Bgld. KJHEV
Anwendungsbereich
§ 2Begriffsdefinitionen
§ 3Allgemeine Voraussetzungen
§ 4Kindeswohl
§ 5Kinderrechte
§ 6Aufsichtspflicht
§ 7Pädagogische Orientierungen und Konzeption
§ 8Gesundheitsversorgung
§ 9Medikamentengebarung
§ 10Personelle Ausstattung
§ 11§ 11
§ 12§ 12
§ 13§ 13
§ 14Qualitätssicherung und Partizipation
§ 15§ 15
§ 16Aufnahmevoraussetzungen
§ 17Dokumentation
§ 18Meldepflichten
§ 19Raum- und Ausstattungsbedarf
§ 20Sicherheits- und Hygienebestimmungen
§ 21Inkrafttreten
§ 22§ 22
Vorwort
1. Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
§ 1
§ 1 Anwendungsbereich
Die Bestimmungen dieser Verordnung gelten
1. für stationäre Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen, die zur Durchführung von Maßnahmen der vollen Erziehung herangezogen werden und
2. für teilstationäre Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen, die zur Durchführung von Maßnahmen im Rahmen der Unterstützung der Erziehung herangezogen werden.
§ 2
§ 2 Begriffsdefinitionen
Stationäre Einrichtungen sind im Rahmen ihrer konzeptionellen Gestaltung in Wohnformen einzuteilen. Teilstationäre Einrichtungen sind in Betreuungsformen einzuteilen. Im Sinne dieser Verordnung bedeuten die Begriffe:
1. „Kinder und Jugendliche“ und „Minderjährige“: Personen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres.
2. „Junge Erwachsene“: Personen, die das 18. Lebensjahr, aber noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet haben.
3. „Betreute Personen“: Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die in Einrichtungen versorgt werden, werden im Folgenden unter diesem Begriff zusammengefasst, sofern nicht Bestimmungen speziell für einzelne dieser Gruppen gelten.
4. „Sozialpädagogische Wohn- und Betreuungsformen“: Einrichtungen für Minderjährige, die im Rahmen der Hilfeplanung des Kinder- und Jugendhilfeträgers einer Erziehungshilfe bedürfen. Sie sollen den zu betreuenden Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen außerhalb der Familie einen Lebensraum zur Verfügung stellen, in dem die angemessene Versorgung ihrer individuellen, entwicklungsbedingten, materiellen, psychischen, körperlichen und sozialen Bedürfnisse erfolgen kann. Die Betreuung in sozialpädagogischen Wohnformen ist möglichst alltagsorientiert auszurichten und hat sich an familiennahen oder familienähnlichen Strukturen und Prozessen zu orientieren.
5. „Sozialtherapeutische Wohn- und Betreuungsformen“: Einrichtungen im Sinne der Z 4, die zusätzlich mit integrierten therapeutischen Elementen arbeiten und Strukturen schaffen, in denen auch mehrfach traumatisierte oder schwer traumatisierte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene förderbar sind. Das Betreuungsteam muss eine multiprofessionelle Zusammensetzung aufweisen und hat auf Grundlage einer wissenschaftlichen, psychotherapeutisch-pädagogischen Konzeption tätig zu sein.
6. „Sozialpsychiatrische Wohn- und Betreuungsformen“: Einrichtungen im Sinne der Z 5 für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, welche aufgrund ihrer Mehrfach- bzw. Schwertraumatisierung in großen Gruppen überfordert sind und mittels intensivpädagogischer und sozialintegrativer Maßnahmen in der Entwicklung ihrer individuellen und sozialen Kompetenzen gefördert werden müssen. Das Betreuungsteam muss eine multiprofessionelle Zusammensetzung aufweisen und hat auf Grundlage einer wissenschaftlichen, psychiatrisch-pädagogischen Konzeption tätig zu sein.
7. „Betreutes Außenwohnen“: Einrichtungen für die Betreuung von Jugendlichen ab Vollendung des 16. Lebensjahres und jungen Erwachsenen mit dem Ziel der Hinführung in die Selbstständigkeit. Diese Einrichtungen müssen, um die Betreuungskontinuität zu gewährleisten, organisatorisch an sozialpädagogische oder sozialtherapeutische Wohnformen angebunden sein und im Rahmen dieser pädagogisch betreut werden. Die Voraussetzung der Anbindung muss nicht erfüllt sein, wenn nur burgenländische Jugendliche oder junge Erwachsene betreut werden und die Betreiberin oder der Betreiber eine dreijährige einschlägige Berufserfahrung mit diesem Angebot hat.
8. „Krisenzentren“: Einrichtungen zur Überbrückung einer krisenhaften Periode mit Verdacht auf akute Kindeswohlgefährdung wegen Misshandlung, Missbrauch oder grobe Vernachlässigung sowie bei sozialen und familiären Krisen, wenn ein Verbleib der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen im familiären System oder in einer anderen stationären Einrichtung problematisch erscheint. Neben der Betreuung der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist es Aufgabe der Krisenzentren, mittels Krisenintervention und sozialer, psychologischer und pädagogischer Diagnostik Empfehlungen für eine Weiterversorgung innerhalb der Familie oder in einer Form der vollen Erziehung zu erarbeiten.
9. „Eltern-Kind-Einrichtungen“: Einrichtungen im Sinne der Z 4, die die Betreuung von Schwangeren, werdenden Eltern und Eltern oder Elternteilen mit Kind sichern. Sie legen den Schwerpunkt der geleisteten Erziehungshilfe auf die Betreuung des Kindes und die Anleitung der Eltern oder des Elternteiles zur Betreuung des Kindes.
10. „Sonstige bedarfsdeckende Wohnformen (Bedarfseinrichtungen)“: Einrichtungen für Minderjährige zur Deckung eines dringenden kurz-, mittel- oder langfristigen Betreuungsbedarfs unter Heranziehung der für die jeweils erforderliche Betreuungsform (im Hinblick auf Betreuungsausmaß und -intensität) geeigneten Fachkräfte, sofern der Betreuungsbedarf nicht durch Inanspruchnahme einer der in Z 4 bis Z 9 angeführten Wohnformen gedeckt werden kann.
11. „Einrichtungen“: Einrichtungen gemäß Z 4 bis 10 werden im Folgenden unter diesem Begriff zusammengefasst, sofern nicht Bestimmungen speziell für einzelne dieser Einrichtungen gelten.
12. „Fallführende Bezirksverwaltungsbehörde“: Bezirksverwaltungsbehörde, die mit der Obsorge der betreffenden Person zumindest im Bereich Pflege und Erziehung betraut ist.
12. „Vollzeitäquivalent“: Wöchentliche Normalarbeitszeit für Vollzeitbeschäftigte in Höhe von 38 Stunden.
13. „Vollzeitäquivalente (VZÄ)“: Wöchentliche Normalarbeitszeit für Vollzeitbeschäftigte gemäß den geltenden Bestimmungen des Kollektivvertrages der Sozialwirtschaft Österreich (SWÖ-KV).“
§ 3
§ 3 Allgemeine Voraussetzungen
(1) Einrichtungen im Sinne des § 2 Z 10 sind ganzjährig zu betreiben und haben für diese Aufgabe geeignete Rahmenbedingungen aufzuweisen.
(2) Einrichtungen haben die konzeptionellen, personellen, organisatorischen, räumlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine den Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe entsprechende Betreuung der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen sowie die Kontinuität im Betreuungsangebot sicherzustellen. Auf Krisensituationen, erhöhten Betreuungsbedarf oder Bedarf an einer intensiven Betreuung ist Bedacht zu nehmen.
2. Abschnitt
Pädagogische Voraussetzungen und Gesundheitsprävention
§ 4
§ 4 Kindeswohl
(1) Kindeswohl ist der Prozess materiellen, körperlichen, psychisch-geistigen und sozialen Wohlbefindens sowie Wohlergehens von Personen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr innerhalb des sie umgebenden sozialen Lebensraumes und der Sozialisationsbedingungen und im Hinblick auf die zunehmende Entwicklung einer hauptverantwortlichen, gemeinschaftlichen Persönlichkeit, beinhaltend individuelle, autonome Handlungskompetenz und Gestaltungsmöglichkeit.
(2) Bei der Beurteilung des Kindeswohls sind die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts zu beachten.
(3) Einrichtungen haben sich am Kindeswohl zu orientieren.
(4) Auf junge Erwachsene sind die Bestimmungen über das Kindeswohl anzuwenden.
§ 5
§ 5 Kinderrechte
(1) Unter Berücksichtigung des Übereinkommens über die Rechte des Kindes, BGBl. Nr. 7/1993, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. III Nr. 155/2017, sind Kinder und Jugendliche bestmöglich in ihrer Entfaltung, Entwicklung und sozialen Integration zu fördern. Die Anwendung jeglicher Gewalt, die Zufügung körperlichen oder seelischen Leides und die Würde des Kindes oder der oder des Jugendlichen verletzende Eingriffe sind unzulässig.
(2) Kindern und Jugendlichen, die in Einrichtungen gemäß § 2 Z 10 betreut werden, ist der Zugang zur Burgenländischen Kinder- und Jugendanwaltschaft zu ermöglichen. Die Kontaktdaten der Kinder- und Jugendanwältin oder des Kinder- und Jugendanwalts sind in der jeweiligen Einrichtung an zentraler Stelle für alle Kinder und Jugendlichen gut sichtbar auszuhängen.
(3) Auf junge Erwachsene sind die Bestimmungen über die Kinderrechte anzuwenden.
§ 6
§ 6 Aufsichtspflicht
(1) Die Ausübung der internen Aufsicht in der Einrichtung obliegt der pädagogischen Leitung, im Vertretungsfall der stellvertretenden pädagogischen Leitung. Im Falle der Abwesenheit der pädagogischen Leitung und der stellvertretenden pädagogischen Leitung sind unaufschiebbare Maßnahmen zur Sicherung des Kindeswohls von der dienstältesten anwesenden Fachkraft für Pflege und Erziehung zu setzen.
(2) Die interne Aufsicht umfasst insbesondere folgende Aufgaben:
1. Die Überprüfung der Aktualität des Einrichtungskonzeptes und die Mitwirkung bei dessen Erstellung und Weiterentwicklung;
2. die Verantwortung für die Gestaltung und Umsetzung der Organisationsstruktur (insbesondere die Erstellung des Organigramms, der Stellenbeschreibungen, der Dienstpläne und Arbeitszeitregelungen, die Erreichbarkeit der Einrichtung);
3. für eine konzeptgemäße und fachgerechte Aufgaben- und Pflichterfüllung der Fachkräfte für Pflege und Erziehung und den Einsatz anerkannter aktueller pädagogischer Methoden durch diese zu sorgen;
4. für die Umsetzung der qualitätssichernden Maßnahmen gemäß § 14 zu sorgen;
5. die Sicherstellung der Betreuungs- und Lebensqualität der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen sowie die Wahrung ihrer Rechte, jeweils in Zusammenarbeit mit den Fachkräften für die Pflege und Erziehung;
6. für die Umsetzung der in der Hilfeplanung definierten Ziele Sorge zu tragen;
7. die Steuerung und Kontrolle aller Leistungen bezüglich betrieblicher und personeller Belange sowie deren Strukturen, laufende Prozesse und Ergebnisse in Abstimmung mit der wirtschaftlichen Leitung;
8. die Letztentscheidung in sämtlichen pädagogischen Angelegenheiten;
9. die Letztentscheidung über die persönliche Eignung des Betreuungspersonals.
(3) Die Landesregierung hat im Sinne des § 22 Burgenländisches Kinder- und Jugendhilfegesetz - Bgld. KJHG, LGBl. Nr. 62/2013 in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 4/2019, zu kontrollieren, ob die Einrichtungen ihren internen Aufsichtspflichten nachkommen.
§ 7
§ 7 Pädagogische Orientierungen und Konzeption
(1) Die pädagogische Betreuung in stationären Einrichtungen hat auf folgende Orientierungen besonders Bedacht zu nehmen:
1. Bedürfnisorientierung: Orientierung am körperlichen Wohlergehen und an der Erhaltung der Gesundheit sowie der Befriedigung der psychisch-geistigen Grundbedürfnisse der Kinder und Jugendlichen im Sinne des Kindeswohls; auf junge Erwachsene ist diese Bestimmung ebenfalls anzuwenden;
2. Indikations- und Verlaufsorientierung: Orientierung an dem vom Kinder- und Jugendhilfeträger erstellten Hilfeplan und den darin enthaltenen Zielformulierungen;
3. Partizipation: Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sind unter Berücksichtigung ihres Alters und ihres Entwicklungsstandes an den sie betreffenden Entscheidungen zu beteiligen;
4. Biographiearbeit: Aufarbeitung der familiären Herkunftsgeschichte der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen;
5. Ressourcenorientierung: Erkennen und Fördern der vorhandenen persönlichen Stärken der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen;
6. Problemlösungsorientierung: Erarbeitung und Umsetzung von situationsgerechten sozialpädagogischen Interventionen;
7. Familienorientierung: Orientierung an und Miteinbeziehung der Familie oder dem erweiterten familiären Bezugssystem im Sinne einer Kooperation sowie aktiven Beteiligung und Arbeit mit dem Herkunftssystem (Elternarbeit);
8. Kooperationsorientierung: Orientierung an der Kooperation mit Helfersystemen im Sinne interdisziplinärer Zusammenarbeit;
9. Lebensweltorientierung: Orientierung an einer alltagsbezogenen Betreuung im Sinne einer Hilfestellung zur Lebensbewältigung;
10. Sozialraumorientierung: Orientierung am sozialen Umfeld im Sinne der Herstellung gedeihlicher sozialer Netzwerkbeziehungen.
(2) Die Einrichtung hat ihre Tätigkeit aufgrund eines nach aktuellen fachlichen Standards fundierten Konzeptes vorzunehmen und dieses Konzept den jeweiligen neuen fachlichen Standards und unter Berücksichtigung des Übereinkommens über die Rechte des Kindes laufend anzupassen und jedenfalls alle drei Jahre eigenständig zu evaluieren.
(3) Das Konzept für eine Einrichtung hat zumindest Folgendes zu enthalten:
1. Definition der Wohnform
a) Betreuungsform,
b) Stationär oder teilstationär.
2. Betreuungskonzept
a) fachliche Ausrichtung,
b) Methoden und Didaktik,
c) Abgrenzung der Zielgruppe (Geschlecht, Altersgrenzen, Ausschließungsgründe),
d) Gruppengröße,
e) Betreuungsziele,
f) Aufnahmekriterien und Aufnahmeverfahren,
g) Beendigung der Betreuung.
3. Raumkonzept
a) Zimmerbelegung,
b) Verwendungszweck,
c) Größen.
4. Kooperations- und Kommunikationsstrukturen
a) Behörden,
b) Systempartner (zB Kindergärten, Schulen, Arbeitgeber, Vereine).
5. Qualitätsentwicklung und qualitätssichernde Maßnahmen
a) Dokumentations- und Meldepflichten,
b) Konzeptevaluierung,
c) Interne Kontrollsysteme,
d) Fortbildungen, Teambesprechungen und Supervision.
6. Personalkonzept
a) Organigramm,
b) Stellenbeschreibungen,
c) Exemplarischer Dienstplan,
d) Einschulungsplan für neue Mitarbeiter.
7. Träger und Finanzierung
(4) Neben einem allgemeinen Einrichtungskonzept gemäß Abs. 3 sind jeweils ein Sexualpädagogik-konzept und ein Gewaltprävention- und Opferschutzkonzept für alle Wohn- und Betreuungsformen erforderlich. Beide Konzepte haben zumindest folgende Punkte und Unterpunkte zu enthalten:
1. Definition
a) Formen von Übergriffen und Grenzüberschreitungen,
b) Ursachen.
2. Haltung der Einrichtung
a) Umgang mit der Thematik,
b) Rechtliche Rahmenbedingungen.
3. Ziel des Konzepts
4. Präventive Maßnahmen
5. Umgang mit Übergriffen und Grenzüberschreitungen
a) Krisenpläne.
6. Hilfsangebote
a) Kontakte und Ansprechpersonen.
7. Dokumentation und Meldepflicht
8. Qualitätssicherung
a) Fortbildung,
b) Supervision.
§ 8
§ 8 Gesundheitsversorgung
(1) Die Ernährung der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen hat ausreichend, ausgewogen und altersgemäß zu sein. Frische Speisen, Vollwertkost und Lebensmittel aus biologischem Anbau sind Fertigprodukten vorzuziehen. Die Speisepläne sind mit Wochenbeginn für sieben Tage im Voraus in der Einrichtung für die Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen gut einsehbar auszuhängen.
(2) Die altersentsprechende medizinische Versorgung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist sicherzustellen. Zur medizinischen Versorgung zählen insbesondere allgemein- und fachärztliche Untersuchungen und Behandlungen sowie im Bedarfsfall die Versorgung mit notwendigen Medikamenten.
(3) Kinder sind den jeweiligen altersentsprechenden Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen zu unterziehen. Zumindest einmal jährlich sollen Kinder und Jugendliche zur Feststellung des allgemeinen Gesundheitszustandes von einer Fachärztin oder einem Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde untersucht werden, sofern keine schulärztliche Untersuchung erfolgt. Betreute Personen sind einmal jährlich von einer Zahnärztin oder einem Zahnarzt zu untersuchen. Weibliche Jugendliche spätestens ab dem vollendeten 14. Lebensjahr und junge Erwachsene sind einmal jährlich von einer Fachärztin oder einem Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe zu untersuchen. In sozialtherapeutischen und sozialpsychiatrischen Wohn- und Betreuungsformen untergebrachte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sind im Zuge ihrer Aufnahme von einer Fachärztin oder einem Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie zu begutachten. In Krisenzentren ist schnellstmöglich nach der Aufnahme eine ärztliche Abklärung zu veranlassen. Diese ist alters- und bedarfsabhängig von einem Hausarzt oder einer Hausärztin, einem Kinderarzt oder einer Kinderärztin oder in einer Krankenanstalt durchzuführen. Untersuchungs-, Kontroll- und Wiederbestellungstermine im Rahmen von ärztlichen Behandlungen sind wahrzunehmen. Entsprechend dem Alter und Gesundheitszustand sind die Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu diesen Terminen von einer Person aus dem Kreis des Betreuungspersonals zu begleiten. Alle genannten ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen (inkl. Medikamentenverabreichung) haben grundsätzlich unter dem Aspekt der Freiwilligkeit zu erfolgen und können daher von der jeweiligen betreuten Person verweigert werden. Wenn Jugendliche oder junge Erwachsene Arztbesuche, ärztliche Untersuchungen und Behandlungen verweigern, ist dies nachvollziehbar zu dokumentieren.
(4) Für jedes Kind, jede Jugendliche oder jeden Jugendlichen und jede junge Erwachsene oder jeden jungen Erwachsenen ist gesondert eine medizinische Dokumentation zu führen. Zur medizinischen Dokumentation gehören alle ärztlichen Anordnungen, Befunde, Gutachten, Behandlungspläne und sonstigen medizinischen Unterlagen, welche der Dokumentation des physischen und psychischen Zustandes dienen. Die medizinische Dokumentation ist bei Beendigung der Betreuung der Obsorgeträgerin oder dem Obsorgeträger, bei jungen Erwachsenen diesen selbst, nachweislich auszufolgen.
(5) Bei Aufnahme und Betreuungsbeendigung ist der medizinische Status zu erheben und zu dokumentieren.
§ 9
§ 9 Medikamentengebarung
(1) Medikamente sind Arzneimittel im Sinne des § 1 Arzneimittelgesetz - AMG, BGBl. Nr. 185/1983, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2018. Sie sind in einem versperrten Schrank und entsprechend den vorgesehenen produktspezifischen Lagerungsbedingungen aufzubewahren. Das Ablaufdatum der Medikamente ist regelmäßig zu überprüfen. Medikamente sind mit Ablauf des Haltbarkeitsdatums ordnungsgemäß auszuscheiden.
(2) Die Verabreichung und Einnahme von Medikamenten hat im Einklang mit der Gebrauchsinformation (§ 16 AMG) und insbesondere bei rezeptpflichtigen Medikamenten entsprechend der Verschreibung (Rezept) zu erfolgen. Die ärztliche Anordnung hat eindeutig und zweifelsfrei bestimmt zu sein und zumindest folgende Informationen zu enthalten:
1. Bezeichnung des Medikaments,
2. Anzahl und Form der Medikamente,
3. Medikamentendosis und
4. Zeitpunkt zu und Zeitraum in dem die Medikamenteneinnahme zu erfolgen hat.
(3) Die ärztliche Anordnung der Einnahme von Psychopharmaka hat durch eine Fachärztin oder einen Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie zu erfolgen.
(4) Die Verabreichung und Einnahme eines Medikaments sind Teil der medizinischen Dokumentation und mit folgenden Daten zu dokumentieren:
1. Name des Medikaments,
2. Vorname und Nachname der einnehmenden Person,
3. Vorname und Nachname der verabreichenden Betreuungsperson,
4. Datum und Uhrzeit der Einnahme,
5. Anzahl und Form der Medikamente,
6. Medikamentendosis,
7. Angaben der Gebrauchsinformation und
8. Verschreibung (Rezept).
3. Abschnitt
Personelle Voraussetzungen
§ 10
§ 10 Personelle Ausstattung
(1) Jede Einrichtung hat über ausreichendes Betreuungspersonal mit entsprechender Qualifikation und persönlicher Eignung nach § 11 dieser Verordnung zu verfügen. Zum Betreuungspersonal zählen die vorgeschriebene Anzahl von Fachkräften für die Pflege und Erziehung der betreuten Personen.
(2) Die Betreiberin oder der Betreiber hat gegenüber der Landesregierung eine Person als wirtschaftliche Leitung namhaft zu machen. Die wirtschaftliche Leitung ist gegenüber der Landesregierung Ansprechperson für wirtschaftliche und finanzielle Angelegenheiten.
(3) Gegen das Einrichtungspersonal dürfen
1. keine rechtskräftige Verwaltungsstrafe,
2. keine Verurteilung und
3. keine sonstigen Daten, die aus der zentralen Gewaltschutzdatei gemäß § 58c Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 56/2018, oder aus dem Strafregister gemäß § 9 Abs. 1 Z 3 Strafregistergesetz 1968, BGBl. Nr. 277/1968 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 32/2018, hervorgehen oder Sonderauskünfte gemäß § 9a Strafregistergesetz 1968, die eine Gefährdung für das Kindeswohl darstellen können, vorliegen. Nachweise gemäß Z 3 sind der Landesregierung innerhalb eines Monats ab Beginn des Arbeitsverhältnisses vorzulegen.
(4) Das Einrichtungspersonal hat der Landesregierung innerhalb eines Monats ab Beginn des Arbeits-verhältnisses sowie alle zwei Jahre aktualisiert
1. durch Vorlage der aktuellen Strafregisterbescheinigung nachzuweisen, dass keine eingetragenen Verurteilungen vorliegen, welche das Kindeswohl gefährdet erscheinen lassen und
2. durch Vorlage der aktuellen Strafregisterbescheinigung „Kinder- und Jugendfürsorge“ nachzuweisen, dass keine Verurteilungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung oder damit zusammenhängende Einträge vorliegen, welche das Kindeswohl gefährdet erscheinen lassen.
(5) Das Betreuungspersonal hat durch Vorlage des Lebenslaufs und der Ausbildungsnachweise darzulegen, dass die Qualifikation den Anforderungen in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe gemäß § 11 entspricht. Die Ausbildungsnachweise sind der Landesregierung vor dem beabsichtigten Dienstantritt vorzulegen.
(6) Das Einrichtungspersonal hat durch Vorlage eines aktuellen Gesundheitsnachweises darzulegen, dass keine psychischen, physischen oder ansteckenden Erkrankungen bestehen, welche das Kindeswohl gefährdet erscheinen lassen. Der Gesundheitsnachweis ist der Landesregierung innerhalb eines Monats ab Beginn des Arbeitsverhältnisses vorzulegen.
§ 11 § 11
§ 11 Qualifikation und Zusammensetzung des Betreuungspersonals
(1) Das Betreuungspersonal wird in folgende Ausbildungsgruppen eingeteilt:
1. Ausbildungsgruppe 1:
a) Personen, welche die positive Absolvierung einer Ausbildung als Diplomsozialpädagoginnen oder -pädagogen an einem staatlich anerkannten Bildungsinstitut nachweisen;
b) Personen, welche die positive Absolvierung einer zumindest dreijährigen tertiären oder zumindest mit 180 ECTS-Punkten zertifizierten Ausbildung in den Bereichen Soziale Arbeit, Sozialpädagogik, Bildungswissenschaft, Psychologie oder eine als gleichwertig anerkannte Ausbildung nachweisen;
c) Personen, welche die positive Absolvierung einer Ausbildung als Diplomsozialbetreuerinnen oder -betreuer mit dem Schwerpunkt Familienarbeit oder eine als gleichwertig anerkannte Ausbildung nachweisen;
d) Personen, welche die positive Absolvierung eines Lehrgangs mit einem Ausbildungsschwerpunkt im Bereich der sozialpädagogischen Kinder- und Jugendhilfe nachweisen. Die Ausbildungsinhalte des Lehrgangs bedürfen einer vorherigen fachlichen Prüfung der Landesregierung;
2. Ausbildungsgruppe 2:
a) Personen, welche die positive Absolvierung einer Ausbildung als Diplomsozialbetreuerinnen oder -betreuer mit dem Schwerpunkt Behindertenarbeit und Behindertenbegleitung oder eine als gleichwertig anerkannte Ausbildung nachweisen;
b) Personen, welche die positive Absolvierung einer Ausbildung als Elementarpädagoginnen oder -pädagogen oder eine als gleichwertig anerkannte Ausbildung nachweisen;
c) Personen, welche die positive Absolvierung einer Ausbildung als Volksschullehrerinnen oder -lehrer oder eine als gleichwertig anerkannte Ausbildung nachweisen.
Über die Gleichwertigkeit von Ausbildungen entscheidet nach fachlicher Prüfung der Ausbildungsinhalte die Landesregierung.
(2) Als der Ausbildungsgruppe 2 gleichwertig anerkannt werden können insbesondere Personen, die bei Inkrafttreten dieser Verordnung mit der Betreuung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in sozialpädagogischen oder sozialtherapeutischen Wohnformen betraut waren, eine fünfjährige einschlägige Berufserfahrung haben und fachliche Fortbildungen im Ausmaß von zumindest 80 Einheiten nachweisen.
(3) Personen der Ausbildungsgruppe 2 haben innerhalb eines Jahres nach Dienstantritt Fortbildungen zu nachstehenden Inhalten jeweils im Ausmaß von zumindest vier Einheiten nachzuweisen: Traumapädagogik, Konfliktmanagement/Krisenintervention, Kommunikation/Gesprächsführung und psychische Erkrankungen und Medikation. Der Landesregierung obliegt die Anerkennung bereits absolvierter Fortbildungen unter der Prämisse, dass diese innerhalb der letzten drei Jahre erfolgreich absolviert wurden.
(4) Die pädagogische Leitung hat vor Aufnahme der Tätigkeit eine abgeschlossene Ausbildung gemäß Abs. 1 Z 1 und fünf Jahre Berufserfahrung als vollzeitbeschäftigte Person in Arbeitsfeldern der Kinder- und Jugendhilfe nachzuweisen. Zusätzlich hat die pädagogische Leitung innerhalb eines Jahres ab Aufnahme der Tätigkeit den Beginn einer Leitungsausbildung und innerhalb weiterer zwei Jahre den Abschluss dieser nachzuweisen. Die Leitungsausbildung umfasst zumindest 150 Unterrichtseinheiten, die positiv absolviert werden müssen. Die Ausbildung muss folgende Inhalte aufweisen:
1. Führungsgrundlagen und Führungsinstrumente,
2. Teamleitung und Teamentwicklung,
3. Mitarbeiterinnen- und Mitarbeitergespräche sowie Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterfeedback,
4. Konfliktmanagement und Mediation,
5. Informationsmanagement und Organisationsentwicklung,
6. Selbstpräsentation, Selbstreflexion, Selbsterfahrung und
7. Führungskräftecoaching.
(5) Für sozialpädagogische Wohn- oder Betreuungsformen gilt:
1. Zumindest 50% der Fachkräfte für Pflege und Erziehung haben über eine abgeschlossene Ausbildung gemäß Abs. 1 Z 1 zu verfügen. Es sind primär Sozialpädagoginnen und -pädagogen zu beschäftigen.
2. Personen ohne fachspezifische Ausbildung können zu Betreuungszwecken beschäftigt werden, wenn sie ihre fachliche Ausbildung berufsbegleitend absolvieren und nachweisen, dass sie bereits zwei Drittel des Lehrplans ihrer Ausbildung abgeschlossen haben. Diese Personen dürfen nicht hauptverantwortlich Dienst versehen. Der Abschluss der Ausbildung ist spätestens zwei Jahre nach Beginn des Arbeitsverhältnisses nachzuweisen.
(6) Für sozialtherapeutische und sozialpsychiatrische Wohn- oder Betreuungsformen gilt:
1. Zumindest 75% der Fachkräfte für Pflege und Erziehung haben über eine abgeschlossene Ausbildung gemäß Abs. 1 Z 1 zu verfügen. Jede Betreuungsperson gemäß Abs. 1 Z 2 hat zumindest drei Jahre Berufserfahrung als vollzeitbeschäftigte Person in Arbeitsfeldern der Kinder- und Jugendhilfe nachzuweisen.
2. Die pädagogische Leitung hat zusätzlich zu den Anforderungen gemäß Abs. 3 eine Ausbildung, die der sozialtherapeutischen Ausrichtung entspricht, nachzuweisen.
3. Personen mit Ausbildung zur psychiatrischen Gesundheits- und Krankenpflege mit zumindest dreijähriger Berufserfahrung im Ausmaß einer Vollbeschäftigung im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie dürfen höchstens zu einem Vollzeitäquivalent pro Einrichtung beschäftigt werden und zählen zur Ausbildungsgruppe 2 gemäß Abs. 1 Z 2.
(7) Nachweise über die Berufserfahrung gemäß Abs. 2, 4, 6 Z 1 und Abs. 9 sind der Landesregierung vor dem beabsichtigten Dienstantritt vorzulegen.
(8) In sozialtherapeutischen und sozialpsychiatrischen Wohn- und Betreuungsformen sowie in Krisenzentren ist die Zusammenarbeit mit einer Konsiliarfachärztin oder einem Konsiliarfacharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie oder einer Facheinrichtung für Kinder- und Jugendpsychiatrie und einer Fachklinik nachzuweisen.
(9) In Krisenzentren haben zumindest 75% des Betreuungspersonals Ausbildungen und Qualifikationen der Ausbildungsgruppe 1 gemäß Abs. 1 Z 1 aufzuweisen. Jede Betreuungsperson hat eine facheinschlägige Berufserfahrung nachzuweisen. Über die Facheinschlägigkeit der Berufserfahrung entscheidet nach fachlicher Prüfung die Landesregierung.
(10) In Bedarfseinrichtungen hat sich die Personalzusammensetzung nach dem konkreten Betreuungsbedarf zu richten und ist im Einzelfall zur Sicherung des Kindeswohls durch die Landesregierung mit Bescheid festzulegen..
§ 12
§ 12
Fortbildung des Personals
(1) Die pädagogische Leitung hat innerhalb von sechs Monaten ab Dienstantritt die positive Absolvierung einer kinderspezifischen Ausbildung in Erster Hilfe im Ausmaß von acht Stunden nachzuweisen.
(2) Das Betreuungspersonal hat
1. alle vier Jahre die positive Absolvierung eines Auffrischungskurses in Erster Hilfe im Ausmaß von acht Stunden nachzuweisen;
2. jährlich fachspezifische Aus- oder Fortbildungen zur Kinder- und Jugendhilfe im Ausmaß von mindestens 16 Stunden mit folgenden Inhalten zu absolvieren:
a) Kinderrechte und Kinderbeteiligung,
b) Konfliktmanagement und Deeskalation,
c) Elternarbeit (Arbeit mit dem Herkunftssystem),
d) Gewaltprävention und Opferschutz,
e) Traumapädagogik,
f) Sexualpädagogik,
g) Medikamentengebarung,
h) psychische Erkrankungen und Medikation,
i) Kommunikation und Gesprächsführung,
j) aktuelle sozialpädagogische Methoden und Techniken,
k) Medienpädagogik,
l) Krisenintervention.
(3) Andere Inhalte der Kinder- und Jugendhilfe können, sofern es fachlich gerechtfertigt erscheint, vorab von der Landesregierung genehmigt werden. Über das Ausmaß von 16 Stunden hinausgehende fachspezifische Aus- oder Fortbildungen sind auf das Folgejahr anzurechnen.
§ 13 § 13
§ 13 Betreuungsschlüssel und Dienstbetrieb
(1) In Einrichtungen gemäß § 1 Z 1 muss im Verhältnis zu den betreuten Personen folgende Mindestanzahl an Vollzeitäquivalenten (VZÄ) zur Verfügung stehen:
Wohnformen | Betreuungsschlüssel Vollzeitäquivalente (VZÄ): betreute Personen | |
Sozialpädagogische | 1:1,75 | |
Sozialtherapeutische | 1:1,25 | |
Sozialpsychiatrische | 1:0,75 | |
(2) Die Mindestzahl an Betreuungspersonen darf 5,5 VZÄ nicht unterschreiten.
(3) Im Betreuten Außenwohnen, in Eltern-Kind-Einrichtungen und in teilstationären Einrichtungen hat sich die Mindestanzahl an Betreuungspersonen an der konzeptionellen Ausrichtung der Einrichtung sowie an der Betreuungsintensität der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu orientieren. Das genaue Betreuungsausmaß ist mit der fallführenden Bezirksverwaltungsbehörde abzustimmen.
(4) In Krisenzentren sind für die Betreuung neun VZÄ einzusetzen. Zusätzlich ist ein Vollzeitäquivalent mit Ausbildung in klinischer Psychologie zu besetzen.
(5) In Bedarfseinrichtungen ist die Mindestanzahl an Betreuungspersonen abhängig vom konkreten Betreuungsbedarf und im Einzelfall zur Sicherung des Kindeswohls von der Landesregierung mit Bescheid festzulegen.
(6) In allen Wohnformen ist die pädagogische Leitung zumindest im Ausmaß eines halben Vollzeitäquivalents zusätzlich zu den Vollzeitäquivalenten gemäß Abs. 1 für die pädagogische Leitungsfunktion zu verwenden. Die Leitungsfunktion ist im überwiegenden Maße am Ort der Einrichtung auszuüben. In Eltern-Kind-Einrichtungen sowie in Bedarfseinrichtungen ist die pädagogische Leitung zumindest im Ausmaß eines Viertels eines Vollzeitäquivalents für die pädagogische Leitungsfunktion zu verwenden.
(7) In allen Wohnformen ist ein halbes Vollzeitäquivalent für Biografie- und Elternarbeit zu verwenden. In Bedarfseinrichtungen wird das Ausmaß der Biografie- und Elternarbeit je nach Konzept von der Landesregierung mit Bescheid festgelegt.
(8) Der Dienstbetrieb ist so zu gestalten, dass die in der Einrichtung anwesenden Kinder, Jugend-lichen und jungen Erwachsenen entsprechend ihrem Alter, der Anzahl und der jeweiligen Bedürfnislage zu jeder Tages- und Nachtzeit unmittelbar betreut werden. In betreuungsintensiven Zeiten ist das pädagogische Personal in sozialpädagogischen Wohnformen zumindest doppelt, in sozialtherapeutischen sowie sozialpsychiatrischen Wohnformen zumindest dreifach zu besetzen.
(9) Dienstpläne haben sich grundsätzlich am Betreuungsbedarf und an der Betreuungsintensität der zu betreuenden Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu orientieren und die durchschnittlichen Urlaubs- und Fehlzeiten zu berücksichtigen. Sie haben das Erstellungsdatum und Vor- und Nachnamen, Qualifikation und Beschäftigungsausmaß des eingesetzten Betreuungspersonals zu beinhalten. Der Dienstplan ist von der pädagogischen Leitung zu unterfertigen. Korrekturen sind nachvollziehbar mit Datum, Uhrzeit und Unterschrift zu versehen.
(10) Im Rahmen der Dienstübergabe hat das dienstübergebende Betreuungspersonal dem dienst-übernehmenden Betreuungspersonal jedenfalls alle notwendigen Informationen sowie Auffälligkeiten und Besonderheiten des letzten Dienstes zur Kenntnis zu bringen.
(11) Es ist eine durchgehende Rufbereitschaft einzurichten. Diese ist von der pädagogischen Leitung oder ihrer Stellvertretung jederzeit sicherzustellen. Deren korrekte arbeitsrechtliche und kollektivvertragsrechtliche Umsetzung ist von der pädagogischen Leitung und von der stellvertretenden pädagogischen Leitung jederzeit zu gewährleisten und kann vom gesamten Betreuungspersonal durchgeführt werden.
§ 14
§ 14 Qualitätssicherung und Partizipation
(1) Es sind wöchentlich Teambesprechungen des Betreuungspersonals abzuhalten und zu protokollieren. Die Teambesprechungsprotokolle sind vom gesamten Betreuungspersonal und der pädagogischen Leitung zur Kenntnis zu nehmen und zu unterfertigen.
(2) Dem Betreuungspersonal in sozialpädagogischen Einrichtungen ist die Möglichkeit der regelmäßigen Inanspruchnahme von Einzelsupervisionen einzuräumen.
(3) Teamsupervisionen im Ausmaß von mindestens drei Einheiten haben einmal im Monat stattzufinden. Die Teilnahme des Betreuungspersonals ist schriftlich zu dokumentieren.
(4) In sozialtherapeutischen und sozialpsychiatrischen Wohnformen sowie in Krisenzentren hat zusätzlich jede Einrichtung jährlich Einzelsupervisionen im Gesamtausmaß von zumindest 45 Einheiten nachzuweisen.
(5) In den Fällen der Abs. 2 bis 4 kann die Landesregierung in begründeten Einzelfällen ein zusätzliches Ausmaß an Einzel- und Teamsupervisionen vorschreiben.
(6) Neue Fachkräfte für Pflege und Erziehung sind von der pädagogischen Einrichtungsleitung oder von anderen erfahrenen Fachkräften unter Verantwortung der pädagogischen Einrichtungsleitung einzuschulen. Diese dürfen erst nach einer einmonatigen Einschulungszeit gemäß Einschulungsplan gemäß § 7 Abs. 3 Z 6 lit. d hauptverantwortlich Dienst versehen.
(7) Für betreute Personen sind, abgestimmt auf Alter und Bedürfnisse, Instrumente der Partizipation (zB Kinder- und Jugendparlamente) einzurichten und schriftliche Aufzeichnungen darüber zu führen. Zusätzlich ist für sie ein internes Beschwerdemanagement (zB Beschwerdekasten) einzurichten und der Zugang zu externem Beschwerdemanagement (zB Kinder- und Jugendanwältin oder Kinder- und Jugendanwalt) zu ermöglichen. Betreute Personen sind in die sie betreffenden Entscheidungen in adäquatem Ausmaß einzubinden.
(8) Einmal jährlich hat die pädagogische Leitung mit jeder Mitarbeiterin und jedem Mitarbeiter ein Einzelgespräch zu führen. Dass das Mitarbeiterinnen- oder Mitarbeitergespräch stattgefunden hat, ist schriftlich zu dokumentieren und von der pädagogischen Leitung und der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter zu unterfertigen.
§ 15 § 15
§ 15 Gruppengröße
(1) Für Einrichtungen gemäß § 2 Z 4 bis 9 gelten folgende maximale Gruppengrößen:
Einrichtungen | Stationär betreute Personen | Teilstationär betreute Personen |
Sozialpädagogische | 12 | 10 |
Sozialtherapeutische | 10 | 8 |
Sozialpsychiatrische | 6 | 4 |
Betreutes Außenwohnen | 4 | - |
Krisenzentren | 10 | - |
(2) In Eltern-Kind-Einrichtungen dürfen bis zu maximal fünf Familien betreut werden.
(3) In Bedarfseinrichtungen hat sich die Gruppengröße nach dem konkreten Betreuungsbedarf zu richten und ist im Einzelfall zur Sicherung des Kindeswohls seitens der Landesregierung mit Bescheid festzulegen.
(4) Die in Abs. 1 genannten maximalen Gruppengrößen können ausschließlich zur Sicherung des Kindeswohls in besonders zu begründenden Fällen mit Zustimmung der Landesregierung überschritten werden.
§ 16
§ 16 Aufnahmevoraussetzungen
(1) Bei Neuaufnahmen von Kindern, Jugendlichen oder jungen Erwachsenen ist auf die Altersstruktur und die persönlichen Bedürfnisse der bereits in der Einrichtung lebenden Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen Rücksicht zu nehmen.
(2) Bei der Planung von Neuaufnahmen von Kindern, Jugendlichen oder jungen Erwachsenen ist die Einschätzung des Betreuungspersonals zu berücksichtigen.
(3) Vor Aufnahme einer oder eines Schulpflichtigen ist von der pädagogischen Leitung in Zusammenarbeit mit der Bildungsdirektion Burgenland abzuklären, ob der jeweilige besondere schulische Bedarf der oder des Schulpflichtigen befriedigt werden kann.
4. Abschnitt
Dokumentation und Meldepflichten
§ 17
§ 17 Dokumentation
(1) Über den Tagesablauf ist in der Einrichtung vom Betreuungspersonal über jedes Kind eine lückenlose Tagesdokumentation zu führen. Es ist zu dokumentieren, welche Betreuungsperson die jeweilige Eintragung vorgenommen hat. Eintragungen dürfen nicht verändert werden. Nachträgliche Eintragungen sind ersichtlich zu machen.
(2) Zum Nachweis der individuellen Betreuung ist für jede betreute Person eine lückenlose Dokumentation zu führen. In dieser ist die tägliche Arbeit mit der betreuten Person nachvollziehbar darzustellen. Die Dokumentation hat jedenfalls folgende Unterlagen zu enthalten:
1. persönliche Dokumente der betreuten Person,
2. Nachweis der Übertragung von Pflege und Erziehung an die Einrichtung durch die fallführende Bezirksverwaltungsbehörde,
3. Hilfeplanung,
4. Status des Kindes, Jugendlichen oder jungen Erwachsenen bei Aufnahme und Betreuungsende,
5. alle Informationen zum Betreuungsverlauf (zB Betreuungsplanung, Vorfallsberichte, Entwicklungsberichte, Fallverlaufsprotokolle),
6. Abschlussbericht bei Beendigung der Betreuung und
7. die medizinische Dokumentation gemäß § 9 Abs. 4.
(3) Für jede betreute Person ist in Abstimmung mit der fallführenden Bezirksverwaltungsbehörde ein Betreuungsplan mit konkreten Inhalten und Angaben, wie die Zielsetzungen der Hilfeplanung erreicht werden sollen, zu erstellen und regelmäßig unter Einbeziehung der fallführenden Bezirksverwaltungsbehörde zu evaluieren.
(4) Bei der Aufnahme ist aufgrund fachspezifischer Diagnostik und bereits vorhandener Unterlagen der aktuelle physische und psychische Status der betreuten Person detailliert darzustellen.
(5) Der fallführenden Bezirksverwaltungsbehörde ist zumindest einmal jährlich unaufgefordert ein Verlaufs- und Entwicklungsbericht über jede betreute Person zu übermitteln.
(6) Mindestens einmal jährlich ist mit der fallführenden Bezirksverwaltungsbehörde nachweislich ein Fallverlaufsgespräch zu führen.
(7) Bei Beendigung der Betreuung ist ein Abschlussbericht zu verfassen, der die Veränderungen des physischen und psychischen Status der betreuten Person während der Betreuung dokumentiert und darstellt, ob die in der Hilfeplanung angestrebten Zielsetzungen erreicht wurden.
(8) Die Dokumentation ist derart zu führen und aufzubewahren, dass ein Zugriff Unbefugter ausgeschlossen ist. Die Dokumentation ist bei Beendigung der Betreuung der fallführenden Bezirksverwal-tungsbehörde nachweislich auszufolgen.
§ 18
§ 18 Meldepflichten
Der Landesregierung sind folgende Umstände unverzüglich, spätestens jedoch binnen drei Tagen ab Kenntnis, schriftlich zu melden:
1. personeller Funktionswechsel innerhalb der Einrichtung,
2. Zu- oder Abgang des Personals,
3. Zu- oder Abgang von Kindern, Jugendlichen oder jungen Erwachsenen,
4. jede auch vorübergehende Schließung der Einrichtung oder Gruppe,
5. jede Änderung des Konzeptes,
6. Unterschreitung des vorgeschriebenen Betreuungsschlüssels gemäß § 13 Abs. 1 bis 3,
7. Änderung der Bezeichnung der Einrichtung,
8. jeder über den pädagogischen Alltag hinausgehende Vorfall in der Einrichtung, insbesondere Polizei-, Rettungs- oder Feuerwehreinsätze, strafrechtlich relevante Vorfälle, Selbst- und Fremdgefährdung sowie freiheitsbeschränkende Maßnahmen und
9. jedes grenzüberschreitende und pädagogisch nicht adäquate Verhalten gegenüber den betreuten Personen sowie entsprechende Anschuldigungen. Dies ist auch der fallführenden Bezirksverwaltungsbehörde schriftlich zu melden.
5. Abschnitt
Mindestvoraussetzungen hinsichtlich räumlicher Beschaffenheit und Ausstattung, Lage und Sicherheitsbestimmungen
§ 19
§ 19 Raum- und Ausstattungsbedarf
(1) In jeder Gruppe sind je nach Größe und Bedarf insbesondere folgende Räume und Ausstattung vorzusehen:
1. die erforderliche Anzahl an Wohn- und Schlafzimmern,
2. ein Gemeinschaftsraum, der allen betreuten Personen und dem Betreuungspersonal Platz bietet,
3. eine Küche oder Küchenzeile mit Essbereich,
4. ein Badezimmer ausgestattet mit Dusche und Waschbecken; ab einer Gruppengröße von sechs betreuten Personen oder bei koedukativ geführten Einrichtungen zwei Badezimmer,
5. eine Toilette; ab einer Gruppengröße von sechs betreuten Personen zwei Toiletten und
6. ein Nachtdienstzimmer sowie eine eigene Dusche, Waschbecken und Toilette für das Betreuungspersonal.
In teilstationären Einrichtungen sind keine Schlafzimmer vorzusehen.
(2) Die Landesregierung kann auf Antrag in besonders zu begründenden Fällen genehmigen, dass zwei oder mehrere Gruppen Räume und Ausstattung gemäß Abs. 1 gemeinsam verwenden können.
(3) Der Wohnbereich ist so zu gestalten, dass er dem Durchschnittsstandard in der Gesellschaft möglichst nahekommt und dem konzeptionellen Zweck der jeweiligen Einrichtung entspricht. Bei der Gestaltung insbesondere der Wohn- und Schlafräume der betreuten Personen ist auf Individualität und Wahrung des persönlichen Bereiches Rücksicht zu nehmen.
(4) Werden in einer Gruppe Personen im Alter bis zu drei Jahren betreut, müssen Wohn-, Schlaf- und Pflegebereich alters- und bedürfnisangepasst ausgestattet sein.
(5) Die Mindestgröße für die Schlafzimmer der betreuten Personen hat
1. bei Einfachbelegung mindestens 10 m² zu betragen,
2. bei Zweifachbelegung mindestens 14 m² zu betragen.
Mit Vollendung des zwölften Lebensjahres einer betreuten Person ist eine Einfachbelegung anzustreben.
(6) Die Schlafzimmer sind für jede betreute Person mit einem Bett, einem Kasten, einem Schreibtisch mit Sessel und einer verschließbaren Ablagemöglichkeit zur Verwahrung von persönlichen Sachen auszustatten.
(7) Beim Betreuten Außenwohnen müssen mindestens 20 m² Gesamtwohnfläche je Jugendliche, Jugendlichen und jungen Erwachsenen sowie folgende räumliche Mindestausstattung zur Verfügung stehen:
1. ein Wohn-Schlafraum; bei zwei Jugendlichen oder jungen Erwachsenen innerhalb einer Einheit jeweils ein Schlafraum;
2. eine Küchenzeile mit Herd, Kühlschrank mit Gefrierfach und Spüle;
3. ein Badezimmer mit Waschbecken und Dusche oder Badewanne;
4. eine Toilette.
(8) Abhängig von der Zielsetzung der Einrichtung müssen ausreichend infrastrukturelle Angebote wie zB Kindergarten, Schule, Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten im Nahbereich vorhanden oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sein.
(9) Jede Einrichtung muss in ihrem Areal oder zumindest in leicht erreichbarer Nähe über einen Garten, eine Wiese oder eine sonstige Anlage verfügen, die den betreuten Personen in altersangepasster Form Gelegenheit zu Spiel und sportlicher Betätigung sowie Aufenthalt im Freien bietet.
(10) Für Bedarfseinrichtungen ist der jeweilige Raum- und Ausstattungsbedarf nach den Abs. 1 bis 9 individuell in einem Konzept festzulegen, welches von der Landesregierung zu prüfen ist.
§ 20
§ 20 Sicherheits- und Hygienebestimmungen
(1) Die Türschlösser der Wohn- und Schlafzimmer der betreuten Personen sowie der Sanitärräume (Bad, Toilette) sind technisch derart auszuführen, dass die Türen von innen verschlossen, aber vom Betreuungspersonal jederzeit geöffnet werden können.
(2) In Einrichtungen, in denen
1. Kinder bis zum vollendeten vierten Lebensjahr betreut werden, sind Stiegenaufgänge und -abgänge mit Treppenschutzgittern zu sichern;
2. Kinder bis zum vollendeten sechsten Lebensjahr betreut werden, sind Steckdosen mit Berührungsschutz zu versehen.
(3) Verbandskästen gemäß Ö-Norm Z-1020 oder höherwertig müssen in entsprechender Anzahl und Ausstattung vorhanden sein.
(4) Alle Wohn-, Aufenthalts- und Schlafräume müssen ausreichend natürlich belichtet und belüftet sein. Bei der Ausstattung, Beheizung und Belüftung der Räume ist die Verwendung gesundheitsbeeinträchtigender Materialien und Anlagen zu vermeiden. Böden müssen wärmeisolierend und möglichst rutschfest sein. Technische Anlagen und Betriebsmittel müssen so beschaffen sein, dass sie weder das Leben noch die Gesundheit von Menschen gefährden und keine Brandgefahr darstellen.
(5) Wasser ist grundsätzlich aus einer öffentlichen Trinkwasserversorgungsanlage zu beziehen. Wird Wasser nicht aus einer öffentlichen Trinkwasserversorgungsanlage bezogen, ist dieses Untersuchungen und Begutachtungen gemäß § 5 Z 2 Trinkwasserverordnung - TWV, BGBl. II Nr. 304/2001, in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 362/2017, zu unterziehen und das Ergebnis der Landesregierung unverzüglich vorzulegen.
(6) Alle Lebensmittel sind entsprechend den vorgesehenen produktspezifischen Lagerungsbedingungen zu verwahren. Das Ablaufdatum der Lebensmittel ist regelmäßig zu überprüfen. Lebensmittel sind mit Ablauf des Haltbarkeitsdatums auszuscheiden.
(7) Reinigungsmittel sind vor unsachgemäßer Verwendung gesichert aufzubewahren und den Kindern und Jugendlichen altersadäquat zur Verfügung zu stellen.
6. Abschnitt
Inkrafttreten und Übergangsbestimmung
§ 21
§ 21 Inkrafttreten
(1) Diese Verordnung tritt mit 1. Oktober 2019 in Kraft.
(2) §§ 2, 8 Abs. 3, § 10 Abs. 1, §§ 11, 12, 13, 14 Abs. 4 und 7, §§ 15, 17 Abs. 1, § 19 Abs. 1, 5, 7 und 10, § 20 Abs. 7 und § 22 in der Fassung der Verordnung LGBl. Nr. 47/2024 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.
§ 22 § 22
§ 22 Übergangsbestimmungen
Bei Inkrafttreten des Burgenländischen Kinder- und Jugendhilfegesetzes - Bgld. KJHG, LGBl. Nr. 62/2013, in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 4/2019, dürfen bereits bestehende Einrichtungen mit einer Bewilligung nach den Bestimmungen dieses Gesetzes im bewilligten Umfang weiterhin betrieben werden, müssen aber spätestens ab 1. Oktober 2023 den Bestimmungen des § 11 der Verordnung LGBl. Nr. 65/2019 und spätestens ein Jahr nach Inkrafttreten der Verordnung LGBl. Nr. 47/2024 den Bestimmungen der §§ 13 und 15 dieser Verordnung entsprechen. Entsprechen sie spätestens zu den jeweiligen Zeitpunkten diesen Bestimmungen, bleibt die jeweilige Bewilligung aufrecht.