewesen rechtzeitig Beschwerde zu erheben. Dies sei jedenfalls ein unvorhergesehenes bzw. unabwendbares Ereignis gewesen; ihm könne höchstens leichte Fahrlässigkeit zu Last gelegt werden.
7. Die Beschwerdevorlage langte am 24.07.2025 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF, ein Staatsangehöriger Indiens, stellte am 02.07.2022 nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.
Der BF war vom 04.07.2022 bis 17.07.2022 in einem Quartier im Rahmen der Grundversorgung ( XXXX ]) untergebracht. Danach war er unbekannten Aufenthalts und lag (und liegt auch bis dato) keine Meldung laut Zentralen Melderegister (ZMR) vor. Er hatte Kenntnis vom laufenden Asylverfahren.
Mit Bescheid des BFA vom 01.08.2022 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien abgewiesen (Spruchpunkt I. und II.). Dem BF wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt IV und V.). Schließlich wurde die Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.).
Dieser Bescheid wurde mit Wirksamkeit 03.08.2022 gemäß § 8 Abs. 2 iVm § 23 ZustG ohne vorausgehenden Zustellversuch im Akt hinterlegt. Zu diesem Zeitpunkt verfügte der BF weder über eine Meldeadresse, noch wurde ein Zustellbevollmächtigter namhaft gemacht. Der BF erstattete keine Mitteilung der Änderung der Abgabestelle.
Die gegenständliche Beschwerde wurde am 16.07.2025 per E-Mail eingebracht.
Auf die vierwöchige Beschwerdefrist wurde in der Rechtmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides in deutscher Sprache und in der Sprache Punjabi hingewiesen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem Verwaltungsakt sowie dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes.
Dass der BF vom 04.07.2022 bis 17.07.2022 in einem Quartier im Rahmen der Grundversorgung untergebracht wurde, ergibt sich aus der Aktenlage, insbesondere den amtswegig eingeholten Auszügen (Betreuungsinformationssystem), und wurde diesbezüglich Gegenteiliges nicht substantiiert vorgebracht. Dass der BF danach unbekannten Aufenthalts war und keine Meldeadresse im Bundesgebiet vorlag (bzw. auch bis dato nicht vorliegt), folgt ebenso aus der Aktenlage, insbesondere auch den amtswegig eingeholten Auszügen aus dem Zentralen Melderegister, und wurde diesbezüglich ebenso Gegenteiliges nicht substantiiert vom BF dargetan. Dass der BF vom Asylverfahren Kenntnis hatte, fußt auf dem Akteninhalt, zumal der BF den Antrag selbst stellte sowie auch hierzu erstbefragt wurde.
Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich, dass der angefochtene Bescheid mit 03.08.2022 gemäß §§ 8 Abs. 2 iVm 23 ZustG ohne vorhergehenden Zustellversuch im Akt hinterlegt wurde. Konkret dagegen sprechende Umstände, die auf einen Zustellmangel schließen ließen, wurden nicht substantiiert vorgebracht. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass das BFA zum Zeitpunkt der Zustellung eine Abgabestelle des BF ohne Schwierigkeiten hätte feststellen können, zumal es für den damaligen Aufenthaltsort des BF keinen Anhaltspunkt gab (das BFA nahm zudem noch unmittelbar vor der Hinterlegung Einsicht in das Zentrale Melderegister sowie das Betreuungsinformationssystem). Dass der Behörde eine zustellfähige Adresse „in Bosnien“ bekannt gewesen sei, wie in der Beschwerde unsubstantiiert behauptet wurde, ist aus dem Akteninhalt in keiner Weise ersichtlich; es wurde weder dargetan, in welcher Form, wann, von wem, usw. eine solche Adresse der Behörde mitgeteilt worden sein soll (diesbezügliche Nachweise, Belege blieb der BF schuldig), noch wurde überhaupt ausgeführt, um welche Adresse es sich genau handeln solle (wie die angebliche Adresse genau lauten soll). Auch sonst wurde nicht dargetan und ist auch sonst nicht ersichtlich, dass der BF die Mitteilung der Änderung der Abgabestelle erstattet hat.
Dass die gegenständliche Beschwerde am 16.07.2025 per E-Mail eingebracht wurde, folgt aus dem Verwaltungsakt.
Aufgrund der Einsichtnahme in den Verwaltungsakt konnte ebenso festgestellt werden, dass auf die vierwöchige Beschwerdefrist in der Rechtmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides in deutscher Sprache und in der Sprache Punjabi hingewiesen wurde. Gegenteiliges wurde nicht vorgebracht.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.
Gemäß § 9 Abs. 2 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA. Somit ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A) Zurückweisung der Beschwerde
Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG (= Parteibeschwerde) dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung.
Der mit „Änderung der Abgabestelle“ übertitelte § 8 Zustellgesetz (ZustG) lautet:
„§ 8. (1) Eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, hat dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen.
(2) Wird diese Mitteilung unterlassen, so ist, soweit die Verfahrensvorschriften nicht anderes vorsehen, die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann.“
Der mit „Hinterlegung ohne Zustellversuch“ übertitelte § 23 ZustG lautet:
„§ 23. (1) Hat die Behörde auf Grund einer gesetzlichen Vorschrift angeordnet, daß ein Dokument ohne vorhergehenden Zustellversuch zu hinterlegen ist, so ist dieses sofort bei der zuständigen Geschäftsstelle des Zustelldienstes, beim Gemeindeamt oder bei der Behörde selbst zur Abholung bereitzuhalten.
(2) Die Hinterlegung ist von der zuständigen Geschäftsstelle des Zustelldienstes oder vom Gemeindeamt auf dem Zustellnachweis, von der Behörde auch auf andere Weise zu beurkunden.
(3) Soweit dies zweckmäßig ist, ist der Empfänger durch eine an die angegebene inländische Abgabestelle zuzustellende schriftliche Verständigung oder durch mündliche Mitteilung an Personen, von denen der Zusteller annehmen kann, daß sie mit dem Empfänger in Verbindung treten können, von der Hinterlegung zu unterrichten.
(4) Das so hinterlegte Dokument gilt mit dem ersten Tag der Hinterlegung als zugestellt.“
Im Falle einer mehrmaligen Zustellung des gleichen Dokuments regelt § 6 ZustG folgendes:
„§ 6. Ist ein Dokument zugestellt, so löst die neuerliche Zustellung des gleichen Dokuments keine Rechtswirkungen aus.“
Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Gemäß § 33 Abs. 2 AVG ist, wenn das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder Karfreitag fällt, der nächste Werktag der letzte Tag der Frist. Eine nach Wochen bestimmte Frist endet demnach um Mitternacht (24.00 Uhr) des gleich bezeichneten Tages der letzten Woche der Frist (VwGH 18.10.1996, 96/09/0153 mwN im Erkenntnis).
Gemäß § 11 Abs. 1 1. Satz BFA-VG sind die Erstaufnahmestelle, in der sich der Asylwerber befindet oder die Unterkunft oder die Betreuungseinrichtung des Bundes, in der der Asylwerber oder Fremde versorgt wird, Abgabestelle für eine persönliche Zustellung nach dem Bundesgesetz über die Zustellung behördlicher Dokumente – ZustG, BGBl. Nr. 200/1982.
Es trifft zu, dass nach der Rechtsprechung des VwGH, welche die Rechtslage vor Inkrafttreten der AsylG-Novelle 2003 (vgl. VwGH 27.4.2006, 2005/20/0645, mwN) und des FrÄG 2015 zum Gegenstand hat, es zur Begründung einer "sonstigen Unterkunft" im Sinn des ZustG in Unterkünften für Asylwerber in Pensionen, Hotels, Heimen und Lagern oder anderen Betreuungsstellen einer gewissen - hinsichtlich der Mindestdauer von Umständen des Einzelfalles abhängigen - "zeitlichen Verfestigung" bedarf. Die nunmehr gemäß § 1 BFA-VG im Verfahren vor dem BFA anzuwendende Sonderbestimmung des § 11 Abs. 1 BFA-VG zur Zustellung sieht jedoch - wie bereits früher § 24a Abs. 9 AsylG 1997- für die Qualifikation der dort genannten Unterkünfte als Abgabestelle im Sinn des ZustG eine Mindestaufenthaltsdauer oder eine "zeitliche Verfestigung" nicht vor (vgl. VwGH vom 11.09.2024, Ra 2024/20/0166).
In Asylverfahren besteht die "Änderung" der Abgabestelle oft im Verlust der bisherigen Unterkunft ohne gleichzeitigen Erwerb einer neuen. Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu ausgesprochen, auch die Aufgabe einer Abgabestelle sei eine "unverzüglich" mitzuteilende "Änderung" (VwGH 18.04.2002, 2001/01/0559; VwGH 21.11.2002, 2000/20/0359). Das bedeutet nicht, dass bei jedem Wechsel der Unterkunft zwei Mitteilungen zu erfolgen hätten, zunächst eine über die Aufgabe der bisherigen Unterkunft und kurz darauf eine weitere über den Bezug der neuen. Bei der Beurteilung der "Unverzüglichkeit" einer tatsächlich erfolgten Mitteilung ist in den für das Asylverfahren - unter dem Gesichtspunkt der für Asylwerber zur Verfügung stehenden Unterbringungsmöglichkeiten – typischen Fallgestaltungen vielmehr auch zu berücksichtigen, dass es einige Tage dauern kann, bis der Inhalt der zu erstattenden Mitteilung, nämlich Bekanntgabe einer neuen Abgabestelle oder des vorläufig ersatzlosen Verlustes der bisherigen, feststeht (vgl. VwGH 21.03.2007, 2006/19/0079).
Ausgehend davon beurteilte der Verwaltungsgerichtshof in einem Fall, in dem zwischen der Änderung der Abgabestelle und der Hinterlegung fünf Tage lagen, die Zustellung gemäß § 8 Abs. 2 ZustG als nicht rechtswirksam, weil zum Zeitpunkt der Hinterlegung der Zeitraum, der dem Beschwerdeführer für die Mitteilung der Änderung zur Verfügung steht, noch nicht verstrichen war (vgl. VwGH 17.11.2010, 2008/23/0754; siehe auch VwGH 25.05.2020, Ra 2018/19/0708).
Im gegenständlichen Fall änderte der BF während des Verfahrens über seinen Antrag auf internationalen Schutz seine nach § 11 Abs. 1 BFA-VG begründete Abgabestelle und war daher gemäß § 8 Abs. 1 ZustG verpflichtet, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen.
Da zwischen der Änderung der Abgabestelle am 17.07.2022 und der Hinterlegung des Bescheides ohne vorausgehenden Zustellversuch am 03.08.2022 über 14 Tage lagen und der BF bis zu diesem Zeitpunkt keine Mitteilung an das BFA erstattete, auch über keine neue Meldeanschrift (laut ZMR) verfügte sowie kein Zustellbevollmächtigter namhaft gemacht wurde, überschritt der BF den ihm zur Verfügung stehenden Zeitraum für die Mitteilung seines Wohnsitzwechsels an die belangte Behörde. Dabei wird auch die eingangs zitierte höchstgerichtlichen Rechtsprechung, nach der es einige Tage dauern kann, bis der Inhalt der zu erstattenden Mitteilung feststeht, nicht übersehen. Diesen Entscheidungen lagen jedoch Fälle zugrunde, in denen zwischen der Änderung der Abgabestelle und der Hinterlegung nur bis zu 5 Tage lagen.
Das BFA durfte in der vorliegenden Konstellation somit wegen der unterlassenen Mitteilung die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vornehmen, zumal auch keine Anhaltspunkte vorliegen, dass die Abgabestelle des BF ohne Schwierigkeiten hätte festgestellt werden können.
Auch zeigte die Beschwerde nicht auf, inwiefern eine Verständigung gemäß § 23 Abs. 3 ZustG (insbesondere vor dem Hintergrund des unbekannten Aufenthalts des BF) zweckmäßig gewesen wäre. Im Übrigen handelt es sich bei der Verständigung gemäß § 23 Abs. 3 ZustG lediglich um eine sanktionslose Ordnungsvorschrift, deren Missachtung nicht zur Rechtsunwirksamkeit der nach § 23 verfügten Zustellung führt (vgl. Bumberger/Schmid, Praxiskommentar zum Zustellgesetz § 23 E8. (Stand 1.1.2018, rdb.at).
Soweit in der Beschwerde vorgebracht wurde, dass der BF keine Abgabestelle gehabt habe bzw. keine Möglichkeit gehabt habe, eine für behördliche Zustellungen taugliche Abgabestelle zu errichten, weshalb ein Vorgehen nach § 8 Abs. 2 iVm. § 23 ZustG nicht zur Anwendung komme, ist zu entgegnen, dass fallgegenständlich eine Abgabestelle nach § 11 Abs. 1 BFA-VG begründet wurde, und sohin die Verpflichtung, die Änderung der nach § 11 Abs. 1 BFA-VG begründeten Abgabestelle der Behörde unverzüglich zur Kenntnis zu bringen, bestand (vgl. VwGH vom 11.09.2024, Ra 2024/20/0166). Nach der zitierten Judikatur sieht § 11 Abs. 1 BFA-VG für die Qualifikation der dort genannten Unterkünfte als Abgabestelle im Sinn des ZustG eine Mindestaufenthaltsdauer oder eine "zeitliche Verfestigung" nicht vor (aaO).
Der angefochtene Bescheid wurde daher am Mittwoch, 03.08.2022, rechtswirksam durch Hinterlegung im Akt gemäß §§ 8 Abs. 2 iVm 23 ZustG zugestellt. Die 4-wöchige Beschwerdefrist endete dementsprechend mit Ablauf des Mittwochs, 31.08.2022.
Auch eine spätere Zustellung des Bescheides ändert nichts, da nach einmal erfolgter wirksamer Zustellung eine neuerliche Zustellung des gleichen Dokuments keine Rechtswirkungen auslöst (§ 6 ZustG).
Die am 16.07.2025 eingebrachte Beschwerde erfolgte verspätet und ist somit als verspätet zurückzuweisen.
Soweit in der Beschwerde bemängelt wurde, dass hier nicht durch Entscheidung über den Antrag, sondern durch Einstellung des Verfahrens hätte vorgegangen werden müssen, so werden damit Verfahrensmängel geltend gemacht, die allenfalls im Rahmen eines inhaltlichen Verfahrens geprüft hätten werden können.
Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.
Da im vorliegenden Fall die Beschwerde wegen Verspätung zurückzuweisen ist, konnte eine Verhandlung entfallen.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.
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