JudikaturVwGH

Ra 2023/11/0151 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
Immobilienrecht
17. September 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm und die Hofrätinnen MMag. Ginthör und Dr. Kronegger als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Kreil, über die Revision der Landeshauptstadt St. Pölten, vertreten durch Bürgermeister Mag. Matthias Stadler, dieser vertreten durch DDr. Christian F. Schneider, Rechtsanwalt in Wien, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 21. September 2023, Zl. LVwG AV 572/001 2020, betreffend Versagung einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Grundverkehrsbehörde St. Pölten; mitbeteiligte Parteien: 1. A K und 2. B K), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerberin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

1 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 9. April 2020 wurde die grundverkehrsbehördliche Genehmigung für einen zwischen einer bestimmten Verkäuferin und der Revisionswerberin als Käuferin abgeschlossenen Kaufvertrag betreffend ein näher bezeichnetes Grundstück (vereinbarter Kaufpreis: EUR 158.918, ) u.a. in Hinblick auf § 6 Abs. 2 Z 1 Niederösterreichisches Grundverkehrsgesetz 2007 (NÖ GVG 2007), und zwar in Ansehung der gemeinsamen Interessentenerklärung des Erstmitbeteiligten und der Zweitmitbeteiligten, versagt.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der Revisionswerberin nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und erklärte die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.

3 Begründend führte das Verwaltungsgericht auf das im Revisionsfall Wesentliche zusammengefasstaus, die Revisionswerberin, eine Gebietskörperschaft, sei eine juristische Person und könne daher zwar einen landwirtschaftlichen Betrieb führen, jedoch selbst keine Landwirtin im Sinne des § 3 Z 2 NÖ GVG 2007 sein (Hinweis auf VwGH 22.2.2018, Ro 2016/11/0025 und VwGH 15.10.2019, Ro 2017/11/0004). Sie könne das vertragsgegenständliche, landwirtschaftlich genutzte Grundstück nur erwerben, wenn während des behördlichen Kundmachungsverfahrens kein Landwirt bzw. keine Landwirtin eine Interessentenerklärung im Sinne des § 11 Abs. 5 und 6 NÖ GVG 2007 abgebe. Der Erstmitbeteiligte und die Zweitmitbeteiligte hätten fristgerecht eine sämtlichen gesetzlichen Anforderungen entsprechende Interessentenerklärung abgegeben und dabei ihre Fähigkeit zur Bezahlung des ortsüblichen Verkehrswertes der Liegenschaft durch Vorlage eines Auszuges aus einem gemeinsamen Depotkonto bei einer bestimmten Bank glaubhaft gemacht. Da der Kontostand des Depots zum Zeitpunkt der Interessentenerklärung den Kaufpreis um mehr als das Dreifache überstiegen habe, seien allfällige börsenbedingte Wertschwankungen „zu vernachlässigen“. Der Erstmitbeteiligte und die Zweitmitbeteiligte hätten somit die Rechtsposition von Interessenten erlangt. Im Beschwerdeverfahren hätten sie zudem ein auf beider Namen lautendes Sparbuch mit einem bestimmten, den Kaufpreis des Grundstückes überschreitenden Guthaben und eine Kreditzusage einer bestimmten Bank iHv EUR 160.000, vorgelegt. Da die Mitbeteiligten überdies als Landwirt bzw. Landwirtin im Sinne des NÖ GVG 2007 zu qualifizieren seien, komme somit der Versagungsgrund des § 6 Abs. 2 Z 1 NÖ GVG 2007 zur Anwendung, weshalb die Beschwerde abzuweisen gewesen sei.

4 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, zu der die belangte Behörde sowie die Mitbeteiligten jeweils eine Revisionsbeantwortung erstatteten. Kostenersatz wurde lediglich von der belangten Behörde beantragt.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8Die somit alleine maßgebliche Zulässigkeitsbegründung der Revision macht unter dem Blickwinkel des Abweichens von Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 23.4.2021, Ra 2019/11/0172) nur geltend, der vom Erstmitbeteiligten und der Zweitmitbeteiligten gemeinsam mit der Interessentenanmeldung vorgelegte Depotauszug beinhalte ebenso wie ein Girokontoauszug, auf den sich das verwiesene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes konkret beziehe einen stichtagsbezogenen Saldo, welcher nicht die Anforderungen zum Nachweis der Fähigkeit der Interessenten, den ortsüblichen Verkehrswert zu bezahlen, erfülle. Es sei vollkommen gleichgültig, ob der Guthabensstand eines Girokontos oder wie im Revisionsfall eines Wertpapierdepots vorgelegt werde, weil die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Girokontoauszug auf andere stichtagsbezogene Salden wie im vorliegenden Fall übertragbar sei. Es liege ein nicht verbesserbarer Mangel vor, wenn die gemeinsam mit der Interessentenerklärung zu machenden Angaben über die Gewährleistung der Bezahlung des ortsüblichen Verkehrswertes nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprächen. Im Revisionsfall liege keine rechtswirksame Interessentenerklärung vor, die den Versagungsgrund des § 6 Abs. 2 Z 1 NÖ GVG 2007 auslösen würde.

9 Ob die Voraussetzung des Art. 133 Abs. 4 B VG erfüllt ist, also eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage daher in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nach Einbringung der Revision bereits geklärt, liegt keine Rechtsfrage (mehr) vor, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. aus vielen etwa VwGH 3.3.2025, Ro 2024/22/0006, mwN).

10Vor diesem Hintergrund ist dem Revisionsvorbringen zu entgegnen, dass der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 15. Oktober 2024, Ra 2024/11/0073, auf Basis seiner bis dahin ergangenen Rechtsprechung (vgl. insbesondere VwGH 6.10.2023, Ra 2022/11/0129, Rn 46 bis 48) u.a. für die aufgeworfene Rechtsfrage relevante Klarstellungen zum („herabgesetzten“) Beweismaßstab, der mit dem Erfordernis der Glaubhaftmachung der Zahlungsfähigkeit im Sinn von § 11 Abs. 6 erster Satz NÖ GVG 2007 verbunden und damit für die Erlangung der Interessentenstellung maßgeblich ist, getroffen hat.

11 Insbesondere hat der Verwaltungsgerichtshof dargelegt, dass in der Regel jene Beweismittel, die für die Erbringung eines bis zum Abschluss des Verfahrens zu erbringenden Nachweises der Zahlungsfähigkeit des Interessenten gemäß § 11 Abs. 6 letzter Satz NÖ GVG 2007 genügen können (Treuhanderlag, Bankgarantie, sonstige Zahlungszusagen einer Bank), auch der für die Erlangung der Interessentenstellung notwendigen Glaubhaftmachung der Zahlungsfähigkeit im Sinn von § 11 Abs. 6 erster Satz NÖ GVG 2007 gerecht werden. Jedoch können so der Verwaltungsgerichtshof weiter ganz allgemein gesprochen bestimmte Beweismittel, die im Regelfall für einen Nachweis als unzureichend zu betrachten wären, nämlich etwa ein stichtagsbezogener Saldo auf einem Girokonto, gegebenenfalls für eine bloße Glaubhaftmachung der Zahlungsfähigkeit und damit für die Erlangung der Interessentenstellung durchaus ausreichen.

12Bei der Frage, ob die Glaubhaftmachung oder der Nachweis der Gewährleistung der Bezahlung eines ortsüblichen Kaufpreises gelungen ist, handelt es sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung (vgl. neuerlich VwGH 15.10.2024, Ra 2024/11/0073, Rn 24 f, mwN). Eine solche ist grundsätzlich nicht revisibel, wenn diese Beurteilung auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde (VwGH 10.3.2025, Ra 2023/11/0135, mwN).

13 Eine nach den dargestellten Kriterien im Revisionsverfahren aufzugreifende Fehlbeurteilung des vorliegenden Einzelfalls durch das Verwaltungsgericht zeigt die Revision nicht auf: Das Verwaltungsgericht hat den von den Mitbeteiligten fristgerecht gleichzeitig mit der Interessentenerklärung vorgelegten Depotauszug, dessen Kontostand zu diesem Zeitpunkt den Kaufpreis um mehr als das Dreifache überstieg, als zur Glaubhaftmachung der Fähigkeit zur Bezahlung des ortsüblichen Verkehrswertes der Liegenschaft ausreichendes Beweismittel gewürdigt. Dem setzt die Revision mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen, es handle sich um einen stichtagsbezogenen Saldo, der für den Nachweis der Zahlungsfähigkeit nicht ausreiche, vor dem Hintergrund der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nichts Stichhaltiges entgegen.

14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

15Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 17. September 2025