Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Derfler, über die Revision der revisionswerbenden Parteien 1. Apotheke S KG und 2. Apotheke S e.U., beide in V und vertreten durch Prof. Dr. Wolfgang Völkl, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Nußdorfer Straße 10 12, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 4. Oktober 2021, Zl. LVwG 050115/45/MK/GSc 050117/3, betreffend Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck; mitbeteiligte Partei: Mag. pharm. E V in P, vertreten durch Mag. Dr. Eleonore Berchtold Ostermann, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Bräunerstraße 4 6), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Zur Vorgeschichte wird auf die hg. Erkenntnisse vom 23. Mai 2017, Ro 2017/10/0008, 0009, sowie vom 20. Dezember 2019, Ra 2019/10/0117, 0118, verwiesen.
2 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 4. Oktober 2021 wurden die Beschwerden der revisionswerbenden Parteien gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 10. Juli 2018, mit dem der mitbeteiligten Partei die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in V erteilt worden war, als unbegründet abgewiesen. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG unzulässig ist.
3 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss sich die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, aus der gesonderten Darstellung der Zulässigkeitsgründe ergeben. Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B VG sohin (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (vgl. VwGH 18.5.2022, Ra 2022/10/0017; 24.2.2022, Ra 2021/10/0029; 4.5.2021, Ra 2020/10/0081). Verweise in der gesonderten Zulässigkeitsbegründung (§ 28 Abs. 3 VwGG) auf andere Teile der Revision sind zur Begründung der Zulässigkeit einer Revision unbeachtlich (vgl. VwGH 4.3.2022, Ra 2020/02/0230; 28.2.2019, Ra 2018/16/0130; 31.1.2019, Ra 2018/07/0367 bis 0371).
7 In den Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revision wird vorgebracht, es würden den Apotheken der revisionswerbenden Parteien „Personengruppen bzw. Einwohnergleichwerte auf Grundlage der Studie der TU Wien zugerechnet, die es jeweils näher zu den für sie nächst gelegenen Apotheken in A[...] und L[...] haben, als zu denen der Revisionswerber“. Dies widerspreche der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Dazu werden im weiteren Zitate aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wiedergegeben. Abschließend wird dazu ausgeführt, das angefochtene Erkenntnis weiche von dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil „dem Versorgungspotential der Revisionswerber Einwohnergleichwerte für Personen zugerechnet werden, die es zu Apotheken entweder in ihren Heimatorten A[...] und L[...] oder was das Klinikum S[...] betrifft zur dort näher gelegenen Apotheke S[...] haben“.
8 Zu diesen Ausführungen ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach wird eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geltend gemacht der Revisionswerber konkret darzulegen hat, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt jenem der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist. Dabei reicht es nicht aus, bloß Rechtssätze zu verschiedenen hg. Erkenntnissen wiederzugeben oder hg. Entscheidungen nach Datum und Geschäftszahl zu nennen, ohne auf konkrete Abweichungen von dieser Rechtsprechung hinzuweisen (vgl. VwGH 24.2.2022, Ra 2022/03/0040; 30.3.2021, Ra 2020/07/0075, 0076; 4.5.2020, Ra 2019/10/0200).
9 Diesen Anforderungen wird die vorliegende Revision mit dem oben wiedergegebenen Zulässigkeitsvorbringen aber schon deshalb nicht gerecht, weil sich die wiedergegebenen Zitate aus der hg. Rechtsprechung auf die Zuordnung der ständigen Einwohner aus einem Umkreis von vier Straßenkilometern gemäß § 10 Abs. 4 Apothekengesetz (ApG) bzw. der auf Grund des Verkehrs gemäß § 10 Abs. 5 ApG zu versorgenden Personen beziehen. Dass aber von den revisionswerbenden Parteien in der vorliegenden Revision Einwände gegen die Zuordnung der ständigen Einwohner aus einem Umkreis von vier Straßenkilometern von beiden Betriebsstätten (abgesehen von der unten zu erörternden Frage von „Neubauten“) bzw. der ständigen Einwohner außerhalb des Vier Kilometer Umkreises, für die diese Betriebsstätten die nächstgelegenen Abgabestellen sind, erhoben werden, ist nicht ersichtlich. Aussagen zu den von den revisionswerbenden Parteien in diesem Zusammenhang – offenbar bekämpften, vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Einwohnergleichwerten auf Grund der Inanspruchnahme von Einrichtungen (hier: von Ambulanzen bzw. Verkehrsknoten) gemäß § 10 Abs. 5 ApG sind den wiedergegebenen Zitaten nur dahin zu entnehmen, dass in der hg. Judikatur ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass die Annahme, es würden sich Personen iSd § 10 Abs. 5 ApG der nächstgelegenen Arzneimittelstelle bedienen, gerechtfertigt sei, wenn nicht (in Gestalt sonstiger „Einflutungserreger“) besondere Gründe entgegenstehen (vgl. VwGH 14.12.2007, 2005/10/0228, mit Verweis auf VwGH 31.5.2006, 2003/10/0100). Mit den von den revisionswerbenden Parteien bekämpften Einwohnergleichwerten auf Grund der Inanspruchnahme von Einrichtungen (hier: von Ambulanzen bzw. Verkehrsknoten) gemäß § 10 Abs. 5 ApG werden aber derartige sonstige „Einflutungserreger“ angesprochen. Wie bereits angemerkt, zeigt ein Revisionswerber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf, wenn er nicht konkret darlegt, dass der der angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt einem der von ihm ins Treffen geführten Erkenntnisse gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hätte und damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre.
10 In den Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revision wird im Weiteren geltend gemacht, aufgrund der „allgemein gehaltenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach auch zukünftige Ereignisse bzw. Umstände bei der Bedarfsprüfung zu berücksichtigen sind“, würden „völlig unreflektiert, Neubauwohnungen so bewertet[...], als ob sie ausschließlich von neu zuziehenden Personen bewohnt werden würden“. Dies widerspreche den logischen Denkgesetzen, es gebe zur Frage, ob „jetzt die neu erbauten Wohnungen ausschließlich von ‚Zuzüglern‘ oder aber auch von ‚Umzüglern‘ bewohnt bzw. benützt werden, noch keine darauf abgestimmte Judikatur“.
11 Zu diesem Vorbringen genügt es auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach sich die gemäß § 10 ApG vorzunehmende Bedarfsprüfung auf eine auf entsprechende Ermittlungsergebnisse gestützte prognostische Zuordnung konkreter Kundenpotenziale zu den beteiligten Apotheken zu gründen hat. Bei der von der Behörde bzw. dem Verwaltungsgericht dabei anzustellenden Prognose sind auch konkret absehbare, in naher Zukunft zu erwartende Umstände zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen ist ein insbesondere in seiner Dimension völlig ungewisses künftiges Ereignis (vgl. VwGH 31.5.2021, Ra 2021/10/0054, 0055; 11.8.2015, Ro 2014/10/0112; 18.4.1994, 92/10/0477). Entgegen der offenbar von den revisionswerbenden Parteien vertretenen Ansicht stellt die - konkret absehbare, in naher Zukunft zu erwartende - Vergrößerung der Zahl der ständigen Einwohner infolge der Vergrößerung des Wohnungsbestandes in einem bestimmten Gebiet einen bei der Prognose zu berücksichtigenden Umstand dar. Dass neu errichtete Wohnungen in einem bestimmten Gebiet (auch) von Personen bezogen werden, die schon bisher als ständige Einwohner ansässig waren, vermag daran nichts zu ändern, weil bei einem insgesamt vergrößerten Wohnungsbestand im Allgemeinen auch von einer erhöhten Einwohnerzahl auszugehen ist. Dass aber der Wohnungsbestand im Revisionsfall trotz der berücksichtigten Neubauten etwa infolge des gleichzeitigen Wegfalls von Wohnraum nicht vergrößert wird, wird in der Revision nicht konkret behauptet.
12 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
13 Die Revision war somit zurückzuweisen.
Wien, am 22. August 2022