Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident MMag. Maislinger sowie die Hofräte Mag. Berger und Dr. Horvath als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des O O A E E, vertreten durch Dr. Michael Drexler, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hörlgasse 4/5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Juni 2022, I416 22504271/2E, betreffend Versagung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005, Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Nebenaussprüchen und eines Einreiseverbots (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1.1. Der im Jahr 1980 geborene Revisionswerber, ein ägyptischer Staatsangehöriger, stellte am 23. August 2021 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005.
1.2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Behörde) wies diesen Antrag mit Bescheid vom 15. November 2021 ab, erließ gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung, stellte die Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Ägypten fest, räumte ihm eine Frist von 14 Tagen für seine freiwillige Ausreise ein und erließ gegen ihn ein Einreiseverbot für die Dauer von fünf Jahren.
1.3. Der Revisionswerber erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde.
2.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers (mit einer Maßgabe betreffend die Rechtsgrundlagen für das Einreiseverbot) als unbegründet ab. Ferner sprach es aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
2.2. Das Bundesverwaltungsgericht stellte im Wesentlichen fest:
Der Revisionswerber sei erstmals im Jahr 1994 in Österreich eingereist und vorerst unrechtmäßig hier verblieben. Im Jahr 1997 sei er in Schubhaft genommen worden, wobei er eine falsche Identität angegeben habe. Unter einem sei gegen ihn ein Straferkenntnis wegen unrechtmäßigen Aufenthalts und ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen worden. In der Folge sei er jedoch wegen eines Hungerstreiks wieder aus der Schubhaft entlassen worden. Er sei daraufhin bis auf Weiteres illegal im Bundesgebiet verblieben und habe seinen Unterhalt durch Schwarzarbeit finanziert.
Im Jahr 1999 sei der Revisionswerber erneut in Schubhaft genommen worden. Unter einem sei gegen ihn ein Straferkenntnis wegen unrechtmäßigen Aufenthalts und wegen Verletzung der Meldepflicht erlassen worden. Im Mai 1999 sei er schließlich nach Ägypten abgeschoben worden.
Im September 2013 habe der Revisionswerber die Ehe mit der ungarischen Staatsangehörigen E G geschlossen. Ab November 2013 sei er in Österreich gemeldet gewesen. Im Jänner 2014 habe er unter Berufung auf die Ehe mit E G eine Aufenthaltskarte beantragt, die ihm im August 2015 mit Gültigkeit für fünf Jahre ausgestellt worden sei. Im Dezember 2018 habe er die Neuausstellung der Aufenthaltskarte wegen Verlusts beantragt. Daraufhin seien Ermittlungen wegen des Verdachts des Vorliegens einer Aufenthaltsehe eingeleitet worden.
Im Jahr 2020 sei die Ehe des Revisionswerbers mit E G im Einvernehmen geschieden worden. Die durchgeführten Ermittlungen (insbesondere ein polizeilicher Erhebungsbericht vom August 2020) hätten schließlich ergeben, dass es sich bei der Ehe tatsächlich um eine Aufenthaltsehe gehandelt habe, da ein gemeinsames Familienleben nie geführt worden sei. Im Hinblick darauf habe der Landeshauptmann von Wien im März 2021 das Verfahren betreffend die Ausstellung einer Aufenthaltskarte von Amts wegen wiederaufgenommen und die Anträge des Revisionswerbers vom Jänner 2014 und vom Dezember 2018 auf Ausstellung bzw. Neuausstellung einer Aufenthaltskarte abgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers habe das Verwaltungsgericht Wien im Juli 2021 mit der Maßgabe, dass die in Rede stehenden Anträge zurückgewiesen würden, als unbegründet abgewiesen.
Der Revisionswerber habe wie das Bundesverwaltungsgericht weiters feststellte in Ägypten zunächst elf Jahre lang die Schule besucht, anschließend ein Ingenieurassistenten Diplom mit Schwerpunkt Elektrik erlangt und sodann unter anderem in einer Fabrik sowie als Verkäufer gearbeitet. Er habe in seinem Herkunftsstaat nach wie vor Familienangehörige, insbesondere vier Geschwister mit deren Familien, sowie Freunde. Er pflege mit den Genannten auch regelmäßige Kontakte. Seine Eltern seien bereits verstorben, wobei er deren Haus gemeinsam mit den Geschwistern geerbt habe. Der Revisionswerber selbst habe keine Kinder und keine Sorgepflichten, er führe auch keine Beziehung. In Österreich habe er keine Familienangehörigen, wohl aber Freunde und Bekannte, mit denen er seine Freizeit verbringe. Er verfüge über Deutschkenntnisse und habe eine Sprachprüfung auf A1 Niveau abgelegt, andere Kurse bzw. Weiterbildungen habe er nicht absolviert. Er lebe in einer Mietwohnung in Wien. Aufgrund seiner langjährigen Beschäftigung sei er am österreichischen Arbeitsmarkt integriert.
In Ägypten bestehe keine reale Bedrohung für das Leben und die körperliche Unversehrtheit des Revisionswerbers. Er sei gesund und arbeitsfähig und auch aufgrund seines Alters in der Lage, seinen Lebensunterhalt im Herkunftsstaat zu bestreiten. Er habe sich dort zuletzt im Jahr 2018 aufgehalten.
Das Bundesverwaltungsgericht traf ferner eingehende Feststellungen zur allgemeinen Lage in Ägypten.
2.3. Rechtlich folgerte das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen:
2.3.1. Die Abwägung des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Revisionswerbers im Sinn des Art. 8 EMRK ergebe, dass die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 zur Aufrechterhaltung des Privatund Familienlebens des Revisionswerbers nicht geboten sei und auch die Erlassung einer Rückkehrentscheidung keinen unverhältnismäßigen Eingriff in seine nach Art. 8 EMRK geschützten Rechte darstelle.
Was das öffentliche Interesse betreffe, so bestehe dieses darin, dass das Migrationsrecht auch tatsächlich vollzogen werde, indem unrechtmäßig aufhältige Personen wie hier der Revisionswerber zur Ausreise verhalten würden. Vorliegend sei dabei insbesondere auch zu berücksichtigen, dass der Revisionswerber durch das Eingehen einer Aufenthaltsehe und das rechtsmissbräuchliche Berufen auf die Ehe gegenüber dem Landeshauptmann von Wien eine (erhebliche) Störung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens bewirkt habe. Zudem sei der Revisionswerber bereits während seines erstmaligen Aufenthalts trotz des gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbots in Österreich verblieben und habe sich hier langjährig unrechtmäßig aufgehalten sowie Schwarzarbeit verrichtet, was ebenso der öffentlichen Ordnung widerstrebe.
Zu den privaten und familiären Interessen des Revisionswerbers sei festzuhalten, dass sich dieser zwar (seit seiner letzten Einreise) bereits seit rund achteinhalb Jahren im Bundesgebiet aufhalte. Die lange Aufenthaltsdauer werde jedoch in ihrem Gewicht dadurch stark gemindert, dass sie auf das Eingehen einer Aufenthaltsehe zurückzuführen sei und der Aufenthalt infolge Wiederaufnahme des Verfahrens und rückwirkender Verneinung eines Aufenthaltsrechts letztlich unrechtmäßig gewesen sei. In Bezug auf die familiären Interessen ergebe sich, dass der Revisionswerber im Bundesgebiet über keine familiären Anknüpfungspunkte verfüge und folglich kein schützenswertes Familienleben aufweise. Was die privaten Interessen anbelange, so verfüge der Revisionswerber zwar über freundschaftliche Kontakte in Österreich, die aber aufgrund der fehlenden Intensität mit Blick auf Art. 8 EMRK nicht (besonders) zu berücksichtigen seien; zudem könnten die Kontakte in gelockerter Form auch von Ägypten aus aufrechterhalten werden. Die Sprachkenntnisse des Revisionswerbers auf A1Niveau und seine langjährige Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet würden ebenso keine maßgebliche Integration bewirken. Dabei sei zu berücksichtigen, dass insbesondere auch die berufliche Verfestigung letztlich auf das rechtsmissbräuchliche Eingehen einer Aufenthaltsehe zurückzuführen sei. Daran könne der Hinweis, dass der Revisionswerber durch seine Erwerbstätigkeit zum wirtschaftlichen Wohl Österreichs beigetragen habe, nichts ändern, da die Interessen des inländischen Arbeitsmarkts nicht von Art. 8 EMRK umfasst seien. Der Revisionswerber weise ferner noch Bindungen zu Ägypten auf, wo er sozialisiert worden sei, den überwiegenden Teil seines bisherigen Lebens verbracht habe und nach wie vor familiäre und private Anknüpfungspunkte habe.
Bei Abwägung der aufgezeigten Interessen im Sinn einer Gesamtbetrachtung überwiege im Ergebnis das öffentliche Interesse an der Durchsetzung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften die gegenläufigen privaten Interessen des Revisionswerbers. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 sei daher zur Aufrechterhaltung seines Privat und Familienlebens nicht geboten bzw. sei der damit verbundene Eingriff als verhältnismäßig anzusehen, weshalb auch ein Absehen von einer Rückkehrentscheidung nicht in Betracht komme.
2.3.2. Was die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung des Revisionswerbers nach Ägypten betreffe, so sei nicht dargelegt worden und auch nicht zu sehen, dass die dortige Situation eine Bedrohung im Sinn der Art. 2 und 3 EMRK bzw. der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention darstelle. Der Revisionswerber habe sein bisheriges Leben vorwiegend im Herkunftsstaat verbracht, beherrsche die Landessprache, verfüge über Schulbildung und Berufserfahrung und sei gesund und arbeitsfähig, sodass er dort allenfalls mit Hilfe seiner Familie in der Lage sein werde, für seinen Lebensunterhalt aufzukommen, ohne in eine existenzbedrohende Notlage zu geraten.
2.3.3. Für die freiwillige Ausreise sei mangels entgegenstehender besonderer Umstände eine Frist von 14 Tagen einzuräumen.
2.3.4. Ein Einreiseverbot sei zu erlassen, da das Eingehen einer Aufenthaltsehe zur Erlangung einer Aufenthalts und Arbeitsberechtigung jedenfalls ein die öffentliche Ordnung und Sicherheit auf dem Gebiet des Fremdenwesens gefährdendes bzw. beeinträchtigendes Fehlverhalten darstelle, das grundsätzlich auch strafgerichtlich geahndet werden könne (was hier aber wegen Verjährung nicht mehr möglich sei). In dem Zusammenhang sei zulasten des Revisionswerbers auch besonders hervorzuheben, dass dieser in Bezug auf das Eingehen einer Aufenthaltsehe nach wie vor nicht schuldeinsichtig sei und eine Aufenthaltsehe weiterhin beharrlich bestreite, obwohl das Verwaltungsgericht Wien in seinem Erkenntnis vom Juli 2021 rechtskräftig festgestellt und schlüssig sowie plausibel dargelegt habe, dass er die Ehe ohne jemals ein gemeinsames Familienleben führen zu wollen nur deshalb geschlossen habe, um einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu erschleichen. Darüber hinaus sei eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit auch dadurch indiziert, dass der Revisionswerber hinreichende Mittel für seinen Lebensunterhalt nicht nachzuweisen vermöge. Er habe aufgrund seines unrechtmäßigen Aufenthalts in der Vergangenheit über keine Arbeitsberechtigung verfügt, sei auch derzeit nicht rechtmäßig erwerbstätig und habe ebenso keinen Nachweis für künftige Unterhaltsmittel erbracht. Im Hinblick darauf sei jedoch die Gefahr einer Beschaffung der erforderlichen Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen (etwa durch Schwarzarbeit) bzw. der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft gegeben.
In einer Gesamtschau zeige sich daher im Rahmen der Gefährdungsprognose, dass das Persönlichkeitsbild und Verhalten des Revisionswerbers von einer weitreichenden Missachtung der österreichischen Rechtsordnung geprägt seien und auch in Hinkunft maßgebliche Rechtsverstöße zu erwarten seien. Im Hinblick darauf seiauch unter Bedachtnahme auf die bereits im Zuge der Rückkehrentscheidung angestellte Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK die Erlassung eines Einreiseverbots für die Dauer von fünf Jahren angezeigt.
3.1. Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend machende außerordentliche Revision, in deren Zulässigkeitsbegründung ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs bzw. das Fehlen einer solchen Rechtsprechung in den nachstehend näher erörterten Punkten behauptet wird.
3.2. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG wird jedoch nicht aufgezeigt.
4. Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird.
An den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a erster Satz VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).
5.1. Der Revisionswerber macht geltend, es sei ihm eine Aufenthaltsehe mit E G unrichtig unterstellt worden, da hierfür keine ausreichenden Beweise vorgelegen seien. Tatsächlich habe er mit E G zunächst in einer Wirtschafts und Geschlechtsgemeinschaft gelebt, wobei die Ehe in der Folge geschieden worden sei, weil er und E G sich auseinandergelebt hätten. Seinen diesbezüglichen von E G bestätigten Angaben sei aber nicht geglaubt worden.
5.2. Mit diesen Ausführungen wendet sich die Revision gegen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die zwischen dem Revisionswerber und E G geschlossene Ehe eine Aufenthaltsehe gewesen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof ist nach seiner ständigen Rechtsprechung als Rechtsinstanz jedoch zur Überprüfung der freien Beweiswürdigung der Verwaltungsgerichte im Allgemeinen nicht berufen (vgl. etwa VwGH 2.2.2023, Ra 2019/22/0235, Pkt. 5.2., mwN). Die Beweiswürdigung ist einer Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof nur insofern zugänglich, als es um die Beurteilung der Frage geht, ob die Beweisergebnisse in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt wurden und ob die angestellten Erwägungen schlüssig im Sinn ihrer Übereinstimmung mit den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut sind (vgl. etwa VwGH 29.5.2024, Ra 2023/22/0011, Pkt. 7.2., mwN). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG wäre nur dann gegeben, wenn das Verwaltungsgericht die diesbezügliche Würdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. etwa VwGH 24.8.2023, Ra 2020/22/0128, Pkt. 8.2., mwN).
5.3. Vorliegend hält die Beweiswürdigung einer Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof nach den soeben aufgezeigten Kriterien stand. Das Bundesverwaltungsgericht traf die Feststellungen zum Vorliegen einer Aufenthaltsehe auf Basis der in den Akten vorhandenen Beweisergebnisse (insbesondere des polizeilichen Erhebungsberichts vom August 2020 und des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts Wien vom Juli 2021 im Wiederaufnahmeverfahren betreffend die Ausstellung einer Aufenthaltskarte). Folglich setzte es sich mit den Beweisergebnissen auseinander und gelangte (wie schon das Verwaltungsgericht Wien) fallbezogen vertretbar zum Ergebnis, dass die Angaben der beiden in wesentlichen Punkten als unzuverlässig und unglaubwürdig zu erachten seien und daher letztlich vom Vorliegen einer Aufenthaltsehe auszugehen sei.
Vor diesem Hintergrund kann aber jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre. Derartiges wird auch im oben aufgezeigten Zulässigkeitsvorbringen nicht im Ansatz dargelegt.
6.1. Der Revisionswerber releviert weiters, er habe nach der Ausstellung einer Aufenthaltskarte seine Integration durch unverzügliche Arbeitsaufnahme begonnen. Er führe seitdem ein „unauffälliges Leben“, das vorwiegend von seiner Arbeit geprägt sei, wobei er seit Jahren Steuern zahle und zur Wirtschaftsleistung Österreichs beitrage. Mittlerweile sei er intensiv integriert und habe zuletzt auch die A2 Prüfung erfolgreich abgeschlossen.
6.2. Mit diesen Ausführungen wendet sich der Revisionswerber im Ergebnis gegen die vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommene Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK, wonach die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels zur Aufrechterhaltung seines Privatund Familienlebens nicht geboten sei und auch die Erlassung einer Rückkehrentscheidung keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die nach Art. 8 EMRK geschützten Rechte darstelle.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist jedoch die unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommeneInteressenabwägung nach Art. 8 EMRK im Allgemeinen, wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde, nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG (vgl. etwa VwGH 20.2.2025, Ra 2022/17/0155, Pkt. 6.2., mwN). Eine derartige Interessenabwägung ist vom Verwaltungsgerichtshof nur dann aufzugreifen, wenn das Verwaltungsgericht im konkreten Einzelfall die in der Rechtsprechung aufgestellten Leitlinien und Grundsätze nicht beachtet und damit seinen Anwendungsspielraum überschritten hat oder eine krasse und unvertretbare Fehlbeurteilung des Einzelfalls vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 16.12.2024, Ra 2022/17/0215, Pkt. 7.2., mwN).
6.3. Vorliegend stellte das Bundesverwaltungsgericht die fallbezogen maßgeblichen Umstände in verfahrensrechtlich einwandfreier Weise fest und bezog sie in seine in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK ein (vgl. im Einzelnen bereits oben Pkt. 2.3.1.). Es nahm dabei auch auf die im obigen Zulässigkeitsvorbringen geltend gemachten Umstände hinreichend Bedacht. Dass es bei seinen diesbezüglichen Erwägungen die in der Rechtsprechung aufgestellten Leitlinien und Grundsätze in unvertretbarer Weise außer Acht gelassen bzw. eine krasse und unvertretbare als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG aufzugreifende Fehlbeurteilung vorgenommen hätte, wird in der Revision nicht begründet dargetan und ist auch nicht zu sehen.
Entgegen dem Revisionsvorbringen hat das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auch die jahrelange Berufstätigkeit des Revisionswerbers in Österreich entsprechend berücksichtigt. Allerdings ist das Gewicht seiner diesbezüglichen Interessen dadurch gemindert, dass auch seine berufliche Integration letztlich auf das Eingehen einer Aufenthaltsehe zurückzuführen ist und seinen Interessen das als hoch zu veranschlagende öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens gegenübersteht (vgl. etwa VwGH 23.3.2010, 2008/18/0305, Pkt. 4.2.). Das Bundesverwaltungsgericht hat ferner auch auf die Deutschkenntnisse des Revisionswerbers ausreichend Bedacht genommen. Soweit erstmals in der Revision die erfolgreiche Ablegung der A2 Prüfung behauptet wird, liegt ein Verstoß gegen das Neuerungsverbot vor.
7.1. Der Revisionswerber macht ferner geltend, das Bundesverwaltungsgericht habe in seine Würdigung Sachverhalte einbezogen, die bereits vor Jahrzehnten stattgefunden hätten. Diese Vorwürfe seien aber nicht (mehr) relevant, da etwaige Straftaten längst verjährt bzw. getilgt seien und insbesondere auch das seinerzeit gegen ihn erlassene Aufenthaltsverbot längst abgelaufen sei.
7.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sind bei der hier erforderlichen Beurteilung der Gesamtpersönlichkeit des Fremden nicht nur die in jüngster Zeit vom Fremden begangenen Verstöße gegen die Rechtsordnung heranzuziehen, sondern auch länger zurückliegende Taten in die Erwägungen miteinzubeziehen (vgl. in dem Sinn bereits VwGH 15.6.1988, 87/01/0306). Wie der Verwaltungsgerichtshof ebenso schon ausgesprochen hat, istunabhängig von einer allfälligen Tilgung (vgl. etwa VwGH 6.10.2020, Ra 2019/19/0332, Rn. 46, mwN) die Berücksichtigung auch länger zurückliegender Verurteilungen bzw. des zugrunde liegenden strafbaren Verhaltens nicht zu beanstanden, da gemäß § 9 Abs. 2 Z 6 BFA VG die Frage der strafgerichtlichen Unbescholtenheit für die Beurteilung des Privat und Familienlebens heranzuziehen ist (vgl. etwa VwGH 31.1.2013, 2011/23/0517), ohne dass das Gesetz insofern für das zeitliche Zurückliegen (allfälliger Verurteilungen bzw. des zugrunde liegenden strafbaren Verhaltens) eine Grenze setzt. Dasselbe hat grundsätzlich auch für Verstöße gegen die öffentliche Ordnung insbesondere im Bereich des Asyl , Fremdenpolizei und Einwanderungsrechts im Sinn des § 9 Abs. 2 Z 7 BFA VG zu gelten.
7.3. Nach dem Vorgesagten begegnet daher entgegen dem oben aufgezeigten Zulässigkeitsvorbringen auch die Einbeziehung bereits länger zurückliegender Sachverhalte in die Beurteilung des Privat und Familienlebens des Revisionswerbers durch das Bundesverwaltungsgericht keinen Bedenken.
8.1. Der Revisionswerber führt schließlich aus, es fehle Rechtsprechung, ob bei Wiederaufnahme des Verfahrens und rückwirkender Verneinung eines Aufenthaltsrechts wegen Vorliegens einer Aufenthaltsehe die inzwischen erlangte Integration noch einen Stellenwert habe, mithin ob diese dennoch dazu führen könne, dass ein Aufenthaltstitel nach Art. 8 EMRK zu erteilen sei und folglich aufenthaltsbeendende Maßnahmen sowie ein Einreiseverbot ausgeschlossen seien.
8.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist der Missbrauch des Rechtsinstituts der Ehe durch Eingehen einer Aufenthaltsehe zur missbräuchlichen Erlangung eines Aufenthaltsrechts in Österreich fremdenrechtlich verpönt, weshalb in einem solchen Fall ein großes öffentliches Interesse an der Aufenthaltsbeendigung besteht (vgl. etwa VwGH 18.1.2024, Ra 2022/21/0012, Rn. 23). Wie der Verwaltungsgerichtshof ebenso in ständiger Judikatur vertritt, ist daher das Gewicht der privaten und beruflichen Interessen eines Fremden aufgrund seines bisherigen Aufenthalts und seiner Berufstätigkeit grundsätzlich als gemindert anzusehen, wenn sich diese auf das Eingehen einer Aufenthaltsehe gründen (vgl. etwa VwGH 22.2.2011, 2011/18/0004, Pkt. II.2.; 15.12.2009, 2009/18/0462, Pkt. II.3.2.; je mwN).
8.3. Nach dem Vorgesagten ist somit auch im Fall der Wiederaufnahme des Verfahrens und der rückwirkenden Versagung des Aufenthaltsrechts wegen Vorliegens einer Aufenthaltsehe grundsätzlich der mittlerweile erlangten Integration ein gewisser Stellenwert nicht ohne Weiteres abzusprechen, allerdings ist dieser regelmäßig als gemindert zu erachten. Ob in einer solchen Konstellation dennoch ein Anspruch auf einen Aufenthaltstitel nach Art. 8 EMRK bestehen könnte, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Im hier zu beurteilenden Fall ist das Bundesverwaltungsgericht wie schon eingehend erörtert wurde (vgl. insbesondere oben Pkt. 6.3.) jedenfalls nicht unvertretbar zum Ergebnis gelangt, dass ein solcher Anspruch nicht bestehe und eine Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot zu erlassen sei.
9. Insgesamt werden daher in der maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war deshalb ohne weiteres Verfahren gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 5. Juni 2025