JudikaturBVwG

G310 2303616-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
12. Dezember 2024

Spruch

G310 2303616-1/3Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Gaby WALTNER über die Beschwerde der rumänischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. Benno WAGENEDER, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 11.09.2024, Zl. XXXX , betreffend die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubs und die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Recht:

A) In teilweiser Erledigung der Beschwerde werden die Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheids ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin (BF) kam am XXXX in der rumänischen Ortschaft XXXX zur Welt. Sie besitzt einen gültigen rumänischen Personalausweis, ausgestellt am XXXX .2023 mit der Nummer XXXX . In Rumänien besuchte sie acht Jahre die Grundschule und danach vier Jahre ein Gymnasium, welches sie mit Matura abschloss. Sie verfügt über eine Ausbildung zur Buchhalterin. Die BF ist geschieden und für eine dreieinhalbjährige Tochter sorgepflichtig. Ihre Tochter lebt bei der Mutter der BF in Rumänien.

In Österreich hielt sich die BF zur Arbeitssuche auf. Seit XXXX .2022 weist sie immer Beschäftigungszeiten auf, allerdings immer nur für kurze Zeiträume. Zuletzt ging Sie von XXXX .2024 bis XXXX .2024 einer geringfügigen Beschäftigung nach. Eine Anmeldebescheinigung wurde von ihr nie beantragt.

Im Bundesgebiet liegen seit 2016 Wohnsitzmeldung der BF vor, ebenfalls mit mehrmonatigen bzw. mehrjährigen Unterbrechungen. Zuletzt war sie vom XXXX .2023 bis XXXX .2024 und vom XXXX .2024 bis XXXX .2024 mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet gemeldet. Grund der Abmeldung war ihr Wegzug nach Rumänien.

Am 09.09.2024 wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom Bezirksgericht XXXX von der Anklageerhebung gegen die BF unterrichtet. Entsprechende Abschlussberichte vom 21.05.2024 und 22.08.2024 sowie die Beschuldigtenvernehmung der BF vom 09.05.2024 wurden ebenfalls seitens der Polizei dem BFA übermittelt. Der mit Schriftsatz vom 17.05.2024 vom BFA eingeräumten Möglichkeit der Erstattung eines schriftlichen Parteiengehörs kam die BF nicht nach.

Eine strafgerichtliche Verurteilung liegt bislang nicht vor. Die BF ist strafgerichtlich unbescholten.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid erließ das BFA dem gegen die BF gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG ein dreijähriges Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I.), erteilte gemäß § 70 Abs 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub (Spruchpunkt II.) und aberkannte einer Beschwerde gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung (Spruchpunkt III.).

Das BFA begründete die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung unter anderem damit, dass sich, wie im Zuge der Prüfung des Aufenthaltsverbots und der Gewährung eines Durchsetzungsaufschubs, keine Gründe ergeben hätten, die gegen die sofortige Umsetzung des Aufenthaltsverbots sprechen würden. Die BF sei bei der Begehung von Straftaten auf frischer Tat betreten worden und stelle ihr Verhalten gegenwärtig eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Die Abwägung ergebe, dass aufgrund ihres Verhaltens das Interesse der BF an einem Aufenthalt in Österreich hinter das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit zurücktrete.

Die BF erhob dagegen Beschwerde und brachte bezüglich der Nichterteilung des Durchsetzungsaufschubs und der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung vor, dass die BF ein straffreies Leben führen möchte und sich ihr Lebensmittelpunkt in Österreich befinde. Auch bleibe abzuwarten, ob es zu einer strafgerichtlichen Verurteilung komme.

Das BFA legte die Beschwerde samt den Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem Antrag vor, sie als unbegründet abzuweisen.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung maßgebliche Sachverhalt ergeben sich ohne entscheidungswesentliche Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der Akten des Verwaltungsverfahrens, insbesondere aus dem Strafurteil, den Angaben des BF vor dem BFA und in der Beschwerde, sowie aus dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Sozialversicherungsdatenauszug und dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR).

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 70 Abs 3 FPG ist EWR-Bürgern bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbots von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG kann (ua) bei EWR-Bürgern die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist.

Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Es ist nur dann gerechtfertigt und sinnvoll, die Frist zur freiwilligen Ausreise zu versagen und die aufschiebende Wirkung abzuerkennen, wenn sich der Fremde noch im Bundesgebiet aufhält und wegen der Dringlichkeit einer Abschiebung die sofortige Durchsetzbarkeit einer erstinstanzlichen Rückkehrentscheidung bewirkt werden muss (vgl. VwGH 21.12.2021, Ra 2020/21/0135).

Da die BF bereits vor der Vorlage der Beschwerde an das BVwG in ihren Herkunftsstaat ausgereist ist und sich im Entscheidungszeitpunkt nicht mehr in Österreich aufhält, ist es in Anwendung der oben zitierten Rechtsprechung weder notwendig, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung abzuerkennen, noch, einen Durchsetzungsaufschub zu versagen.

Die Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheids sind daher ersatzlos zu beheben, zumal das BVwG im Beschwerdeverfahren bei Erlassung seines Erkenntnisses von der im Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszugehen hat (siehe VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234).

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 6a BFA-VG.

Zu Spruchteil C):

Die Revision nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig, weil das BVwG grundsätzliche Rechtsfragen im Sinne dieser Gesetzesstelle nicht zu lösen hatte.

Rückverweise