JudikaturVwGH

Ro 2017/11/0004 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
24. März 2017

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der Niederösterreichischen Landesregierung in 3109 St. Pölten, Landhausplatz 1, der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 3. Oktober 2016, Zl. LVwG-AV-120/001-2015, betreffend grundverkehrsbehördliche Genehmigung (mitbeteiligte Parteien:

1. Landeshauptstadt St. Pölten, vertreten durch DDr. Christian F. Schneider, Rechtsanwalt in 1220 Wien, ARES Tower, Donau-City-Straße 11, und 2. Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in 1010 Wien, Singerstraße 17-19; belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Grundverkehrsbehörde St. Pölten in 3100 St. Pölten, Am Bischofteich 1), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

1 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 21. November 2014 wurde einem näher bezeichneten Kaufvertrag, abgeschlossen zwischen den mitbeteiligten Parteien betreffend näher genannte landwirtschaftliche Grundstücke, die grundverkehrsbehördliche Genehmigung gemäß § 6 Abs. 2 (Z 1) NÖ Grundverkehrsgesetz 2007 (NÖ GVG 2007) versagt. Diese Entscheidung wurde zusammenfassend damit begründet, dass der Versagungsgrund der letztgenannten Bestimmung vorliege, weil der Käuferin (erstmitbeteiligte Partei) keine "Landwirtinneneigenschaft" zukomme und die B reg.Gen.m.b.H. (kurz: B) rechtmäßig als Interessentin der gegenständlichen Grundstücke aufgetreten sei.

2 Dagegen erhob die erstmitbeteiligte Partei Beschwerde. 3 Mit dem vorliegenden angefochtenen Erkenntnis wurde der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG stattgegeben und der genannte Kaufvertrag grundverkehrsbehördlich genehmigt. Gleichzeitig wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.

4 In der Begründung gelangte das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass der genannte Versagungsgrund nicht vorliege, weil die Interessentenerklärung der B aus näher genannten Gründen nicht rechtswirksam gewesen sei.

5 Dagegen richtet sich die vorliegende, auf Art. 133 Abs. 8 B-VG iVm § 17 NÖ Landesverwaltungsgerichtsgesetz gestützte Revision der Landesregierung, verbunden mit dem Antrag, der Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

6 Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat bis zur Vorlage der Revision das Verwaltungsgericht und ab Vorlage der Revision der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers einer Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, soweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des Erkenntnisses für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

7 Bei einer Amtsrevision ist als "unverhältnismäßiger Nachteil für die revisionswerbende Partei" eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der von der Amtspartei zu vertretenden öffentlichen Interessen als Folge einer Umsetzung der angefochtenen Entscheidung in die Wirklichkeit zu verstehen. Insoweit treten diese öffentlichen Interessen im Falle einer Amtsrevision bei der vorzunehmenden Interessenabwägung an die Stelle jener Interessenlage, die sonst bei einem "privaten" Revisionswerber als Interesse an dem Aufschub des sofortigen Vollzugs der angefochtenen Entscheidung in die Abwägung einfließt. Im Übrigen ist es erforderlich, dass schon im Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jene Umstände konkret dargelegt werden, aus denen sich ein solcher "unverhältnismäßiger Nachteil" ergibt (vgl. den Beschluss eines verstärkten Senates vom 25. Februar 1981, VwSlg. 10.381 A/1981). Die diesbezüglichen Anforderungen an die Konkretisierungspflicht des Antragstellers sind streng (vgl. zum Ganzen die hg. Beschlüsse vom 20. September 2016, Zl. Ra 2016/11/0132 und vom 23. April 2015, Zl. Ra 2015/11/0027, mwN).

8 Im vorliegenden Fall wird der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung mit dem "zwingenden öffentlichen Grundverkehrsinteresse" begründet und dazu ausgeführt, dass die Wahrnehmung dieses Allgemeininteresses bei Umsetzung des genehmigten Kaufvertrages "mit nicht überwindbaren Schwierigkeiten" verbunden sei, wenn im Falle der Stattgabe der Revision die Genehmigung im fortgesetzten Verfahren versagt würde. Die Rückabwicklung des Kaufvertrages könnte in Folge des Erwerbs des Eigentums bzw. der Einräumung eines Pfandrechts durch Dritte "zu einem Ergebnis führen, welches einer dauernden wesentlichen Beeinträchtigung gleichkommt".

9 Dem ist der dritte Satz des § 25 NÖ GVG 2007 entgegen zu halten, wonach mit der Versagung der Genehmigung das Rechtsgeschäft rückwirkend unwirksam wird. Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage und angesichts ihres nicht näher präzisierten Vorbringens gelingt es der Revisionswerberin nicht, eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der von ihr zu vertretenden öffentlichen Interessen darzutun. Dies gilt auch für den Hinweis der Revision, dass die Käuferin die erworbenen Flächen zu "außerlandwirtschaftlichen, agrarfremden Zwecken" verwenden werde.

10 Soweit auf die Interessen der zwanzig bäuerlichen Interessenten, die bereits im Voraus gegenüber der B rechtsverbindliche Erklärungen (gemeint: betreffend den Erwerb der Grundstücke) abgebeben hätten, Bezug genommen wird, so handelt es sich dabei um die privaten Interessen Dritter und nicht um ein öffentliches Interesse. Gleiches gilt für den (bloßen) Verweis der Revision auf das öffentliche Grundverkehrsinteresse, welches (nach Ansicht der Revisionswerberin) die B wahrzunehmen habe (vgl. § 11 Abs. 6 NÖ GVG 2007 zur eigenen Parteistellung des Interessenten gemäß § 8 AVG).

11 Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher nicht stattzugeben.

Wien, am 24. März 2017

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