Ra 2017/21/0234 4 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz
Grundsätzlich hat das VwG im Beschwerdeverfahren bei Erlassung seines Erkenntnisses von der im Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszugehen (vgl. VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076, VwSlg. 18.953 A/2014). § 52 Abs. 8 zweiter Satz FrPolG 2005 sieht dies ausdrücklich "auch" für den Fall einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung vor, wenn sich der Drittstaatsangehörige zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält; auch dann ist nämlich § 28 Abs. 2 VwGVG 2014 anzuwenden, was nur im Sinn der Maßgeblichkeit der Sach- und Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt verstanden werden kann. Die Sinnhaftigkeit dieser Regelung erschließt sich mit Blick auf § 21 Abs. 5 BFA-VG 2014: Dort wird für Fälle, in denen sich der Fremde zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält, eine verfahrensrechtliche Ausnahme konstituiert. Nicht die Sach- und Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt des VwG soll maßgeblich sein, sondern jene, die bei Bescheiderlassung seitens des BFA vorlag; die Prüfungskompetenz des VwG wird also auf eine vergangenheitsbezogene Rechtmäßigkeitskontrolle beschränkt. Telos dieser dem Wortlaut nach alle aufenthaltsbeendenden Maßnahmen erfassenden Anordnung ist es, dem Fremden die Möglichkeit zu nehmen, diese Maßnahmen (bzw. die daran anknüpfenden Wirkungen) letztlich dadurch zu konterkarieren, dass er durch ein bloßes Verlassen des Bundesgebietes die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen ihrer Erlassung beseitigt (vgl. ErläutRV zur ersten Vorgängerregelung, zu § 57 FrPolG 2005, 952 BlgNR 22. GP 99; VwGH 28.2.2013, 2012/21/0127). Im Zusammenhang mit der ersatzlosen Behebung einer Rückkehrentscheidung bedarf es einer dieses Ergebnis sicherstellenden verfahrensrechtlichen Sonderregelung aber nicht. Dieses Ergebnis wird ohnehin durch den Rückkehrentscheidungstatbestand nach § 52 Abs. 1 Z 2 FrPolG 2005 erreicht, dessen Schaffung auch ausdrücklich diesem Zweck diente. Von daher verbietet sich schon aus verfassungsrechtlichen Gründen (Art. 136 Abs. 2 B-VG) eine Erstreckung der Anordnung des § 21 Abs. 5 BFA-VG 2014 auf Entscheidungen über Beschwerden gegen eine Rückkehrentscheidung (jedenfalls nach § 52 Abs. 1 FrPolG 2005). Die genannte Vorschrift ist daher trotz ihres demnach überschießenden Wortlauts, indem sie alle aufenthaltsbeendenden Maßnahmen erfasst, eingeschränkt zu verstehen, was dann auch durch die Anordnung des § 52 Abs. 8 zweiter Satz FrPolG 2005 zum Ausdruck gebracht wird. In diesem Sinne bleibt es also trotz § 21 Abs. 5 BFA-VG 2014 in einem Fall wie dem vorliegenden dabei, dass das VwG entsprechend allgemeinen Grundsätzen "in der Sache selbst", auf Grundlage der im Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Sach- und Rechtslage, über die gegen die Rückkehrentscheidung erhobene Beschwerde zu erkennen hat.