JudikaturBVwG

L518 2296143-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
16. Oktober 2024

Spruch

L518 2296143-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dr. Markus STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Georgien, vertreten durch den RA Mag. SRNDIC, gegen den Bescheid des BFA, Außenstelle Wiener Neustadt, vom 15.06.2024, ZI. 1350411201-230797353, wegen §§ 3, 8, 10 und 57 AsylG 2005 und §§ 46, 52 und 55 FPG 2005 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 02.09.2024 zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1. Die Beschwerdeführerin (in weiterer Folge kurz als „BF“ bezeichnet), eine Staatsangehörige Georgiens, brachte nach nicht rechtmäßiger Einreise am 02.05.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

I.2. Bei der Erstbefragung gab sie bekannt, den Namen XXXX zu führen, aus Georgien zu stammen und am XXXX in XXXX geboren zu sein. Zu ihren Ausreisegründen teilte sie mit, dass im Dezember 2022 Unterleibskrebs festgestellt und sie am 30. Jänner operiert wurde. Ihr wurden zwar Organe entfernt, aber es hätten sich Metastasen gebildet. In Georgien habe sie drei Chemotherapien erhalten, aber es gibt dort keine Aussicht auf Heilung. Auch hätte ihr ein Arzt empfohlen, dass sie sich im Ausland behandeln lassen soll. Er hätte auch gemeint, dass sie von den Ärzten in Georgien nicht richtig behandelt wurde. Sie kann dazu auch Unterlagen nachreichen, auch welche die auf Deutsch übersetzt wurden.

I.3. Nach Zulassung des Verfahrens wurde der BF am 26.03.2024 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Außenstelle XXXX , niederschriftlich einvernommen. Dabei führte sie zum Ausreisegrund befragt aus „Ich bin nach Österreich gekommen um mich wegen meiner Krebserkrankung behandeln zu lassen.“ Zu Rückkehrbefürchtungen befragt, teilte er mit, dass sie in Georgien nicht so behandelt werden würde.

I.4. Am 06.06.2024 langte eine vom BFA veranlasste Anfragebeantwortung der Staatendokumentation bezüglich der Krankheit, Behandlungsmethoden, Kosten und der Verfügbarkeit der Medikation, ein.

I.5. Der Antrag der BF auf internationalen Schutz wurde mit im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde vom 27.03.2024 gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (SP I.). Gem. § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zugesprochen (SP II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (SP III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (SP IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung der BF nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig ist (SP V.) Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG wurde eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise gewährt (SP VII.).

Begründend wurde ausgeführt, dass die BF einzig wegen ihrer Erkrankung nach Österreich reiste. Sie erhielt nach OP und Chemotherapie eine Therapie, weswegen die Krankheit zum Stillstand kam. Die Verfassung von Georgien garantiere in Artikel 36 das Recht auf Gesundheit und eine kostenlose Basisbehandlung durch den Staat. Zudem ist einer Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 06.06.2024 zu entnehmen, dass die sowohl die Behandlung, als auch die dafür notwendige Medikation in Georgien vorhanden ist. Zudem habe die BF in Georgien bereites mehrere Zyklen einer Chemotherapie erhalten, dies spricht ebenfalls für die Behandlungsmöglichkeit im Herkunftsstaat.

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Georgien traf die belangte Behörde ausführliche, aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben. Es hätten sich weiter keine Hinweise für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar.

I.6. Gegen den gegenständlichen Bescheid wurde von der rechtlichen Vertretung mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Vorgebracht wurde, dass die BF in Georgien keine medizinische Behandlung erhält. Die BF ist in laufender und effektiver medizinischer Behandlung im Bundesgebiet. Eine adäquate Therapiemöglichkeit besteht im Herkunftsland Georgien nicht. Die Ausweglosigkeit der BF sowie der immer schlechter werdende gesundheitliche Zustand der BF drängten sie dazu in das Bundesgebiet einzureisen.

Es werde beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen; den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben; in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und der BF den Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen; in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und der BF einen Aufenthaltstitel jeweils aus Gründen des Art 8 EMRK zu erteilen; in eventu- die angefochtenen Bescheide ersatzlos zu beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückzuverweisen.

I.7. Am 02.09.22024 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein der BF, ihrer rechtsfreundlichen Vertretung sowie eines Dolmetschers für die georgische Sprache durchgeführt.

I.8. Hinsichtlich des Verfahrensganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

II.1.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:

Die BF führt den Namen XXXX , sie ist Staatsangehörige von Georgien, Angehörige der georgischen Volksgruppe und orthodoxer Christin. Die BF wurde am XXXX in XXXX , geboren. Nach dem Besuch der Schule absolvierte sie das Masterstudium Architektur. Beruflich tätig war sie als Architektin, ab 2010 im eigenem Architekturbüro. Die Identität der BF steht fest.

Die BF ist geschieden und Mutter eines einjährigen Sohnes.

Die BF leidet an einem bösartigen Ovarialkarzinom (C56) und bekommt eine Therapie mit Lynparza in Form von Tabletten. Die Krankheit ist unter der Behandlung mit Lymparza zum Stillstand gekommen (Komplettremission).

Wie dem Arztbrief des AKH XXXX vom 02.10.2023 zu entnehmen ist, wurde bei der BF am 30.01.2023 in Tiflis eine diagnostische Operation durchgeführt. Sie erhielt 3 Zyklen adjuvante Chemotherapie, danach 3 Zyklen Carbo/Taxol mit 2 Zyklen Avastin bis zuletzt am 04.04.2023. Neben dem Ovarialkarzinom wurde bei der BF auch Hepatitis C (während der Schwangerschaft) diagnostiziert. Weiters ist dem Arztbrief eine Komplettremission zu entnehmen. Die diesbezügliche Tumorbordsitzung fand am 02.10.2023 im AKH Wien statt.

Im Rahmen eines vom BFA am 03.04.2024 übermittelten Parteiengehörs teilte die BF mit, dass die Krankheit zum Stillstand gekommen ist. Sie erhält die nächsten zwei Jahre laufende Erhaltungstherapien mit Lymparza.

In XXXX hält sich noch der Gatte und ihr Sohn auf. Weiters begründen noch die Mutter, ein Bruder und insgesamt an die 125 Verwandten ihren Lebensmittelpunkt in Georgien. Der Gatte ist Architekt und verdient zwischen 20.000 und 30.000 Lari im Jahr. Die Mutter ist Pensionistin und verdient ca. 400 Lari im Monat. Die BF hat Kontakt zu ihren Verwandten.

Der BF reiste am 21.04.2023 legal mit dem Flugzeug von Kutaissi nach Wien. Am 02.05.2023 stellte sie den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Die BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten. Der Aufenthalt der BF im Bundesgebiet war und ist nicht nach § 46a Abs. 1 Z. 1 oder Z. 3 FPG 2005 geduldet. Ihr Aufenthalt ist nicht zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig. Er wurde nicht Opfer von Gewalt im Sinn der §§ 382b oder 382e EO.

Die BF verfügt über eine – wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich – gesicherte Existenzgrundlage in ihrem Herkunftsstaat sowie über familiäre Anknüpfungspunkte.

Die BF hält sich seit 21.04.2023 im Bundesgebiet auf. Sie ist nicht selbsterhaltungsfähig und lebt von der Grundversorgung. Im Bundesgebiet halten sich keine Verwandten der BF auf. Sie besucht keinen Deutschkurs, ist in keinen Vereinen oder Organisationen Mitglied und leistet keine ehrenamtlichen Tätigkeiten. Unterstützungsschreiben oder Verpflichtungserklärungen wurden nicht eingebracht. Die BF ist für keine Personen im Bundesgebiet sorgepflichtig. Sie hat im Bundesgebiet keine österreichischen Freunde.

Im gegenständlichen Fall ergab sich weder eine maßgebliche Änderung bzw. Verschlechterung in Bezug auf die die BF betreffende asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsstaat, noch in sonstigen in der Person der BF gelegenen Umständen.

Ebenso ergab sich keine sonstige aktuelle und entscheidungsrelevante Bedrohungssituation der BF. Eine relevante Änderung der Rechtslage konnte ebenfalls nicht festgestellt werden.

In Bezug auf die individuelle Lage der BF im Falle einer Rückkehr nach Georgien konnte keine im Hinblick auf den Zeitpunkt, an dem letztmalig über den Antrag auf internationalen Schutz inhaltlich entschieden wurde, maßgeblich geänderte oder gar verschlechterte Situation festgestellt werden.

Festgestellt wird, dass die medizinische Versorgung für alle georgischen Staatsangehörigen durch eine staatlich finanzierte Grundversorgung, sowie zusätzlich bestehende staatliche Gesundheitsprogramme gewährleistet ist. Die Behandlung der Erkrankung der BF ist in Georgien möglich und wurde auch schon vor der Ausreise durchgeführt.

Auch kann aufgrund der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation festgestellt werden, dass sämtliche Behandlungen und alle Medikamente bzw. Wirkstoffe in Georgien erhältlich sind.

Weiters wurde festgestellt, dass der Erlass des Gesundheitsministeriums vom 15.Juni 2011, No:01 31/N nach wie vor in Geltung steht, mit dem die Einfuhr von in Georgien nicht verfügbaren Medikamenten ermöglicht wird.

Weiter konnte unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Georgien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für die BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Des Weiteren liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ nicht vor und ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung geboten. Die Abschiebung des BF nach Georgien ist zulässig und möglich.

II.1.2. Zur Lage im Herkunftsstaat:

An dieser Stelle wird darauf hingewiesen, dass es sich bei Georgien um einen sicheren Herkunftsstaat gem. § 19 BFA-VG handelt.

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat werden folgende Feststellungen

Länderspezifische Anmerkungen

Letzte Änderung 2023-10-02 13:20

Sofern nicht anders angegeben, schließen die Themenbereiche zu Georgien die Situation in den separatistischen Landesteilen Abchasien und Südossetien nicht ein.

Die Verwendung von Bezeichnungen wie "Regierung", "Behörden" o. Ä. im Zusammenhang mit Abchasien oder Südossetien stellt keine Wertung der Staatendokumentation hinsichtlich des Status dieser Gebiete dar. Die in dieser Länderinformation zur Verfügung gestellten Karten dienen der Veranschaulichung und stellen keine Anerkennung der gezeigten Grenzen durch die Staatendokumentation dar.

Georgien wird in Österreich laut Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV) derzeit als sicherer Herkunftsstaat geführt. Vom länderkundlichen Standpunkt aus geben die jüngsten Aktualisierungen der Länderinformationen zu Georgien keinen Anlass zur Änderung der länderkundlichen Einschätzung zur Eigenschaft als sicherer Herkunftsstaat im Sinne der HStV.

Hinweis zu COVID-19:

Zur aktuellen Anzahl der Krankheits- und Todesfälle in den einzelnen Ländern empfiehlt die Staatendokumentation bei Interesse/Bedarf folgende Website der WHO: https://www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/situation-reports.

Für historische Daten bis zum 10.3.2023 s. die Datenbank der Johns-Hopkins-Universität:

https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740fd40299423467b48e9ecf6.

COVID-19

Letzte Änderung 2023-10-02 12:55

Die Regierung Georgiens hat alle COVID-19-Beschränkungen, außer der allgemeinen Maskenpflicht innerhalb medizinischer Einrichtungen, aufgehoben (WKO 22.3.2023; vgl. Provax o.D.).

Seit dem 15. Juni 2022 müssen Staatsangehörige aller Länder, unabhängig davon, auf welchem Weg sie nach Georgien reisen (auf dem Land-, See- oder Luftweg), keinen Nachweis über eine COVID-Impfung oder einen negativen PCR-Test vorlegen (Provax o.D.; vgl. WKO 22.3.2023).

Politische Lage

Letzte Änderung 2023-10-02 14:28

Georgien wurde im April 1991 unabhängig [bis dahin Teilrepublik der Sowjetunion]. Nach der georgischen Unabhängigkeit erhöhten sich die Spannungen innerhalb Georgiens in den Gebieten Abchasien und Südossetien. 1992 erfolgten Unabhängigkeitserklärungen Südossetiens und Abchasiens, die jedoch von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wurden (AA 19.10.2022). Russland betreibt gegenüber beiden Regionen eine Politik der informellen militärischen und wirtschaftlichen Annexion (BPB 26.8.2020).

Durch Verfassungsänderung am 17.11.2013 wurde das Land von einer Präsidialrepublik zu einer parlamentarischen Demokratie. Die georgische Außenpolitik sieht in der Integration Georgiens in EU und NATO ein prioritäres Ziel für eine nachhaltige demokratische Entwicklung des Landes (AA 19.10.2022). In Georgien finden regelmäßige und kompetitive Wahlen statt (FH 2023a). Wie schon in den Jahren zuvor stellten auch 2022 die politische Polarisierung und die Dominanz der regierenden Partei Georgischer Traum in allen Regierungsbereichen eine Herausforderung für die wirksame Umsetzung der parlamentarischen Kontrolle dar (GIP 1.2.2023). Georgien verfügt zwar über ein dynamisches Mehrparteiensystem, aber die Oppositionsparteien sehen sich mitunter mit Hindernissen für den politischen Wettbewerb konfrontiert, darunter rechtliche und andere Schikanen. Die Fähigkeit der gewählten Beamten, die Regierungspolitik zu bestimmen und umzusetzen, wurde durch die informelle Rolle der Oligarchen beeinträchtigt. Georgien hat eine doppelte Exekutive, wobei der Premierminister als Regierungschef und der Präsident als Staatsoberhaupt fungiert. Der Präsident wurde bis 2018 durch Direktwahl gewählt. Aufgrund einer Verfassungsänderung wird der Präsident in Zukunft indirekt von einem Gremium gewählt, bestehend aus nationalen Gesetzgebern, regionalen und lokalen Amtsträgern. Die Amtszeit soll zukünftig 5 Jahre betragen. Der Präsident ernennt formell den Premierminister, der vom Parlament nominiert wird (FH 2023a). Der derzeitige Ministerpräsident ist Irakli Garibaschwili, dessen Amtsantritt am 22.2.2021 war (PMoG o.D.).

Die ehemalige Außenministerin Salome Zurabischwili wurde am 28.11.2018 zur Präsidentin des Landes gewählt. Offiziell als unabhängige Kandidatin, jedoch unterstützt von der Regierungspartei Georgischer Traum, setzte sie sich in der Stichwahl mit fast 60 % der abgegebenen Stimmen gegen ihren Konkurrenten Grigol Vaschadze durch, welcher insbesondere von der oppositionellen Vereinigten Nationalen Bewegung von Ex-Präsident Saakaschwili unterstützt wurde (FH 2023a). Die OSZE beurteilte die Wahl als kompetitiv und gut administriert, wobei der Wahlkampf von einer scharfen Rhetorik und Demonstrationen begleitet war. Zu den Kritikpunkten gehören die missbräuchliche Verwendung staatlicher Verwaltungsressourcen sowie eine qualitativ mangelhafte Wahl-Berichterstattung (OSCE 28.2.2019).

Das Parlament Georgiens hat 150 Sitze, wovon 120 Sitze über Parteienlisten und 30 Sitze über Direktmandate in Wahlkreisen vergeben werden (Eurasianet 29.6.2020). Die Änderungen zu einem reinen Verhältniswahlrecht wurden vom Parlament für die nächsten, planmäßig 2024 stattfindenden Wahlen beschlossen (USDOS 20.3.2023). Am 6. Februar 2023 verabschiedete die Zentrale Wahlkommission Georgiens einen Erlass zur Einführung eines elektronischen Wählerregistrierungs- und Wahlsystems in den meisten Wahllokalen. 90 % der georgischen Wähler werden bei den Parlamentswahlen 2024 elektronisch wählen (Civil.ge 7.2.2023).

Bei den am 31.10.2020 durchgeführten Parlamentswahlen erzielte die bisherige Regierungspartei Georgischer Traum 48 % der abgegebenen Stimmen und erneut eine satte Mehrheit von 60 % der Mandate. Das größte Oppositionsbündnis, die Vereinigte Nationale Bewegung, erhielt 27 % der abgegebenen Stimmen zugeschrieben (Civil.ge 4.12.2020).

Die unterlegene Opposition prangerte erhebliche Wahlmanipulationen an und mobilisierte ihre Anhänger auf der Straße (REU 31.10.2020). Gemäß der OSZE waren die Parlamentswahlen weitgehend kompetitiv, und insgesamt wurden die Grundfreiheiten respektiert. Dennoch haben weitverbreitete Vorwürfe der Ausübung von Druck auf Wähler und Vorwürfe der unklaren Abgrenzung zwischen der Regierungspartei und dem Staat das Vertrauen der Öffentlichkeit in einige Aspekte des Ablaufs der Wahl unterminiert. Der grundlegend überarbeitete Rechtsrahmen bot eine solide Grundlage für die Abhaltung demokratischer Wahlen. Die technischen Aspekte der Wahlen wurden trotz der Herausforderungen durch die COVID-19-Pandemie effizient gehandhabt. Jedoch hat sich die Dominanz der Regierungspartei in den Wahlkommissionen negativ auf die Wahrnehmung ihrer Unparteilichkeit und Unabhängigkeit ausgewirkt, insbesondere auf den unteren Ebenen (OSCE 5.3.2021).

Nach den Wahlen im Jahr 2020 boykottierte die Opposition wegen behaupteten Wahlbetrugs ihre Sitze im Parlament. Im April 2021 brachten Vermittlungsbemühungen der EU ein Abkommen zwischen der Regierungspartei Georgischer Traum und Oppositionsparteien zustande, wodurch der Boykott beendet wurde (HRW 13.1.2022). Am 8.6.2021 hat auch die größte Oppositionspartei, die Vereinigte Nationale Bewegung, ihren Boykott beendet und nahm erstmals an einer Parlamentssitzung teil (FNS 11.6.2021).

Georgien unterzeichnete 2014 ein Assoziierungsabkommen einschließlich einer vertieften und umfassenden Freihandelszone mit der EU (ADA 2.2022). Anfang März 2022 beantragte Georgien offiziell eine Mitgliedschaft bei der Europäischen Union (Zeit online 3.3.2022).

Sicherheitslage

Letzte Änderung 2023-10-03 13:29

Georgien ist von verschiedenen innenpolitischen und internationalen Risiken, Konflikten und Krisen betroffen, die die Sicherheit, den Zusammenhalt und die nachhaltige Entwicklung der Region gefährden (UB-FO 5.2022). Aufgrund des russischen militärischen Angriffs auf die Ukraine haben die Spannungen in der Region zugenommen. Auch bestehen gewisse politische Spannungen, u. a. im Zusammenhang mit den ungelösten Konflikten in den Regionen Abchasien und Südossetien. In den städtischen Zentren kann es gelegentlich zu Demonstrationen und Protestaktionen kommen. Die Lage kann in den meisten Landesteilen als stabil bezeichnet werden (EDA 16.5.2023; vgl. AA 10.8.2023).

Im März 2023 kam es in der Hauptstadt Tiflis zu mehrere Tage langen Unruhen als Reaktion auf den umstrittenen Gesetzesentwurf über "ausländische Agenten", was zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei führte. Daraufhin beschuldigten De-facto-Beamte im abtrünnigen Abchasien und russische Beamte westliche Länder, einen Putsch in Georgien anzuzetteln, um "eine zweite Front gegen Russland" zu eröffnen. Die de-facto-Führung Abchasiens organisierte vom 12. bis 14. März 2023 militärische Übungen entlang der Trennungslinie und begründete dies mit der Notwendigkeit einer verstärkten Ausbildung angesichts der "veränderten geopolitischen Lage in der Region". Abchasien und Russland hielten am 24. März 2023 eine gemeinsame "defensive" Militärübung ab (ICG 3.2023).

Die Situation an den Verwaltungsgrenzen zwischen Georgien und den Regionen Abchasien und Südossetien, welche sich nicht unter der Kontrolle der georgischen Regierung befinden, ist stabil (AA 10.8.2023). Die Beobachtungsmission der Europäischen Union in Georgien, die in erster Linie darauf abzielt, die Lage vor Ort zu beobachten, über Zwischenfälle zu berichten und generell durch ihre Präsenz in den betreffenden Gebieten zu einer Verbesserung der Sicherheitslage beizutragen (UNHRC 11.8.2023), hält die Lage hier für relativ stabil und das Risiko von Zwischenfällen gering (EUMM o.D.). Trotz vordergründiger Ruhe kann ein erneutes Aufflammen des Konfliktes zwischen den beiden Regionen und Georgien nicht ausgeschlossen werden (EDA 16.5.2023; vgl. AA 10.8.2023). Die eigenen Streitkräfte der beiden Regionen werden durch russisches Militär und russische Grenztruppen unterstützt (AA 26.5.2023; vgl. UNGA 1.5.2023). Zivilpersonen, die sich hier aufhalten, sind von Inhaftierung wegen sogenannter "illegaler Grenzübertritte" betroffen (UNGA 1.5.2023). Menschen, die in der Nähe der Besatzungslinie zu Südossetien und Abchasien leben, spüren täglich die Gefahr. Dort werden zum Teil Zivilisten entführt und erleben Gewalt. Die de-facto-Grenzlinien werden von russischer Seite verschoben und willkürlich durchgesetzt (NTV 18.6.2022; vgl. NZZ 25.8.2022).

Über seine militärische Präsenz und Sicherheitsmaßnahmen entlang der Grenzen zu Georgien hinaus hat Russland mit Abchasien einen Vertrag über eine strategische Partnerschaft (24. November 2014) sowie mit Südossetien einen Bündnis- und Integrationsvertrag (18. März 2015) geschlossen, welche deren Einbindung in einen gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungsraum bestätigen (BS 23.2.2022). Seinerseits thematisiert Georgien die eigene territoriale Integrität, insbesondere in den Gebieten Südossetien und Abchasien, auf der politischen europäischen Ebene (LS 13.6.2023; vgl. PÖ 7.6.2023), wobei die Hoffnung auf eine engere Anbindung an die EU und die NATO gesetzt wird (EP 4.2023). Kraft des georgischen Gesetzes gelten die Gebiete der Autonomen Republik Abchasien und die Region Zchinwali (Südossetien) als besetzt (PoG 15.7.2020a). Auch das Europäische Parlament erkennt sie als besetzte georgische Gebiete an (UNSC 9.8.2023).

Die EU setzt sich entschieden für die Souveränität und territoriale Integrität Georgiens innerhalb international anerkannter Grenzen ein, indem sie unter anderem eine aktive Rolle bei Konfliktmanagement und -lösung spielt. Die Arbeit des EU-Sonderbeauftragten für den Südkaukasus und die Krise in Georgien, die Arbeit der Beobachtungsmission der Europäischen Union (EUMM) und eine breite Palette von Projektaktivitäten über die Verwaltungsgrenzen hinweg (ABLs) gehören zu den wichtigsten Aspekten dieser Unterstützung (EC 10.8.2022).

Der Beitritt zur EU und NATO zählt zu den wichtigsten außenpolitischen Zielen Georgiens. Im März 2022 stellte Georgien einen Antrag auf EU-Mitgliedschaft (CIA 25.9.2023). 1994 trat Georgien dem Programm "Partnership for Peace" der NATO bei. Seit 2010 befindet sich ein Verbindungsbüro der NATO in Georgien (NATO 12.4.2023). Georgien ist einer der Teilnehmerstaaten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSCE o.D.).

Rechtsschutz / Justizwesen

Letzte Änderung 2023-10-03 08:40

Die Reform der Justiz ist seit Regierungsbeginn eines der wichtigsten Vorhaben der Partei 'Georgischer Traum'. Im Vergleich zur Vorgängerregierung hat die Unabhängigkeit der Justiz große Fortschritte gemacht. In der Regel ist davon auszugehen, dass die Justiz unabhängig und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen entscheidet. Ungeachtet der institutionellen Unabhängigkeit der Justiz ist das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz wenig ausgeprägt. Politisch motivierte Strafverfolgung war bis [zum Regierungswechsel] 2012 erkennbar und erfolgte in der Regel durch fingierte Vorwürfe von Korruption, Amtsmissbrauch oder Steuervergehen. Seit 2012 laufende Ermittlungen oder mit rechtskräftigen Urteilen abgeschlossene Strafverfahren gegen hochrangige Mitglieder und nachgeordnete Mitarbeiter der ehemaligen Regierung werden von georgischen und ausländischen NGOs nicht als politisch motiviert eingeschätzt, sondern beruhen auf rechtswidrigen bzw. strafrechtlich relevanten Handlungen durch Amtsträger oder Parteifunktionäre der Vorgängerregierung. NGOs äußern immer wieder Zweifel an der Unabhängigkeit von Gerichten und Staatsanwaltschaft. Sie kritisieren, dass die Selbstverwaltung der Justiz von einer engen Machtgruppe beherrscht werde, die auch die Ernennungen der obersten Richter kontrolliere (AA 26.5.2023).

Trotz laufender Justizreformen beeinflussen Exekutive und Legislative die Justiz. Auch die mangelnde Transparenz und Professionalität bei Gerichtsverfahren stellen ein Problem dar (ADA 2.2022; vgl. FH 2023a). Richter des Obersten Gerichtshofs werden vom Hohen Justizrat ernannt und vom Parlament gebilligt. Ein Selbstverwaltungsorgan der Justiz wählt die Mehrheit der Mitglieder des Rates (FH 2023a).

Das Gesetz garantiert ein ordnungsgemäßes Verfahren, aber die damit verbundenen Vorschriften werden nicht immer respektiert. Urteile des Verfassungsgerichts in Bezug auf ordnungsgemäße Verfahren werden mangelhaft umgesetzt. Es kommt zu administrativen Verzögerungen bei Gerichtsverfahren, zu Verletzungen der Unschuldsvermutung, Nichteinhaltung von Vorschriften in Bezug auf Inhaftierung und Verhöre sowie Verweigerung des Zugangs zu einem Anwalt bei Festnahme (FH 2023a).

Obwohl sich die regierende georgische Partei dazu verpflichtet hat, eine ehrgeizige Justizreform umzusetzen, wurden die Postenbesetzungsverfahren im Justizwesen dennoch auch im Jahr 2021 ohne umfassende Reformen fortgesetzt. Die Reformen im Justizwesen sind ins Stocken geraten und haben in wichtigen Bereichen Rückschritte gemacht. In der Phase von Ernennungsverfahren durch das Parlament fehlt es an angemessenen Schutzgarantien, was die Integrität des gesamten Prozesses untergräbt (EC 10.8.2022). Das Büro der Ombudsperson hat in einer Einreichung an das georgische Parlament im Oktober 2022 eine Reihe von Vorschlägen für eine Justizreform gemacht. Keiner dieser Vorschläge wurde angenommen (UNHRC 17.7.2023).

Sicherheitsbehörden

Letzte Änderung 2023-10-03 08:52

Bestechung bzw. Bestechlichkeit von Polizisten sind allgemein nicht mehr zu verzeichnen. In ihrer Rolle als Hüter von Regeln werden sie öffentlich als zurückhaltend, aber auch oft als untätig oder wenig effektiv wahrgenommen. Der Staatssicherheitsdienst tritt nicht als Repressionsinstrument auf, hat jedoch weitreichende Kompetenzen und ist in seiner Tätigkeit nur eingeschränkt transparent. Staatliche Stellen haben auch weitreichenden Zugang zu elektronischer Kommunikation der Bevölkerung und zu den persönlichen Daten, die bei privaten Netzbetreibern hinterlegt sind (AA 26.5.2023).

Das Innenministerium und der Staatssicherheitsdienst (SSSG) tragen die Hauptverantwortung für den Gesetzesvollzug und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung. Das Ministerium ist die primäre Organisation für die Vollziehung von Gesetzen und umfasst die nationale Polizei, die Grenzsicherheitskräfte und die georgische Küstenwache. Der SSSG ist der Inlandsnachrichtendienst, welcher für Spionageabwehr, Terrorismusbekämpfung und Korruptionsbekämpfung zuständig ist. Es gibt Anzeichen dafür, dass Regierungsbeamte zeitweise nicht die alleinige Kontrolle über die inländischen Sicherheitskräfte ausüben(USDOS 20.3.2023).

Im Jahr 2021 stimmten die Abgeordneten des georgischen Parlaments für die Abschaffung des SIS (State Inspector’s Service) (Agenda.ge 31.12.2021; vgl. USDOS 20.3.2023), einer Behörde, die mutmaßliche Menschenrechtsverletzungen durch Strafverfolgungsbeamte untersuchte und mit der Aufsicht zum Schutz personenbezogener Daten betraut war. Mit dem neuen Gesetz sind zwei separate Institutionen (Special Investigative Service; Personal Data Protection Service) gegründet worden (UN Georgia 14.1.2022). Im Gegensatz zum bisherigen Aufgabenbereich, in allen Bereichen des Gesetzesvollzugs gleichermaßen zu ermitteln, ermächtigt das Gesetz die neue Ermittlungsbehörde nicht, bestimmte von Staatsanwälten begangene Straftaten wie Mord und Körperverletzung zu untersuchen (USDOS 20.3.2023).

Eine laufende Polizeireform zielt auf die Trennung der Rollen zwischen Staatsanwälten und Ermittlern sowie zwischen operativen und investigativen Funktionen von Polizeibeamten ab. Bürgernahe und nachrichtendienstlich geführte Polizeiarbeit soll ausgeweitet, die zentralisierte analytische Arbeit verbessert, der Kampf gegen Computerkriminalität und Organisierte Kriminalität intensiviert sowie die internationale Zusammenarbeit ausgebaut werden (EC 10.8.2022).

Mit Stand Oktober 2022 waren an das Büro der Ombudsperson 70 Beschwerden über Misshandlungen durch Gefängnispersonal oder Polizei herangetragen worden (HRW 12.1.2023).

Folter und unmenschliche Behandlung

Letzte Änderung 2023-10-03 08:55

Georgien ist dem UN-Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (einschließlich der Zusatzprotokolle) beigetreten (OHCHR o.D.a). Die Verfassung Georgiens sowie gesetzliche Vorgaben verbieten Folter und unmenschliche Behandlung, dennoch wenden Berichten zufolge Staatsbedienstete solche Methoden in der Praxis an (USDOS 20.3.2023). Vorfälle von Gewaltanwendung scheinen auf Einzelfälle reduziert, ein systemischer Charakter ist nicht mehr feststellbar (AA 26.5.2023). Mit Stand Oktober 2022 waren an die Ombudsperson 70 Beschwerden in Bezug auf Misshandlungen durch Gefängnispersonal oder Polizei herangetragen worden. Straffreiheit in Fällen missbräuchlicher Handlungen durch Gesetzesvollzugsorgane hält an (HRW 12.1.2023).

Die Vereinten Nationen und die EU zeigen sich besorgt über die Zerschlagung des georgischen Staatlichen Inspektionsdienstes (State Inspector's Service) im Jahr 2022. Der Staatliche Inspektionsdienst untersuchte als unabhängige Einrichtung behauptete Menschenrechtsverletzungen, welche von Gesetzesvollzugsorganen begangen wurden. Anstatt des Staatlichen Inspektionsdienstes entstanden nun zwei separate Institutionen: der Spezielle Ermittlungsdienst (Special Investigative Service) und der Dienst zum Schutz persönlicher Daten (Personal Data Protection Service) (UN Georgia 14.1.2022). Der Spezielle Ermittlungsdienst hat den Auftrag, Vorwürfe von Folter und unmenschlicher und erniedrigender Behandlung durch Strafverfolgungsbeamte zu untersuchen. Das Büro der Ombudsperson stellte fest, dass sich die Zuständigkeit des speziellen Ermittlungsdienstes nicht auf mutmaßlich begangene Straftaten des Generalstaatsanwalts, des Innenministers oder des Leiters des Sicherheitsdienstes erstreckt (UNHRC 17.7.2023).

Die Regierung erlaubt ein unabhängiges Monitoring der Lage in den Gefängnissen durch Organisationen wie das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter (CPT) (USDOS 20.3.2023). Die Ombudsperson ist der Ansicht, dass sich die Situation in Bezug auf die Behandlung von festgenommenen Personen durch die Polizei im Jahr 2022 im Vergleich zu den Vorjahren nicht wesentlich verändert hat (PDG 3.4.2023). Im März 2023 stattete das CPT Georgien einen Ad-hoc-Besuch ab und untersuchte die Situation im Bereich der Gesundheitsfürsorge im Strafvollzug in der Klinik "VivaMedi"(CoE 29.3.2023). Ärztliche Untersuchungen in Haftanstalten finden in keinem vertraulichen Rahmen statt. Dies erschwert die Identifizierung und Dokumentierung von Gewaltvorfällen (PDG 3.4.2023).

Korruption

Letzte Änderung 2023-10-03 08:57

Georgien hat seit 2012 keine großen Fortschritte bei der Korruptionsbekämpfung gemacht (Jam News 31.1.2023; vgl. EC 10.8.2022). Während das Land bei der Bekämpfung der Kleinkorruption Fortschritte gemacht hat, bleibt Korruption auf höheren Ebenen ein Problem. Es existiert keine unabhängige Behörde zur Bekämpfung von Korruption auf höheren Ebenen (USDOS 20.3.2023). Bestechung bzw. Bestechlichkeit von Polizisten sind allgemein nicht mehr zu verzeichnen (AA 26.5.2023).

Die Regierungspartei Georgischer Traum kontrolliert die wichtigsten staatlichen Institutionen, die Justiz und die Strafverfolgungsbehörden, sodass Machtmissbrauch auf höchster Ebene weitgehend ungestraft bleibt (TI 31.1.2023). Korruption hat bei der staatlichen Postenbesetzung und bei der öffentlichen Beschaffung die Form von Vettern- und Günstlingswirtschaft angenommen. Die mangelnde Unabhängigkeit sowohl der Gesetzesvollzugsbehörden als auch der Justiz behindert die wirksame Anwendung von Antikorruptionsgesetzen. Erfolgreiche Klagen gegen hochrangige Beamte sowie gegen Personen, welche solchen Beamten nahestehen, sind selten (FH 2023a).

Die Verlegung des Sekretariats des Anti-Korruptionsrates von der analytischen Abteilung des Justizministeriums in die Verwaltung der Regierung wurde in der Praxis noch nicht vollständig umgesetzt. Infolgedessen wurden die Ausarbeitung und Annahme der neuen nationalen Korruptionsbekämpfungsstrategie und die Umsetzung der Methodologie zur Korruptionsrisikobewertung verzögert (EC 10.8.2022).

Gemäß dem Corruption Perceptions Index 2022 von Transparency International wird Georgien mit 56 von 100 Punkten bewertet (0=sehr korrupt, 100=sehr wenig korrupt). Georgien liegt gleichauf mit Tschechien, Italien und Slowenien. (Der Corruption Perceptions Index misst das von Experten und Geschäftsleuten wahrgenommene Korruptionsniveau im öffentlichen Sektor) (TI 1.2023).

NGOs und Menschenrechtsaktivisten

Letzte Änderung 2023-10-03 09:15

Menschenrechtsorganisationen und andere NGOs können sich ohne Probleme registrieren und ihre Arbeit durchführen. Sie werden in der Öffentlichkeit gut wahrgenommen und können auch Einfluss auf die politische Willensbildung ausüben (AA 26.5.2023). In den meisten Fällen werden die Tätigkeiten von Menschenrechtsorganisationen durch die Regierung nicht eingeschränkt. Menschenrechtsorganisationen dürfen frei ermitteln und die Ergebnisse ihrer Arbeit veröffentlichen (USDOS 20.3.2023). Während manche NGOs in die politischen Diskussionen einbezogen werden (FH 2023a; vgl. AA 26.5.2023), berichten andere, dass sie politischem Druck ausgesetzt sind, vor allem in Form von Kritik und Ausschluss vom politischen Dialog (FH 2023a).

Da NGOs in der Gesellschaft relativ schwach verankert sind, können sie leicht ins Visier populistischer Politiker geraten. Trotzdem erlegt der Staat den NGOs keine formellen Beschränkungen auf, und sie können finanzielle Zuwendungen aus dem Ausland erhalten. Ihre Einflussnahme auf die demokratische Regierungsführung bleibt begrenzt. Sie können jedoch Einfluss auf die politische Agenda nehmen, indem sie kritische Argumente für öffentliche Debatten liefern. Über die von der EU unterstützte Nationale Plattform des Forums der Zivilgesellschaft hat Letztere die Möglichkeit, ihre Anliegen auf internationaler Ebene kundzutun (BS 23.2.2022). Die Zivilgesellschaft ist weiterhin sehr aktiv, wenn es z. B. darum geht, öffentliche Institutionen, auch bis zu einem gewissen Grad auf lokaler Ebene, zur Rechenschaft zu ziehen (EC 10.8.2022).

Allgemeine Menschenrechtslage

Letzte Änderung 2023-10-03 09:24

Gemäß Artikel 4 der georgischen Verfassung schützt und anerkennt der Staat die universell anerkannten Menschenrechte und Freiheiten als ewige und höchste menschliche Werte. Bei der Ausübung der Staatsgewalt sind das Volk und der Staat an diese Rechte und Freiheiten als unmittelbar anwendbares Recht gebunden. Die einzelnen fundamentalen Menschenrechte sind explizit im Kapitel 2 der Verfassung aufgeführt. Die Verfassung leugnet nicht andere allgemein anerkannte Menschenrechte und Freiheiten, die hier nicht ausdrücklich erwähnt werden, die sich aber aus den Grundsätzen der Verfassung ergeben (Artikel 4) (PoG 29.6.2020).

Georgien verfügt über starke nationale und verfassungsrechtlich garantierte Menschenrechtsinstitutionen, wie z. B. das Amt der Ombudsperson (Public Defender), welches Einzelfälle aufgreift und Missstände aller Art regelmäßig öffentlich anspricht. Der vom georgischen Parlament ernannte unabhängige Public Defender beobachtet mit einem Stab von rund 140 Mitarbeitern und zehn Regionalbüros die Wahrung der Menschenrechte im Land und klärt problematische Vorfälle auf (AA 26.5.2023). Die Ombudsperson (Public Defender) berät die Regierung in Menschenrechtsfragen und analysiert außerdem die Gesetze, Strategien und Praktiken des Staates in Übereinstimmung mit den internationalen Standards und gibt entsprechende Empfehlungen ab. Basierend auf dem Gesetz zur "Beseitigung aller Formen von Diskriminierung" wird die Ombudsperson als Gleichbehandlungsstelle definiert. Eine von deren Hauptfunktionen ist es, die Umsetzung des Gesetzes zu überwachen. Das Büro der Ombudsperson führt zudem Bildungsaktivitäten im Bereich der Menschenrechte und Freiheiten durch und reicht beim Verfassungsgericht Beschwerden ein, wenn die Menschenrechte und Freiheiten durch einen normativen Akt verletzt werden (ENNHRI o.D.). Am 7. März 2023 wurde Lewan Ioseliani, Rechtsanwalt und bis zu seiner Wahl Parlamentsabgeordneter für die Oppositionspartei "Bürger", als Ombudsperson vom Parlament gewählt (AA 26.5.2023). NGOs betrachten das Amt der Ombudsperson, das sich mit Menschenrechten befasst und Anschuldigungen über Missbrauch und Diskriminierung prüft, als die objektivste Menschenrechtseinrichtung des Landes (USDOS 20.3.2023).

NGOs äußern immer wieder Zweifel an der Unabhängigkeit von Gerichten und Staatsanwaltschaft. Sie kritisieren, dass die Selbstverwaltung der Justiz von einer engen Machtgruppe beherrscht wird, die auch die Ernennungen der obersten Richter kontrolliert. Im Vergleich zur Vorgängerregierung hat die Unabhängigkeit der Justiz große Fortschritte gemacht. Im Justizwesen und Strafvollzug kann eine menschenrechtswidrige Behandlung, die bis 2012 systemisch vorhanden war, in aller Regel nicht mehr festgestellt werden. Menschenrechtsorganisationen können sich ohne Probleme registrieren und ihre Arbeit durchführen. Die Lage der Menschenrechte hat in vielen Bereichen einen guten Stand erreicht. Problematisch bleibt die mangelnde politische, soziale und wirtschaftliche Teilhabe Angehöriger ethnischer Minderheiten sowie insbesondere die ablehnende Einstellung der Gesellschaft gegenüber sexuellen Minderheiten (AA 26.5.2023).

Meinungs- und Pressefreiheit

Letzte Änderung 2023-10-03 09:33

Die Verfassung und die Gesetze sehen Meinungs- und Pressefreiheit vor. Die Bürger dürfen dieses Recht im Allgemeinen frei ausüben, obwohl die Regierung diese Freiheiten nicht ausreichend schützt. Im Laufe des Jahres 2022 äußerten Journalisten, NGOs und die internationale Gemeinschaft Bedenken hinsichtlich des Umfelds für den Medienpluralismus. Einige Medien und NGOs äußern weiterhin ihre Besorgnis über politische Einflüsse auf die Medienlandschaft. NGOs berichten von Angriffen auf Journalisten (USDOS 20.3.2023).

Die Bürger genießen im Allgemeinen Meinungsfreiheit, auch in ihrer Online-Kommunikation. Allerdings äußern Watchdog-Gruppen Bedenken, dass staatliche Behörden Überwachung und Datensammlung ohne eine angemessene Aufsicht betreiben dürfen (FH 2023a; vgl. AA 26.5.2023). Im Jahr 2022 wurden die Überwachungsbefugnisse der Sicherheitsdienste ausgeweitet, während die Kontrollen der Überwachung durch die Bestimmungen eines umstrittenen Überwachungsgesetzes geschwächt wurden (FH 2023a).

Die georgische Presselandschaft ist stark politisiert und neigt schnell zu Übertreibungen (AA 26.5.2023). Trotzdem sind die Medien durchaus vielfältig. Der Staat versucht, die Medien zu kontrollieren, und auf der anderen Seite respektieren die Medienorganisationen nicht immer die journalistischen ethischen Standards (HRC 2023). Manipulation, Hassreden und Desinformation sind in den Medien weit verbreitet, insbesondere im Fernsehen, der wichtigsten Informationsquelle. Die Eigentümer der Medien kontrollieren häufig die redaktionellen Inhalte. Verbale und körperliche Angriffe auf Journalisten sind häufig, auch durch hohe Regierungsbeamte, insbesondere während Wahlkämpfen. Auf der weltweiten Rangliste der Pressefreiheit 2023 von Reporter ohne Grenzen rangiert Georgien gegenwärtig auf Platz 77 von insgesamt 180 Plätzen (RSF o.D.).

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit

Letzte Änderung 2023-10-03 09:35

Die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sind durch die Verfassung und die Gesetze Georgiens garantiert (AA 26.5.2023). Menschenrechtsorganisationen äußern sich besorgt über die gesetzlichen Bestimmungen, darunter die Verpflichtung, dass politische Parteien und andere Organisationen den lokalen Behörden fünf Tage im Voraus mitteilen müssen, wenn sie sich in einem öffentlichen Bereich versammeln wollen, wodurch spontane Demonstrationen ausgeschlossen werden (USDOS 20.3.2023).

Es kam zu einer Reihe von Fällen außergewöhnlicher Einschränkungen der Versammlungs- und Meinungsfreiheit in Georgien. Bei Versammlungen und Demonstrationen greifen Polizeikräfte für gewöhnlich ein (Eurasianet 5.6.2023) und lösen diese gelegentlich auch durch exzessive Polizeigewalt auf (FH 2023a). Versammlungen finden vor dem Hintergrund einer angespannten politischen Situation statt (BS 23.2.2022).

Die Regierung vollzieht die Gesetze, welche die Vereinigungsfreiheit der Arbeitnehmer schützen oder gewerkschaftsfeindliche Diskriminierung verbieten, nicht wirksam. Rechtsmittel, um gegen willkürliche Entlassungen anzukämpfen, und Rechtsstreitigkeiten über Arbeitsrechte sind mit langen Verzögerungen verbunden (USDOS 20.3.2023).

Im März 2023 kam es zu Demonstrationen gegen das von der Regierung geplante Gesetz "ausländischer Agent". Hierbei handelt es sich um einen Gesetzesentwurf, der NGOs und Medienunternehmen dazu verpflichten würde, sich als "ausländischer Agent" zu registrieren, wenn sie mindestens 20 % ihrer Mittel aus dem Ausland erhalten. Während der Demonstrationen nahm die Polizei mehrere Personen fest. Am 9. März 2023 kündigte schlussendlich die Regierungspartei an, die Gesetzesentwürfe zurückzuziehen (HRW 8.3.2023).

Das Versammlungsrecht sexueller Minderheiten wird selten geschützt (FH 2023a), die Versammlungsfreiheit für diese Gemeinschaft ist nicht gewährleistet (AA 26.5.2023).

Opposition

Letzte Änderung 2023-10-03 09:36

Die politischen Freiheiten sind verfassungsrechtlich verankert. Die politische Opposition kann ungehindert agieren und die bestehende Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit in Anspruch nehmen (AA 26.5.2023).

Der politische Lernprozess wurde seit der Unabhängigkeit durch die anhaltende tiefe Spaltung in der georgischen Politik beeinträchtigt (BS 23.2.2022). Die geringe politische Erfahrung vieler Abgeordneter sowie hierarchische Traditionen und Klientelstrukturen in der Gesellschaft erschweren die Festigung demokratischer Strukturen, auch wenn Recht und Institutionen in den Bereichen Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit seit 2012 kontinuierlich an internationale Standards angepasst wurden (AA 26.5.2023).

Die Opposition ist in Georgien nicht sehr beliebt. Sie ist gespalten, an den Rand gedrängt und bedient sich seit Jahren der gleichen Slogans (CEIP 2.5.2023). In der georgischen Gesellschaft herrscht eine tiefe politische Polarisierung. Die politischen Akteure räumen der Zivilgesellschaft wenig Raum ein und verfolgen losgelöst von ihr die eigene Agenda. Dies erschüttert das Vertrauen in den Staat und seine Institutionen (Böll 21.7.2023).

Das Verhältnis zwischen Regierung und Opposition bleibt konfrontativ und kontraproduktiv. Nur in seltenen Fällen gelingt es beiden politischen Lagern, ihre erheblichen Differenzen zu überbrücken. Zivilgesellschaftliche Akteure sind bei der Konfliktbewältigung und dem Aushandeln von Kompromissen (mit der Hilfe vom Westen) verstärkt aktiv und kompensieren so eine schwache politische Opposition (BS 23.2.2022).

Kritiker werfen der Regierungspartei "Georgischer Traum" vor, die Kontrolle über die staatlichen Institutionen und die Sicherheitskräfte auszuweiten (CFR 21.6.2023). Im September 2022 veröffentlichte der oppositionsnahe Fernsehsender TV Pirveli durchgesickertes Material, das angeblich die massive Überwachung von Oppositionsparteien durch den Staatssicherheitsdienst zugunsten der Regierungspartei dokumentiert. Das Material zeigt die Überwachung führender Politiker im öffentlichen und privaten Bereich (HRW 12.1.2023).

2019/2020 kam es zu einer Reihe von Strafverfahren und Verurteilungen von Oppositionspolitikern und der Opposition nahestehenden Personen wegen unterschiedlicher Delikte (AA 26.5.2023).

Haftbedingungen

Letzte Änderung 2023-10-03 09:39

Grundlegende Reformen im Strafrecht und Strafvollzug haben die Haftbedingungen in den georgischen Gefängnissen deutlich verbessert (AA 26.5.2023). Während die Lebensbedingungen in den Gefängnissen und Haftanstalten im Allgemeinen adäquat sind, sind in einigen älteren Einrichtungen Belüftung, natürliches Licht, Platz und Gesundheitsversorgung nicht ausreichend (USDOS 20.3.2023). Nach Angaben der medizinischen Abteilung des Strafvollzugsdienstes des Justizministeriums erlitten von 1.1.2022 bis 31.10.2022 2.047 Gefangene in Strafvollzugsanstalten Körperverletzungen. 384 dieser Verletzungen wurden von einer anderen Person verursacht. In 37 Fällen machte der Häftling keine Angaben zur Ursache der Verletzungen. Die restlichen 1.626 Fälle von Körperverletzungen wurden als Selbstverletzungen oder gewöhnliche Verletzungen registriert (PDG 3.4.2023). Gesetzliche Regelungen erlauben Alternativen zur Haft. NGOs und Gerichtsbeobachter berichten, dass die Justiz alternative Maßnahmen nicht adäquat anwendet. Auch verfügt die Regierung über keinen Monitoring-Mechanismus in Bezug auf Angeklagte, welche nicht in Haft sind (USDOS 20.3.2023).

Gemäß dem Generalinspektorat des Justizministeriums hat Gewalt von Insassen gegen Insassen zugenommen (USDOS 20.3.2023; vgl. FH 2023a).

Der „National Preventive Mechanism under the Public Defender's Office“ gibt der Ombudsperson vollen Zugang zu Haftanstalten. Die Überprüfung der Haftbedingungen gehört zu den ständigen Aufgaben des Büros des Public Defender (Ombudsperson), in dessen Jahresbericht ausführlich über Zustand und Entwicklung berichtet wird. Besuche der Ombudsperson in den Haftanstalten wurden zuletzt öfters aus Sicherheitsgründen abgebrochen. Nach Angaben des Büros der Ombudsperson haben Gefängnisbehörden absichtlich Konfliktsituationen mit Häftlingen provoziert (AA 26.5.2023). Die Regierung erlaubt ein unabhängiges Monitoring der Lage in den Gefängnissen durch internationale Organisationen, darunter das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter (CPT), und durch mehrere lokale sowie internationale Menschenrechtsgruppen (USDOS 20.3.2023).

Mit Stand 30.6.2023 betrug die Gesamtanzahl der Gefängnisinsassen in Georgien 9.627. 19,1 % der Gefängnisinsassen befanden sich in Untersuchungshaft. 3,5 % der Inhaftierten sind weiblichen Geschlechts, und 0,4 % sind unter 18 Jahre alt. Die Anzahl der Haftanstalten beträgt 13. Die offizielle Kapazität des Gefängnissystems beträgt ca. 12.000. Dessen Auslastung beträgt ca. 83 % (WPB o.D.).

Todesstrafe

Letzte Änderung 2023-10-03 09:39

In Georgien wurde 1997 die Todesstrafe für alle Straftaten abgeschafft (AA 26.5.2023; vgl. AI 16.5.2023). Dieses Verbot ist auch in Artikel 10 der Verfassung verankert (PoG 29.6.2020). Das zweite Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur Abschaffung der Todesstrafe hat Georgien ratifiziert (AI 16.5.2023).

Religionsfreiheit

Letzte Änderung 2023-10-03 09:45

Gemäß der Volkszählung von 2014 sind ca. 83 % der Bevölkerung griechisch-orthodox, ca. 11 % Muslime und rund 3 % Anhänger der armenisch-apostolischen Kirche. Es gibt einen starken Zusammenhang zwischen Ethnie, Religionszugehörigkeit und Heimatregion. Die meisten ethnischen Georgier gehören der georgisch-orthodoxen Kirche an. Eine geringe Anzahl an Personen, hauptsächlich ethnische Russen, ist anderen orthodoxen Gruppen zugehörig. Ethnische Aseris – überwiegend schiitische Muslime – bilden eine Bevölkerungsmehrheit in der südöstlichen Region Kvemo-Kartli. Weitere muslimische Gruppen sind u. a. die ethnisch georgischen Muslime in Adscharien und die tschetschenischen Kisten im Nordosten. Ethnische Armenier gehören hauptsächlich der armenisch-apostolischen Kirche an und bilden eine Bevölkerungsmehrheit in der südlichen Region Samtskhe-Javakheti. Katholiken, Jesiden, Griechisch-Orthodoxe, Menschen jüdischen Glaubens, nicht-traditionelle religiöse Gruppen wie z. B. Baptisten, Zeugen Jehovas, Pfingstbewegung, Internationale Gesellschaft für Krishna-Bewusstsein und Menschen ohne Bekenntnis machen 3 % aus (USDOS 15.5.2023; vgl. BAMF 10.2020).

Die Verfassung sieht Religionsfreiheit sowie Trennung von Kirche und Staat vor. Die Verfassung verbietet religiöse Verfolgung und erkennt die Gleichheit für alle ungeachtet der Religion an, vorbehaltlich von Erwägungen der öffentlichen Sicherheit oder Gesundheit oder der Rechte anderer (PoG 29.6.2020). Diskriminierung aufgrund des religiösen Bekenntnisses oder die Behinderung der Religionsausübung sind unter Strafe gestellt (AA 26.5.2023). Gesetze und politische Strategien gewähren der georgisch-orthodoxen Kirche jedoch Privilegien, die keiner anderen religiösen Gruppe gewährt werden (USDOS 15.5.2023; vgl. AA 26.5.2023). Die Rechte nicht dominanter religiöser Gruppen werden in Georgien auf Gesetzesebene sowie durch die lokalen und zentralen Regierungen verletzt (HRC 2023).

Ein Religionsrat beim Büro des Public Defender (Ombudsperson) mit Vertretern von 12 religiösen Organisationen soll den Austausch, Aktivitäten und Integration der verschiedenen Glaubensgemeinschaften fördern, konnte aber noch keine große Wirkung entfalten. Angehörige religiöser Minderheiten müssen mit Intoleranz und Nachteilen im gesellschaftlichen und beruflichen Leben rechnen, z. B. bei der Besetzung öffentlicher Ämter in verschiedenen Regionen (AA 26.5.2023). Nach Angaben der Ombudsperson gibt es eine verbesserte Tendenz zur Identifizierung von Hassmotiven, jedoch ist die Durchführung effektiver Ermittlungen durch die zuständigen Behörden bei dieser Art von Straftaten eine Herausforderung (PDG 3.4.2023).

Religiöse Minderheitengruppen berichten über Widerstand von Ortsgemeinden gegen die Errichtung von Andachtsstätten und gegen Errichtung religiöser Schulen für religiöse Minderheiten. Die Ombudsperson und religiöse Minderheitengruppen berichten über die weitverbreitete gesellschaftliche Meinung, dass religiöse Minderheiten eine Bedrohung für die Georgisch-Orthodoxe Kirche und die kulturellen Werte des Landes darstellen. Die NGO Media Development Foundation dokumentierte im Jahr 2022 98 Fälle religiös intoleranter Äußerungen in nationalen Medien, gegenüber 117 im Jahr zuvor (USDOS 15.5.2023). Religiöse Minderheiten - darunter Zeugen Jehovas und Muslime - berichten von Diskriminierung und Feindseligkeit, auch seitens georgisch-orthodoxer Priester und Anhänger (FH 2023a).

Ethnische Minderheiten

Letzte Änderung 2023-10-03 13:30

Nach der letzten Volkszählung aus dem Jahr 2014 liegt der Anteil ethnischer Minderheiten im von der georgischen Regierung kontrollierten Gebiet (d. h. ohne die abtrünnigen Regionen Abchasien und Süd-Ossetien) bei ca. 13 %. Die größte ethnische Minderheit stellen dabei die Aserbaidschaner (6,3 %), gefolgt von Armeniern (4,5 %) und Russen (0,7 %). Des Weiteren leben etliche kleinere ethnische Minderheiten in Georgien, wie z. B. Osseten, Griechen, Abchasen, Jesiden (Kurden), Ukrainer, Assyrer, Roma und Kisten (MRG o.D.; vgl. BAMF 10.2020, CIA 25.9.2023, FH 2023a).

Es gibt keine Gesetze, welche die politische Partizipation ethnischer und religiöser Minderheiten einschränken. Minderheiten sind jedoch auf allen Ebenen der Verwaltung unterrepräsentiert (FH 2023a). Die mangelnde politische, soziale und wirtschaftliche Teilhabe Angehöriger ethnischer Minderheiten bleibt eine Herausforderung. Die aserische und armenische Bevölkerung ist in den staatlichen Einrichtungen, z. B. Exekutivorganen, unterrepräsentiert (AA 26.5.2023).

Trotz einiger Fortschritte auf gesetzlicher und politischer Ebene in Georgien seit 2015 sind Rassismus und Intoleranz gegenüber einigen ethnischen Gruppen nach wie vor ein Problem (CoE 22.6.2023). Die Standards für den Schutz der Menschenrechte der verschiedenen Minderheitengruppen sind niedrig. Ethnische Minderheiten leben in einem diskriminierenden Umfeld (HRC 2023).

Die georgische Regierung bemüht sich, ethnische Minderheiten, vor allem die im Süden Georgiens in kompakten Siedlungsgebieten lebenden Armenier und Aserbaidschaner, in die georgische Mehrheitsgesellschaft zu integrieren. Georgischer Sprachunterricht einerseits und Fernsehsendungen in Minderheitensprachen andererseits sollen die Integration fördern und den Einfluss russischer Medien verringern (AA 26.5.2023). Das Niveau des georgischen Sprachunterrichts für ethnische Minderheiten im Land ist jedoch unzureichend. Seit 2015 werden in Georgien Sprachen nationaler Minderheiten unterrichtet (PDG 3.4.2023).

Angehörige ethnischer Minderheiten gehören häufig zugleich auch einer religiösen Minderheit an. Auch aufgrund der Religionszugehörigkeit kann es zu bereits dargestellten Problemen wie Diskriminierungen oder Vorurteilen kommen (BAMF 10.2020).

Relevante Bevölkerungsgruppen

Frauen

Letzte Änderung 2023-10-03 09:54

Die Istanbul-Konvention des Europarats zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt wurde von Georgien im Jahr 2017 ratifiziert und trat im selben Jahr in Kraft (CoE o.D.). Georgien hat außerdem die Konvention zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frauen (CEDAW) - im Jahr 1994 - ratifiziert (OHCHR o.D.b). Gesetzlich sind Frauen den Männern gleichgestellt und genießen auch im öffentlichen Leben die gleichen Rechte, welche sie aber aufgrund gesellschaftlicher Traditionen und Konventionen, ungeachtet gleich hohen Bildungsstandes, nicht immer ausüben können (AA 26.5.2023; vgl. FH 2023a). Um Frauen eine aktivere Rolle in der Politik zu ermöglichen (UNDP o.D.), müssen in Georgien mindestens 25 % der Kandidaten auf den Parteilisten weiblichen Geschlechts sein (FH 2023a). Trotzdem ist die politische Beteiligung von Frauen nach wie vor gering (UNDP o.D.). Das liegt u. a. an den Geschlechterstereotypen, die sich in den Köpfen der Öffentlichkeit festgesetzt haben, und an der nicht ernsthaften Wahrnehmung des Themas der Gleichstellung der Geschlechter durch männliche Politiker (GIP 5.5.2023). Obwohl eine kontinuierliche Verbesserung des Zugangs von Frauen zum Arbeitsmarkt festzustellen ist, sind Frauen unabhängig von ihren beruflichen und akademischen Qualifikationen in schlecht bezahlten, gering qualifizierten Positionen überrepräsentiert (USDOS 20.3.2023).

Gewalt gegen Frauen ist weiterhin ein ernstes Problem. Fälle häuslicher Gewalt werden von der Gesellschaft und den Behörden meist als interne Familienangelegenheit betrachtet. Die Bereitschaft, dagegen Maßnahmen zu ergreifen, nimmt jedoch weiterhin zu (AA 26.5.2023; vgl. HRC 2023). Es bestehen Fortschritte bei der Entwicklung der staatlichen Politik und bei der Reaktion auf Fälle häuslicher Gewalt durch Vollzugsbeamte. Dennoch ist es für die Strafverfolgungsbehörden problematisch, Fälle von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt als eine einzige Straftat zu erkennen und zu systematisieren (HRC 2023).

Vergewaltigung ist gesetzeswidrig. Ersttäter können mit einer Haftstrafe von bis zu acht Jahren belangt werden. Die Regierung setzt das Gesetz nicht wirksam um. Den Ermittlungsbehörden fehlt es an Schulungen bzgl. wirksamer Abläufe für Fallbearbeitung und Beweissammlung (USDOS 20.3.2023). Die Vergewaltigung in der Ehe ist nicht ausdrücklich strafbar (FH 2023a). Gemäß der Ombudsperson wurden im Jahr 2022 25 Morde und 37 Mordversuche an Frauen gemeldet. Hier ist im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg zu verzeichnen [2021: 22 Morde; 31 Mordversuche] (PDG 3.4.2023).

Schutz vor häuslicher Gewalt kann in Frauenhäusern oder Einrichtungen für Mütter und Kinder geboten werden (AA 26.5.2023). Der georgische Staat finanziert neben fünf Frauenhäusern auch fünf Krisenzentren, in denen Frauen eine Unterkunft beziehen können. Darüber hinaus gibt es eine staatliche Notrufnummer, die Informationen und Hilfe für Gewaltopfer bereitstellt. Der Staat bietet Frauen derzeit auch die Möglichkeit, einen neuen Beruf zu erlernen, jedoch reicht diese Unterstützung oftmals nicht aus, da viele Frauen ein Einkommen sofort benötigen (Chaikhana 27.12.2022).

Sexuelle Belästigung wird als eine Verwaltungsübertretung behandelt und hat strafrechtlich keine Folgen. Vor allem am Arbeitsplatz stellt sexuelle Belästigung ein Problem dar (USDOS 20.3.2023). Es kommt zu sehr wenigen Anzeigen und Fällen, die vor Gericht landen. Die anhaltenden patriarchalischen Normen und tief verwurzelten Stereotypen in der georgischen Gesellschaft neigen dazu, die Opfer zu beschuldigen und Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu dulden (UN Women 25.11.2022).

Gemäß dem Global Gender Gap Index 2023 des Weltwirtschaftsforums nimmt Georgien Rang 76 [55 im Jahr 2022] von insgesamt 146 Ländern ein. Rangmäßig befindet sich Georgien zwischen Äthiopien und Kenia. [Der Global Gender Gap Index misst die Entwicklung der Gesamtsituation für Frauen in Bezug auf folgende Aspekte: Teilnahme am Wirtschaftsleben; Bildungschancen; Gesundheit und politische Rechte.] (WEF 20.6.2023).

Kinder

Letzte Änderung 2023-10-03 10:01

Die UN-Kinderrechtskonvention wurde von Georgien im Jahr 1994 ratifiziert (OHCHR o.D.a.). Staatliche repressive Handlungen gegen Kinder gibt es in Georgien nicht. Jedoch ist die staatliche Unterstützung von Kindern – ob bei Bildung oder Sozialhilfe – gering. Der Erwerb des Familieneinkommens mithilfe von Kindern und die frühe Verheiratung von Mädchen sind insbesondere bei ethnischen Minderheiten verbreitet und akzeptiert mit der Folge, dass die Schulpflicht vernachlässigt wird (AA 26.5.2023). Gewalt gegen Kinder im familiären Umfeld, in Heimen, Pflegefamilien und Bildungseinrichtungen stellt ebenfalls ein erhebliches Problem dar (EC 10.8.2022; vgl. AA 26.5.2023). In allgemeinen Bildungseinrichtungen und Vorschulen fehlen qualifizierte Fachkräfte, die Anzeichen von Gewalt gegen Kinder rechtzeitig erkennen und darauf reagieren könnten (USDOS 20.3.2023). Die Sterblichkeitsrate bei Kindern unter fünf Jahren betrug im Jahr 2022 ca. 1 %(GHI o.D.).

Die Prävention von Straftaten sexueller Gewalt gegen Kinder, die rechtzeitige Aufdeckung und die wirksame Umsetzung der Strafverfolgung bleiben eine Herausforderung. Die nationale Gesetzgebung zu sexueller Gewalt gegen Kinder steht nicht im Einklang mit den verbindlichen Menschenrechtskonventionen, denen Georgien beigetreten ist. Allerdings ist die Strafverfolgungsrate bei Verbrechen sexueller Gewalt gegen Kinder gestiegen. Ein „Psychosoziales Servicezentrum“ (Barnahus) ermöglicht die Einführung eines kindgerechten Ansatzes in den Justizprozess und die Rehabilitierung von Kindern, die Opfer sexueller Gewalt geworden sind (PDG 3.4.2023).

Die Regierung hat die Ersetzung der Großwaisenhäuser durch alternative Einrichtungen weitgehend abgeschlossen (USDOS 20.3.2023; vgl. PDG 3.4.2023). Es wurden auch weiterhin Kinder ohne elterliche Fürsorge sowie Kinder mit Behinderungen, die in großen Waisenhäusern untergebracht waren, an Familien und familienähnliche Einrichtungen vermittelt. Die Regierung hat den Pool von Pflegeeltern aufgestockt, um Kinder aus Waisenhäusern aufzunehmen und einen Zustrom neuer Fälle in Waisenhäuser zu vermeiden (USDOS 20.3.2023). Trotz einiger positiver Schritte verzögert sich die Festlegung der weiteren Betreuungsformen für die noch in Waisenhäusern untergebrachten Kinder. Der Staat hat wie in den Vorjahren noch keine einheitliche Strategie zur Deinstitutionalisierung der Waisenhäuser entwickelt (PDG 3.4.2023).

Der Unterricht an öffentlichen Schulen ist kostenlos (IOM 12.2022). Die Schulbeteiligung von Kindern aus benachteiligten und marginalisierten Gruppen wie Straßenkindern, Kindern mit Behinderungen und Kindern in Pflegeheimen ist gering (USDOS 20.3.2023). Angesichts der unzureichenden Zahl an Hilfsangeboten und der Schwierigkeiten bei der Identifizierung von Betroffenen ist die Zahl der auf der Straße lebenden und/oder arbeitenden Kinder weiterhin hoch. In einigen Fällen müssen Kinder verschiedene schwere Arbeiten ausführen, die ihr Leben und ihre Gesundheit gefährden (PDG 3.4.2023). Die Regierung hat Gesetze und Vorschriften zum Thema Kinderarbeit erlassen. Allerdings gibt es Lücken im georgischen Rechtsrahmen, um Kinder angemessen vor den schlimmsten Formen von Kinderarbeit zu schützen, einschließlich des Mindestarbeitsalters. Gesetzlich ist Erwerbstätigkeit ab einem Alter von 16 Jahren erlaubt. Trotz der Bemühungen der Regierung, die schlimmste Form der Kinderarbeit zu bekämpfen, entspricht das Mindestarbeitsalter in Georgien nicht den internationalen Standards, da es nicht für den informellen Sektor gilt. Darüber hinaus verbietet das Strafgesetzbuch nicht ausdrücklich den Einsatz von Kindern für illegale Tätigkeiten. Kinder im Alter von 15 Jahren sind anfällig für die schlimmsten Formen von Kinderarbeit, da sie zwar nicht mehr schulpflichtig sind, aber auch keiner Vollzeitbeschäftigung nachgehen dürfen (USDOL 28.9.2022).

Eine der größten Herausforderungen für das Land bleibt die wachsende Kinderarmut. So ist die Zahl der Familien mit Kindern in der einheitlichen Datenbank für sozial schwache Familien im Vergleich zum Vorjahr um 28 % gestiegen, und die Zahl der Minderjährigen, die an dem Programm teilnehmen, erreichte 235.252. Die bestehenden Programme sind jedoch nicht in der Lage, die in Armut lebenden Familien langfristig zu unterstützen und ihre soziale Funktion zu verbessern (HRC 2023). Nach Angaben des Gesundheitsministeriums wurde die finanzielle Unterstützung für hilfsbedürftige Kinder im Jahr 2022 um GEL 50 [ca. EUR 17] erhöht, sodass seit Juli 2023 etwa 232.000 Kinder die erhöhte Unterstützung von GEL 200 [ca. EUR 70] erhalten. Die Sozialhilfe für Kinder mit Behinderungen wurde im Jahr 2022 zunächst auf GEL 275 [ca. EUR 96] und mit 2023 auf GEL 340 [ca. EUR 119] angehoben (Agenda.ge 20.4.2023).

Das gesetzliche Mindestalter für die Eheschließung beträgt für Männer und Frauen 18 Jahre. Die Zwangsverheiratung von Personen unter 18 Jahren wird mit zwei bis vier Jahren Freiheitsstrafe geahndet (USDOS 20.3.2023). Die Praxis der frühen Verheiratung und Verlobung stellt nach wie vor ein Problem dar (USDOS 20.3.2023; vgl. PDG 3.4.2023, Humanium o.D.). Im Jahr 2022 ist die Zahl der Fälle von Frühverheiratung (400 Fälle), die von der staatlichen Betreuungs- und Unterstützungsbehörde für Opfer von Menschenhandel untersucht wurden, deutlich höher als die Zahl der in den Vorjahren untersuchten Fälle. Nach wie vor ist es problematisch, dass minderjährige Mädchen aufgrund von Frühverheiratung keine Schulbildung mehr erhalten (PDG 3.4.2023).

Gemäß dem Index der Umsetzung von Kinderrechten erreicht Georgien 7,79 von insgesamt 10 Punkten, was „wahrnehmbare Probleme“ bedeutet (orange Stufe) (Humanium o.D.).

Bewegungsfreiheit

Letzte Änderung 2023-10-03 10:17

Georgier dürfen frei reisen, im Inland innerhalb des von der Regierung kontrollierten Territoriums sowie ins Ausland. Sie dürfen ihren Wohnsitz, ihre Beschäftigung und ihre Ausbildung ohne unangemessene Einmischung wechseln (FH 2023a).

Es ist nach georgischem Recht illegal, von Russland aus über Südossetien oder Abchasien nach Georgien einzureisen, da es keine offiziellen Grenzkontrollen gibt. Wer auf diesem Weg nach Georgien gelangt, muss mit Strafverfolgung rechnen (DFA 17.4.2023; vgl. FCDO o.D.), welche mit potenziell hohen Geldstrafen und/oder einer Haftstrafe von bis zu vier Jahren verbunden ist. Wenn der Reisepass mit Ein-/Ausreisestempeln der separatistischen "Behörden" versehen ist, können die georgischen Behörden dies als illegale Einreise über einen nicht anerkannten Grenzübergang werten (FCDO o.D.).

Bei der Ausreise aus Georgien erfolgt eine Pass- und Identitätskontrolle unter Nutzung eines EDV-basierten zuverlässigen Systems. Es überprüft die Personalien des Reisedokuments mit der im System hinterlegten Datenbank mit durch Georgien gesuchten Personen und gibt Hilfestellung bei der Echtheitsprüfung des Dokuments. Ziel ist es, aufenthaltsrechtliche Verstöße, insbesondere aber mit Haftbefehl gesuchte Straftäter und irreguläre Migranten, zu identifizieren (AA 26.5.2023).

Georgische Staatsbürger dürfen visafrei in den Schengen-Raum einreisen (EC 10.8.2022; vgl. SVI o.D.). Zur Unterstützung und Gewährleistung der wirksamen Umsetzung der visafreien Regelung wurde unter Mitwirkung von EU-Experten das "Gesetz über die Regeln und Verfahren für georgische Staatsbürger bei der Aus- und Einreise nach Georgien" geändert. Gemäß der neuen Verordnung werden die Dokumente von Bürgern, die in die EU/Schengen-Mitgliedstaaten reisen, auch an den Grenzübergängen Georgiens nach den Schengen-Kriterien geprüft. Bei Einreisebeschränkungen in einen EU/Schengen-Mitgliedstaat oder bei Fehlen der entsprechenden Dokumente kann dem Bürger der Grenzübertritt verweigert werden (MFAG o.D.; vgl. Agenda.ge 1.1.2021).

Die De-facto-Behörden und russische Streitkräfte in den von Russland besetzten Gebieten Abchasien und Südossetien schränken die Bewegungsfreiheit der lokalen Bevölkerung beim Passieren der administrativen Grenze ein, gleichwohl sie Flexibilität bei Reisen nach Georgien aus medizinischen Gründen, zwecks Pensionsleistungen, Bildung usw. zeigen. Personen, die sich der administrativen Grenze nähern, riskieren die Inhaftierung durch den Grenzschutz der Russischen Föderation (USDOS 20.3.2023; vgl. FH 28.2.2022).

In Georgien gibt es kein zentrales Melderegister. Jedoch existiert ein auskunftsfähiges, zentrales Personenregister, da jedem georgischen Staatsbürger von Geburt an eine persönliche Identitätsnummer zugeteilt wird (AA 26.5.2023; vgl. VB Tiflis 10.8.2022). Adressanmeldungen werden durchgeführt. Diese werden in den sogenannten "Public Halls" administriert, welche vom Justizministerium verwaltet werden (VB Tiflis 10.8.2022).

IDPs und Flüchtlinge

Letzte Änderung 2023-10-03 10:22

Nach Angaben der Beobachtungsstelle für Binnenvertreibung (IDMC) gab es in Georgien mit Ende 2022 308.000 Binnenvertriebene (IDMC o.D.). Zu dieser Zahl gehören u. a. Personen, welche nach Abchasien und Südossetien zurückgekehrt sind, sowie diejenigen, die im Konflikt von 2008 vertrieben und anschließend umgesiedelt wurden oder eine Unterkunft oder Barausgleich erhalten haben. Die meisten im Jahr 2008 Vertriebenen erhielten den formellen Status eines Binnenvertriebenen gemäß den nationalen Rechtsvorschriften, obwohl einige Personen, welche der Konflikt 2008 nicht vertrieben hat und die in der Nähe der administrativen Grenze (ABL) lebten, offiziell als in einer 'IDP-ähnlichen Situation' beschrieben wurden (USDOS 20.3.2023).

UNHCR engagiert sich in der Schutzüberwachung und Interessenvertretung mit der Regierung. Die politischen Diskussionen mit allen wichtigen Interessengruppen werden fortgesetzt, wobei der Schwerpunkt auf der Ermittlung der Bedürfnisse Binnenvertriebener und der Aktualisierung der Regierungsstrategie liegt (UNHCR 2.2023). Die Regierung bietet den Binnenvertriebenen weiterhin alternative Lösungen in Bezug auf Wohnraum und Verbesserung der sozioökonomischen Bedingungen an. Darüber hinaus gewährt die staatliche Agentur für Binnenvertriebene, Wirtschaftsflüchtlinge und Lebensunterhalt in Georgien Binnenvertriebenen monatliche Zuwendungen und einmalige finanzielle Unterstützung (CoE 3.4.2023). Trotz der vom Staat erklärten Verantwortung, sie zu unterstützen und ihnen Wohnraum zur Verfügung zu stellen, lebt ein beträchtlicher Teil unverändert unter unzureichenden Bedingungen und/oder erhält keine dauerhafte Unterkunft (PDG 23.12.2022).

Binnenvertriebene (IDPs) aus Abchasien und der Region Tskhinvali haben weiterhin nicht die Möglichkeit, in ihre Häuser zurückzukehren. Die Mehrheit der Binnenvertriebenen lebt in den vom Staat oder/und internationalen Organisationen errichteten Häusern, wo sie mit Problemen wie Feuchtigkeit, Rissbildung, Überhitzung und Kälte konfrontiert sind. Neben sozioökonomischen Problemen haben Binnenflüchtlinge auch Schwierigkeiten beim Zugang zur Gesundheitsversorgung (HRC 2023).

Binnenvertriebene stellen eine sozioökonomisch gefährdete Gruppe dar, die eine etwa doppelt so hohe Arbeitslosenquote im Vergleich zur übrigen Bevölkerung aufweist. Mehr als die Hälfte der Binnenvertriebenen lebte vor ihrer Vertreibung in ländlichen Siedlungen und war in der Landwirtschaft tätig. Nach der Vertreibung mussten sich 77 % der betroffenen Personen in Städten niederlassen, was ein zusätzliches Problem bei der Arbeitssuche darstellt (PDG 23.12.2022).

Zwischen 45.000 und 60.000 IDPs sind nach Abchasien (in die Bezirke Gali, Tkvartscheli und Otschamtschire) zurückgekehrt. Allerdings verwehren die De-facto-Behörden den Binnenflüchtlingen eine Rückkehr in andere Bezirke. In Abchasien verbietet das "Rechtssystem" Eigentumsansprüche ethnischer Georgier, die Abchasien vor, während oder nach dem Krieg 1992-1993 verlassen haben, wodurch Binnenvertriebenen ihre Eigentumsrechte in Abchasien entzogen werden (USDOS 20.3.2023).

Ausländische Flüchtlinge erfahren in Georgien nur geringe Aufmerksamkeit. Unterstützungsleistungen für Flüchtlinge kommen überwiegend von internationalen Organisationen und Projekten (v. a. IOM, UNHCR) (AA 26.5.2023). Die Regierung kooperiert mit UNHCR und anderen humanitären Organisationen (USDOS 20.3.2023). Eine Integration ausländischer Flüchtlinge ist wegen Sprachbarrieren und einer distanzierten georgischen Mehrheitsgesellschaft schwierig (AA 26.5.2023).

Grundversorgung und Wirtschaft

Letzte Änderung 2023-10-03 10:24

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet. Die staatliche Sozialhilfe liegt bei bis zu GEL 220 [ca. EUR 80] im Monat. Die soziale Absicherung erfolgt in aller Regel durch den Familienverband (AA 26.5.2023). Mit 1.1.2023 stieg die Alterspension auf GEL 300 [ca. EUR 107] für Personen unter 70 Jahre und auf GEL 365 [ca. EUR 130] für Personen über 70 Jahre. Es gibt Zuschläge für Pensionisten, die in Hochgebirgssiedlungen leben (Jam News 3.1.2023).

Große Teile der georgischen Bevölkerung sind unterbeschäftigt oder arbeitslos (ADA 2.2022). Das nationale Statistikbüro Georgiens gibt die Arbeitslosenrate für das Jahr 2022 mit 17,3 % an(Geo Stat o.D.a). Etwa 15,6 % der Georgier leben in Armut (Agenda.ge 29.5.2023). Vor allem die Bewohner der ländlichen Bergregionen sind betroffen, aber auch besonders gefährdete Gruppen in Städten, wie Binnenvertriebene und Alleinerziehende. Ländliche Armut führt häufig zu Landflucht oder Emigration (ADA 2.2022).

Die meisten Personen sind in der Landwirtschaft, Jagd und Forstwirtschaft tätig. Die größte Nachfrage nach Arbeitsplätzen besteht im Dienstleistungssektor (IOM 12.2022). Der Industriesektor ist gering ausgeprägt (WKO 5.2023). Die meisten Erwerbstätigen sind zwischen 30 und 55 Jahre alt (IOM 12.2022). Das monatliche Durchschnittseinkommen (nominal) der unselbstständig Beschäftigten lag im vierten Quartal 2022 bei den Männern bei ca. GEL 2.123 [ca. EUR 757] und bei den Frauen bei GEL 1.412 [ca. EUR 504](Geo Stat o.D.b).

Das reale Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) betrug im Jahr 2022 10,1 % (Geo Stat o.D.c). Der georgische Lari wertete 2022 ab, und das Leistungsbilanzdefizit bleibt hoch. Eine hohe Energie- und Rohstoffabhängigkeit sowie der herrschende Fachkräftemangel bilden eine schlechte Grundlage, um das bestehende Außenhandelsdefizit zu verringern. Im Jahr 2022 betrug die Inflation durchschnittlich 11,9 % (WKO 5.2023). Im Bankensektor hat sich der Zugang zu Finanzmitteln verbessert (THF 2023). Der starke Anstieg von internationalen Besuchern in Georgien trug im ersten Halbjahr 2022 rund 3,7 Milliarden GEL [ca. EUR 1,3 Milliarden] zur Wirtschaft bei. Der Hauptgrund für den Anstieg sind Ankünfte aus Russland, die in dem genannten Zeitraum um das Sechsfache gestiegen sind (GIP 1.2.2023).

Hauptexportgüter sind neben landwirtschaftlichen Produkten vor allem Rohstoffe mit geringer Wertschöpfung: Kupfer, Metalle bzw. gebrauchte Autos, zunehmend auch Textilien. Hauptzielländer der georgischen Exporte waren 2022 die Mitgliedsländer der EU mit einem Anteil von 15,4 %. Ein wichtiger Wirtschaftsfaktor sind auch die „Gastarbeiterüberweisungen“ aus dem Ausland. Im Jahr 2022 betrugen diese Überweisungen insgesamt USD 4,4 Mrd.; 86 % mehr als im Vorjahr (WKO 5.2023).

Sozialbeihilfen

Letzte Änderung 2023-10-03 10:24

Es gibt ein staatliches Sozialprogramm für Unterhaltsbeihilfen. Familien unterhalb der Armutsgrenze können mit einer Unterstützung von GEL 30-60 [ca. EUR 11-22] pro Familienmitglied rechnen (IOM 12.2022). Um Sozialhilfe zu erhalten, muss ein Antrag bei der für den Wohnort zuständigen Gebietseinheit des Sozialamtes gestellt und das vorgeschriebene Antragsformular zur Registrierung in der Datenbank ausgefüllt werden. Danach besucht ein Vertreter der Social Service Agency die Familie vor Ort, wobei die „Familiendeklaration“ den sozio-ökonomischen Status der Familie festhält. Mittels eines Punktevergabesystems wird die Bedürftigkeit festgestellt. Bis zu einem Wert von 57.000 Punkten besteht der Anspruch auf finanzielle Unterstützung wie folgt: GEL 60 [ca. EUR 17] für Alleinstehende; ab zwei Personen erhält das älteste Familienmitglied GEL 60 und alle anderen Familienmitglieder GEL 48 [ca. EUR 14] pro Monat. Ausschlussgründe sind insbesondere Gefängnishaft, Militärdienst oder beispielsweise ein Auslandsaufenthalt von mehr als drei Monaten (GYLA o.D.).

Eine Arbeitslosenunterstützung existiert nicht. Es gibt ein staatliches Pensionssystem. Bezugsberechtigt sind Männer ab 65 und Frauen ab 60 Jahre. Der Pensionsantrag ist bei der nächstgelegenen Sozialdienststelle einzureichen. Die Entscheidung fällt innerhalb von zehn Tagen (IOM 12.2022). Die Höhe der Pension wird jährlich gemäß Inflationsrate und Wirtschaftswachstumsdaten angeglichen (Agenda.ge 5.1.2021). Mit 1.1.2023 stieg die Alterspension auf GEL 300 [ca. EUR 107] für Personen unter 70 Jahre und auf GEL 365 [ca. EUR 130] für Personen über 70 Jahre. Es gibt Zuschläge für Pensionisten, die in Hochgebirgssiedlungen leben (Jam News 3.1.2023). Seit 2019 ist ein kumulatives Pensionssystem eingeführt worden, welches für Selbstständige freiwillig ist, auch für Arbeitnehmer über 40 Jahre. Die Teilnahme an diesem System ist für georgische Staatsbürger unter 40 Jahren, die angestellt und/oder selbstständig erwerbstätig sind, sowie für Ausländer, die im Besitz einer Daueraufenthaltsgenehmigung sind, verpflichtend. 2 % des Gehalts des Beitragszahlers gehen auf dessen persönliches Pensionskonto. Darüber hinaus überweisen die Regierung und der Arbeitgeber 2 % auf das Konto des Beitragszahlers. Bei Erreichen des Pensionsalters hat der Beitragszahler Anspruch auf eine Pension auf monatlicher Basis (IOM 12.2022).

Im Gesetz ist ein bezahlter Mutterschaftsurlaub von 126 Kalendertagen und im Falle von Komplikationen während der Geburt oder bei der Geburt von Zwillingen ein Mutterschaftsurlaub von 143 Kalendertagen festgelegt (LHG 17.5.2023). Die georgische Regierung hat mit Anfang 2023 die einmalige staatliche Finanzhilfe für den Mutterschaftsurlaub im ganzen Land von GEL 1.000 [ca. EUR 349] auf GEL 2.000 [ca. EUR 697] erhöht (Agenda.ge 23.1.2023).

Der Staatliche Fonds zum Schutz und Unterstützung für Opfer von Menschenhandel verfügt über zwei Unterkünfte in Tiflis und Batumi für Opfer von Menschenhandel und häuslicher Gewalt. Betroffene können außerdem in einem Krisenzentrum in Tiflis untergebracht werden und erhalten u. a. folgende Dienstleistungen: psychologische Unterstützung, medizinische Hilfe, Rechtsbeistand und Übersetzungsdienst (IOM 12.2022).

Medizinische Versorgung

Letzte Änderung 2023-10-03 10:35

Gemäß der georgischen Gesetzgebung sorgt das georgische Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales für die Verfolgung der staatlichen Gesundheitspolitik. Es erarbeitet und erlässt in seinem Zuständigkeitsbereich entsprechende Rechtsakte. Einer der Grundsätze der staatlichen Gesundheitspolitik ist die allgemeine und gleichberechtigte Zugänglichkeit zur Gesundheitsversorgung für die Bevölkerung im Rahmen der staatlichen Verpflichtungen, die in den staatlichen Gesundheitsprogrammen vorgesehen sind. Der Staat ist für die Zertifizierung von Ärzten, Zulassung medizinischer Tätigkeiten und Erteilung von Genehmigungen für medizinische Einrichtungen zuständig (PoG 10.12.1997).

Die Weltgesundheitsorganisation betont, dass Georgien der Stärkung der primären Gesundheitsversorgung durch verschiedene Reformen und Programme stets Priorität einräumt. Diese werden jedoch von uneinheitlicher Umsetzung, unvollendeten Agenden und mangelnder Abstimmung zwischen den verschiedenen Akteuren des Gesundheitssystems beeinträchtigt (WHO 2023).

Im Februar 2013 wurde das staatlich verwaltete Universelle Gesundheitsversorgungsprogramm (Universal Health Care Program - UHCP) mit überwiegend privaten medizinischen Einrichtungen eingeführt (MIdpLHSA o.D.; vgl. EOHSP 2022) und ermöglichte Personen, die zuvor nicht versichert waren, den Anspruch auf ein "Mindestleistungspaket", nachdem sie sich bei einer Primärversorgungseinrichtung ihrer Wahl angemeldet hatten. Dies wurde im Juli 2013 auf nicht notfallmedizinische Operationen, Herzoperationen, Chemotherapie, Hormontherapie, Strahlentherapie und Entbindungen ausgeweitet. Im Jahr 2020 wurde eine neue nationale Gesundheitsbehörde eingerichtet, um das UHCP und die meisten anderen Gesundheitsprogramme zu verwalten (EOHSP 2022). Das UHCP bietet Gesamt- und Basispakete von Leistungen (IOM 12.2022), welche nach Einkommen und anderen vorrangigen Gruppen unterteilt werden (EOHSP 2022; vgl. IOM 12.2022). Für einige medizinische Leistungen müssen verschiedene Nutzerkategorien eine Zuzahlung leisten. Das UHCP gewährleistet die finanzielle und geografische Zugänglichkeit der wichtigsten medizinischen Leistungen für alle Nutzer (MIdpLHSA o.D.). Die medizinische Versorgung ist durch das staatlich finanzierte UHCP sowie zusätzlich durch bestehende staatliche Gesundheitsprogramme für bestimmte Krankheitsbilder (z. B. Diabetes, Hepatitis C, Tuberkulose) je nach sozialer Lage kostenlos oder mit Zuzahlungen gewährleistet. Mit privater Krankenversicherung kann die Leistungsübernahme medizinischer Behandlungen beitragsabhängig erweitert werden (AA 26.5.2023). In dringenden Fällen wendet sich der UHCP-Teilnehmer an eine beliebige medizinische Einrichtung des UHCP. Für eine geplante stationäre Behandlung darf die Agentur für soziale Dienste mit einem Formular der medizinischen Einrichtung kontaktiert werden, in der die Behandlung erfolgen soll (MIdpLHSA o.D.).

Das georgische Gesundheitsministerium hat ein Punktesystem entwickelt, um festzustellen, ob eine Person als sozioökonomisch gefährdet einzustufen ist. Die Höhe der Punktzahl hängt vom Vermögen, Einkommen und der Haushaltszusammensetzung ab und bestimmt, ob eine Person Anspruch auf bestimmte Sozialleistungen und auf das öffentliche Krankenversicherungssystem hat (EUAA MedCOI 3.8.2022).

UHCP-Versicherte müssen ihren Hausarzt kontaktieren, um eine Überweisung für einen Facharzt zu erhalten (IOM 12.2022). Für Behandlungskosten, welche von Patienten selbst getragen werden müssen, kann bei der zuständigen Kommission des Ministeriums um Kostenersatz angesucht werden. Die Unterstützungsleistungen hängen sowohl von der Art der Erkrankung bzw. Therapie als auch von der Bedürftigkeit der Person selbst ab. Bei manchen Therapien gibt es z. B. für "Veteranen" 100 % Vergütung, bei anderen Erkrankungen nur 50 % oder gar keine Unterstützung. Manches Mal sind die Unterstützungsleistungen auch zeitlich begrenzt. Aus diesem Grund muss betreffend Unterstützung bei Behandlungskosten jede Erkrankung/Medikament/Therapie separat betrachtet werden (VB Tiflis 30.8.2022). Die Kosten für die Behandlung von Kindern bis zu einem Alter von 5 Jahren sind teilweise gedeckt, abhängig von der Art der Erkrankung (IOM 12.2022). Das Recht auf medizinische Versorgung haben georgische Staatsbürger und Staatenlose mit entsprechendem Status in Georgien (PoG 10.12.1997; vgl. EUAA MedCOI 9.5.2023, AA 26.5.2023). Die Abteilung für medizinische Länderinformationen der European Union Agency for Asylum (EUAA MedCOI) geht davon aus, dass es keine Beschränkungen für Bürger gibt, die seit mehreren Jahren nicht mehr in Georgien aufhältig sind (EUAA MedCOI 9.5.2023). Das UHCP steht weiters Einwohnern Abchasiens und Südossetiens, welche ein sogenanntes neutrales Reisedokument besitzen (MIdpLHSA o.D.), sowie Asylbewerbern und Personen mit humanitärem oder Flüchtlingsstatus offen (IOM 12.2022; vgl. MIdpLHSA o.D.).

Die Anspruchsberechtigung für das UHCP und die Höhe der Zuzahlung für diejenigen Personen, die keine private Versicherung haben, sind einkommensabhängig (EOHSP 2022). Sozial schwache Gruppen haben Anspruch auf das Gesamtpaket des UHCP. Erwerbstätige, deren Bruttogehalt GEL 1.000 [ca. EUR 360] übersteigt, aber das Jahreseinkommen weniger als GEL 40.000 [ca. EUR 14.422] beträgt, haben Anspruch auf das UHCP mit eingeschränkten Leistungen. Die einkommensstärksten Haushalte sind seit 2017 von den meisten Leistungen des UHCP ausgeschlossen, haben aber weiterhin Anspruch auf einige Leistungen (IOM 12.2022; vgl. MIdpLHSA o.D.), die durch vertikale Programme angeboten werden - es gibt 22 vertikale nationale Gesundheitsprogramme, die die gesamte Bevölkerung für bestimmte Krankheiten oder Behandlungen abdecken. Es wird von ihnen erwartet, dass sie eine private Krankenversicherung abschließen (EOHSP 2022).

In Georgien werden drei Arten von Paketen der staatlichen medizinischen Versorgung angeboten: ein Standard- und Minimalpaket sowie ein Paket für bestimmte Alters- und Risikogruppen. Im Standardpaket sind geplante ambulante Gesundheitsdienste (70 bis 100 % finanziert), verschiedene Fachärzte, mehrere geplante Operationen, nicht-chirurgische Behandlung onkologischer Erkrankungen, Entbindungen sowie diagnostische Verfahren eingeschlossen. Im Minimalpaket, das bis dato privat versicherte Personen vorsieht, die ihren Vertrag mit der privaten Versicherungsanstalt kündigen, stehen Allgemeinmediziner, kostenlose Pflegedienste, eine vollständige Finanzierung von Blut- und Urintests sowie ambulante und stationäre Behandlungen für mehr als 450 spezifische Indikationen des UHCP zur Verfügung (Kostengrenze GEL 15.000 [ca. EUR 5.334]). Schließlich gilt beim Paket für bestimmte Alters- und Risikogruppen eine hundertprozentige Abdeckung der UHCP-Leistungen (einschließlich der medizinischen Grundversorgung), jedoch mit gewissen Einschränkungen. Darüber hinaus ist hierin eine hundertprozentige Kostenübernahme für diagnostische Verfahren wie Fluoroskopie, Radio- und Mammografie vorgesehen (UNHCR 2020).

Georgien bietet staatliche Programme zur Behandlung verschiedener Krankheiten wie beispielsweise Hepatitis C, HIV/AIDS und Drogenabhängigkeit (MIdpLHSA o.D.; vgl. IOM 12.2022). Auch bestehen staatliche Programme betreffend eine Reihe von Behandlungen psychischer Krankheiten, spezielle Medikamente für spezifische Erkrankungen wie unter anderem Diabetes, angeborene Zerebralparese und Downsyndrom, Medikamente für Brustkrebs im Frühstadium, Behandlung von Tuberkulose, Dialyse und Nierentransplantation, palliativmedizinische Versorgung und nicht zuletzt Notfallversorgung und Krankentransport (MIdpLHSA o.D.).

Große Apotheken bieten eine Vielzahl von Medikamenten an. Die Verfügbarkeit gewisser Medikamente kann online oder telefonisch überprüft werden: Medizinischer Informationsdienst, http://www.mis.ge/ka, Tel. +995 032 2 252233. Die meisten Medikamentenkosten werden nicht von staatlichen Programmen abgedeckt (IOM 12.2022). Seit März 2023 gilt in Georgien eine Preisobergrenze für 300 Medikamente zur Behandlung onkologischer und verschiedener chronischer Krankheiten. Für insgesamt 1.100 Arzneimittel gelten derzeit Festbeträge. Das Gesundheitsministerium verspricht, dass die Liste schrittweise erweitert werden soll (NG 18.3.2023; vgl. EK 18.3.2023).

Der Weltgesundheitsorganisation zufolge hat Georgien den Zugang zu grundlegenden Diensten verbessert, vor allem bei Infektionskrankheiten, insbesondere bei der Behandlung von HIV, Tuberkulose und Hepatitis C. Herausforderungen bestehen beim Zugang zur Behandlung chronischer Erkrankungen und bei vorbeugenden Behandlungen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen (WHO 2023).

Medizinische Einrichtungen gibt es landesweit, jedoch mit stark voneinander abweichender Qualität (AA 26.5.2023). Die medizinische Versorgung, insbesondere außerhalb von Tiflis, ist unzureichend. Außerhalb von Städten kann sie häufig nicht gewährleistet werden (AA 10.8.2023). Für manche überlebensnotwendigen Eingriffe und Maßnahmen ist allein eine Behandlung in Tiflis möglich. Medikamente werden weitgehend importiert, zumeist aus der Türkei und Russland, aber auch aus EU-Ländern (AA 26.5.2023). Die öffentlichen Krankenhäuser, vor allem außerhalb der Hauptstadt, entsprechen nicht dem europäischen Standard (schlechte hygienische Verhältnisse, Mangel an Fachpersonal, unzureichende Versorgung mit Medikamenten) (BMEIA 22.8.2023; vgl. AA 10.8.2023). In Tiflis, Batumi und Kutaissi gibt es einige private Einrichtungen, die hinsichtlich der Unterbringung und der technischen und fachlichen Ausstattung modern und auf dem neuesten Stand sind (AA 10.8.2023; vgl. BMEIA 22.8.2023, AA 26.5.2023). Viele Gesundheitsleistungen sind noch nicht von der staatlichen Versicherung abgedeckt. Im Rahmen des UHCP ist die Notfallversorgung zu 70-100 % abgedeckt (IOM 12.2022).

Im Jahr 2021 erklärte die Ombudsperson, dass sich der Zugang zu Medikamenten in Georgien aufgrund der ständig steigenden Preise allmählich verschlechtert und es daher für einen großen Teil der Bevölkerung schwierig ist, sich Medikamente zu leisten. Weiters stellt sie fest, dass die Qualität der Medikamente oft nicht den Anforderungen entspricht und ihre Wirksamkeit fraglich ist (CoE 3.2022).

Im Jahr 2022 wurde das Verfahren Diagnosis Related Groups (DRG) im Bereich der Gesundheitsversorgung vorgestellt. Das DRG-System dient der Überprüfung der Sätze für medizinische Leistungen, der Übertragung von Budgetbeträgen, der Klassifizierung von Leistungen und der Erstellung gemeinsamer Tarife. Bei Nichteinhaltung der Vorgaben können Krankenhäuser vom UHCP ausgeschlossen werden (GIP 1.2.2023).

Rückkehr

Letzte Änderung 2023-10-03 10:38

Georgische Rückkehrer/Rückgeführte können die allgemeinen, wenn auch in der Regel insgesamt unzureichenden Sozialleistungen in Anspruch nehmen, darunter eine kostenlose medizinische Grundversorgung. Traditionell bietet der Familienverband eine soziale Absicherung. Internationale Organisationen, wie die Internationale Organisation für Migration (IOM) und das International Centre for Migration Policy Development (ICMPD), bieten Beratung und finanzielle Unterstützung für Rückkehrer an. Das Ministerium für Binnenvertriebene, Arbeit, Gesundheit und Soziales koordiniert das staatliche Reintegrationsprogramm (State Reintegration Programme). Hier wird Beratung und auch finanzielle Hilfe zur Reintegration in den Arbeitsmarkt (auch Hilfe zur Selbstständigkeit) und bei Bedarf auch Erst- bzw. Zwischenunterkunft zur Verfügung gestellt. Staatliche Repressalien gegen Rückkehrer sind nicht bekannt. Auch die Tatsache einer Asylantragstellung im Ausland ist für die Behandlung durch staatliche Stellen ohne Bedeutung. Georgien hat Rückübernahme-Abkommen mit der EU und weiteren europäischen Ländern geschlossen. Die georgische Regierung stellt sich zunehmend den Problemen von Rückkehrern (AA 26.5.2023).

Das staatliche Programm zur Reintegration von Rückkehrern sieht die Unterstützung des Reintegrationsprozesses georgischer Staatsbürger, die aus der Emigration zurückkehren, vor. Das Programm sieht die Bereitstellung von Zuschüssen, Berufsausbildung, medizinischer Hilfe und vorübergehendem Wohnraum zur Schaffung einer Einkommensquelle und zur Förderung der Selbstständigkeit vor. Teilnahmeberechtigt sind georgische Staatsbürger (oder staatenlose Personen, die dauerhaft in Georgien leben), welche sich seit mehr als 12 Monaten unrechtmäßig im Ausland aufhalten oder im Ausland Asyl beantragt oder erhalten haben (GDA n.d).

IOM bietet Rückkehrern Unterstützung im Rahmen des AVRR-Programms an (Assisted Voluntary Return and Reintegration). Im Rahmen von Programmen zur unterstützten Rückkehr erhalten Migranten administrative, logistische und finanzielle Unterstützung (IOM o.D.).

Dokumente

Letzte Änderung 2023-10-03 10:58

Die Echtheit behördlich ausgestellter Dokumente steht in der Regel außer Zweifel. Problematisch sind privatrechtliche Bescheinigungen zum Nachweis von tatsächlich vorhandenen Eigenschaften/Qualifikationen (AA 26.5.2023). Gemäß Experten sind Dokumentenvermittler, die gegen Bezahlung gefälschte Dokumente wie Arbeitsbescheinigungen oder Dokumente zur Untermauerung von Asylanträgen ausstellen, in Georgien sehr gefragt. Trotz der angeblich hohen Nachfrage nach diesen Diensten ist die Verwendung gefälschter Dokumente für Reisen von Georgien in die EU-Mitgliedstaaten relativ selten (EUAA 18.8.2022).

Im Rahmen des IOM-Projekts "Unterstützung der integrierten Grenzverwaltung in Georgien" wurde eine Schulung zur Überprüfung von Dokumenten und zur Aufdeckung von Betrug für die Grenzkontrollbeamten der Polizeipatrouille des Innenministeriums und die Zollbeamten der Steuerbehörde initiiert. Ziel ist es, die Fähigkeiten der Mitarbeiter verschiedener Grenzübergangsstellen in ganz Georgien im Bereich der Erkennung betrügerischer und gefälschter Dokumente zu verbessern (IOM 22.7.2022).

Eine Identitätsfeststellung georgischer Staatsangehöriger, die ohne Reisedokumente in Georgien eintreffen, ist in der Regel zügig möglich, da umfangreiche Datensätze – inklusive einer unveränderbaren persönlichen Identifikationsnummer von Geburt an – bestehen. Personenstandsurkunden verfügen seit geraumer Zeit nicht mehr über klassische Sicherheitsmerkmale wie Unterschrift oder Siegel; ihre Echtheit lässt sich aber online über ein Portal der Bürgerämter anhand einer Dokumentennummer prüfen. Erkenntnisse über gefälschte Haftbefehle gibt es nicht. Das Einspeisen von falschen oder zumindest übertriebenen Informationen in die Presse zur Dokumentation staatlicher Repressionsmaßnahmen ist durchaus möglich: Die Presselandschaft ist stark politisiert und neigt schnell zu Übertreibungen (AA 26.5.2023).

II.2. Beweiswürdigung:

II.2.1. Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben und ein ergänzendes Ermittlungsverfahren, sowie eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchgeführt. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

II.2.2. Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich des BF ergeben sich aus seinen in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie den Sprach- und Ortskenntnissen und dem vorgelegten georgischen Reisepass.

II.2.3. Die Feststellungen betreffend die vom BF in Anspruch genommenen Leistungen der Grundversorgung ergeben sich zweifelsfrei aus dem amtswegig angefertigten Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem über die Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde in Österreich.

Die Feststellung zur Unbescholtenheit der BF in Österreich entspricht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes (Einsichtnahme in das Strafregister).

Den Daten des Informationsverbundsystems Zentrales Fremdenregister kann schließlich entnommen werden, dass der Aufenthalt des BF im Bundesgebiet nie nach § 46a Abs. 1 Z. 1 oder Z. 3 FPG 2005 geduldet war. Hinweise darauf, dass sein weiterer Aufenthalt zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig wäre oder der Beschwerdeführer im Bundesgebiet Opfer von Gewalt im Sinn der §§ 382b oder 382e EO wurde, kamen im Verfahren nicht hervor und es wurde auch kein dahingehendes Vorbringen erstattet, sodass keine dahingehenden positiven Feststellungen getroffen werden können.

II.2.4. Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen -sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges- handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu.

Die BF trat auch den Quellen und deren Kernaussagen nicht konkret und substantiiert entgegen und wird neuerlich darauf hingewiesen, dass die Republik Österreich die Republik Georgien als sicheren Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG betrachtet und daher von der normativen Vergewisserung der Sicherheit Georgiens auszugehen ist.

II.2.5. In Bezug auf den weiteren festgestellten Sachverhalt ist anzuführen, dass die von der belangten Behörde vorgenommene freie Beweiswürdigung (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305) im hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze im Wesentlichen von ihrem objektiven Aussagekern her in sich schlüssig und stimmig ist.

Im Rahmen der oa. Ausführungen ist durch das erkennende Gericht anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation eines Beschwerdeführers und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten -–z. B. gehäufte und eklatante Widersprüche (z. B. VwGH 25.1.2001, 2000/20/0544) oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen (z. B. VwGH 22.2.2001, 2000/20/0461) - zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht.

Auch wurde vom Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es der Verwaltungsbehörde [nunmehr dem erkennenden Gericht] nicht verwehrt ist, auch die Plausibilität eines Vorbringens als ein Kriterium der Glaubwürdigkeit im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung anzuwenden. (VwGH v. 29.6.2000, 2000/01/0093).

II.2.6. Die BF hat sowohl in der Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes als auch bei der Einvernahme vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung zum Ausreisegrund befragt bekannt gegeben, dass sie ausschließlich aus gesundheitlichen bzw. medizinischen Zwecken nach Österreich gereist ist. Ein über die Erkrankung hinausgehendes Fluchtvorbringen wurde nicht erstattet. Die BF hat sich demnach nach Einholung weniger Informationen zum Gesundheitssystem in Österreich dazu entschlossen, in das Bundesgebiet einzig zu dem Zweck einer kostenlosen medizinischen Behandlung einzureisen. Eine Ausreise aus Georgien aufgrund begründeter Furcht vor Übergriffen kann somit folgerichtig ausgeschlossen werden und wurde auch zu keiner Zeit von der BF behauptet.

Die BF leidet an einem bösartigen Ovarialkarzinom (C56) und bekommt eine Therapie mit Lynparza in Form von Tabletten. Die Krankheit ist unter der Behandlung mit Lymparza zum Stillstand gekommen (Komplettremission).

Wie dem Arztbrief des AKH Wien vom 02.10.2023 zu entnehmen ist, wurde bei der BF am 30.01.2023 in Tiflis eine diagnostische Operation durchgeführt. Sie erhielt 3 Zyklen adjuvante Chemotherapie, danach 3 Zyklen Carbo/Taxol mit 2 Zyklen Avastin bis zuletzt am 04.04.2023. Neben dem Ovarialkarzinom wurde bei der BF auch Hepatitis C (während der Schwangerschaft) diagnostiziert. Weiters ist dem Arztbrief eine Komplettremission zu entnehmen. Die diesbezügliche Tumorbordsitzung fand am 02.10.2023 im AKH Wien statt.

Im Rahmen eines vom BFA am 03.04.2024 übermittelten Parteiengehörs teilte die BF mit, dass die Krankheit zum Stillstand gekommen ist. Sie erhält die nächsten zwei Jahre laufende Erhaltungstherapien mit Lymparza.

Vom BFA wurde im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens eine Anfrage an die Staatendokumentation hinsichtlich der Behandlung von bösartiger Neubildung des Ovars – FIGO IIIB (C56) in Georgien übermittelt.

Der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 05.06.2024 ist zu entnehmen, dass folgende Behandlungen in Georgien verfügbar sind:

stationäre und ambulante Behandlung sowie Nachsorge durch einen Onkologen (AVA 18045);

stationäre und ambulante Behandlung sowie Nachsorge durch einen Gynäkologen (AVA 18045);

stationäre Behandlung durch einen (Interventions-)Radiologen (AVA 17684);

Onkologie: Strahlentherapie (AVA 18078);

Chirurgie: insbesondere onkologische Chirurgie (AVA 18045);

diagnostische Bildgebung: Computertomographie (CT-Scan) (AVA 18045);

Labortest: Tumormarker: CEA (Carcinoembryonales Antigen) (AVA 17718);

Labortest: Tumormarker: CA 125 (z. B. zur Überwachung der Wirkung einer Eierstockkrebsbehandlung) (AVA 17718);

Labortest: Überwachung des vollständigen Blutbildes: z. B. Hb, WBC und Thrombozyten (AVA 18078);

Labortest: Leberfunktion (PT, Albumin, Bilirubin, Transaminasen: ASAT(=SGOT), ALAT(=SGPT) usw.) (AVA 18134);

Labortest: C-reaktives Protein (CRP) (AVA 17979);

Labortest: Nierenfunktion (Kreatinin, Harnstoff, Proteinurie, Natrium- und Kaliumspiegel) (AVA 18122);

Labortest: Schilddrüsenfunktion (TSH, T3, T4) (AVA 18026);

Labortest: Gesamtindex der Nierenfunktion: Glomeruläre Filtrationsrate (GFR) (AVA 18122).

Der angefragten Wirkstoff Bevacizumab ist verfügbar (AVA 18045).

Die Kosten für die Behandlungen/Untersuchungen/Laborleistungen etc. bzw. den angefragten Wirkstoff entnehmen Sie bitte den PDF-Dateien ACC 7978, ACC 7915, ACC 7871, ACC 7781 entsprechend der folgenden Übersicht:

stationäre und ambulante Behandlung sowie Nachsorge durch einen Onkologen (ACC 7978);

stationäre und ambulante Behandlung sowie Nachsorge durch einen Gynäkologen (ACC 7978);

stationäre Behandlung durch einen (Interventions-)Radiologen (AVA 7781);

Onkologie: Strahlentherapie (ACC 7978);

Chirurgie: insbesondere onkologische Chirurgie (ACC 7978);

diagnostische Bildgebung: Computertomographie (CT-Scan) (ACC 7978);

Labortest: Tumormarker: CEA (Carcinoembryonales Antigen) (ACC 7978);

Labortest: Tumormarker: CA 125 (z. B. zur Überwachung der Wirkung einer Eierstockkrebsbehandlung) (ACC 7978);

Labortest: Überwachung des vollständigen Blutbildes: z. B. Hb, WBC und Thrombozyten (ACC 7871);

Labortest: Leberfunktion (PT, Albumin, Bilirubin, Transaminasen: ASAT(=SGOT), ALAT(=SGPT) usw.) (ACC 7871);

Labortest: C-reaktives Protein (CRP) (ACC 7978);

Labortest: Nierenfunktion (Kreatinin, Harnstoff, Proteinurie, Natrium- und Kaliumspiegel) (ACC 7915);

Labortest: Schilddrüsenfunktion (TSH, T3, T4) (ACC 7978);

Labortest: Gesamtindex der Nierenfunktion: Glomeruläre Filtrationsrate (GFR) (ACC 7978);

Medikation: Wirkstoff „Bevacizumab“ (ACC 7978).

Es kann sohin festgehalten werden, dass sämtliche von der BF benötigten Therapien und Medikamente verfügbar sind. Zudem erhielt die BF bereits vor der Ausreise mehrere Zyklen einer Chemotherapie, was neuerlich demonstriert, dass in Georgien die Therapiemöglichkeiten gegeben sind. Weiters steht noch der Erlass des Gesundheitsministeriums vom 15.Juni 2011, No:01 31/N nach wie vor in Geltung, mit welchem die Einfuhr von in Georgien nicht verfügbaren Medikamenten ermöglicht wird. Ferner hat im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzliche Behandlungsmöglichkeiten im Zielland bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt (vgl. Fall Ndangoya). Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Fall D. v. the United Kingdom). (VfGH 6.3.2008, Zl. B 2400/07).

II.2.7. Vor dem BFA teilte die BF im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme mit, dass die Erkrankung im Dezember 2022 diagnostiziert wurde. Im April 2023 ist sie dann nach Österreich gereist. Zu bereits in Georgien durchgeführten Behandlungen und verabreichter Medikation teilte sie mit, dass sie im Jänner 2023 in Georgien operiert wurde, wobei die Eierstöcke entfernt und die restlichen befallenen Organe im Körper belassen wurden. Nach dem Erhalt von drei Zyklen Chemotherapie wäre sie vor dem vierten Zyklus ausgereist. Der Arzt hätte ihrem Gatten mitgeteilt, dass sie nicht genesen werde. Solange sie sich einer Chemotherapie unterziehe, werde ihr Körper mitmachen. Wenn sie damit aufhört, werde der Krebs zurückkommen. Ihr Mann hätte ihr dann zur Ausreise geraten. In Österreich wäre ihr das Leben gerettet worden, wie sie weiter bekannt gab. Im Mai wäre sofort eine Chemotherapie gemacht worden und im Juli wurde ihr neben der Gebärmutter die Milz entfernt. Sowohl die georgischen als auch die österreichischen Ärzte wären der Meinung gewesen, dass noch Metastasen vorhanden wären. Die georgischen Ärzte wären aber der Meinung gewesen, dass auch der Darm und das Becken betroffen wären, was jedoch nicht der Fall war. Die BF versucht sohin, die medizinische Behandlung in Georgien in einem äußerst schlechten Licht darzustellen. Dazu bleibt jedoch in aller Deutlichkeit festzuhalten, dass es auch in Österreich, so wie vermutlich auch in jedem anderen Land, zwischen Ärzten und Kliniken zu jeweils unterschiedlichen Beurteilungen und Diagnosen kommen kann und kommt. Dies bedeutet per se nicht, dass Ärzte mit anderen Diagnosen deswegen schlechter sind. Zu ihren Angaben, dass sie in Österreich sogleich eine Chemotherapie erhalten hat bleibt noch festzuhalten, dass sie eine solche auch in Georgien erhalten hätte. Sie reiste jedoch vor dem vierten Zyklus der Therapie aus Georgien aus um hier eine kostenlose Behandlung erhalten zu können.

Die BF wurde in weiterer Folge befragt, wie sie sich die Zukunft im Bundesgebiet vorstelle. Dazu gab sie bekannt, dass sie die Behandlung abschließen und wieder als Architektin arbeiten möchte. In Georgien habe sie keine Behandlungsmöglichkeiten mehr. Sie möchte ihren Gatten und ihr Kind nachholen, aber ihr Leben durch Arbeit selber finanzieren. Festzuhalten bleibt, dass die BF offensichtlich neben ihrer Krankheit einzig aus wirtschaftlichen Gründen nach Österreich reiste. Sie sieht unverkennbar keine Veranlassung, wieder nach Georgien zurückzukehren, sondern plant vielmehr ihren Gatten und ihr Kind nachzuholen. Und dies vor dem Hintergrund, dass sie die nächsten drei Jahre lediglich eine Erhaltungstherapie benötigt, welche auch in Georgien erhältlich ist.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung brachte die BF einen Arztbrief des Kepler-Universitäts-Klinikum vom 29.07.2024 in Vorlage. Diesem ist unter anderem zu entnehmen, dass bei einer CT-Untersuchung am 22.07.2024 abermals eine komplette Remission festgestellt wurde. Es wurde der BF empfohlen, die bereits begonnene Erhaltungstherapie mit Olaparib (Lynparzal 30O-O-300mg noch drei Jahre fortzusetzen.

Zum aktuellen gesundheitlichen Zustand befragt teilte sie dem Richter mit „lch befinde mich derzeit in Chemotherapie und nehme das Medikament Limpasa. Es ist eine orale Chemotherapie. Zusätzlich muss ich einen Magenschutz nehmen. Nachgefragt gebe ich an, dass dies nunmehr die zweite Chemotherapie ist. Früher wurde ich monatlich kontrolliert, zwischenzeitlich erfolgen die Kontrolluntersuchungen in einem Abstand von 3 Monaten. Es ist vorgesehen, dass dieser Zyklus die nächsten 3 Jahre eingehalten wird. Nachgefragt gebe ich an, dass ich an einem Ovarialkarzinom leide, welches in die Milz, Leber, Darm, die Eierstöcke, sowie den Hüftknochen metastasiert hat, wobei die Milz und Teile der Leber operativ entfernt wurden. Nachgefragt gebe ich an, dass die Eierstöcke bereits in Georgien operativ entfernt wurden, während die Milz und Teile der Leber in Österreich entfernt wurden“.

Zum Ausreisegrund befragt gab sie bekannt, dass sie einzig wegen ihrer Erkrankung ausgereist ist. Probleme mit den staatlichen Behörden oder deren Organe in Georgien aus Gründen der GFK hat es nie gegeben. Sie hätte aufgrund der kostenpflichtigen Behandlungen einen Kredit aufgenommen, die Verbindlichkeiten würden sich auf 14.000 Lari belaufen. Der Hauptgrund für die Ausreise wäre aber nicht die finanziellen Angelegenheiten, sondern ihre Erkrankung gewesen. Deswegen reiste sie im April 2023 mit dem Flugzeug nach Wien, wobei sie schon vor der Einreise vorhatte, einen Asylantrag zum Zwecke der kostenlosen Behandlung zu stellen. Auch besuche sie Deutschkurs deswegen nicht, weil sie keine kostenlosen Kurse bekommt, wie sie weiter ausführte. Mit ihren beiden georgischen Freundinnen in Österreich spreche sie ohnehin georgisch.

Weiters teilte sie nach entsprechender Befragung mit, dass sie derzeit vier Tabletten pro Tag benötige, diese würden pro Tag € 120,- kosten. Sie könne sich dies in Georgien nicht leisten, auch würde es kein Generikum geben.

Zur Übernahme von Kosten befragt teilte sie mit, dass von Georgien diesbezüglich nichts übernommen wurde. Lediglich von der Gemeinde hätte sie 999 Lari erhalten. Dazu befragt, ob sie schon Anträge bei Behörden oder NGO’s gestellt hätte, teilte sie wahrheitswidrig mit, dass es so etwas in Georgien nicht gibt. Auch hätte sie keinen Behindertenstatus beantragt, weil sie dann ohnehin nur 190 Lari erhalten hätte. Dies demonstriert ein weiteres Mal, dass sich die BF nicht ansatzweise hinsichtlich finanzieller Hilfe auseinandergesetzt hat, weil sie in Österreich ohnehin eine hochwertige Behandlung und Medikamente kostenlos erhält. Dessen ungeachtet ist den Länderinformationen zu entnehmen, dass für Behandlungskosten, welche von Patienten selbst getragen werden müssen, bei der zuständigen Kommission des Ministeriums um Kostenersatz angesucht werden kann. Ernsthafte Versuche, sich den in Georgien verfügbaren Behandlungen zu unterziehen, bzw. finanzielle Unterstützung dafür zu beantragen, unternahm der BF jedoch erst gleich gar nicht. Abschließend demonstrierte sie zudem, dass sie ihr zukünftiges Leben ohnehin im Bundesgebiet verbringen möchte, egal ob die Krankheit nun geheilt werden kann nicht, wenn sie die Frage des Richters, ob sie im Heimatland verblieben wäre, wenn sie eine adäquate Behandlung erhalten hätte mit „Nein“ beantwortete.

Festgehalten werden muss demnach nochmals, dass die BF aufgrund der in Georgien offenbar notorischen Meinung, dass in Österreich sämtliche – zudem höherwertige – Behandlungen kostenlos erhältlich sind, in das Bundesgebiet reiste und zudem davon ausgeht, in Österreich ihr weiteres Leben zu bestreiten.

II.2.8. Die Erkrankung der BF wurde vom Bundesamt anhand der beigebrachten medizinischen Schriftstücke berücksichtigt und auch im angefochtenen Bescheid festgestellt und gewürdigt. Auch bleibt hinsichtlich der medizinischen Versorgung in Georgien festzuhalten, dass diese grundsätzlich für alle georgischen Staatsangehörigen durch eine staatlich finanzierte Grundversorgung kostenlos gewährleistet ist. Medizinische Einrichtungen gibt es landesweit, jedoch mit stark voneinander abweichender Qualität. In der Hauptstadt Tiflis und weiteren städtischen Zentren (Kutaissi, Batumi) bieten private Einrichtungen umfassende und moderne Behandlungen an. Für manche überlebensnotwendigen Eingriffe und Maßnahmen ist daher allein eine Behandlung in Tiflis möglich. Dazu ist anzumerken, dass die BF in Tiflis geboren, aufgewachsen und bis zur Ausreise gelebt hat. In Tiflis halten sich zudem noch ihr Gatte und ihr Kind auf. Nach einer Rückkehr ist es der BF jederzeit möglich, sich ein Krankenhaus zu begeben.

Des Weiteren ist den Länderinformationen der Staatendokumentation zu entnehmen Im Februar 2013 wurde das staatlich verwaltete Universelle Gesundheitsversorgungsprogramm (Universal Health Care Program - UHCP) mit überwiegend privaten medizinischen Einrichtungen eingeführt (MIdpLHSA o.D.; vgl. EOHSP 2022) und ermöglichte Personen, die zuvor nicht versichert waren, den Anspruch auf ein "Mindestleistungspaket", nachdem sie sich bei einer Primärversorgungseinrichtung ihrer Wahl angemeldet hatten. Dies wurde im Juli 2013 auf nicht notfallmedizinische Operationen, Herzoperationen, Chemotherapie, Hormontherapie, Strahlentherapie und Entbindungen ausgeweitet. Im Jahr 2020 wurde eine neue nationale Gesundheitsbehörde eingerichtet, um das UHCP und die meisten anderen Gesundheitsprogramme zu verwalten (EOHSP 2022).

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt zudem nicht, dass die Möglichkeit besteht, dass in Georgien nicht alle in Österreich vorhandenen Medikamente erhältlich sind. Dessen ungeachtet sind jedoch Medikamente mit den gleichen Wirkstoffen erhältlich und steht zudem nach wie vor der Erlass des Gesundheitsministeriums vom 15.Juni 2011, No:01 31/N in Geltung steht. Im Rahmen dieses Erlasses wird die die Einfuhr von bestimmten Medikamenten und Heilmitteln und deren Mengen geregelt und auch tatsächlich nach nachstehenden Kriterien ermöglicht:

a) Ohne eine entsprechende medizinische Dokumentation für den individuellen Bedarf einer natürlichen Person dürfen nicht mehr als zehn Standardpackungen eingeführt werden. Hinsichtlich der Verwendung und Wirkung des betreffenden Medikaments erfolgt dies „auf eigene Verantwortung“

b) Sollte eine natürliche Person georgischer Staatsbürger Medikamente / Heilmittel in Standardpackung, einer größeren (mehr als 10) Zahl benötigen, kann das notwendige Medikament / Heilmittel entsprechend einer vorliegenden medizinischen Dokumentation mit der Auflistung / Berechnung der notwendigen Tagesdosis eingeführt werden. (VB des BM.I für Georgien und Aserbaidschan (31.1.2019): Auskunft des VB, per E-Mail)“.

Die notwendigen Therapien und die dafür erforderliche Medikation der BF sind folgerichtig aus den angeführten Gründen, sowie den Ausführungen in der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, auch in Georgien durchführbar und erhältlich, weswegen keine Verletzung der Art 2 und 3 dem EMRK festgestellt werden kann. Zudem ist anzuführen, dass sich auch das Gesundheitssystem in Georgien kontinuierlich verbessert und erweitert und auch die dort praktizierenden Ärzte im Rahmen des hippokratischen Eides auf die Gesundheit und das Wohlergehen ihrer Patienten achten und das Bestmögliche tun werden. Den Länderinformationen zu Georgien ist weiters zu entnehmen, wie sich der Zugang zur medizinischen Behandlung, besonders für Rückkehrer gestaltet:

Auswahl und Voraussetzungen: Georgische Staatsbürger sind automatisch versichert, hierfür muss lediglich die nächstgelegene Klinik aufgesucht werden. Weil die BF georgische Staatsbürgerin ist, ist sie automatisch versichert und muss lediglich die nächstgelegene Klinik aufsuchen.

Registrierung: für georgische Staatsbürger genügt es im Krankheitsfall eine Klinik aufzusuchen, alle medizinischen Einrichtungen sind an der staatlichen Krankenversicherung beteiligt. Die BF ist jedenfalls in der Lage, eine Klinik aufzusuchen.

Benötigte Dokumente: nur gültiger Ausweis. Die BF ist im Besitz eines gültigen georgischen Reisepasses. Daher ist ihr der Zugang zur notwendigen medizinischen Behandlung nicht nur grundsätzlich, sondern auch tatsächlich möglich. Die BF erfüllt alle Kriterien für den Zugang zu den entsprechenden Behandlungsmöglichkeiten bei einer Rückkehr. Auch kann für Behandlungskosten, welche von Patienten selbst getragen werden müssen, bei der zuständigen Kommission des Ministeriums um Kostenersatz angesucht werden, wie den Länderinformationen zu entnehmen ist. Dass die BF einem realen Risiko ausgesetzt wäre, unter qualvollen Umständen zu sterben, ergibt sich in diesem Fall nicht.

Es wird auch angemerkt, dass die BF während des Rücktransfers in ihr Heimatland bei Bedarf ärztliches Beisein zur Verfügung gestellt werden kann. Bei einer Abschiebung nach Tiflis ist jedenfalls eine adäquate ärztliche Behandlung der BF realistisch und durchführbar. Zusammengefasst bleibt festzuhalten, dass die BF im Herkunftsstaat für den Fall einer Rückkehr jedenfalls adäquat behandelt werden kann und demnach für den Fall einer Rückkehr in keine lebensbedrohende Situation geraten würde. Eine fehlende Behandlungsmöglichkeit in Georgien liegt – wie umfassend dargelegt – jedenfalls nicht vor.

II.2.9. Die wirtschaftliche Lage stellt sich für die BF bei einer Rückkehr nach Georgien ausreichend gesichert dar. Die Feststellungen zu den Familienangehörigen und deren Aufenthalt ergeben sich aus den Angaben der BF im Asylverfahren. Wie den Feststellungen entkommen werden kann, hält sich In XXXX noch ihr Gatte und ihr Sohn auf. Weiters begründen noch die Mutter, ein Bruder und insgesamt an die 125 Verwandten ihren Lebensmittelpunkt in Georgien. Der Gatte ist Architekt und verdient zwischen 20.000 und 30.000 Lari im Jahr. Die Mutter ist Pensionistin und verdient ca. 400 Lari im Monat. Die BF hat Kontakt zu den Verwandten in Georgien. Es kann mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die BF von ihrer Familie in Georgien unterstützt werden wird.

Für den Fall einer Rückkehr ist demnach nicht davon auszugehen, dass die BF ihrer Lebensgrundlage entzogen wäre. Vielmehr hat sie in Georgien familiären Anschluss und steht ihr die Rückkehr in ihren Familienverband unverändert offen. Laut Länderinformationen gibt es in Georgien zudem für Familien, welche unter der Armutsgrenze leben, die Möglichkeit, um Sozialhilfe anzusuchen.

Gemäß § 52a BFA-VG kann auch eine finanzielle Rückkehrhilfe als Startkapital für den Neubeginn in der Republik Georgien gewährt werden. Rückkehrerinnen werden auf Basis dieser gesetzlichen Grundlage vom ersten Informationsgespräch bis zur tatsächlichen Rückreise in einer Einrichtung beraten, begleitet und umfassend unterstützt. Die Bereitschaft zur Rückkehr ist darüber hinaus eng verbunden mit der Schaffung von Überlebensgrundlagen im Herkunftsstaat. Abgestimmt auf die individuelle Situation der Rückkehrenden sind verschiedene Formen der Unterstützung notwendig bzw. möglich: Schaffung des Zugangs zu Wohn-, Ausbildungs- oder Arbeitsmöglichkeiten; Beschaffung von Arbeitsgeräten; Vermittlung zu den Hilfsorganisationen im Heimatland; finanzielle Unterstützung. Durch den Aufbau eines Netzwerkes von Kontakten zu Hilfsorganisationen in den jeweiligen Rückkehrländern soll der Neubeginn der rückkehrenden, in der Regel entwurzelten Menschen während der Anfangsphase erleichtert werden (vgl. hierzu www.verein-menschenrechte.at und www.caritas.at/return).

Rückkehrerinnen, die Unterstützung benötigen, sind bislang vor allem auf Familie und Freunde angewiesen. Internationale Organisationen – wie IOM, ICMPD –bieten ebenfalls Unterstützung an.

Um die Reintegration der zurückgekehrten georgischen Migranten zu unterstützen, wurden 650.000 Lari (ca. 216.460 Euro) aus dem Staatshaushalt 2018 bereitgestellt, die an förderungswürdige NGOs verteilt werden:

- Öffentliche Fürsprache" - Tiflis, Kvemo Kartli, Mtskheta-Mtianeti

- Samtskhe-Javakheti Regionalverband "Toleranti" - Samtskhe-Javakheti, Shida Kartli

- Stiftung "AbkhazInterncont"(AIC) - Samegrelo-Zemo Svaneti

- Vereinigung junger Wissenschaftler "Intellekt" - Adjara, Guria

- Fonds "AbkhazInterncont"(AIC) - Racha-Lechkhumi, Kvemo Svaneti

- Kakheti Regional Development Foundation (KRDF) – Kakheti

Um den Wiedereingliederungsprozess der zurückgekehrten georgischen Migranten zu unterstützen, werden die NGOs die folgenden Dienstleistungen für die Begünstigten erbringen – gültig für das gesamte Staatsgebiet:

- Bereitstellung von medizinischer Behandlung und Medikamenten

- Finanzierung einkommensschaffender Projekte

- Unterstützung der beruflichen Weiterbildung/Umschulung und Qualifizierung der Begünstigten

- Bereitstellung von temporären Unterkünften (SCMI 9.3.2018).

Im staatlichen Programm sind jene teilnahmeberechtigt, die georgische Bürger oder staatenlos sind und über eine Aufenthaltsbewilligung verfügen; sich mehr als ein Jahr illegal im Ausland aufgehalten haben oder im Ausland um Asyl angesucht haben, und seit weniger als einem Jahr in Georgien sind (MRA o.D.). Die BF erfüllt somit die Voraussetzungen für die Teilnahme an diesem staatlichen Programm.

In diesem Zusammenhang darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass der rechtsfreundlich bzw. durch eine im Asyl- und Fremdenwesen versierte Organisation vertretene BF im Rahmen der ihnen bekannten Obliegenheit zur Bescheinigung ihres Vorbringens keinen einzigen Beleg über das Nichtvorhandensein von Wohnmöglichkeiten in Georgien vorlegten.

Auch aufgrund des ergänzendem Ermittlungsverfahren und im Rahmen der mündlichen Verhandlung ergab sich keine andere Einschätzung des Sachverhaltes, wie dies bereits vom Bundesamt aufgezeigt wurde.

Die BF verfügt über ein verwandtschaftliches und soziales Netz, welches sie bei der Existenzsicherung unterstützten kann. Die BF steht zudem in Kontakt zu ihrer Familie in Georgien. Unterkunftsmöglichkeiten stehen der BF, wie schon vor der Ausreise, in der ehelichen Wohnung zur Verfügung. Neben der staatlichen Sozialhilfe kann auch vom österreichischen Staat Rückkehrhilfe gewährt werden. Auch internationale Organisationen bieten für Rückkehrer Unterstützung an.

Das BVwG geht daher zusammenfassend davon aus, dass die BF – wie auch von ihr bekannt gegeben – aus rein gesundheitlichen Motiven heraus ihr Heimatland verlassen hat. Zusammenfassend ist zum Vorbringen auszuführen, dass das erkennende Gericht zur Überzeugung gelangte, dass in den Angaben der BF glaubwürdige Anknüpfungspunkte oder Hinweise für eine individuelle Verfolgung iSd Genfer Flüchtlingskonvention nicht erkennbar waren. Dazu ist grundsätzlich in diesem Zusammenhang auszuführen, dass etwaige wirtschaftliche oder private Schwierigkeiten objektiv nicht dazu geeignet sind, die Flüchtlingseigenschaft im Sinne der GFK zu begründen.

II.2.10. Die Monierungen in der Beschwerde sind unbeachtlich, weil das Bundesamt das Vorbringen und den Gesundheitszustand der BF ausreichend und umfangreich gewürdigt und abgeklärt und somit die gebotene Tiefe mehr als erfüllt hat. Wie aus der Anfragebeantwortung entnommen werden kann, sind alle Behandlungen und Medikamente in Georgien verfügbar und erhältlich. Eventuell nicht erhältliche Medikamente können zudem im Rahmen des Erlasses des Gesundheitsministeriums vom 15.Juni 2011, No:01 31/N eingeführt werden.

Jede Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts stellt zudem eine Einzelfallentscheidung mit Prüfung des konkreten Sachverhalts dar, sodass keine Bindungswirkungen zu anderen Entscheidungen bestehen, weshalb die in der Beschwerde zitierten Erkenntnisse der Verwaltungsgerichte nicht zu einer anderen Beurteilung führen können. Genauso würden auch Ausführungen zu abgeschobenen Personen, welch eine Verschlechterung des Zustandes in Georgien erfahren hätten, keine Relevanz entfalten. Derartige Umstände wären weder belegt, noch auf den jeweiligen Einzelfall zu übertragen.

Die BF verließ Georgien aus rein gesundheitlichen Gründen, ohne jedoch einer asylrelevanten individuellen Gefährdung ausgesetzt gewesen zu sein. Um von der realen Gefahr ("real risk") einer drohenden Verletzung der durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte eines Asylwerbers bei Rückkehr in seinen Heimatstaat ausgehen zu können, reicht es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus, wenn eine solche Gefahr bloß möglich ist. Es bedarf vielmehr einer darüberhinausgehenden Wahrscheinlichkeit, dass sich eine solche Gefahr verwirklichen wird (VwGH 17.10.2019, Ra 2019/18/0372 mwN).

Nach der geltenden Rechtslage wäre eine Überstellung dann unzulässig, wenn die Durchführung eine in den Bereich des Art 3 EMRK reichende Verschlechterung des Krankheitsverlaufs oder der Heilungsmöglichkeiten bewirken würde; dabei sind die von den Asylbehörden festzustellenden Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat als Hintergrundinformation beachtlich, sodass es sich quasi um eine "erweiterte Prüfung der Transportfähigkeit" handelt.

II.2.11. Die BF ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes in der Lage, ihr Auskommen im Herkunftsstaat zu bestreiten. Dass die Wirtschaftslage in Georgien derzeit unzureichend sein mag, stellt aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes in Anbetracht des persönlichen Profils der BF und der bestehenden Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat keine drohende Verletzung von Art. 3 EMRK dar. Eine schwierige Lebenssituation, insbesondere bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, die ein Fremder im Fall der Rückkehr in sein Heimatland vorfinden würde, reicht nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für sich betrachtet auch nicht aus, um die Verletzung des nach Art. 3 EMRK geschützten Rechts mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit annehmen zu können (VwGH 17.09.2019, Ra 2019/14/0160).

II.3. Rechtliche Beurteilung:

II.3.1.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht, Sicherer Herkunftsstaat

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

Dass Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I 33/2013 idgF geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Zu A)

II.3.2.Nichtzuerkennung des Status eines Asylberechtigten

II3.2.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 3 AsylG lauten: „§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

(2) …

(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

...“

Gegenständlicher Antrag war nicht wegen Drittstaatsicherheit (§ 4 AsylG), des Schutzes in einem EWR-Staat oder der Schweiz (§ 4a AsylG) oder Zuständigkeit eines anderen Staates (§ 5 AsylG) zurückzuweisen. Ebenso liegen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Asylausschlussgründe vor, weshalb der Antrag des BF inhaltlich zu prüfen war.

Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262). Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194)

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.

II.3.2.2. Einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung kommt Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten. Auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (VwGH vom 16.11.2016, Zl. Ra 2016/18/0233).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (in etwa VwGH vom 01.02.1995, Zl. 94/18/0731; vom 16.11.2016, Zl. Ra 2016/18/0233 und vom 10.08.2017, Zl. Ra 2017/20/0153). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - diesfalls wäre überhaupt fraglich, ob unter solchen Umständen noch von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (vgl. VwGH vom 20.05.2015, Zl. Ra 2015/20/0030 und vom 10.08.2017, Zl. Ra 2017/20/0153).

Die StatusRL 2011/95/EU sieht einerseits vor, dass die staatliche Schutzfähigkeit zwar generell bei Einrichtung eines entsprechenden staatlichen Sicherheitssystems gewährleistet ist, verlangt aber anderseits eine Prüfung im Einzelfall, ob der Asylwerber unter Berücksichtigung seiner besonderen Umstände in der Lage ist, an diesem staatlichen Schutz wirksam teilzuhaben (VwGH vom 16.11.2016, Zl. Ra 2016/18/0233).

Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH vom 08.06.2000, Zl. 99/20/0597 und vom 01.09.2005, 2005/20/0357).

II.3.2.3. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes erweist sich die gegenständliche Beschwerde als unbegründet:

Es ist festzuhalten, dass die BF keine Fluchtgründe ins Treffen führte, die auf eine persönliche Verfolgung im Herkunftsland im Sinne der GFK, mithin aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung schließen lassen.

Auch eine Verfolgung durch staatliche Behörden bzw. dass eine solche Verfolgung durch staatliche Behörden drohen würde, wurde von der BF nicht in substantiierter Weise behauptet oder belegt und verneinten sie eine solche vor dem BFA zudem dezidiert.

Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft, wobei als zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes die „wohlbegründete Furcht vor Verfolgung“ erachtet wird. Diese ist dann gegeben, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist.

II.3.2.3. Wie im gegenständlichen Fall aber bereits in der Beweiswürdigung ausführlich erörtert wurde, war das Vorbringen der BF zum behaupteten Ausreisegrund, demnach ausschließlich ihre Erkrankung zwar glaubwürdig, ein Asylgrund kann dementsprechend von vornherein jedoch ausgeschlossen werden.

Im gegenständlichen Fall gelangt das Bundesverwaltungsgericht aus oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausführlich erörterten Gründen zum Ergebnis, dass die BF keiner individuellen Verfolgung im Herkunftsstaat ausgesetzt waren oder im Fall der Rückkehr ausgesetzt wären, sodass internationaler Schutz nicht zu gewähren ist. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt jedenfalls nicht, um den Status des Asylberechtigten zu erhalten (VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0100).

Da sich auch im Rahmen des sonstigen Ermittlungsergebnisses bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen der Gefahr einer Verfolgung aus einem in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK genannten Grund ergaben, scheidet die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten somit aus.

Bezüglich der Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen, sozialen oder unruhebedingten Lebensbedingungen zurückzuführen sind, bleibt festzuhalten, dass diese keine Verfolgungshandlungen im Sinne des Asylgesetzes darstellen, da alle Bewohner gleichermaßen davon betroffen sind.

Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass bestehende schwierige Lebensumstände allgemeiner Natur hinzunehmen sind, weil das Asylrecht nicht die Aufgabe hat, vor allgemeinen Unglücksfolgen zu bewahren, die etwa in Folge des Krieges, Bürgerkrieges, Revolution oder sonstiger Unruhen entstehen, ein Standpunkt den beispielsweise auch das UNHCR-Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft in Punkt 164 einnimmt (VwGH 14.03.1995, Zl. 94/20/0798). Die Beschwerdeführer sind außerdem sunnitischen und schiitischen Glaubens, sie haben demnach im Fall einer Rückkehr insbesondere keine Schwierigkeiten aufgrund ihres Religionsbekenntnisses zu befürchten.

II.3.3. Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat

II.3.3.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 8 AsylG lauten: „§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 … zu verbinden.

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offensteht. …“

Bereits § 8 AsylG 1997 beschränkte den Prüfungsrahmen auf den „Herkunftsstaat“ des Asylwerbers. Dies war dahingehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen war, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300). Diese Grundsätze sind auf die hier anzuwendende Rechtsmaterie insoweit zu übertragen, als dass auch hier der Prüfungsmaßstab hinsichtlich des Bestehend der Voraussetzungen, welche allenfalls zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führen, sich auf den Herkunftsstaat beschränken.

Art. 2 EMRK lautet:

„(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden. (2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:

a) um die Verteidigung eines Menschen gegenüber rechtswidriger Gewaltanwendung sicherzustellen;

b) um eine ordnungsgemäße Festnahme durchzuführen oder das Entkommen einer ordnungsgemäß festgehaltenen Person zu verhindern;

c) um im Rahmen der Gesetze einen Aufruhr oder einen Aufstand zu unterdrücken.“

Während das 6. ZPEMRK die Todesstrafe weitestgehend abgeschafft wurde, erklärt das 13. ZPEMRK die Todesstrafe als vollständig abgeschafft.

Art. 3 EMRK lautet: „Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.“

Folter bezeichnet jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind (Art. 1 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984).

Unter unmenschlicher Behandlung ist die vorsätzliche Verursachung intensiven Leides unterhalb der Stufe der Folter zu verstehen (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht 10. Aufl. (2007), RZ 1394).

Unter einer erniedrigenden Behandlung ist die Zufügung einer Demütigung oder Entwürdigung von besonderem Grad zu verstehen (Näher Tomasovsky, FS Funk (2003) 579; Grabenwarter, Menschenrechtskonvention 134f).

Art. 3 EMRK enthält keinen Gesetzesvorbehalt und umfasst jede physische Person (auch Fremde), welche sich im Bundesgebiet aufhält.

Der EGMR geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die EMRK kein Recht auf politisches Asyl garantiert. Die Ausweisung (nunmehr Rückkehrentscheidung) eines Fremden kann jedoch eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Art. 3 EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der betroffenen Person im Falle seiner Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Art. 3 EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (für viele: VfSlg 13.314; EGMR 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314). Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat der bP zu berücksichtigen, auch wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates (hier: Österreich) dahingehend, dass er für ein „ausreichend reales Risiko“ für eine Verletzung des Art. 3 EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes („high threshold“) dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt (vgl. Karl Premissl in Migralex „Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in „Dublin-Verfahren““, derselbe in Migralex: „Abschiebeschutz von Traumatisieren“; EGMR: Ovidenko vs. Finnland; Hukic vs. Scheden, Karim, vs. Schweden, 4.7.2006, Appilic 24171/05, Goncharova Alekseytev vs. Schweden, 3.5.2007, Appilic 31246/06.

Der EGMR geht weiters allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 [„St. Kitts-Fall“], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).

Gem. der Judikatur des EGMR muss ein BF die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darstellen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 7.7.1987, Nr. 12877/87 – Kalema gg. Frankreich, DR 53, S. 254, 264). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus (vgl. EKMR, Entsch. Vom 12.3.1980, Nr. 8897/80: X u. Y gg. Vereinigtes Königreich), wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 17.10.1986, Nr. 12364/86: Kilic gg. Schweiz, DR 50, S. 280, 289). So führt der EGMR in stRsp aus, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller „Beweise“ zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt -so weit als möglich- Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht (z. B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005)

Auch nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua), gesundheitliche (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601) oder finanzielle (vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099) Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279).

Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht (mehr) vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in [nunmehr] § 8 Abs. 1 AsylG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294).

Der VwGH geht davon aus, dass der Beschwerdeführer vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in dessen Herkunftsstaat (Abschiebestaat) mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit von einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr betroffen zu sein. Wird dieses Wahrscheinlichkeitskalkül nicht erreicht, scheidet die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten somit aus.

Der Begriff des internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts in § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist unter Berücksichtigung des humanitären Völkerrechts auszulegen. Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie unter anderem für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind, und über innere Unruhen und Spannungen wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konflikts im Sinn des Art. 15 lit. c der Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011 nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss aber jedenfalls ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind. Ein solch innerstaatlich bewaffneter Konflikt kann überdies landesweit oder regional bestehen, er muss sich mithin nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecken (VG München 13.05.2016, M 4 K 16.30558).

Dabei ist zu überprüfen, ob sich die von einem bewaffneten Konflikt für eine Vielzahl von Zivilpersonen ausgehende und damit allgemeine Gefahr in der Person des Beschwerdeführers so verdichtet hat, dass sie eine erhebliche individuelle Bedrohung darstellt. Eine allgemeine Gefahr kann sich insbesondere durch individuelle gefahrerhöhende Umstände zuspitzen. Solche Umstände können sich auch aus einer Gruppenzugehörigkeit ergeben. Der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt muss ein so hohes Niveau erreichen, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, eine Zivilperson würde bei Rückkehr in das betreffende Land oder die betreffende Region allein durch ihre Anwesenheit in diesem Gebiet Gefahr laufen, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH U. 17.02.2009, C-465/07). Ob eine Situation genereller Gewalt eine ausreichende Intensität erreicht, um eine reale Gefahr einer für das Leben oder die Person zu bewirken, ist insbesondere anhand folgender Kriterien zu beurteilen: ob die Konfliktparteien Methoden und Taktiken anwenden, die die Gefahr ziviler Opfer erhöhen oder direkt auf Zivilisten gerichtet sind; ob diese Taktiken und Methoden weit verbreitet sind; ob die Kampfhandlungen lokal oder verbreitet stattfinden; schließlich die Zahl der getöteten, verwundeten und vertriebenen Zivilisten (EGRM U 28.06.2011, Sufi/Elmi gegen Vereinigtes Königreich, Nrn. 8319/07, 11449/07).

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 17.09.2008, Zl. 2008/23/0588). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt jedoch nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; EGMR U 20.07.2010, N. gegen Schweden, Nr. 23505/09; U 13.10.2011, Husseini gegen Schweden, Nr. 10611/09). Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können aber besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände (Gefährdungsmomente) dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein – im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaates im Allgemeinen – höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen (VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0137, zur Lage in Bagdad). Die bloße Möglichkeit einer den betreffenden Bestimmungen der EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427).

Im Hinblick der Gefahrendichte ist auf die jeweilige Herkunftsregion abzustellen, in die der Beschwerdeführer typischerweise zurückkehren wird. Zur Feststellung der Gefahrendichte kann auf eine annäherungsweise quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt werden, sowie eine wertende Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung zurückgegriffen werden. Zu dieser wertenden Betrachtung gehört jedenfalls auch die Würdigung der medizinischen Versorgungslage in dem jeweiligen Gebiet, von deren Qualität und Erreichbarkeit die Schwere eingetretener körperlicher Verletzungen mit Blick auf die den Opfern dauerhaft verbleibenden Verletzungsfolgen abhängen kann (dt BVerwG 17.11.2011, 10 C 13/10).

Dessen ungeachtet sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten auch dann abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative offen steht (§ 8 Abs. 3 AsylG 2005).

Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen im Übrigen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141).

II.3.3.2. Umgelegt auf den gegenständlichen Fall werden im Lichte der dargestellten nationalen und internationalen Rechtsprechung folgende Überlegungen angestellt:

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.

Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts des Herkunftsstaates der BF scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 2 EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.

Da sich der Herkunftsstaat der BF nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für die BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.

Es kann auch nicht erkannt werden, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Georgien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. hiezu grundlegend VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059), hat doch die BF selbst nicht ausreichend konkret vorgebracht, dass ihr im Falle einer Rückführung nach Georgien jegliche Existenzgrundlage fehlen würde und sie in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse (wie etwa Versorgung mit Lebensmitteln oder einer Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre.

Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.

Zu den gesundheitlichen Leiden der BF bleibt festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung der Höchstgerichte im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (vgl. die Beschlüsse des VwGH vom 21. Februar 2017, Ro 2016/18/0005 und Ra 2017/18/0008 bis 0009, unter Hinweis auf das Urteil des EGMR vom 13. Dezember 2016, Nr. 41738/10, Paposhvili gegen Belgien; auch Beschluss des VwGH vom 23.3.2017, Ra 2017/20/0038; siehe auch Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 [„St. Kitts-Fall“]; Erk. d. VfGH 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9). Bloß spekulative Überlegungen über einen fehlenden Zugang zu medizinischer Versorgung sind ebenso unbeachtlich wie eine bloße Minderung der Lebensqualität (Urteil des EGMR (Große Kammer) vom 27. Mai 2008, N. v. The United Kingdom, Nr. 26.565/05).

Die genannten allgemeinen Ausführungen gelten auch beim Vorliegen psychischer Erkrankungen bzw. Störungen. Zur Verdeutlichung der vom EGMR gesetzten Schwelle sei hier auf die Entscheidung SALKIC and others against Sweden (Application no. 7702/04) hingewiesen, wo die Zulässigkeit der Abschiebung schwer traumatisierter und teilweise suizidale Tendenzen aufweisende Bosnier nach Bosnien und Herzegowina bejaht wurde, wobei hier wohl außer Streit gestellt werden kann, dass das bosnische Gesundheitssystem dem schwedischen qualitätsmäßig unterliegt.

Dass sich der Gesundheitszustand durch die Abschiebung verschlechtert ("mentaler Stress" ist nicht entscheidend), ist vom Antragsteller konkret nachzuweisen, bloße Spekulationen über die Möglichkeit sind nicht ausreichend. In der Beschwerdesache OVDIENKO gg. Finland vom 31.05.2005 (Appl. 1383/04), wurde die Abschiebung des Beschwerdeführers, der sich seit 2002 in psychiatrischer Behandlung befunden hat und der selbstmordgefährdet war, für zulässig erklärt; mentaler Stress durch eine Abschiebungsdrohung in die Ukraine ist kein ausreichendes „real risk“.

Aufgrund des hier vorliegenden Krankheitsbildes ist jedenfalls nicht ableitbar, dass eine Überstellung nach Georgien zu einer Beeinträchtigung des gesundheitlichen Zustandes der BF führt, womit folgerichtig keine Verletzung von Art 3 EMRK gegeben ist.

Es liegt aktuell auch bei der BF keine derartige Erkrankung vor, welche das Risiko bergen würde, im Falle der Rückkehr unter qualvollen Umständen in Georgien zu sterben. Es gibt in Georgien und in speziell in Tiflis auch wie in der Beweiswürdigung bereits ausführlich erörtert ausreichend Behandlungsmöglichkeiten und ist auch die erforderliche Medikation erhältlich. Zudem wurde bei der Tumorbordsitzung des AKH Wien am 02.10.2023 eine Komplettremission bei der BF festgestellt.

Es kann zwar eventuell mit einer Verschlechterung des persönlichen Zustandes der BF gerechnet werden, diese ist jedoch nicht unwiederbringlich oder derart gravierend, dass eine Abschiebung unzulässig zu erklären oder subsidiärer Schutz zu gewähren wäre. In Georgien sind nach wie vor zahlreiche Verwandte der BF aufhältig, welche sie bei der Rückkehr unterstützen werden, wie sie das schon vor der Ausreise taten. Neben den Möglichkeiten, Sozialleistungen zu beziehen, steht der BF damit auch ein Netz von Verwandten zur Verfügung, welche zur Finanzierung der etwaig teilweise kostenpflichtigen Behandlung beitragen können.

Der BF steht es frei, das wenngleich nicht auf gleichem Niveau befindliche Sozialsystem in Anspruch zu nehmen. Nicht zuletzt sei darauf hingewiesen, dass es der BF möglich ist, auch finanzielle oder anderweitige Unterstützung im Heimatland in Anspruch zu nehmen.

Im vorliegenden Fall konnte seitens der BF keine akut existenzbedrohenden Krankheitszustände oder Hinweise einer unzumutbaren Verschlechterung der Krankheitszustände im Falle einer Überstellung nach Georgien belegt werden, welche die Notwendigkeit weiterer Erhebungen seitens des Bundesverwaltungsgerichts notwendig machen würden.

Im gegenständlichen Fall besteht im Lichte der Berichtslage kein Hinweis, dass die BF vom Zugang zu medizinsicher Versorgung in Georgien ausgeschlossen wäre und bestehen auch keine Hinweise, dass die seitens der BF beschriebenen und diagnostizierten Krankheiten nicht behandelbar wären. Auch faktische Hindernisse, welche das Fehlen eines Zugangs zur medizinischen Versorgung aus in der Person der BF gelegenen Umständen belegen würden, kamen nicht hervor.

Ebenso ist davon auszugehen, dass Österreich in der Lage ist, im Rahmen aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausreichende medizinische Begleitmaßnahmen zu setzen (VwGH 25.4.2008, 2007/20/0720 bis 0723, VfGH v. 12.6.2010, Gz. U 613/10-10 und die bereits zitierte Judikatur; ebenso Erk. des AsylGH vom 12.3.2010, B7 232.141-3/2009/3E mwN). Zur individuellen Versorgungssituation der BF wird weiter festgestellt, dass diese im Herkunftsstaat über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügt. Einerseits stammt die BF aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehört sie keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass sie sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann.

II.3.3.3. Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass die BF im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht über eine, allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage gerät.

Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde die BF somit nicht in seinen Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden.

Weder droht der BF im Herkunftsstaat das reale Risiko einer Verletzung der oben genannten gewährleisteten Rechte, noch bestünde die Gefahr, der Todesstrafe unterzogen zu werden. Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für die BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen, sodass der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides zu Recht abgewiesen wurde.

II.3.4 Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung

II.3.4.1. Gesetzliche Grundlagen:

§ 10 AsylG 2005, Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme:

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.“

§ 57 AsylG 2005, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz:

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.

(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.

(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können.“

§ 9 BFA-VG, Schutz des Privat- und Familienlebens:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“

§ 58 AsylG 2005, Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln:

§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Das Bundesamt hat einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wurde. § 73 AVG gilt.

(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.

(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.

(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.

(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,

2. bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder

3. gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist

soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist

1. das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder

2. der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.

Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.

(12) Aufenthaltstitel dürfen Drittstaatsangehörigen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, nur persönlich ausgefolgt werden. Aufenthaltstitel für unmündige Minderjährige dürfen nur an deren gesetzlichen Vertreter ausgefolgt werden. Anlässlich der Ausfolgung ist der Drittstaatsangehörige nachweislich über die befristete Gültigkeitsdauer, die Unzulässigkeit eines Zweckwechsels, die Nichtverlängerbarkeit der Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 und 56 und die anschließende Möglichkeit einen Aufenthaltstitel nach dem NAG zu erlangen, zu belehren.

(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 hat das Bundesamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn

1. ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung gemäß § 56 eingeleitet wurde und

2. die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 wahrscheinlich ist, wofür die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 jedenfalls vorzuliegen haben.“

(14) Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, durch Verordnung festzulegen, welche Urkunden und Nachweise allgemein und für den jeweiligen Aufenthaltstitel dem Antrag jedenfalls anzuschließen sind. Diese Verordnung kann auch Form und Art einer Antragstellung, einschließlich bestimmter, ausschließlich zu verwendender Antragsformulare, enthalten.

§ 52 FPG, Rückkehrentscheidung:

„§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels, Einreisetitels oder der erlaubten visumfreien Einreise entgegengestanden wäre,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I. Nr. 68/2017 aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel “Daueraufenthalt – EU” verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.“

§ 55 FPG, Frist für die freiwillige Ausreise

§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.

(4) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

(5) Die Einräumung einer Frist gemäß Abs. 1 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu widerrufen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder Fluchtgefahr besteht.

Art. 8 EMRK, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.“

II.3.4.2. Der gegenständlich in Österreich gestellte Antrag auf internationalen Schutz war abzuweisen. Es liegt daher kein rechtmäßiger Aufenthalt (ein sonstiger Aufenthaltstitel des drittstaatsangehörigen Fremden ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht behauptet) im Bundesgebiet mehr vor und fällt die BF nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

Es liegen keine Umstände vor, dass der BF allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, und wurde diesbezüglich in der Beschwerde auch nichts dargelegt.

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 ist diese Entscheidung daher mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

II.3.4.3. Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

II.3.4.4. Die BF hält sich seit 21.04.2023 im Bundesgebiet auf. Sie ist nicht selbsterhaltungsfähig und lebt von der Grundversorgung. Im Bundesgebiet halten sich keine Verwandten der BF auf. Sie besucht keinen Deutschkurs, ist in keinen Vereinen oder Organisationen Mitglied und leistet keine ehrenamtlichen Tätigkeiten. Unterstützungsschreiben oder Verpflichtungserklärungen wurden nicht eingebracht. Die BF ist für keine Personen im Bundesgebiet sorgepflichtig. Sie hat im Bundesgebiet keine österreichischen Freunde.

Die Rückkehrentscheidung stellt somit keinen Eingriff in das Recht auf Familienleben dar, sondern allenfalls einen solchen in das Privatleben.

II.3.4.5. Gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Zweifellos handelt es sich sowohl beim BFA als auch beim ho. Gericht um öffentliche Behörden im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und ist der Eingriff in § 10 AsylG gesetzlich vorgesehen.

Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens der BF im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Art. 8 (2) EMRK, in verhältnismäßiger Weise verfolgt.

Im Einzelnen ergibt sich aus einer Zusammenschau der oben genannten Determinanten im Lichte der geltenden Judikatur Folgendes:

- Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt rechtswidrig war:

Der BF ist seit 21.04.2023 in Österreich aufhältig. Sie reiste legal aus Georgien auf dem Luftweg aus und in das Bundesgebiet ein. Weil sie aber im Bundesgebiet von der Grundversorgung lebt, wurde die Einreise rechtswidrig und konnte sie ihren Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Antrags auf internationalen Schutz vorübergehend legalisieren.

Hätte sie diesen unbegründeten Asylantrag nicht gestellt, wäre sie rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig bzw. wäre davon auszugehen, dass der rechtswidrige Aufenthalt bereits durch entsprechende aufenthaltsbeendende Maßnahmen in der Vergangenheit beendet worden wäre und sie sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten würde.

- das tatsächliche Bestehen eines Privatlebens:

Die BF verfügt über keine relevanten privaten Anknüpfungspunkte.

- die Schutzwürdigkeit des Privatlebens

Die BF begründete ihr Privatleben zu einem Zeitpunkt, als der Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisiert war. Auch war der Aufenthalt der BF zum Zeitpunkt der Begründung der Anknüpfungspunkte im Rahmen des Privatlebens ungewiss und nicht dauerhaft, sondern auf die Dauer des Asylverfahrens beschränkt.

Letztlich ist auch festzuhalten, dass die BF nicht gezwungen ist, nach einer Ausreise allenfalls bestehende Bindungen zur Gänze abzubrechen. So stünde es ihr frei, diese durch briefliche, telefonische, elektronische Kontakte oder durch gegenseitige Besuche aufrecht zu erhalten (vgl. Peter Chvosta: „Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK“, ÖJZ 2007/74 mwN).

- Grad der Integration

Die BF ist erst sehr kurz in Österreich aufhältig, hat hier keine qualifizierten Anknüpfungspunkte und war im Asylverfahren nicht in der Lage, ihren Antrag ohne die Beiziehung eines Dolmetschers zu begründen. Sie ist nicht selbsterhaltungsfähig und lebt von der Grundversorgung. Im Bundesgebiet halten sich keine Verwandten auf. die BF besucht keinen Deutschkurs, sie ist in keinen Vereinen oder Organisationen Mitglied und leistet keine ehrenamtlichen Tätigkeiten. Unterstützungsschreiben oder Verpflichtungserklärungen wurden nicht eingebracht. Die BF ist für keine Personen im Bundesgebiet sorgepflichtig, sie wird weiterhin die kostenlose Behandlung ihrer Leiden in Anspruch nehmen. Sie hat im Bundesgebiet keine österreichischen Freunde.

In diesem Zusammenhang sei auch auf die höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach selbst die –hier bei weitem nicht vorhandenen- Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029).

- Bindungen zum Herkunftsstaat

Die BF verbrachte annähernd ihr gesamtes Leben in Georgien, wurde dort sozialisiert, bekennt sich zum dortigen christlich-orthodoxen Glauben und spricht die dortige Mehrheitssprache auf muttersprachlichem Niveau. In XXXX hält sich noch der Gatte und ihr Sohn auf. Weiters begründen noch die Mutter, ein Bruder und insgesamt an die 125 Verwandten ihren Lebensmittelpunkt in Georgien. Der Gatte ist Architekt und verdient zwischen 20.000 und 30.000 Lari im Jahr. Die Mutter ist Pensionistin und verdient ca. 400 Lari im Monat. Die BF hat Kontakt zu ihren Verwandten.

Es deutet daher nichts darauf hin, dass es dem BF im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren.

- strafrechtliche Unbescholtenheit

Der BF ist bislang strafrechtlich unbescholten.

Diese Feststellung stellt laut Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420). Der VwGH geht wohl davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.

- die Frage, ob das Privatleben zu einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren

Der BF musste bei der Antragstellung klar sein, dass ihr Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung des Asylantrages nur ein vorübergehender ist.

- mögliches Organisationsverschulden durch die handelnden Behörden in Bezug auf die Verfahrensdauer

Ein derartiges Verschulden kann der Aktenlage nicht entnommen werden.

- Auswirkung der allgemeinen Lage in Georgien auf die BF

Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass dem Art. 8 EMRK innewohnenden Recht auf das Privat- und Familienleben auch ein Recht auf körperliche Unversehrtheit abzuleiten ist (vgl. etwa Erk. d. VwGH vom 28.6.2016, Ra 2015/21/0199-8). Vor diesem Hintergrund ist die Zulässigkeit von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen im Lichte des Art. 8 EMRK auch vor dem Hintergrund der Lage im Herkunftsstaat, welche die bP im Falle einer Rückkehr vorfinden, zu prüfen, wobei bereits an dieser Stelle Art. 8 EMRK –anders als Art. 3 leg. cit.- einen Eingriffsvorbehalt kennt.

Im Rahmen der Beurteilung der allgemeinen Lage in der der Republik Georgien ist zu berücksichtigen, dass –wie bereits mehrfach erwähnt- gem. § 1 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, die Republik Georgien als sicherer Herkunftsstaat gilt und ergaben sich im gegenständlichen Fall keine Hinweise auf einen aus diesem Blickwinkel relevanten Sachverhalt.

Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251, uva).

Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine (damals) Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).

Ebenso wird durch die wirtschaftlichen Interessen an einer geordneten Zuwanderung und das nur für die Dauer des Asylverfahrens erteilte Aufenthaltsrecht, das fremdenpolizeiliche Maßnahmen nach (negativer) Beendigung des Asylverfahrens vorhersehbar erscheinen lässt, die Interessensabwägung anders als in jenen Fällen, in welchen der Fremde aufgrund eines nach den Bestimmungen des NAG erteilten Aufenthaltstitels aufenthaltsberechtigt war, zu Lasten des (abgelehnten) Asylsuchenden beeinflusst (vgl. Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, Seite 348).

Es ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Notwendigkeit einer [damals] Ausweisung von Relevanz, ob der Fremde seinen Aufenthalt vom Inland her legalisieren kann. Ist das nicht der Fall, könnte sich der Fremde bei der Abstandnahme von der [damals] Ausweisung unter Umgehung der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen den tatsächlichen (illegalen) Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenrechts zuwiderlaufen würde.

Gem. Art 8 Abs. 2 EMRK ist ein Eingriff in das Grundrecht auf Privat- und/oder Familienleben zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Abs. 2 leg. cit. genannten Ziele notwendig ist. Die zitierte Vorschrift nennt als solches Ziel u.a. die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, worunter nach der Judikatur des VwGH auch die geschriebene Rechtsordnung zu subsumieren ist. Die für den Aufenthalt von Fremden maßgeblichen Vorschriften finden sich –abgesehen von den spezifischen Regelungen des AsylG- seit 1.1.2006 nunmehr im NAG bzw. FPG.

Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist für die Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung und diese Wertung des Gesetzgebers geht auch aus dem Fremdenrechtspaket 2005 klar hervor. Demnach ist es gemäß den nun geltenden fremdenrechtlichen Bestimmungen für einen BF grundsätzlich nicht mehr möglich, den Aufenthalt vom Inland her auf Antrag zu legalisieren, da eine Erstantragsstellung für solche Fremde nur vom Ausland aus möglich ist. Wie aus dem 2. Hauptstück des NAG ersichtlich ist, sind auch Fremde, die Familienangehörige von in Österreich dauernd wohnhaften österreichischen Staatsbürgern sind, davon nicht ausgenommen. Im gegenständlichen Fall ist bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Sachverhalt ersichtlich, welcher die Annahme rechtfertigen würde, dass der BF gem. § 21 (2) und (3) NAG die Legalisierung ihres Aufenthaltes vom Inland aus offensteht, sodass sie mit rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens eine unbedingte Ausreiseverpflichtung trifft, zu deren Durchsetzung es einer Rückkehrentscheidung bedarf.

Bei rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens ist die BF somit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

Zur Gewichtung der öffentlichen Interessen sei ergänzend das Erkenntnis des VfGH 17. 3. 2005, G 78/04 ua erwähnt, in dem dieser erkennt, dass auch das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den Interessen des Fremden bei der (damals) Ausweisung von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen sind.

Der Rechtsprechung des EGMR folgend (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z. B. eine Ausweisung- bzw. Rückkehrentscheidung) aber auch in das nach Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in einem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

Im Lichte der Rechtsprechung des EGMR zur Praxis hinsichtlich Rückkehrentscheidungen der Vertragsstaaten dürfte es für den Schutzbereich des Anspruches auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 EMRK hingegen nicht ausschlaggebend sein, ob der Aufenthalt des Ausländers - im Sinne einer Art „Handreichung des Staates“ - zumindest vorübergehend rechtmäßig war (vgl. Ghiban gg. Deutschland, 16.09.2004, 11103/03; Dragan gg. Deutschland, 07.10.2004, Bsw. Nr. 33743/03; SISOJEVA (aaO.)) bzw. inwieweit die Behörden durch ihr Verhalten dazu beigetragen haben, dass der Aufenthalt des Betreffenden bislang nicht beendet wurde. Der EGMR hat diese Frage zwar noch nicht abschließend entschieden, jedoch in Fallkonstellationen das Recht auf Privatleben erörtert, in denen ein legaler Aufenthalt der Beschwerdeführer nicht vorlag. Hat er in der Rechtssache GHIBAN (aaO.) zu einem rumänischen Staatsangehörigen, der wegen Staatenlosigkeit nicht abgeschoben werden konnte, die Frage letztlich noch offen gelassen ("Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Aufenthalt des BF unter diesen Umständen eine ausreichende Grundlage für die Annahme eines Privatlebens war..."), so nahm er in der bereits mehrfach zitierten Rechtssache Sisojeva (aaO.) einen Eingriff in das Privatleben an, obwohl die Beschwerdeführer in Lettland keinen rechtmäßigen Aufenthalt hatten.

Wenn man – wie die Judikaturentwicklung des EGMR auch erkennen lässt – dem Aufenthaltsstatus des Fremden für die Beurteilung des Vorliegens eines Eingriffes in das durch Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben keine Relevanz beimisst, so wird die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts jedenfalls im Rahmen der Schrankenprüfung nach Artikel 8 Absatz 2 EMRK Berücksichtigung zu finden haben.

Weiter wird hier auf das Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06 verwiesen, wo dieser folgende Kernaussagen traf:

Im gegenständlichen Fall erachtete es der EGMR nicht erforderlich, sich mit der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Frage auseinanderzusetzen, ob durch das Studium der Beschwerdeführerin im UK, ihr Engagement in der Kirche sowie ihre Beziehung unbekannter Dauer zu einem Mann während ihres fast 10-jährigen Aufenthalts ein Privatleben iS von Art. 8 EMRK entstanden ist.

Dies wird damit begründet, dass im vorliegenden Fall auch das Bestehen eines Privatlebens ohne Bedeutung für die Zulässigkeit der Abschiebung wäre, da einerseits die beabsichtigte Abschiebung im Einklang mit dem Gesetz steht und das legitime Ziel der Aufrechterhaltung und Durchsetzung einer kontrollierten Zuwanderung verfolgt; und andererseits jegliches zwischenzeitlich etabliertes Privatleben im Rahmen einer Interessenabwägung gegen das legitime öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle nicht dazu führen könnte, dass ihre Abschiebung als unverhältnismäßiger Eingriff zu werten wäre.

Die zuständige Kammer merkt dazu an, dass es sich hier im Gegensatz zum Fall ÜNER gg. Niederlande (EGMR Urteil vom 05.07.2005, Nr. 46410/99) bei der Beschwerdeführerin um keinen niedergelassenen Zuwanderer handelt, sondern ihr niemals ein Aufenthaltsrecht erteilt wurde und ihr Aufenthalt im UK daher während der gesamten Dauer ihres Asylverfahrens und ihrer humanitären Anträge unsicher war.

Ihre Abschiebung in Folge der Abweisung dieser Anträge wird auch durch eine behauptete Verzögerung der Behörden bei der Entscheidung über diese Anträge nicht unverhältnismäßig.

II.3.4.6. Letztlich ist festzustellen, dass eine Gegenüberstellung der von der BF in ihrem Herkunftsstaat vorzufindenden Verhältnissen mit jenen in Österreich im Rahmen einer Interessensabwägung zu keinem Überwiegen der privaten Interessen der BF am Verbleib in Österreich gegenüber den öffentlichen Interessen an einem Verlassen des Bundesgebietes führen würde.

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie die BF erfolgreich auf das Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen.

Könnte sich ein Fremder nunmehr in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen, würde dies darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrag unterlassen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (vgl. hierzu auch das Estoppel-Prinzip [„no one can profit from his own wrongdoing“], auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen [VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007]).

Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige Integration der BF in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Sicht sind nicht ansatzweise erkennbar. Die BF hält sich im Vergleich zu ihrem Lebensalter erst einen sehr kurzen Zeitraum in Österreich auf. Eine über das normale Maß hinausgehende gesellschaftliche Integration ist nicht erkennbar. Die BF hat nahezu ihr gesamtes Leben in Georgien verbracht und wurde dort sozialisiert. Es ist daher davon auszugehen, dass auf Grund dieser engen Beziehungen zum Herkunftsstaat im Vergleich mit dem bisherigen Leben in Österreich die Beziehungen zu Georgien eine – wenn überhaupt vorhandene – Integration in Österreich bei weitem überwiegen.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts der BF im Bundesgebiet das persönliche Interesse der BF am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen (und auch in der Beschwerde nicht vorgebracht worden), dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

II.3.5. Abschiebung

II.3.5.1. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei. Für die gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (VwGH 15.09.2016, Ra 2016/21/0234).

Gemäß § 50 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art 2 EMRK oder Art 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Abs 2) oder solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs 3).

Im gegenständlichen Fall sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung nach Georgien unzulässig wäre. Derartiges wurde auch in gegenständlichen Beschwerden nicht schlüssig dargelegt und wurden bzw. werden hierzu bereits an entsprechend passenden Stellen des gegenständlichen Erkenntnisses Ausführungen getätigt, welche die in § 50 Abs. 1 und 2 FPG erforderlichen Subsumtionen bereits vorwegnehmen.

Eine im § 50 Abs. 3 FPG genannte Empfehlung des EGMR liegt ebenfalls nicht vor.

Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde in den angefochtenen Bescheiden gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung nach Georgien unzulässig wäre. Derartiges wurde auch in gegenständlichen Beschwerden nicht schlüssig dargelegt.

II.3.5.2. Die festgelegte Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung entspricht § 55 Abs. 2 erster Satz FPG.

Dass besondere Umstände, die die Drittstaatsangehörigen bei der Regelung ihrer persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätten, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidungen geführt haben, überwiegen würden, wurde nicht vorgebracht. Es wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zu den privaten und familiären Bindungen der BF und der Vorhersehbarkeit der Verpflichtung zum Verlassen des Bundesgebietes verwiesen. Die eingeräumte Frist erscheint angemessen und wurden diesbezüglich auch keinerlei Ausführungen in der Beschwerdeschrift getroffen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Übrigen bereits festgehalten, dass es sich bei den in § 55 Abs. 2 und 3 FPG genannten „besonderen Umständen“, die gegebenenfalls im Rahmen der gebotenen Abwägung zu einer Festsetzung der Frist für die freiwillige Ausreise über 14 Tage hinaus führen können, ohnehin nur um solche handeln kann, die bei der Regelung der persönlichen Verhältnisse im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Organisation der freiwilligen Ausreise zu berücksichtigen sind (VwGH vom 31.07.2020; Ra 2020/19/0252; vgl. VwGH 20.2.2014, 2013/21/0114; vgl näher zu der nach § 55 FPG zu setzenden Frist VwGH 16.5.2013, 2012/21/0072, mwN).

Im Hinblick darauf, dass das Gesetz bei der Verlängerung der in einer Rückkehrentscheidung festgelegten Ausreisefrist ebenfalls auf die "Regelung der persönlichen Verhältnisse" abstellt und die (Verlängerung der) Ausreisefrist auch der Sache nach i.W. dieselbe Zielrichtung hat wie der Durchsetzungsaufschub, ist die erwähnte Rechtsprechung auch bei der Auslegung des§ 55 Abs. 2 und 3 FPG einzubeziehen. Demnach muss es sich bei den in diesen Bestimmungen genannten "besonderen Umständen" um solche handeln, die bei der Regelung der persönlichen Verhältnisse im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Organisation der freiwilligen Ausreise zu berücksichtigen sind.

Vor diesem Hintergrund ist § 55 Abs. 2 und 3 FPG auszulegen und zu beurteilen, ob im jeweiligen Einzelfall besondere Gründe im genannten Sinn, welche die Einräumung einer mehr als 14-tägigen Frist für die freiwillige Ausreise notwendig machen, gegeben sind. Dabei ist eine Interessenabwägung vorzunehmen. Weiters ist zu beachten, dass es sich bei den Gründen, die eine Verlängerung der Ausreisefrist rechtfertigen können, schon definitionsgemäß um vorübergehende Umstände handeln muss; ihre Beseitigung bzw. ihr Wegfall muss absehbar sein.

II.3.5.3. Die Verhältnismäßigkeit der seitens der belangten Behörde getroffenen fremdenpolizeilichen Maßnahme ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich hierbei um das gelindeste fremdenpolizeiliche Mittel handelt, welches zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet erschien.

II.3.5.4. Da auch alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung von Rückkehrentscheidungen und die gesetzte Frist für die freiwillige Ausreise vorliegen, waren die Beschwerden auch gegen diese Spruchpunkte der angefochtenen Bescheide als unbegründet abzuweisen.

B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiter ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zum Erfordernis der Glaubhaftmachung der vorgebrachten Gründe, zum Flüchtlingsbegriff, der hier vertretenen Zurechnungstheorie und den Anforderungen an einen Staat und dessen Behörden, um von dessen Willen und Fähigkeit, den auf seinem Territorium aufhältigen Menschen Schutz vor Übergriffen zu gewähren ausgehen zu können, dem Refoulementschutz bzw. zum durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienleben abgeht. Entsprechende einschlägige Judikatur wurde bereits zitiert.

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