Ra 2024/21/0025 3 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz
§ 52 Abs. 6 FPG ist vor dem Hintergrund des - im Wesentlichen inhaltsgleichen - Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2008/115/EG (Rückführungs-RL) zu lesen (VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234). Nach dieser Bestimmung sind Drittstaatsangehörige, die sich illegal im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhalten und Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaats sind, (zunächst) zu verpflichten, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses anderen Mitgliedstaats zu begeben. Nur wenn die betreffenden Drittstaatsangehörigen dieser Verpflichtung nicht nachkommen, oder die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit geboten ist, findet die Verpflichtung der Mitgliedstaaten nach Art. 6 Abs. 1 der Rückführungs-RL, eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, Anwendung. Die Rückführungs-RL geht somit ihrem System nach klar und eindeutig von einem Primat der freiwilligen Ausreise in einen anderen Mitgliedstaat, von dem ein gültiger Aufenthaltstitel oder eine sonstige Aufenthaltsberechtigung erteilt wurde, aus. Von daher kommt im Fall des Vorliegens eines gültigen Aufenthaltstitels eines anderen Mitgliedstaates nicht nur eine (erstmalige) Erlassung, sondern umso mehr die Effektuierung einer bereits früher erlassenen, noch aufrechten Rückkehrentscheidung gegen einen unrechtmäßig aufhältigen Drittstaatsangehörigen nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 2 der Rückführungs-RL in Betracht.