JudikaturBVwG

W123 2216776-5 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
12. September 2025

Spruch

W123 2216776-5/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Michael ETLINGER über die Beschwerde des XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX StA. Bangladesch, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.10.2024, Zl. 1087594204-241423831, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet 15.09.2015 den ersten Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, dass er ein Anhänger der BNP gewesen sei und daher Bangladesch habe verlassen müssen. Die Mitglieder dieser Partei würden von der Regierung unter Druck gesetzt. Er werde dort getötet.

Dieser Antrag wurde mit unangefochten in Rechtskraft erwachsenem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: belangte Behörde) vom 12.02.2018 abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer erlassen, weil sein Vorbringen als nicht glaubhaft qualifiziert wurde.

2. Der Beschwerdeführer reiste in die Bundesrepublik Deutschland aus und stellte dort am 25.03.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 19.04.2021 als unzulässig abgelehnt, die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Österreich angeordnet sowie gegen ihn ein auf die Dauer von 12 Monaten befristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen wurde.

3. Der Beschwerdeführer wurde am 29.06.2021 nach den Bestimmungen der Dublin-VO nach Österreich überstellt und ein neues Asylverfahren aufgrund seines in Deutschland gestellten Antrags vom 25.03.2021 eingeleitet, der mit Bescheid der belangten Behörde vom 22.09.2021 wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen sowie eine Rückkehrentscheidung verbunden mit einem 3-jährigen Einreiseverbot gegen den Beschwerdeführer erlassen wurde.

Am 02.11.2021 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde, der mit Bescheid der belangten Behörde vom 04.01.2022 abgewiesen wurde.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.02.2021, W186 2216776-2/3E wurden die gegen diese Entscheidungen erhobenen Beschwerden betreffend den Antrag auf internationalen Schutz als verspätet zurück- und hinsichtlich des Wiedereinsetzungsantrags als unbegründet abgewiesen.

4. Am 22.06.2021 wurde der Beschwerdeführer anlässlich einer Personenkontrolle durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufgegriffen und aufgrund eines Festnahmeauftrags in ein Polizeianhaltezentrum überstellt. Im Zuge der daraufhin erfolgten Einvernahme zur Prüfung des Sicherungsbedarfs stellte der Beschwerdeführer einen weiteren Folgeantrag auf internationalen Schutz und gab bei der Erstbefragung am selben Tag vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu den Gründen für die neuerliche Stellung eines Asylantrags an, dass er im Heimatland „nichts“ habe; er habe dort weder eine Adresse, noch sonst irgendwas. Bei einer Rückkehr in seine Heimat befürchte er, dass er auf der Straße leben müsse, weil er dort nichts habe.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 16.12.2023 wurde dieser Antrag abgewiesen, eine Rückkehrentscheidung samt Nebenaussprüchen erlassen sowie einer gegen diese Entscheidung gerichteten Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 31.01.2024, W205 2216776-4/2E, als unbegründet ab, weil unter Berücksichtigung der Versorgungslage in Bangladesch nicht angenommen werden konnte, dass der junge, gesunde und arbeitsfähige Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seine Heimat in existentielle Notlage geraten könne. Konkrete Hinweise für das Bestehen außergewöhnlicher Umstände in Bezug auf seine Person oder eine landesweite allgemeine extreme Gefährdungslage waren nicht ersichtlich.

5. Am 19.09.2024 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz und gab im Zuge seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes begründend an, dass sein Asylverfahren abgeschlossen sei, weshalb man ihm gesagt habe, dass er Österreich verlassen solle. Da seine alten Fluchtgründe in Bangladesch nach wie vor bestünden, könne er nicht zurück. Die politische Lage habe sich in Bangladesch äußerst verschlechtert. Er werde von allen Parteien in Bangladesch verfolgt.

6. Am 27.09.2024 fand die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde statt. Die Niederschrift lautet auszugsweise:

„[…]

LA: Haben Sie in Ihrem Vorverfahren alle Ihre Fluchtgründe angegeben?

VP: Ja.

LA: Sind Ihre Fluchtgründe aus dem Vorverfahren noch aufrecht?

VP: Ja.

LA: Wissen Sie, welche Gründe Sie im früheren Verfahren angegeben haben, was Sie dazu veranlasste das Heimatland zu verlassen?

VP: Natürlich, politische Probleme, außerdem wissen sie ja, wie die Lage in Bangladesch ist. Nachgefragt habe ich keine wirtschaftlichen Gründe gehabt, sondern politische Gründe.

LA: Sie haben bereits am 22.06.2023, unter der Zahl 1315574806/222206545, einen Asylantrag gestellt, der rechtskräftig am 02.02.2024 in II. Instanz abgewiesen wurde. Warum stellen Sie neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz?

VP: Weil ich nicht zurück nach Bangladesch kann, ich habe dort große Probleme. Nachgefragt bestehen die alten Fluchtgründe nach wie vor aber derzeit ist die Lage in Bangladesch politisch sehr schlecht.

LA: Sind das alle Ihre Gründe, warum Sie jetzt einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz stellen?

VP: Ja.

LA: Haben Sie sonstige neue Gründe?

VP: Ja, einen neuen Grund gibt es, ich lebe seit so vielen Jahren in Österreich, dass ich von hier nicht gehen möchte. Ich fühle mich hier gebunden und möchte nicht mehr zurück.

LA: Sind das Ihre Fluchtgründe, welche Sie bereits in Ihrem Vorverfahren genannt haben?

VP: Ja.

LA: Über diesen Fluchtgrund wurde aber rechtskräftig in II. Instanz entschieden. Was sagen Sie dazu?

VP: Ich bitte sie um meinen Aufenthalt hier zu genehmigen, damit ich hier arbeiten und leben kann.

LA: Was befürchten Sie im Falle einer Rückkehr in Ihr Heimatland?

VP: Wenn ich nach Bangladesch zurückkehre, werden mich viele Probleme erwarten. Ich hatte einen Bruder, er wurde gefoltert. Nachgefragt war das im Jahr 2022. Nachgefragt habe ich kein Kontakt zu meinem Bruder, weil er kein Mobiltelefon besitzt.

LA: Sie haben vorhin erwähnt, dass Sie nur Ihre Mutter in Bangladesch haben, was sagen Sie dazu?

VP: Ja, das habe ich beim Vorverfahren erwähnt. Er ist körperlich behindert, und sowie als wäre nicht am Leben. Er hat viele Verletzungen.

[…]“

7. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid der belangten Behörde wurde der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkte I. und II.) und dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.).

8. Mit Schriftsatz vom 25.11.2024 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde in vollem Umfang und brachte in dieser im Wesentlichen vor, dass der Beschwerdeführer in seinem Heimatland eine asylrelevante Verfolgung fürchte, weil sich die politische Situation aktuell verändert habe und es zu gegen Familienangehörigen gerichteten Verfolgungshandlungen gekommen sei.

9. Am 27.05.2025 reiste der Beschwerdeführer im Wege der unterstützten freiwilligen Rückkehr nach Bangladesch aus.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Bangladesch, gehört der Volksgruppe der Bengalen an und ist sunnitischer Moslem. Seine Muttersprache ist Bengali; außerdem hat er Kenntnisse der Sprachen Hindi sowie Türkisch und verfügt über beginnende Deutschkenntnisse. Er stammt aus der Stadt Dhaka, besuchte 7 bis 8 Jahre eine Koranschule und arbeitete unter anderem als Schweißer, als Küchenhilfe und als Zeitungszusteller.

Der Beschwerdeführer steht über das Telefon eines Freundes in Bangladesch mit seiner Mutter in telefonischem Kontakt.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Er ist ledig und hat keine Kinder.

1.2. Sein erster Antrag auf internationaler Schutz vom 17.09.2015 wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 12.02.2018, rechtskräftig seit 16.03.2018, abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer erlassen, weil die von ihm geltend gemachte politische Verfolgung als Anhänger der BNP durch die damalige Regierung als nicht glaubhaft qualifiziert wurde.

Der Beschwerdeführer stellte in der Bundesrepublik Deutschland am 25.03.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz, dessen Behandlung von den deutschen Behörden abgelehnt sowie infolge seiner Überstellung nach Österreich und Einleitung eines neuen Asylverfahrens mit rechtskräftigem Bescheid der belangten Behörde vom 22.09.2021 wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen und eine Rückkehrentscheidung verbunden mit einem 3-jährigen Einreiseverbot gegen den Beschwerdeführer erlassen wurde.

Sein weiterer Folgeantrag auf internationalen Schutz vom 22.06.2021 aufgrund wirtschaftlicher Gründe wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 16.12.2023 abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung samt Nebenaussprüchen erlassen. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit rechtskräftigem Erkenntnis vom 31.01.2024 als unbegründet ab, weil nicht angenommen werden konnte, dass der junge, gesunde und arbeitsfähige Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seine Heimat in existentielle Notlage geraten könne.

Seit dem rechtskräftigen Abschluss der vorhergehenden Asylverfahren mit Bescheid der belangten Behörde vom 12.02.2018, 1087594204-151353036, sowie mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.01.2024, W205 2216776-4/2E, sind keine maßgeblichen Änderungen des Sachverhaltes oder der anzuwendenden Rechtsvorschriften eingetreten.

1.3. Zum Herkunftsstaat (Auszug der Staatendokumentation):

Länderspezifische Anmerkungen

Letzte Änderung 2024-08-16 15:30

Hinweis:

Im Zuge der Flucht der Premierministerin und des Regierungsumsturzes wurde das Kapitel "Politische Lage" aktualisiert. Der damit verbundene vollständige politische Systemwechsel ist in der Heranziehung der übrigen Kapitel zu berücksichtigen. Auswirkungen - u.a. auf Sicherheitslage, Menschenrechte, Opposition und Wirtschaft - sind derzeit nicht abschätzbar. Besonders zu berücksichtigen ist dabei die Lage der religiösen Minderheiten und der Mitglieder der bisherigen Regierungspartei Awami League (AL).

Aufgrund der geänderten Lage können entsprechende Anfragen an die Staatendokumentation gestellt werden, welche i.d.R. mit Anfragebeantwortungen erledigt werden.

Politische Lage

Letzte Änderung 2024-08-16 15:33

Allgemein

Nach einem neunmonatigen Befreiungskrieg erklärte die Volksrepublik Bangladesch am 26.03.1971, unterstützt durch Indien, ihre Unabhängigkeit von Pakistan. Die erste Verfassung trat 1972 in Kraft und setzte neben der demokratischen Staatsform auch Säkularismus, Sozialismus und [bengalischen, Anm.] Nationalismus als Ziele fest (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. BS 19.3.2024). Offiziell ist das Staatsoberhaupt der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird. Er übt allerdings großteils zeremonielle Funktionen aus (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. FH 2024). Die Macht liegt in den Händen des Premierministers, welcher von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt wird (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. AA 30.8.2023; BS 19.3.2024). Zudem untersteht das Militär, welches zwar für die äußere Sicherheit zuständig ist, aber auch für interne Sicherheitsanforderungen eingesetzt werden kann, dem Premierminister, der [bisher] gleichzeitig Verteidigungsminister ist (AA 30.8.2023).

Das nationale Parlament (Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer, die sich aus 350 Mitgliedern zusammensetzt, von denen 300 in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählt werden. Die verbleibenden 50 Sitze sind für Frauen reserviert, die von den vorgenannten Abgeordneten gewählt werden (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. DFAT 30.11.2022). Direkte Wahlen zum Einkammerparlament, an denen alle Bürger ab dem 18. Lebensjahr teilnehmen können, finden in der Regel alle fünf Jahre statt (AA 30.8.2023).

Bangladesch hat ein Mehrparteiensystem (FH 2024). Die Anwendung des reinen Mehrheitswahlrechts hat allerdings die Herausbildung zweier dominierender und konkurrierender Parteien, der "Bangladesh Nationalist Party" (BNP) und der "Awami League" (AL), begünstigt (AA 30.8.2023; vgl. ÖB New Delhi 11.2022). Offiziell war Bangladesch damit 1991 nach Militärherrschaften zu einem parlamentarischen System zurückgekehrt, doch persönliches Charisma und verfassungsrechtliche Bestimmungen führten zur Konzentration der Macht in den Händen der jeweiligen Premierministerinnen, Khaleda Zia (BNP, 1991-1996, 2001) oder Sheikh Hasina (AL, 1996-2001, 2008 bis 2024) (BS 19.3.2024; vgl. ÖB New Delhi 11.2022, FH 2024). Persönliche Animositäten zwischen diesen beiden Machthaberinnen, Machtkämpfe um jeden Preis und ein Vertrauensdefizit zwischen den Parteien mündeten in einer schädlichen politischen Kultur (BS 19.3.2024; vgl. DFAT 30.11.2022; FH 2024), während die demokratischen Institutionen entweder nicht vorhanden oder stark geschwächt blieben (BS 19.3.2024).

Während die BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der „Bangladesh Jamaat-e-Islami“ hat, bekam die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei (LDP) und der national-sozialen Partei „Jatiyo Samajtantrik Dal“ (JSD) (ÖB New Delhi 11.2022). Allgemein wird die BNP eher der konservativ-religiösen Seite zugeschrieben, hingegen die AL eher als links und säkular (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. DFAT 30.11.2022). Stark hierarchische Führungsstrukturen, in denen familiäre Bindungen, persönliche Loyalitäten und geschäftliche Verbindungen von großer Bedeutung sind, prägen alle Parteien (AA 30.8.2023; vgl. FH 2024). Wie in der Region üblich, geht es bei politischen Parteien weniger um Ideologie, als um einzelne Persönlichkeiten und deren Netzwerke, die im Falle eines Wahlsieges auch finanziell profitieren, indem sie mit wichtigen Staatsposten versorgt werden (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. DFAT 30.11.2022).

Auch lokale Regierungen können ob ihrer Kompetenzen in kommunaler Entwicklung, Sozialfürsorge sowie Recht und Ordnung das tägliche Leben der Bürger erheblich beeinflussen. Da die bangladeschische Politik in hohem Maße auf Klientelismus beruht, ist Loyalität, vor allem gegenüber der Regierung, sehr wichtig. Oft sind persönliche Ergebenheiten zu lokalen Politikern entscheidend, um Zugang zu grundlegenden Gütern und Dienstleistungen (z.B. in Bezug auf Grund und Boden, Sozialhilfe, Arbeitsplätze) zu erhalten (DFAT 30.11.2022). Ebenso sind Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung parteipolitisch durchdrungen (AA 30.8.2023).

Das Militär und Großunternehmen nutzen ihren erheblichen politischen Einfluss, um ihre jeweiligen Interessen zu schützen (BS 19.3.2024). Durch Gewährung von weitreichenden wirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten und Beförderungen konnte Sheikh Hasina das Militär für sich gewinnen. Zunehmend machte die Regierung auch erhebliche Zugeständnisse an den weiter erstarkenden konservativen Islam, auch, weil sich das entstandene Vakuum auf Oppositionsseite als Nährboden für islamistischen Terrorismus erweist (AA 30.8.2023; vgl. BS 19.3.2024).

Aus der Auseinandersetzung mit der BNP ist die AL als klarer Sieger hervorgegangen. Sie führte seit 2009 - mit Wiederwahlen 2014 und 2018 - die im Übrigen aus sehr kleinen Parteien bestehende Regierungskoalition an (AA 30.8.2023; vgl. ÖB New Delhi 11.2022). Die Parlamentswahlen vom 30.12.2018 brachten einen überwältigenden Sieg für die von der AL geführte Regierungskoalition (ÖB New Delhi 11.2022). Sie erhielt 96 Prozent der Stimmen und gewann 288 der 298 zur Wahl stehenden Parlamentssitze (Guardian 31.12.2018; vgl. BS 23.2.2022; Dhaka Tribune 31.12.2018; ÖB New Delhi 11.2022). Lokale wie internationale Medien berichteten allerdings über massive Wahlmanipulationen durch AL-Kader (BS 23.2.2022). Während des Wahlkampfes gab es viele glaubwürdige Berichte über Schikanen, Einschüchterungen, willkürliche Verhaftungen und Gewalt, die es Oppositionskandidaten und ihren Anhängern erschwerten, sich zu treffen, Kundgebungen abzuhalten oder ungehindert Wahlkampf zu betreiben (USDOS 20.3.2023; vgl. FH 10.3.2023; FH 2024; BS 19.3.2024). Laut einer Einschätzung von westlichen Diplomaten kam es zu massiven Manipulationen in einem bisher nie da gewesenen Ausmaß (ÖB New Delhi 11.2022). Auch die Bertelsmann-Stiftung spricht von der am stärksten manipulierten Wahl der Landesgeschichte. Aufgrund dieser gravierenden Defizite könne die Regierung demnach auch nicht als demokratisch gewählt bezeichnet werden (BS 23.2.2022; vgl. BS 19.3.2024).

Regierung, Parlament, Verwaltung und weitere Institutionen waren seitdem fest in der Hand der AL, die mit einer verfassungsändernden Dreiviertelmehrheit regierte. Zudem wurden Zivilgesellschaft, die Judikative und Medien immer weiter gleichgeschaltet (AA 30.8.2023). Die Schwächen der staatlichen Institutionen schränkten eine Kontrolle der Entscheidungen der AL ein. Der geringe Anteil an Oppositionellen im Parlament reduzierte auch die Kontrollmöglichkeiten der Opposition in Hinblick auf Regierungspolitik, den Haushalt und die Gesetzesinitiativen signifikant (FH 2024; vgl. AA 30.8.2023).

Im Vergleich zu 2018 hatte die Regierung zuletzt die Restriktionen bei Demonstrationen wieder gelockert, die BNP konnte 2023 zu Beginn einige große Protestmärsche abhalten. Mit der Ankündigung eines Wahlboykotts und der Abhaltung von Streiks und Blockaden als Protest gegen den Wahlprozess wurde dieser Raum wieder signifikant beschränkt. Allein zwischen Oktober und Dezember 2023 sollen 20.000 Oppositionsmitglieder verhaftet worden sein (FH 2024).

Der AL-Regierung gelang es, ihren autoritären Kurs durch das Wirtschaftswachstum und den Ausbau der Infrastruktur der letzten Jahre zu legitimieren (BS 19.3.2024; vgl. Zeit Online 6.8.2024). Das Land hat in den letzten Jahren beachtliche Erfolge in Wirtschaft und Entwicklung erreicht, von denen auch die ärmeren Bevölkerungsschichten profitierten (AA 30.8.2023). Sheikh Hasina wird die Modernisierung des Landes zugeschrieben. Für die Bevölkerung galt sie lange als ein Garant für Stabilität und Bollwerk gegen Islamisten (Zeit Online 6.8.2024). Zuletzt war, auch bedingt durch die Covid-19-Pandemie und die gestiegene Inflation, die Armut jedoch wieder angestiegen (AA 30.8.2023).

Wahl 2024 und Sturz der AL-Regierung

Tatsächlich boykottierten die großen Oppositionsparteien die Parlamentswahl im Jänner 2024 auch wie angekündigt und Sheikh Hasina gelang es, sich für eine vierte Amtszeit die Funktion der Premierministerin zu sichern (vgl. ABC News 3.8.2024, Zeit Online 6.8.2024).

Im Juli 2024 brachen allerdings Massenproteste und Unruhen aus. Ihren Ursprung nahmen sie in Studentenprotesten gegen eine Quotenregelung für die Vergabe von Posten im öffentlichen Dienst, die nach Ansicht der Demonstranten Unterstützer von Sheikh Hasina bevorzugte (Zeit Online 8.8.2024). Die Regelung hätte eine 30-prozentige Quote bei Anstellungen im öffentlichen Dienst für Nachkommen von Veteranen des Unabhängigkeitskrieges vorgesehen (ABC News 3.8.2024).

Gerade aber durch das brutale Vorgehen gegen die Proteste entwickelten sich diese erst in eine breite Bewegung für den Rücktritt der Regierungschefin (BBC 12.8.2024; vgl. Zeit Online 8.8.2024, ABC News 3.8.2024). Nachdem bei Straßenschlachten zwischen Demonstranten, Sicherheitskräften und dem Studenten-Flügel der regierenden AL verschiedenen Schätzungen zufolge mindestens 300 Menschen ums Leben kamen, darunter Studenten und Polizisten, aber auch Unbeteiligte und Kinder, schlossen sich immer mehr Bevölkerungsgruppen an (Zeit Online 6.8.2024; vgl. ABC News 3.8.2024). Bereits Ende Juli wurde von mehr als 4.000 Verhafteten berichtet (BBC 26.7.2024). Einige Medien sprachen von 11.000 Verhafteten (ABC News 3.8.2024). Schlussendlich floh die Premierministerin am 6. August nach der Stürmung ihrer Residenz durch Demonstranten nach Indien. Zuletzt hatten auch Aussagen pensionierter Militärs in den Medien darauf hingedeutet, dass die Unterstützung des Militärs im Angesicht der Gewalt gegen Demonstranten bröckelte. So ist jenes nun auch bestrebt, sich aufseiten des Volkes zu präsentieren (Zeit Online 6.8.2024).

Mit dem Rückhalt des Militärs wurde der Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus nach seiner Rückkehr aus seinem Exil in Frankreich als Übergangsregierungschef vereidigt. Damit wurde eine Forderung der Protestierenden angenommen. Yunus soll die Regierungsgeschäfte bis zu Neuwahlen führen, deren Abhaltung er innerhalb weniger Monate ankündigte. Dem Wirtschaftswissenschaftler wurde 2006 der Friedensnobelpreis verliehen, aufgrund seiner Entwicklung eines Systems der Vergabe von Mikrokrediten in den 1980er Jahren (Zeit Online 8.8.2024). Dessen ungeachtet war der harte Kritiker der vorigen Regierung zu einem halben Jahr Haft verurteilt worden, seiner Aussage nach, aufgrund politisch fingierter Gründe (BBC 12.8.2024).

Das Chaos im Land und die Sicherheitslage sind damit noch nicht beruhigt. Als Reaktion auf den Umsturz streikte die Polizei und die zuvor demonstrierenden Studenten übernahmen Aufgaben wie die Regulierung des Straßenverkehrs (BBC 12.8.2024). Der Oberste Richter Bangladeschs und weitere Richter des Supreme Courts traten hingegen auf Druck der Anführer der Studentenproteste zurück (AP 12.8.2024).

Im Zuge der Proteste wurden, besonders nach dem Umsturz, Hindus sowie deren Tempel, Geschäfte und Häuser von Mobs angegriffen (ToI 9.8.2024; vgl. DW 10.8.2024, India Today 12.8.2024). Hindus gelten mehrheitlich als Unterstützer der Regierung, die den Säkularismus betonte. Allerdings mobilisierten sich Vertreter der bangladeschischen Zivilgesellschaft um die hinduistischen Minderheit zu schützen (DW 10.8.2024; BuS 11.8.2024). Medien berichten ebenso von Übergriffen auf Einrichtungen und lokale Führungspersonen der AL (BuS 11.8.2024).

Die Sorge vor einem Erstarken islamistischer Organisationen besteht nicht nur im Nachbarland Indien und unter den religiösen Minderheiten (India Today 12.8.2024) - so ist die islamistische Oppositionspartei Jamaat-e-Islami für breite Angriffe auf die hinduistische und christliche Minderheit mit um die Hundert Toten in den 2010er Jahren verantwortlich (USGPO 30.4.2015; vgl. SADF 2.3.2017, AI 6.3.2013), sondern auch in der bangladeschischen Bevölkerung selbst (Zeit Online 6.8.2024). Die Nominierung von Yunus wird dabei als positives Zeichen gewertet (DW 10.8.2024; vgl. ToI 9.8.2024).

Sicherheitslage

Letzte Änderung 2023-06-14 16:54

Sicherheitsbedrohungen umfassen politisch motivierte Gewalt, unter anderem zwischen rivalisierenden politischen Gruppen, besonders vor Wahlen, Terroranschläge islamistischer Extremistengruppen, kriminelle Gewalt und vereinzelte Konflikte über Landbesitz in den Chittagong Hill Tracts (CHT) zwischen indigenen Gruppen und bengalischen Siedlern (DFAT 30.11.2022).

In verschiedenen Landesteilen Bangladeschs operieren Guerilla - sowie weitere, einheimische militante Gruppen(Crisis 24 15.4.2022). Eine erhöhte Terrorgefahr besteht zudem aufgrund des wachsenden islamistischen Radikalismus und der Präsenz trans-nationaler militanter Terrorgruppen (Crisis 24 15.4.2022; vgl. AA 2.3.2023, EDA 8.2.2023). Es gab sporadische Anschläge gegen Sicherheitskräfte und religiöse Minderheiten. So verzeichneten Dhaka, Khulna, Chittagong und Sylhet einige gegen Sicherheitskräfte gerichtete Bombenanschläge. Der Islamischen Staat (IS) bzw. Daesh hat seit 2015 einige terroristische Akte im Land für sich reklamiert. Neben dem IS agieren auch Gruppen, welche der "Al-Qaida auf dem indischen Subkontinent" (AQIS) nahestehen und ebenfalls verschiedene Angriffe für sich beanspruchen (FCDO 16.5.2023) wie z.B. der bengalische Zweig der Gruppe Harkat-ul-Jihad al-Islami (CIA 14.4.2023). Letztere ging wie weitere militante islamistische Gruppen 2019 in der Organisation Jamaat Ul-Ansar-Fil-Hind-Al-Sharqiya (JAFAR) auf (DIP 12.10.2022).

Den Höhepunkt des Terrors stellte im Juli 2016 ein Angriff auf eine Bäckerei in Dhaka dar, bei welchem 20 Geiseln und zwei Polizisten getötet wurden (DFAT 30.11.2022; vgl. AIIA 6.3.2023, FCDO 16.5.2023). 2017 kam es auch zu mehreren Selbstmordattentaten (BMEIA 9.3.2023; vgl. AA 2.3.2023). Die Behörden haben auf solche Angriffe stets mit harter Hand reagiert, u.a. durch Verbote militanter Gruppen oder Verhaftungen von Hunderten Kämpfern (DFAT 30.11.2022). Der Anti-Terrorism Act von 2009 stellt jegliche terroristische Aktivität unter Todesstrafe (AA 23.8.2022).

Durch das harte Durchgreifen der Sicherheitskräfte gab es seitdem keine Anschläge im Ausmaß des Angriffes auf die Holey Bakery mehr. Während ein (Gewalt-)Risiko im gesamten Land weiterhin besteht, ist die Zahl der Terroranschläge in den letzten Jahren zurückgegangen (DFAT 30.11.2022; vgl. AA 23.8.2022). Die Sicherheitslage hat sich inzwischen stabilisiert (AA 23.8.2022). Die Behörden befinden sich dennoch in höchster Alarmbereitschaft. Kurzfristig kann die Präsenz der Sicherheitskräfte erhöht und die Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden (FCDO 16.5.2023). Es finden auch immer wieder Razzien durch die Spezialeinheiten der Polizei statt (AA 2.3.2023). Das South Asia Terrorism Portal (SATP) verzeichnet für 2023 (Stand: 25.4.2023) 80 Vorfälle im Zusammenhang mit islamistischen Terrorismus, bei welchen 36 Personen, darunter 29 Zivilisten und ein Mitglied der Sicherheitskräfte, starben. Im gesamten Jahr 2022 waren es 64 Fälle mit 22 Toten, davon 19 Zivilisten (SATP 25.4.2023).

In jüngster Zeit haben sich die meisten terroristischen Aktivitäten in die Grenzgebiete der CHT, welche JAFAR als Rückzugsort dienen, verlagert. Gemäß des Australian Institute of International Affairs (AIIA) stellt die Gruppe im Jahr 2023 eine der größten terroristischen Bedrohungen für Bangladesch dar (AIIA 6.3.2023).

Weiters bestehen Sicherheitsbedrohungen vor allem in politisch motivierter Gewalt, einschließlich gewaltsamer Zusammenstöße rivalisierender Gruppen, insbesondere im Vorfeld von Wahlen (DFAT 30.11.2022). Es kommt häufig zu Morden und gewalttätigen Auseinandersetzungen aufgrund politischer (auch innerparteilicher) Rivalitäten, wobei eine Aufklärung selten erfolgt (AA 23.8.2022). Animositäten zwischen den beiden Großparteien - "Awami League" (AL) und "Bangladesh Nationalist Party" (BNP), deren Vorsitzenden Sheik Hasina bzw. Khaleda Zia sowie zwischen Kadern der unteren Ebenen hat zu anhaltender politischer Gewalt geführt (FH 10.3.2023; vgl. DFAT 30.11.2022). Beide Großparteien verfügen über eigene, ihnen nahestehende "Studentenorganisationen": Die Bangladesh Chattra League (BCL) sowie die (Bangladesh Awami) Jubo League stehen der AL nahe, die Bangladesh Chattra Dal (BCD) der BNP. Mit dem stillschweigenden Einverständnis der jeweiligen Mutterpartei fungieren diese bewaffneten Organisationen als deren Schild und Schwert. Ihr Mitwirken im politischen Prozess ist eine der wichtigsten Ursachen für die politische Gewalt in Bangladesch (AA 23.8.2022). Im Jahr 2022 wurden 121 Tote und 7.467 Verletzte aufgrund politischer Gewalt erfasst (ODHIKAR 30.1.2023).Hierbei ist die Schutzfähigkeit staatlicher Behörden grundsätzlich gering. Die Behörden sind in der Regel keine neutralen Akteure, sondern unterstützen die politischen Ziele der jeweiligen Machthaber (ÖB New Delhi 11.2022).

Darüber hinaus kommt es regelmäßig zu Bürger- und Arbeiterprotesten, vor allem in Dhaka und anderen Großstädten. Das Risiko eines Gewaltausbruchs während solchen Demonstrationen wird vom Sicherheitsdienstleister Crisis24 als mäßig bis hoch eingeschätzt, hauptsächlich wenn Sicherheitskräfte eingreifen (Crisis 24 15.4.2022; vgl. AA 2.3.2023, EDA 8.2.2023). Gewaltsame Zusammenstöße und Demonstrationen mit politischen, ethnischen oder religiösen Motiven fordern immer wieder auch Todesopfer und Verletzte [siehe Kapitel Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit, Opposition]. Entführungen zwecks Lösegelderpressung kommen vor; sie richten sich hauptsächlich gegen Personen bangladeschischen Ursprungs (EDA 8.2.2023).

Im Gebiet der CHT kommt es zu sporadischen Zusammenstößen zwischen indigenen Gruppen und bengalischen Siedlern um Landbesitz (DFAT 30.11.2022; vgl. AA 2.3.2023, AIIA 6.3.2023, BMEIA 9.3.2023, EDA 8.2.2023). Auch die Spannungen zwischen indigenen Gruppen und der Regierung in den CHT nehmen zu (Crisis 24 15.4.2022); ein Konflikt niedriger Intensität dauert im Gebiet an, weil die versprochene Autonomie nie verwirklicht wurde [siehe dazu auch Kapitel Ethnische Minderheiten] (BS 23.2.2022). Betroffen von Übergriffen sind prinzipiell alle Minderheitengruppen. Zudem ist in vielen Fällen nicht eindeutig differenzierbar, ob religiöse Motive oder säkulare Interessen, wie z.B. Racheakte oder Landraub, Grund für Unruhen sind (AA 23.8.2022). Das Militär unterhält weiterhin eine starke Präsenz in der Region, wo es bis Ende der 1990er-Jahre Operationen zur Aufstandsbekämpfung gegen Stammesguerillas durchführte (CIA 14.4.2023).

Zudem wirkt sich der interethnische Konflikt in Myanmar auch auf Bangladesch aus. Er hat politische, soziale und ethnisch-religiöse Spannungen verstärkt, insbesondere aufgrund der Anwesenheit von rund einer Million Rohingya-Flüchtlingen (EDA 8.2.2023; vgl. AIIA 6.3.2023, CIA 14.4.2023). Es gibt Berichte über Sicherheitsprobleme, Proteste und einige Gewaltausbrüche in diesen Gebieten (FCDO 16.5.2023). Solche kurzfristigen, lokalen Gewaltausbrüche haben wiederholt Todesopfer und Verletzte gefordert (EDA 8.2.2023; vgl. FCDO 16.5.2023). Die Regierung reguliert den Zugang zum südlichen Teil des Distrikts Cox's Bazar, in welchem die Rohingya untergebracht werden (FCDO 16.5.2023). In Teknaf, einem Unterdistrikt von Cox's Bazar, kommt es außerdem häufig zu Morden und Schießereien zwischen Drogenbanden und den Strafverfolgungsbehörden (FCDO 16.5.2023; vgl. AIIA 6.3.2023).

Außerdem fanden die zunehmenden Kämpfe zwischen dem myanmarischen Militär und der bewaffneten ethnischen Gruppe Arakan Army im myanmarischen Bundesstaat Rakhine über der Grenze Niederschlag und gefährdeten Rohingya-Flüchtlinge und Zivilisten (HRW 12.1.2023). Bangladesch gab dazu im September 2022 eine Erklärung ab, in der es seine "tiefe Besorgnis über den Einschlag von Mörsergranaten auf bangladeschischem Territorium, den wahllosen Luftbeschuss durch Myanmar in angrenzenden Gebieten und die Verletzung des Luftraums durch Myanmar" zum Ausdruck brachte (REU 17.9.2022). Die Grenzbehörden Myanmars errichteten eine 200 km lange Drahtsperranlage, die illegale Grenzübertritte und Spannungen durch die militärische Aufrüstung entlang der Grenze verhindern soll (CIA 14.4.2023).

Bangladesch hat seine Seegrenzansprüche gegenüber Myanmar (Birma) und Indien vor dem Internationalen Seegerichtshof geltend gemacht. Im September 2011 unterzeichneten Indien und Bangladesch ein Protokoll zum Land Boundary Agreement von 1974, welches die Beilegung langjähriger Grenzstreitigkeiten über nicht demarkierte Gebiete und den Austausch territorialer Enklaven vorsah. Bis dato wurde es allerdings noch nicht umgesetzt (CIA 14.4.2023). Es gibt regelmäßig Berichte über Personen, die getötet wurden, weil sie die Grenze zu Indien illegal überquert hatten (FCDO 16.5.2023). 2022 wurden 18 Bangladescher von der indischen Border Security Force (BSF) getötet, 21 wurden verletzt (ODHIKAR 30.1.2023). Gelegentlich kommt es auch zu Zusammenstößen inkl. Schusswechseln zwischen indischen und bangladeschischen Grenzsoldaten (FCDO 16.5.2023; vgl. EDA 8.2.2023). Beide Länder haben jedoch bereits mehrere Schritte zur Verbesserung der Grenzinfrastrukturen unternommen. Gemeinsam führen sie Militärübungen und Patrouillen der Küstenwache sowie regelmäßige Treffen zwischen Strafverfolgungsbeamten in den Grenzregionen durch (BS 23.2.2022).

Trotz der Herausforderungen ist das Gewaltmonopol des Staates auf dem gesamten Staatsgebiet fest etabliert (BS 23.2.2022).

Sicherheitsbehörden

Letzte Änderung 2023-06-07 08:38

Die Sicherheitskräfte sind für die innere Sicherheit sowie die Sicherheit an den Grenzen zuständig. Zu den Sicherheitskräften gehören die nationale Polizei, Grenzwachen und Terrorismusbekämpfungseinheiten, darunter das Rapid Action Bataillon. Die Sicherheitskräfte sind dem Innenministerium unterstellt. Das Militär untersteht dem Verteidigungsministerium (USDOS 20.3.2023). Es ist für die äußere Sicherheit zuständig, kann aber auch für Bereiche der inneren Sicherheit eingesetzt werden. Es unterhält ein starkes Kontingent an Sicherheitskräften in den Chittagong Hills Tracts, wo es ein Wiederaufflammen der Konflikte zwischen Indigenen und zugewanderten Bangladeschis verhindern soll. Die Streitkräfte sind mit UN-Einsätzen sowie lukrativen Wirtschaftsverflechtungen zufriedengestellt (AA 23.8.2022). Zivilbehörden üben effektive Kontrolle über die Sicherheitskräfte aus (USDOS 20.3.2023).

Die Polizei ist die wichtigste Gesetzesvollzugsbehörde des Landes. Die Professionalität der Polizei variiert. Höherrangige Polizeibeamte sind relativ gut ausgebildet und gut bezahlt. Hingegen sind Polizeibeamte, die niedrigere Dienstgrade führen, schlecht ausgebildet und schlecht ausgerüstet. Niedrige Einkommen fördern Korruption, und Bestechungsgelder sind weitverbreitet. Vorschriften zur Gewährleistung der Rechenschaftspflicht und der Redlichkeit werden nicht immer befolgt. Das Polizeiwesen ist hochbürokratisch (DFAT 30.11.2022). Die Tätigkeit der Polizei ist durch einen Ressourcenmangel gekennzeichnet. Beispielsweise herrschen Infrastrukturmängel, Mangel an Personal/Ausbildung und Arbeitsmaterialien sowie Ineffizienz (AA 23.8.2022).

Gemäß Berichten begehen Mitglieder der Sicherheitskräfte zahlreiche Missbrauchshandlungen. Korruption, missbräuchliche Handlungen sowie Menschenrechtsverletzungen der Sicherheitskräfte bleiben größtenteils straffrei (USDOS 20.3.2023). Wenn allerdings die Medien Polizeiversagen öffentlich anprangern, sorgt die politische Ebene für Nachbesserungen, und die zuständigen Polizisten werden oft bestraft (AA 23.8.2022). In der Praxis finden Verhaftungen - entgegen der gesetzlichen Bestimmungen - oft ohne Haftbefehl statt (DFAT 30.11.2022). Betroffene von Menschenrechtsverletzungen im Strafverfahren, die mit sehr langer Untersuchungshaft rechnen müssen, sehen aus Angst vor Vergeltung in der Regel davon ab, Mitglieder der Sicherheitsbehörden anzuzeigen (AA 23.8.2022). Die Polizei wendet unnötige oder übermäßige Gewalt an, um Proteste niederzuschlagen (AI 27.3.2023). Die meisten Menschen bringen der Polizei kein Vertrauen entgegen. Mehrere religiöse Minderheiten profitieren allerdings von der Polizeipräsenz (DFAT 30.11.2022).

Die Special Branch of Police (SB) ist beauftragt, die nationale Sicherheit zu gewährleisten, nachrichtendienstliche Informationen zu sammeln und Spionage abzuwehren. Die SB ist überall in Bangladesch vertreten und besitzt die Fähigkeit, innerhalb und außerhalb des Landes zu agieren (AA 23.8.2022).

Das Rapid Action Bataillon (RAB) ist u. a. für Terrorabwehr, Drogendelikte und andere schwere Verbrechen zuständig (AA 23.8.2022). Das RAB besteht aus 15 Einheiten, ist gut ausgebildet und modern ausgerüstet. Die RABs sind hauptsächlich in den städtischen Zentren des Landes stationiert und rekrutieren sich zumeist aus Polizei und Armee. Die RABs verfolgen eine aggressive Strategie gegen bewaffnete Gang-Mitglieder, was zu zahlreichen Toten durch Schießereien führt (ÖB New Delhi 11.2022). Dem RAB werden demnach auch schwere menschenrechtliche Verstöße zugeschrieben (AA 23.8.2022; vgl. DFAT 30.11.2022).

Die Bangladesh Ansar sind dem Innenministerium unterstellt. Sie werden zur Unterstützung der Polizei im ländlichen Raum eingesetzt und übernehmen auch Zivilschutzaufgaben (ÖB New Delhi 11.2022).

Border Guard Bangladesh (BGB – ehemalige Bangladesh Rifles): Diese paramilitärische Truppe untersteht ebenfalls dem Innenministerium, wird aber hauptsächlich von Armee-Offizieren geführt und dient in erster Linie dem Grenzschutz. Die BGB ist auch für die Verhinderung von Schmuggel und Menschenhandel zuständig (ÖB New Delhi 11.2022). Mitglieder der BGB werden der Folter beschuldigt (ODHIKAR 30.1.2023).

Village Defence Parties (VDP) dienen der Unterstützung der Polizei bei der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung sowie der Unterstützung der Zivilbehörden bei sozialen und wirtschaftlichen Wiederaufbauprogrammen und bei Naturkatastrophen. In Städten gibt es analog dazu Town Defence Parties (ÖB New Delhi 11.2022).

Die Nationale Menschenrechtskommission hat keine Befugnis, Menschenrechtsverletzungen, die von Polizei oder Militär begangen wurden, zu untersuchen. Im Falle einer Beschwerde darf die Kommission die Polizei um einen Bericht bitten (DFAT 30.11.2022).

Grundversorgung

Letzte Änderung 2023-06-13 14:20

Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln hat sich in den vergangenen Jahren wesentlich verbessert (AA 23.8.2022). Bangladesch hat in den letzten Jahren ein beträchtliches Wirtschaftswachstum erzielt und die Armut im Land erheblich reduzieren können (GIZ 31.12.2022). Den Rückschlag durch die Corona-Pandemie konnte Bangladesch sehr schnell wieder aufholen (BMZ 14.2.2023a; vgl. WB 6.4.2023). Im Durchschnitt ist die Wirtschaft in den letzten zwei Jahrzehnten jährlich um etwa sechs Prozent gewachsen (CIA 14.4.2023; vgl. WB 6.4.2023). Laut Weltbank erreichte Bangladesch 2015 den Status eines Landes mit niedrigem mittlerem Einkommen und es ist am Weg, 2026 von der UN-Liste der am wenigsten entwickelten Länder gestrichen zu werden (WB 6.4.2023).

Die Armutsbekämpfung bleibt jedoch eine der wichtigsten Aufgaben für die Regierung. Obwohl die Armutsquote in den letzten zwei Dekaden zurückging, leben weiterhin mindestens 20,5 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze (BMZ 14.2.2023a). Staatlicherseits gibt es Nahrungsmittel-, Düngemittel- und Treibstoffsubventionen. Außerdem gibt es ein ebenfalls extrem ineffizientes System der Nahrungsmittelausgabe mittels Rationskarten. Oft werden die für Arme vorgesehenen preisgestützten Lebensmittel aber illegal zu Marktpreisen verkauft. Die Bevölkerung ist auf die Versorgung durch ihre Familie und ihre Ersparnisse angewiesen (ÖB 11.2022). Gemäß Welthunger-Index 2022 (WHI) belegt Bangladesch Platz 84 von 121 Ländern und mit einem Wert von 19,6 auf dem WHI fällt es in die Schweregradkategorie "mäßig" (WHI 10.2022).

Bei der Grundversorgung der Bevölkerung sind somit noch große Defizite zu verzeichnen. Nur 59 Prozent der Menschen in Bangladesch Zugang zu einer sicher betriebenen Trinkwasserversorgung. Etwa ein Viertel der Erwachsenen kann nicht lesen und schreiben, etwa 25 Prozent der Bevölkerung nutzen das Internet (BMZ 14.2.2023a). Zur Stromnachfrage hat sich seit 2009 die Zahl der Haushalte mit Stromanschluss auf rund 43 Millionen fast vervierfacht - womit etwa 77 Prozent der rund 170 Millionen Einwohner Zugang zu Strom haben. Vor allem in den ländlichen Regionen sind aber viele Haushalte noch nicht an das Stromnetz angeschlossen (GTAI 28.6.2022).

2017 trugen die Landwirtschaft, Industrie und der Dienstleistungssektor jeweils geschätzt 14,2 Prozent, 29,3 Prozent und 56,5 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Der landwirtschaftliche Sektor beschäftigt knapp die Hälfte der Gesamtbevölkerung (CIA 14.4.2023). Die offizielle Arbeitslosenrate lag 2022 laut der Internationalen Arbeitsorganisation bei lediglich 4,7 Prozent (ILO 11.2022). Formelle und organisierte Beschäftigung gibt es allerdings lediglich im staatlichen Bereich sowie bei größeren Unternehmen. 85 Prozent der Beschäftigten arbeiten im informellen Sektor. Für diese gibt es keine mit europäischen Verhältnissen vergleichbare soziale Absicherung, sei es durch ein System der Kranken-, Unfall-, Pensions- oder Arbeitslosenversicherung. Von ca. 70 Millionen Beschäftigten sind nur rund zwei Millionen gewerkschaftlich organisiert. Die Gewerkschaften sind stark politisiert oder von einzelnen Führern oder Unternehmen abhängig. Ein Streikrecht gibt es in Bangladesch nicht (ÖB 11.2022).

Arbeitsmigration, vornehmlich in die Golfstaaten und Malaysia, ist stark ausgeprägt (AA 23.8.2022; vgl. CIA 14.4.2023) und wird von der Regierung gefördert. Etwa zehn Millionen bangladeschische Staatsangehörige arbeiten im Ausland (AA 23.8.2022). Pro Jahr verlassen schätzungsweise bis zu 400.000 Personen Bangladesch zur legalen Beschäftigung im Ausland (hauptsächlich in Indien, Pakistan, Malaysia, Jordanien und den Golfstaaten). Nach Schätzungen des Germany Trade Invest dürften die für den privaten Konsum wichtigen Rücküberweisungen von im Ausland arbeitenden bangladeschischen Staatsbürgern im Jahr 2022 rund 21 Milliarden USD betragen (GTAI 16.12.2022). Die Migration wird durch das „Bureau of Manpower, Employment and Training“ gesteuert. Daneben existieren weitere Organisationen, die sich der Bedürfnisse der Wanderarbeiter vor Ausreise und nach Rückkehr annehmen (z.B. "BRAC", "Welfare Association of Bangladeshi Returnee Employees", "Bangladesh Migrant Centre", "Bangladesh Women Migrants Association"). Dachverband ist das "Bangladesh Migration Development Forum". Diese Organisationen werden aber auch bei zurückgeführten Personen aktiv (AA 23.8.2022).

Zunehmend ziehen mehr Menschen in die Städte. Die rasche Urbanisierung setzt die Städte unter Druck. Zugleich ist das Land vom Klimawandel betroffen. Überschwemmungen und Wirbelstürme treten öfter und stärker auf (GIZ 31.12.2022). Insbesondere informelle urbane Siedlungsgebiete (Slums) sind überschwemmungsgefährdet und es fehlt an Wohn- und Versorgungsinfrastruktur (BMZ 14.2.2023b). Darüber hinaus führen der Klimawandel und die Übernutzung von Ökosystemen zum Verlust der Artenvielfalt und zur Degradierung der Biotope. Der Nutzungsdruck auf die Land- und Meeresflächen steigt (GIZ 31.12.2022).

Sozialbeihilfen

Letzte Änderung 2023-06-13 14:23

Bei regionaler Nahrungsmittelknappheit werden von der Regierung Bezugsscheine für staatliche Nothilferationen bzw. subventionierte Lebensmittel ausgegeben. Sonstige staatliche Hilfe für bedürftige Personen gibt es nicht (AA 23.8.2022). Aufgrund des Fehlens eines staatlichen Sozialversicherungssystems muss allgemein auf Hilfe innerhalb von Familienstrukturen zurückgegriffen werden. Dies gilt auch für die Absicherung alter und behinderter Menschen (ÖB 11.2022). Nicht-staatliche Unterstützung durch religiös ausgerichtete Wohltätigkeitsvereine und andere NGOs kann in Anbetracht der hohen Bevölkerungszahl nur einem kleinen Teil der Bedürftigen geleistet werden. Eine flächendeckende soziale Absicherung besteht nicht (AA 23.8.2022).

Eine Alterspension in der Höhe von monatlich 500 Taka [ca. 4 Euro] wird an Männer über 65 und Frauen über 62 Jahren mit Wohnsitz in Bangladesch ausgezahlt, wobei nur ein Familienmitglied eine Pension beziehen kann. Eine Behindertenpension beträgt monatlich 700 Taka [ca. 6 Euro], wobei die Bezugsberechtigung durch eine Kommission festgestellt wird. Im Falle einer Krankheit wird das Gehalt zu 100 Prozent für insgesamt 14 Tage jährlich ausbezahlt. Mütter erhalten den Durchschnitt ihres Gehalts der letzten drei Monate vor der Ankündigung der Schwangerschaft für den Zeitraum von acht Wochen vor bis acht Wochen nach der Geburt, für insgesamt zwei Lebendgeburten, ausbezahlt; ab der dritten Geburt ist keine Unterstützung vorgesehen. Bei temporärer Behinderung nach einem Arbeitsunfall werden 100 Prozent des Gehaltes für zwei Monate, danach 2/3 für die nächsten zwei Monate, danach die Hälfte des Gehaltes bis zu einem Zeitraum von zwei Jahren bezahlt. Bei permanenter Behinderung in Folge eines Arbeitsunfalles wird ein Fixbetrag von 125.000 Taka [ca. 1.074 Euro] bezahlt. Es gibt keine staatliche Arbeitslosenunterstützung, Unternehmen müssen eine Kündigungsabfindung in der Höhe von 30 Tagesgehältern pro Jahr Firmenzugehörigkeit bezahlen (USSSA 3.2019). 85 Prozent der Beschäftigten arbeiten allerdings im informellen Sektor. Für diese gibt es keine mit europäischen Verhältnissen vergleichbare soziale Absicherung (ÖB 11.2022)

Rückkehr

Letzte Änderung 2023-06-14 15:49

Die Rückkehr bangladeschischer Staatsangehöriger unterliegt keinen rechtlichen Beschränkungen (AA 23.8.2023). Es ist bisher nicht bekannt geworden, dass sich Rückkehrer aufgrund der Stellung eines Asylantrages staatlichen Maßnahmen ausgesetzt sahen (AA 23.8.2023; vgl. ÖB New Delhi 11.2022, DFAT 30.11.2022).

Staatliche Repressionen nach Rückkehr wegen oppositioneller Tätigkeiten im Ausland (z.B. Demonstrationen und Presseartikel) sind nicht bekannt (AA 23.8.2022). Auch dem DFAT sind keine Fälle bekannt, in denen Rückkehrer an den Grenzen des Landes wegen politischer Aktivitäten im Ausland inhaftiert wurden. Allenfalls könnte die Einreise nach Bangladesch bei Vorliegen eines bestimmten politischen Profils des Rückkehrers vermerkt werden (DFAT 30.11.2022). Soweit Kritiker der Regierung oder rivalisierender politischer Parteien in Bangladesch selbst gefährdet waren, gilt dies auch für deren eventuelle Rückkehr. Hinweise auf eine systematische Verfolgung gibt es jedoch nicht. Durch den massiven neuerlichen Wahlsieg der Regierungspartei 2018 hat sich das repressive Klima allerdings merklich verschlechtert. In diesem Sinne wurden zahlreiche Oppositionelle, die sich im Ausland aufhalten, zu hohen - teilweise lebenslangen - Haftstrafen bzw. sogar zum Tode verurteilt. Im Zuge einer Rückkehr würden diese Strafen freilich vollstreckt werden. Grundsätzlich kommt es bei oppositioneller Betätigung innerhalb Bangladeschs darauf an, ob die lokal oder sachlich zuständigen Behörden von der Regierung oder von der Opposition kontrolliert werden. Die Behörden sind in der Regel keine neutralen Akteure, sondern unterstützen die politischen Ziele der jeweiligen Machthaber. Dies gilt auch im Falle falscher Anzeigen bzw. sonstiger Verfolgung von Anhängern der politischen Opposition, wobei in letzter Zeit mit Stand November 2022 aufgrund der mangelnden Relevanz kaum mehr Berichte über eine politische Verfolgung der Oppositionsanhängerschaft auftauchen (ÖB New Delhi 11.2022).

Die "International Organization for Migration" (IOM) kennt keine Fälle, in denen eine rückgeführte Person misshandelt wurde. In einigen seltenen Fällen wurden die Rückkehrer zu einem sogenannten "General Diary" gebeten. Nach IOM-Angaben handelt es sich dabei um ein ca. halbstündiges Gespräch mit der Immigrationsbehörde, die die Daten des Rückkehrers aufnimmt und ihn zum Auslandsaufenthalt befragt. IOM sind bislang keine Fälle bekannt geworden, in denen dem Rückkehrer ein Nachteil entstanden ist (AA 23.8.2022). Da Bangladesch ein Land mit einer sehr großen Diaspora und einer ausgeprägten Abwanderungskultur ist und Zehntausende jedes Jahr das Land verlassen oder wieder einreisen, hat die Regierung weder die Kapazität noch das Interesse, jede einzelne dieser Personen zu kontrollieren oder zu überwachen (DFAT 22.11.2022).

Sofern es sich um Opfer von Schlepperei handelt, können diese nicht mit staatlicher Unterstützung rechnen (ÖB New Delhi 11.2022).

Auch wenn "erfolglose Rückkehrer" von ihren Familien und lokalen Gemeinschaften als Schandfleck betrachtet werden (ÖB New Delhi 11.2022), sind familiäre und verwandtschaftliche Unterstützung andererseits für die Rückkehrer maßgeblich und dienen als Auffangnetz in einer kritischen Lebensphase. Rückkehrer sind aufgrund der großen Familien, enger, weitverzweigter Verwandtschaftsverhältnisse und noch intakter nachbarschaftlicher bzw. dörflicher Strukturen in der Regel nicht auf sich allein gestellt. IOM spricht in diesem Zusammenhang von der wichtigen Rolle der „social networks of family and neighbourhoods“, denen eine wichtige inoffizielle Schutzfunktion zukomme (AA 23.8.2022).

Für freiwillige Rückkehrer bieten die Joint Reintegration Services (JRS) von FRONTEXReintegrationsunterstützung. Diese umfasst ein post-arrival-Paket im Wert von € 615, das der unmittelbaren Unterstützung nach der Ankunft im Heimatland dient und u.a. eine temporäre Unterkunft bis zu drei Tagen sowie unmittelbare medizinische Unterstützung beinhaltet. Sofern keine oder weniger Sofortleistungen in Anspruch genommen werden, wird der anteilige Betrag von € 615 vom lokalen Partner in bar ausbezahlt. Darüber hinaus wird im Rahmen einer längerfristigen Reintegrationsunterstützung ein Post-Return Paket in der Höhe von € 2.000 ausgegeben. Die Rückkehrwilligen erhalten Sachleistungen auf Grundlage eines Reintegrationsplans, der mithilfe der lokalen Partnerorganisation in den ersten sechs Monaten nach der Rückkehr erstellt wird. Sie umfassen unter anderem Unterstützung bei der Gründung eines Kleinunternehmens, Unterstützung beim Eintritt in den Arbeitsmarkt sowie bei der Einschulung mitausreisender Kinder, weiters Bildungsmaßnahmen und Trainings, rechtliche administrative Beratungsleistungen, Familienzusammenführung, medizinische und psychosoziale Unterstützung sowie Unterstützung im Zusammenhang mit Wohnen und Haushalt (BMI o.D.).

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in die Beschwerde.

Zur Person des Beschwerdeführers:

Die zur Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers sowie seinen Sprachkenntnissen, seiner örtlichen Herkunft, seinem Schulbesuch, seiner Arbeitserfahrung und seine Bindungen zum Herkunftsstaat getroffenen Feststellungen gründen sich ebenso wie seine festgestellten Lebensumstände in Österreich auf das gegenständliche Erstbefragungsprotokoll, die Einvernahme des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde sowie auf das Beschwerdevorbringen in Zusammenschau mit seinen Angaben im rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren.

Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

Wie schon die belangte Behörde zutreffend erkannte, brachte der Beschwerdeführer keine neuen, glaubhaften Fluchtgründe oder Rückkehrbefürchtungen vor, sondern bezog sich im Wesentlichen bloß auf die bereits im ersten Verfahren über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz vorgetragenen, ausreisekausalen Vorfälle (vgl. AS 24 und 67 f). Diese Schilderungen wurden in dem rechtskräftigen Bescheid der belangten Behörde vom 12.02.2018, 1087594204-151353036, bereits geprüft und für nicht glaubhaft befundenen. Hinsichtlich seiner dahingehenden Behauptungen sind auch keine neuen Elemente hervorgekommen, welche erheblich zu der Wahrscheinlichkeit beitragen, dass dem Beschwerdeführer ein Schutzstatus zuzuerkennen ist.

Ebenso wurde im angefochtenen Bescheid schon richtigerweise festgehalten, dass sich auch unter Berücksichtigung der im rechtskräftig abgeschlossenen Erstverfahren zu seinem Herkunftsstaat getroffenen Feststellungen keine Anhaltspunkte für eine maßgeblich geänderte Lage ergeben. Dem wurde auch im vorliegenden Beschwerdeschriftsatz nicht substantiiert entgegengetreten, sondern nur allgemein auf eine gravierend geänderte politische Lage angesichts der Wahlen im Jänner 2024 und der Flucht der ehemaligen Premierministerin aus Bangladesch Bezug genommen. Etwaige relevante Neuerungen, konkret in Bezug auf die Situation des Beschwerdeführers, können aber weder den im angefochtenen Bescheid getroffenen Länderfeststellungen entnommen werden, noch sind dahingehende Berichte in der Beschwerde zitiert oder amtsbekannt. Auch wenn nach der vorliegenden Länderinformation zu Bangladesch die Auswirkungen des mit der Flucht der Premierministerin und des Regierungsumsturzes verbundenen politischen Systemwechsels nicht abschätzbar sind, kann aus den damit verbundenen Geschehnissen per se noch keine den Beschwerdeführer betreffende Bedrohung abgeleitet werden, zumal in diesen Kontext entsprechend der länderspezifischen Anmerkungen der Staatendokumentation die Lage der religiösen Minderheiten und der Mitglieder der bisherigen Regierungspartei Awami League besonders zu berücksichtigen ist. Entsprechend der Länderberichte wurde in der Folge ein Friedensnobelpreisträger und harter Kritiker der vorigen Regierung zum Übergangsregierungschef vereidigt. Ferner berichten Medien von Übergriffen auf Einrichtungen und lokale Führungspersonen der bisher regierenden Awami League. Etwaige Hinweise, welche auf vermehrte Attacken auf Anhänger der BNP schließen lassen würden, finden sich nicht. Vor diesem Hintergrund können im Hinblick auf den Beschwerdeführer, der laut seiner im Erstverfahren nicht glaubhaft gemachten Begründung seiner Ausreise vor etwa 10 Jahren ein Anhänger der oppositionellen BNP gewesen und von der damaligen Regierung unter Druck gesetzt worden sei, keine Anhaltspunkte für eine relevante Änderung in Bezug auf eine etwaige gegen ihn individuell gerichtete Gefährdungslage abgeleitet werden.

Ebenso wenig könnte in Anbetracht seiner Angabe vor der belangten Behörde, wonach sein Bruder im Jahr 2022 gefoltert worden sei (vgl. AS 68), eine allenfalls auf den Beschwerdeführer bezogene Bedrohung angenommen werden, zumal er dabei keinen Bezug zur eigenen Person herstellte, sondern vielmehr auf wiederholte Befragung nach seinen Gründen für den gegenständlichen Antrag nur auf seine alten Fluchtgründe, die allgemeine politische Lage in seiner Heimat und seine Aufenthaltsdauer in Österreich verwies (AS 68 f). Nichts Anderes gilt selbst für den Fall, dass man sein erstmals im Beschwerdeschriftsatz erstattetes Vorbringen, wonach Sicherheitskräfte seinen Bruder misshandelt und folterähnlich behandelt hätten (vgl. AS 174), zugrunde legt. Zwar gibt es Berichte, wonach Mitglieder der Sicherheitskräfte zahlreiche Missbrauchshandlungen begehen. Indizien für ein maßgebliches Risiko des Beschwerdeführers im Fall seiner Rückkehr ebenfalls solchen ausgesetzt zu sein, ist aber nicht ersichtlich. Insbesondere habe sich der auf seinen Bruder bezogene Übergriff bereits etwa zwei Jahre vor Beginn der politischen Unruhen im vergangenen Jahr ereignet. In der Zwischenzeit wurde die ehemalige Regierung gestürzt und wird übergangsmäßig von einem bisherigen Kritiker der vormals regierenden Awami League geleitet.

Im Übrigen verneinte der Beschwerdeführer ausdrücklich, wirtschaftliche Gründe geltend gemacht zu haben (AS 67), weshalb auch unter Berücksichtigung der aktuellen Lage im Herkunftsstaat nicht von einer Änderung bezogen auf die Gefahr einer existenzbedrohenden Notlage des gesunden und arbeitsfähigen Beschwerdeführers, der über diverse Berufserfahrungen verfügt und weiterhin Kontakt in seine Heimat pflegt, ausgegangen werden könnte.

Sofern der Beschwerdeführer betreffend neue Gründe auf seine Aufenthaltsdauer in Österreich Bezug nimmt (vgl. AS 68), ist dieser Umstand nicht geeignet, eine Bedrohung in Bangladesch annehmen zu lassen.

Im Ergebnis sind somit keine neuen Tatsachen hervorgekommen, die eine anderslautende Entscheidung in der Sache rechtfertigen könnten.

Zur Lage im Herkunftsstaat:

Die seitens der belangten Behörde im Rahmen der gegenständlichen Entscheidung getroffenen Feststellungen zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Bangladesch basieren auf der aktuellen Version 6 der Länderinformation der Staatendokumentation vom 16.08.2024 und werden in Bezug auf den Beschwerdeführer als weiterhin aktuell angesehen. Von der belangten Behörde wurden Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Diese Quellen liegen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes, welches sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage (Einsicht in aktuelle Berichte zur Lage im Herkunftsstaat) ergibt.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie des Umstandes, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Eine wesentliche Sachverhaltsänderung ist aus den gegenständlichen länderkundlichen Feststellungen im Vergleich zu den im Erstverfahren herangezogenen Erkenntnisquellen nicht abzuleiten. Auch im Beschwerdeschriftsatz wurde kein substantiiertes, dahingehendes Vorbringen erstattet.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides:

3.1.1. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 leg.cit. findet.

Da die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz zurückgewiesen hat, ist Gegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst (vgl. VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0198, mwN).

Dementsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht entweder im Falle des Vorliegens entschiedener Sache das Rechtsmittel abzuweisen oder im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung den zurückweisenden Bescheid aufzuheben, wodurch eine neuerliche Zurückweisung des Antrages in Bindung an die Auffassung des Verwaltungsgerichtes wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG jedenfalls unzulässig wird. Hingegen ist dem Bundesverwaltungsgericht ein inhaltlicher Abspruch über den zugrundeliegenden Antrag in einem Beschwerdeverfahren über einen zurückweisenden Bescheid nach § 68 AVG verwehrt.

Als Vergleichsbescheid (Vergleichserkenntnis) ist der Bescheid (das Erkenntnis) heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden worden ist (vgl. in Bezug auf mehrere Folgeanträge VwGH 26.07.2005, 2005/20/0226, mwN).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Bestimmung (z. B. VwGH 25.04.2007, 2004/20/0100; 30.6.2005, 2005/18/0197; 25.4.2002, 2000/07/0235) liegen verschiedene "Sachen" im Sinn des § 68 Abs. 1 AVG vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. In Bezug auf wiederholte Asylanträge muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann.

Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinanderzusetzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen. Eine neue Sachentscheidung ist aber nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes, sondern, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, ausgeschlossen.

Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss (vgl. VwGH 25. 4. 2002, 2000/07/0235; VwGH 15. 10. 1999, 96/21/0097; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 83 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur). Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben (nochmals) zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. VwGH 25. 4. 2002, 2000/07/0235; VwGH 15. 10. 1999, 96/21/0097). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 9. 9. 1999, 97/21/0913; und die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 90 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein „Fortbestehen und Weiterwirken“ behauptet; vgl. VwGH 20.03.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit einem solchen Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321).

3.1.2. Die Prüfung der Zulässigkeit eines Folgeantrags auf Grund geänderten Sachverhalts hat im Beschwerdeverfahren nur anhand der Gründe, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens vorgebracht wurden, zu erfolgen (vgl. VwGH 24.6.2014, Ra 2014/19/0018). Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht somit nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0025; 24.5.2018, Ra 2018/19/0234).

Ein Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise – für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status – auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrags nach dem Asylgesetz 2005 aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH 29.06.2011, U 1533/10; VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344 mwN).

Diesbezüglich verwies der Beschwerdeführer neben den schon in den rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren geltend gemachten Fluchtgründen auf die aktuelle politische Lage in seinem Herkunftsstaat. Im Übrigen erwähnte er, dass sein Bruder im Jahr 2022 gefoltert worden sei.

Wie bereits im Zuge der Beweiswürdigung ausführlich dargelegt, ergab sich weder aus der im angefochtenen Bescheid auf Basis der aktuell verfügbaren Länderinformationen festgestellten Lage in Bangladesch, noch in Bezug auf seine Angaben im vorliegenden Verfahren eine in Bezug auf den Beschwerdeführer maßgebliche Verschlechterung der allgemeinen politischen Verhältnisse im Herkunftsstaat oder eine sonstige maßgebliche Neuerung, welche auf eine etwaige, verfahrensgegenständlich relevante Bedrohung seiner Person hindeuten könnte.

Somit ist die belangte Behörde zu Recht vom Vorliegen der „Identität der Sache“ ausgegangen, weil neue, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten entscheidungsrelevante Tatsachen weder das Vorbringen des Beschwerdeführers aufzuzeigen vermag, noch aus der allgemeinen Lage in seinem Herkunftsstaat ableitbar ist.

3.1.3. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides ist daher im Ergebnis gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 68 AVG als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt III. (Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG)

3.2.1. Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

„1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz‘ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.“

3.2.2. Der Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger von Bangladesch kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu. Er befindet sich jedoch nicht mehr im Bundesgebiet. Im Übrigen war sein Aufenthalt nicht geduldet und ist der Beschwerdeführer weder ein Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen, noch ein Opfer von Gewalt.

Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, weshalb die Beschwerde hinsichtlich dieses Spruchteils abzuweisen ist.

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss.

Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstanziiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Für die in der Beschwerde behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Der Sachverhalt ist im Gegenstand aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, weshalb gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung – ungeachtet des Parteienantrages – unterbleiben konnte.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. die unter A) zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.