Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Derfler, über die Revision des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen der Johannes Kepler Universität Linz, vertreten durch Lichtenberger Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Wollzeile 19/16, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21. Mai 2021, Zl. W129 2140354 1/50E, betreffend Diskriminierung aufgrund des Geschlechts (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Schiedskommission der Johannes Kepler Universität Linz; weitere Partei: Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2019, Ro 2018/10/0014, verwiesen.
2 Mit dem im fortgesetzten Verfahren ergangenen, nunmehr angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21. Mai 2021 wurde die Beschwerde des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen der Johannes Kepler Universität Linz (AKG) gegen den Bescheid der Schiedskommission der Johannes Kepler Universität Linz vom 23. September 2016, soweit damit dessen Antrag auf Feststellung, dass A „wegen ihrer Tätigkeit als Vorsitzende“ des AKG sowie aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert worden sei, gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 43 Abs. 1 Z 2 Universitätsgesetz 2002 (UG) als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt A). Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei (Spruchpunkt B).
3 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss sich die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, aus der gesonderten Darstellung der Zulässigkeitsgründe ergeben. Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B VG sohin (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe. Eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG liegt nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Lösung dieser Rechtsfrage „abhängt“. Dies ist dann der Fall, wenn das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. In der Revision muss daher gemäß § 28 Abs. 3 VwGG konkret dargetan werden, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. VwGH 28.10.2022, Ra 2022/10/0135; 24.2.2022, Ra 2021/10/0194; 4.5.2021, Ra 2020/10/0081).
7 In den Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zunächst geltend gemacht, es gebe keine höchstgerichtliche Rechtsprechung „zur Auslegung der universitätsgesetzlichen Pflichten des Rektors/der Rektorin gemäß § 23 Abs. 1 Z 5 UG iVm der Feststellung von Diskriminierungen von Universitätsangehörigen im Sinne von § 4a iVm § 41 B GlBG“. Das Verwaltungsgericht habe die universitätsgesetzlichen Pflichten eines Rektors bzw. einer Rektorin unrichtig ausgelegt, weil es bei der Beurteilung, ob eine Person im Sinne von § 4a Bundes Gleichbehandlungsgesetz (B-GlBG), die auf Grund ihres Geschlechtes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfahre, erfahren habe oder erfahren würde, danach differenziert habe, ob „es sich um eine Person des wissenschaftlichen oder des allgemeinen Universitätspersonals“ handle. Auf Basis dieser unrichtigen Auslegung von § 23 Abs. 1 Z 5 UG sei das Verwaltungsgericht „zum rechtswidrigen Ergebnis gelangt, die Überwachung und Sanktionierung des Umgangs mit MitarbeiterInnen einer Universität durch leitende Universitätsangehörige könne nicht miteinander verglichen werden bzw. stelle keine vergleichbare Situation im Sinne von § 4a B GlBG dar, weshalb die Feststellung einer Diskriminierung einer weiblichen leitenden Universitätsangehörigen, die dem allgemeinen Universitätspersonal angehört, gegenüber einem männlichen leitenden Universitätsangehörigen, der dem wissenschaftlichen Universitätspersonal angehört, nicht erfolgen könne, auch wenn sich beide Universitätsangehörigen im Umgang mit den ihnen unterstellten MitarbeiterInnen gleichermaßen oder zumindest vergleichbar verhalten“ hätten.
8 Abgesehen davon, dass dieses Vorbringen in der allein maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung nicht mit Blick auf die von der revisionswerbenden Partei ins Treffen geführten Vergleichsfälle konkretisiert wurde, wird damit schon deshalb keine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG aufgezeigt, weil das Verwaltungsgericht eine Sichtweise wie von der revisionswerbenden Partei behauptet nicht eingenommen hat: Das Verwaltungsgericht hat ausführlich begründet, warum sich der Fall von A mit einem von der revisionswerbenden Partei ins Treffen geführten Fall (Punkt 3.15, S. 46 bis 52 des angefochtenen Erkenntnisses) - auf diesen Fall dürften die Zulässigkeitsausführungen insofern abzielen - nicht vergleichen lasse und nur eingangs seiner Ausführungen (S. 47 f) darauf verwiesen, dass die beiden in Rede stehenden Personen unterschiedlichen Gruppen des Universitätspersonals angehörten, auf die unterschiedliche Regelungen (bezüglich Betriebsratszugehörigkeit und arbeitsrechtlicher Bestimmungen) Anwendung fänden. Dass das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung die Ansicht zugrunde gelegt hätte, dass sich aufgrund der Zugehörigkeit der beiden Personen zu unterschiedlichen Gruppen des Universitätspersonals „die Überwachung und Sanktionierung des Umgangs“ mit Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen einer Universität durch leitende Universitätsangehörige von vornherein („grundsätzlich“) nicht vergleichen ließe, lässt sich der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses hingegen nicht entnehmen.
9 In den Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden Revision wird im Weiteren geltend gemacht, das Verwaltungsgericht verstoße gegen „den höchstgerichtlichen Ermittlungs- bzw. Prüfungsmaßstab in Diskriminierungsfällen, der verlangt, dass das Gericht den Sachverhalt zur Frage, ob eine allenfalls vorliegende Diskriminierung objektiv oder nach den subjektiven Intentionen des Diskriminierenden durch ein verpöntes Motiv (hier: des Geschlechts) motiviert war, amtswegig zu ermitteln“ habe (Verweis auf VwGH 11.12.2013, 2012/12/0165; 3.7.2020, Ra 2020/12/0007). Das Verwaltungsgericht habe das Vorliegen einer Diskriminierung gemäß § 4a B GlBG ausschließlich an einem „dienstrechtlichen Maßstab“ und nicht an einem „gleichbehandlungsrechtlichen Maßstab“ gemessen. Der vom Verwaltungsgericht herangezogene Maßstab im Hinblick auf die Vergleichsfälle orientiere sich einerseits an einem externen Privatgutachten und andererseits an gesetzlichen Bestimmungen und Judikatur zur vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses. Es handle sich beim gegenständlichen Verfahren aber um kein arbeitsrechtliches Verfahren, sondern um ein solches im Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsrechts.
10 Mit diesem allgemein gehaltenen Vorbringen wird allerdings ein Abweichen von der genannten höchstgerichtlichen Judikatur nicht aufgezeigt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes ist in der gesonderten Zulassungsbegründung konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. VwGH 12.10.2022, Ra 2022/08/0128; 4.10.2022, Ra 2022/05/0153; 10.12.2021, Ra 2020/07/0077). Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. VwGH 14.10.2022, Ra 2022/10/0122; 29.9.2022, Ra 2022/10/0095; 31.7.2020, Ra 2020/10/0073). Inwiefern das Verwaltungsgericht von der oben genannten Judikatur zum „Ermittlungs bzw. Prüfungsmaßstab in Diskriminierungsfällen“ abgewichen ist, wird in der Zulässigkeitsbegründung nicht konkret aufgezeigt.
11 Im Übrigen ist die Frage, ob die ins Treffen geführten Vergleichsfälle eine Diskriminierung im Sinne des § 4a B-GlBG aufzeigen, anhand der konkreten Umstände im Einzelfall zu klären. Eine solche Einzelfallbeurteilung wirft jedoch nur dann eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf, wenn die Beurteilung des Verwaltungsgerichts in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre (vgl. VwGH 30.9.2022, Ra 2022/10/0078; 28.10.2021, Ra 2019/09/0140; 5.11.2020, Ra 2020/10/0086 bis 0091). Derartiges wird mit dem oben wiedergegebenen Zulässigkeitsvorbingen aber nicht aufgezeigt.
12 In den Zulässigkeitsausführungen wird auch vorgebracht, es bestehe zur „Frage des Vorliegens/Nicht-Vorliegens einer Diskriminierung durch Assoziierung gemäß § 4a Abs. 5 B-GlBG sowie den Voraussetzungen seiner Geltendmachung“ keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Das Verwaltungsgericht habe die von der revisionswerbenden Partei geltend gemachte Diskriminierung durch Assoziierung, die darin begründet liege, dass die Vorsitzende des AKG, weil sie sich für die Trägerin eines geschützten Merkmals in einem Verwaltungsverfahren bzw. verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingesetzt habe und im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit diesem Einsatz entlassen worden sei, „nicht behandelt und nicht gewürdigt“.
13 Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, dass das Verwaltungsgericht sich mit den von der revisionswerbenden Partei (im fortgesetzten Verfahren) in diesem Zusammenhang ins Treffen geführten zwei Vergleichsfällen und dem damit verbundenen Vorbringen zur Diskriminierung aufgrund einer Tätigkeit im AKG auseinandergesetzt hat und zu dem Ergebnis gekommen ist, dass diese Fälle „keinen Rückschluss auf eine systematische, an eine Art Verfolgung gemahnende Diskriminierung von Mitgliedern des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen“ zuließen. Die ausgesprochene Entlassung von A stelle „keine geschlechts- oder funktionsabhängige Diskriminierung“ dar. Es trifft demnach schon nicht zu, dass das Verwaltungsgericht das diesbezügliche Vorbringen der revisionswerbenden Partei „nicht behandelt und nicht gewürdigt“ hätte. Welche konkrete Rechtsfrage zur „Diskriminierung durch Assoziierung gemäß § 4a Abs. 5 B GlBG“, von deren Lösung das Schicksal der vorliegenden Revision abhängt, vom Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang zu klären wäre, wird in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision nicht ausgeführt.
14 In den Zulässigkeitsausführungen wird sodann geltend gemacht, es sei die grundsätzliche Rechtsfrage zu klären, „ob die Beweislastregel des § 20a B GlBG lediglich für Betroffene im Sinne von physischen Personen gilt oder auch für Organparteien“ wie den revisionswerbenden AKG. Die revisionswerbende Partei sei „in Kenntnis der zu dieser Rechtsfrage ergangenen“ Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Verweis auf VwGH 12.12.2008, 2004/12/0192; 30.9.2015, 2012/10/0047, VwSlg. 19212 A). Diese Rechtsprechung stehe jedoch im Widerspruch zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (Verweis auf EuGH 10.7.2008, Rs C 54/07, Feryn NV , „insbesondere die Rz 29 bis 34“).
15 Wie die revisionswerbende Partei selbst ausführt, hat der Verwaltungsgerichtshof im genannten Erkenntnis vom 30. September 2015 die oben formulierte Frage - bezogen auf den Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen gemäß § 42 UG - bereits beantwortet. Mit der bloßen Zitierung des oben genannten Urteils Feryn NV lässt sich entgegen der Ansicht der revisionswerbenden Partei ein Widerspruch zur Judikatur des EuGH nicht aufzeigen, wird dabei doch übergangen, dass das genannte Urteil weder Ausführungen dahin enthält, dass es ein Verfahren betroffen hätte, in dem der Grundsatz der Amtswegigkeit gegolten hat, noch Aussagen zu einem derartigen Verfahren (etwa in den in der Revision hervorgehobenen Randzahlen 29 bis 34) getroffen wurden. Sowohl die Richtlinie 2000/43/EG (Art. 8 Abs. 5), zu der dieses Urteil ergangen ist, als auch die Richtlinie 2006/54/EG (Art. 19 Abs. 3) ermöglichen aber ein Absehen von der Anwendung der in Rede stehenden Beweislastregel auf Verfahren, in denen die Ermittlung des Sachverhaltes dem Gericht oder einer anderen zuständigen Stelle obliegt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes findet die in § 20a B GlBG getroffene Beweislastregelung in nach dem Grundsatz der Amtswegigkeit zu führenden Verwaltungsverfahren und in den diesbezüglichen verwaltungsgerichtlichen Verfahren keine Anwendung (vgl. VwGH 16.6.2020, Ro 2019/12/0009, mwN). Ein im Revisionsfall vorliegendes Abweichen von der Rechtsprechung des EuGH wird daher nicht aufgezeigt.
16 Soweit schließlich in der Zulässigkeitsbegründung ausgeführt wird, die im Rahmen der Revisionsgründe „in Punkt 5.2. der Revision dargestellten Verfahrensfehler“ begründeten in ihrer Gesamtheit eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, genügt es auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach Verweise in der gesonderten Zulässigkeitsbegründung (§ 28 Abs. 3 VwGG) auf andere Teile der Revision zur Begründung der Zulässigkeit einer Revision unbeachtlich sind (vgl. VwGH 22.8.2022, Ra 2022/10/0005 bis 0006; 27.7.2022, Ra 2022/10/0057; 19.11.2019, Ra 2019/09/0050).
17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 22. Dezember 2022