JudikaturBVwG

G310 2310867-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
EU-Recht
22. April 2025

Spruch

G310 2310867-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gaby WALTNER über die Beschwerde des serbischen und kroatischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 28.02.2025, Zl. XXXX , betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot und Nebenentscheidungen zu Recht beschlossen und erkannt:

A) Der Antrag, die ordentliche Revision zuzulassen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

C)Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) brachte am 26.07.2024 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG ein.

Nachdem der BF am 07.02.2025 vor dem BFA niederschriftlich befragt wurde, wurde der Antrag mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid abgewiesen (Spruchpunkt I.), gegen den BF gemäß § 10 Abs 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 3 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt III.), gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG eine Frist zur freiwilligen Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.) und gegen den BF gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 8 FPG ein zweijähriges Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.). Begründend wurde ausgeführt, dass der BF zwar über mehrere Jahre einer Beschäftigung nachgegangen sei, aber dennoch kein berücksichtigungswürdiges Privatleben aufweisen könne. Durch das Eingehen einer Aufenthaltsehe habe er sich ein Aufenthaltsrecht erschlichen und die öffentliche Ordnung gefährdet. Zudem würden seine nächsten Angehörigen in Serbien leben.

Mit der dagegen gerichteten Beschwerde beantragt der BF neben der Durchführung einer Beschwerdeverhandlung die ersatzlose Behebung des Bescheids. Hilfsweise beantragt er zumindest die Behebung der Rückkehrentscheidung sowie des Einreiseverbots, allenfalls dessen Herabsetzung. Auch stellt er hilfsweise einen Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag. Begründend wird ausgeführt, dass der BF bereits 2022 die Verleihung der kroatischen Staatsbürgerschaft beantragt habe, welche ihm nunmehr verliehen worden sei. Zum Nachweis werde der am XXXX .2025 ausgestellte kroatische Staatsbürgerschaftsnachweis vorgelegt. Beim BF handle es sich nunmehr um einen Unionsbürger, gegen welchen weder eine Rückkehrentscheidung noch ein Einreiseverbot erlassen werden dürfe. Neben dem Staatsbürgerschaftsnachweis legte der BF auch eine Kopie seines kroatischen Personalausweises sowie eine Einzahlungsbestätigung an das kroatische Konsulat vom 03.11.2022 vor.

Das BFA legte die Beschwerde samt den Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor.

Feststellungen:

Der BF wurde am XXXX in der serbischen Ortschaft XXXX als serbischer Staatsbürger geboren. Seine Muttersprache ist Serbisch. Er ist geschieden und sorgepflichtig für zwei in Serbien lebende Kinder. Seine Schul- und Berufsausbildung hat der BF in Serbien absolviert.

Seit XXXX .2001 liegen immer wieder Wohnsitzmeldungen des BF von mehreren Monaten vor. Durchgehend mit Wohnsitz in Österreich gemeldet ist der BF seit XXXX .2017.

Am XXXX .2017 wurde ihm die Aufenthaltskarte „Angehöriger eines EWR- oder Schweizer Bürgers“ mit Gültigkeit bis XXXX .2022 ausgestellt. Aufgrund des Verdachts des Bestehens einer Aufenthaltsehe wurde das damalige Verfahren von Amts wegen wiederaufgenommen und wurden der Erstantrag vom XXXX .20217sowie der Antrag vom XXXX .2022 auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte mittels Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, MA 35, vom XXXX .2023 abgewiesen.

Bei seinem aktuellen Arbeitgeber ist der BF seit XXXX .2022 beschäftigt, wobei er dort bereits von XXXX .2018 bis XXXX .2020 sowie von XXXX .2021 bis XXXX .2021 beschäftigt war. Dazwischen bezog er Geldleistungen des Arbeitsmarktservice. Auch von XXXX .2017 bis XXXX .2018 ging der BF einer Beschäftigung im Bundesgebiet nach.

Mittels dem am XXXX .2025 ausgestellten Staatsbürgerschaftsnachweises vom Standesamt XXXX wurde bestätigt, dass der BF nunmehr die kroatische Staatsbürgerschaft besitzt.

Der BF ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich ohne entscheidungswesentliche Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der Akten des Verwaltungsverfahrens, insbesondere aus den Angaben des BF vor dem BFA und in der Beschwerde sowie den von ihm vorgelegten Unterlagen, sowie aus dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Strafregister und dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR).

Serbischkenntnisse des BF sind aufgrund seiner Herkunft naheliegend, weitere Sprachkenntnisse sind im Verfahren nicht hervorgekommen und werden auch nicht behauptet. Die Feststellungen zu seiner Erwerbstätigkeit basieren auf den Versicherungsdatenauszug. Im IZR ist die ihm zunächst ausgestellte Aufenthaltskarte sowie das amtswegig wiederaufgenommene Verfahren des Magistrats der Stadt Wien dokumentiert.

Die Wohnsitzmeldungen gehen aus dem ZMR hervor.

Seine kroatische Staatsangehörigkeit ergibt sich aus dem vorgelegten Staatsbürgerschaftsnachweis und dem kroatischen Personalausweis.

Laut Strafregister ist der BF in Österreich unbescholten.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Der in der Beschwerde enthaltene Antrag, die (ordentliche) Revision zuzulassen ist überflüssig, weil das BVwG gemäß § 25a Abs 1 VwGG jedenfalls auszusprechen und zu begründen hat, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Ein auf die Zulassung der Revision gerichteter Antrag ist nicht vorgesehen. Dazu kommt, dass die Beschwerde nicht einmal ansatzweise aufzeigt, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung hier durch eine Entscheidung des VwGH zu klären sein könnte. Daher ist der in der Beschwerde gestellte Antrag auf Zulassung der ordentlichen Revision als unzulässig zurückzuweisen.

Zu Spruchteil B):

Gegen den BF wurde mit dem angefochtenen Bescheid (in Unkenntnis der Verleihung der kroatischen Staatsbürgerschaft) eine Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot erlassen. Erst im Rahmen der Beschwerde kam hervor, dass der BF bereits 2022 die Verleihung der kroatischen Staatsbürgerschaft beantragt hat und ihm diese Anfang 2025 verliehen wurde.

Als Staatsangehöriger von Kroatien ist der BF nunmehr EWR-Bürger iSd § 2 Abs 4 Z 8 FPG und kommen demnach als aufenthaltsbeendende Maßnahmen gemäß §§ 66 und 67 FPG lediglich eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in Frage. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots steht mit dem Status eines EWR-Bürgers in Widerspruch (siehe VwGH vom 14.11.2017, Ra 2017/21/0151). Da das BVwG trotz § 21 Abs 5 BFA-VG über die gegen die Rückkehrentscheidung erhobene Beschwerde entsprechend allgemeinen Grundsätzen auf Grundlage der im Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Sach- und Rechtslage zu erkennen hat (siehe VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234), ist der Beschwerde Folge zu geben und der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben.

Eine Abänderung der Rückkehrentscheidung und des Einreiseverbotes in eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot kommt nicht in Betracht, weil angesichts des unterschiedlichen normativen Gehalts von Rückkehrentscheidung (bzw. Einreiseverbot) einerseits und Ausweisung (bzw. Aufenthaltsverbot) andererseits nicht von "Sachidentität" dieser Maßnahmen ausgegangen werden kann, sodass diese Maßnahmen auch nicht "austauschbar" sind (vgl. VwGH 07.06.2023, Ra 2021/21/0255).

Die beantragte mündliche Beschwerdeverhandlung entfällt weil der entscheidungswesentliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt werden konnte, die mündliche Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt und gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid zu beheben ist.

Die Revision gegen dieses Erkenntnis ist nicht zuzulassen, weil sich das BVwG an eindeutigen gesetzlichen Bestimmungen und höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte und keine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen hatte.