JudikaturVwGH

Ra 2024/02/0219 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
10. Dezember 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed und die Hofrätinnen Mag. Dr. Maurer Kober sowie Dr. Koprivnikar als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Andrés, über die Revision der A AG in R, vertreten durch Mag. Andreas Meissner, Mag. Thomas Laherstorfer und Dr. Otto Urban, Rechtsanwälte in 4840 Vöcklabruck, Feldgasse 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 31. Juli 2024, LVwG 414224/40/MS/JoS, betreffend Bewilligungen für die Ausspielung mit Glücksspielautomaten nach dem OÖ Glücksspielautomatengesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Oberösterreichische Landesregierung; mitbeteiligte Parteien: 1. A AG in G, vertreten durch die Schönherr Rechtsanwälte GmbH, Schottenring 19, 1010 Wien, 2. E AG in T, vertreten durch die Denkmair Hutterer Hüttner Waldl Rechtsanwälte GmbH, Blumauerstraße 3 5, 4020 Linz und 3. P AG in S, vertreten durch die SHMP Schwartz Huber Medek Pallitsch Rechtsanwälte GmbH, Hohenstaufengasse 7, 1010 Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Im Mai 2022 startete die belangte Behörde die Interessentensuche zur Erteilung dreier Ausspielbewilligungen für den Betrieb von Glücksspielautomaten in Oberösterreich gemäß § 3 Oö. Glücksspielautomatengesetz (Oö. GSpAG). Innerhalb der Bewerbungsfrist langten Anträge von vier Bewilligungswerberinnen ein.

2 Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens erteilte die belangte Behörde mit Bescheid vom 22. Juni 2023 drei näher bezeichneten Bewilligungswerberinnen gemäß Oö. GSpAG Bewilligungen zur Durchführung von Ausspielungen mit Glücksspielautomaten in Automatensalons und in Einzelaufstellung in Oberösterreich, jeweils mit insgesamt 392 Glücksspielautomaten für die Dauer von 15 Jahren ab Rechtskraft, frühestens ab 14. August 2023, sowie unter Einhaltung näher bezeichneter Auflagen. Der Antrag der Revisionswerberin wurde abgewiesen.

3 Die gegen diesen Bescheid von der Revisionswerberin erhobene Beschwerde wurde vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Verwaltungsgericht) mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die im angefochtenen Bescheid unter I. (1. 3.) jeweils enthaltenen Wortfolgen „frühestens ab 14.08.2023“ entfallen. Weiters wurden die Fassungen der im Spruch zitierten Gesetzesbestimmungen konkretisiert und ausgesprochen, dass eine Revision gegen diese Entscheidung unzulässig sei.

4 Das Verwaltungsgericht traf ausführliche und gegliederte Feststellungen (u.a. zu den eingelangten Anträgen und Konzepten), erläuterte seine Beweiswürdigung und führte begründend nach Darstellung der anzuwendenden Bestimmungen rechtlich u.a. aus, die Angelegenheit erfordere die Prüfung der Erfüllung der Voraussetzungen gemäß § 3 Abs. 2 Z 1 9 Oö. GSpAG, in weiterer Folge auf eine Auswahl /Vorzugsentscheidung nach § 3 Abs. 5 Oö. GSpAG (ausschlaggebend, welche Anträge/Konzepte die Voraussetzungen nach § 3 Abs. 2 Z 4, 5, 7 und 8 am besten erfüllten), einige Nebenbestimmungen (Auflagen, Bedingungen iSd § 3 Abs. 3 leg. cit.) und schließlich die Festlegung der Anzahl zulässiger Glücksspielautomaten (§ 3 Abs. 4 leg. cit.). In weiterer Folge begründete das Verwaltungsgericht die vorgenommene Auswahlentscheidung durch Abwägung der einzelnen Konzepte näher. Dabei wurden bei der Abwägung Vorfälle in anderen Bundesländern, die die Revisionswerberin betreffen, miteinbezogen (Zutritt eines minderjährigen Spielers; Registrierung eines gesperrten Spielers) und daraus geschlossen, dass zentrale (teils schon gesetzliche) Vorgaben und Ziele betreffend Kontrollmaßnahmen und den Spielerschutz seitens der Revisionswerberin deutlich verfehlt worden seien und die intern gesetzten Maßnahmen keine bzw. nicht ausreichende Wirksamkeit entfaltet hätten. Diese Vorfälle seien daher in die Abwägung miteinzubeziehen und gingen hinsichtlich der Erfüllungswahrscheinlichkeit der vorgelegten Konzepte aus näher genannten Gründen zu Lasten der Revisionswerberin aus.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, dieses wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondertvorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird vorgebracht, es stelle sich die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, ob das Verwaltungsgericht lediglich die vorgelegten Konzepte zu beurteilen oder auch deren Erfüllungswahrscheinlichkeit im Sinne einer Prognoseentscheidung berücksichtigen dürfe. Die Antragsteller seien im Übrigen ungleich behandelt worden, weil es auch Vorfälle bei Mitbewerbern gegeben habe. Die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes sei mangelhaft, weil das Verwaltungsgericht die Feststellung getroffen habe, das fehlende Flächenscreening sei ein geringer Mangel, wovon es in der rechtlichen Beurteilung jedoch abgewichen sei. Überdies sei die belangte Behörde durch das Unterlassen von Ermittlungsschritten gleichheitswidrig vorgegangen. Einen Beweis dazu hätte das Verwaltungsgericht zulassen müssen, was jedoch unzulässiger Weise abgelehnt worden sei. Das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum GSpG abgewichen, wonach die Grundsätze des Vergaberechts auch dort anwendbar seien; die Ausschreibungsunterlagen sähen keine Prognoseund Erfüllungswahrscheinlichkeitsrechnungen vor. Das Verwaltungsgericht habe bei der Beurteilung der Konzepte keine näheren Unterschiede zwischen der Einzelaufstellung („Identifikationssystem“) und Automatensalons („Zutrittssystem“) gemacht, obwohl der Gesetzgeber unterschiedliche Begrifflichkeiten verwende. Es fehle Rechtsprechung, ob Geschäftsleiter gemäß § 5 Abs. 2 Z 5 GSpG ausschließlich nach außen vertretungsbefugte Personen mit Prokura oder Funktion des Geschäftsführers sein dürften. Alle diesen Rechtsfragen komme grundsätzliche Bedeutung zu, weil sie für Bewilligungsverfahren in Oberösterreich und anderen Bundesländern Bedeutung hätten. Sie seien auch präjudiziell, weil die (jeweilige) Auslegung der Bestimmung durch das Verwaltungsgericht Voraussetzung für die getroffene Entscheidung sei.

10 Dazu ist Folgendes auszuführen:

11Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision ist, dass die von der revisionswerbenden Partei aufgezeigten Rechtsfragen auch präjudiziell sind, dh. die Entscheidung über die Revision von der Lösung dieser Fragen abhängt (vgl. VwGH 8.9.2022, Ro 2022/02/0018, mwN). Dazu ist es erforderlich, dass anhand der Zulässigkeitsbegründung beurteilt werden kann, inwieweit das Schicksal einer Revision von der Lösung welcher Rechtsfrage abhängt.

12Sofern die Revision Rechtsprechung zu näher bezeichneten Fragen vermisst, verabsäumt sie es, auf die vorliegende Rechtssache bezogen konkret darzutun, warum ihr rechtliches Schicksal, also der Erfolg der Revision, von der Lösung dieser Rechtsfragen abhängt. Der bloße Verweis auf fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu näher bezeichneten Fragen reicht hierfür nicht aus (vgl. etwa VwGH 13.8.2024, Ra 2024/02/0122, mwN). Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof nämlich nicht zuständig (vgl. etwa VwGH 30.11.2023, Ra 2023/02/0154, mwN).

13Mit dem Verweis auf die Revisionsgründe (vgl. z.B. Verweis auf Punkt 4.1.3. der Revision oder Anlagen) wird darüber hinaus dem Erfordernis des § 28 Abs. 3 VwGG, wonach die Revision auch gesonderte Gründe zu enthalten hat, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird, nicht gerecht (vgl. etwa VwGH 18.12.2023, Ra 2023/03/0172, mwN).

14Außerdem ist auszuführen, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, dass § 3 Abs. 1 Oö GSpAG der Behörde ein klar determiniertes Auswahlermessen einräumt (so VwGH 30.8.2016, Ro 2014/02/0008; zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit dieser Bestimmung siehe VfSlg. 19.749/2013).

15 Eine Ermessensentscheidung unterliegt jedoch nur insofern der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof im Rahmen von dessen Befugnissen nach Art. 133 Abs. 4 BVG, als dieser gegebenenfalls zu prüfen hat, ob von dem im Gesetz eingeräumten Ermessen im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde. Das Verwaltungsgericht ist verpflichtet, in der Begründung seines Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG die für die Überprüfung der Ermessensübung maßgeblichen Gründe insoweit offen zu legen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und die Nachprüfung der Ermessensentscheidung auf ihre Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes durch den Verwaltungsgerichtshof erforderlich sein kann. Soweit daher weder Ermessensmissbrauch noch Ermessensüberschreitung vorliegt, geht die Ausübung des Ermessens über die Bedeutung des Einzelfalls nicht hinaus und stellt keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG dar (vgl. etwa VwGH 13.10.2023, Ra 2023/09/0165, mwN; nochmals VwGH 30.8.2016, Ro 2014/02/0008).

16 Es ist nicht ersichtlich, dass dem Verwaltungsgericht gegenständlich ein solcher Fehler unterlaufen wäre; die Heranziehung glücksspielrechtlich relevanter Vorfälle bei der Beurteilung der Tauglichkeit eines Konzeptes im Sinne seiner Erfüllungswahrscheinlichkeit kann bei der Auswahlentscheidung, ob eine Ausspielbewilligung erteilt werden soll, nicht als Ermessensüberschreitung oder missbrauch erkannt werden.

17Soweit gerügt wird, Übertretungen von Mitbewerbern seien nicht berücksichtigt worden, ist auszuführen, dass dieses Vorbringen auf die Behauptung einer „Gleichheit im Unrecht“ hinausläuft, die es nicht gibt (vgl. VwGH 25.11.2015, Ra 2015/09/0095; 28.11.2022, Ra 2022/09/0089); das Verwaltungsgericht hat im Übrigen diesbezügliche Ermittlungsschritte unternommen, es konnten jedoch keine konkreten Vorfälle ermittelt werden (siehe Erkenntnis S 26 f).

18 Fragen der Beweiswürdigung wiederum kommt regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG zu. Die Beweiswürdigung ist nur dahingehend der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes unterworfen, ob der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die dabei angestellten Erwägungen schlüssig sind (vgl. VwGH 2.7.2024, Ra 2024/02/0101, mwN). Angesichts der ausführlichen und nicht unvertretbaren Beweiswürdigung im angefochtenen Erkenntnis lässt die Zulässigkeitsbegründung der Revision eine derartige vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Mangelhaftigkeit der Beweiswürdigung nicht erkennen.

19 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 10. Dezember 2024