JudikaturBVwG

L531 2314815-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
26. Juni 2025

Spruch

L531 2314815-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Anita MAYRHOFER über die Beschwerde von XXXX , StA. Türkei, vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.05.2025, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid gem. § 28 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

Mit dem verfahrensgegenständlich angefochten, im Spruch genannten Bescheid des BFA wurde der beschwerdeführenden Partei (idF bP) gem. § 57 AsylG keine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der bP gem. § 46 FPG in die Türkei zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 7 FPG wurde gegen die bP ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.) Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V.). Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde gem. § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).

Dagegen wurde innerhalb offener Frist von der beschwerdeführenden Partei, einem türkischen Staatsangehörigen, Beschwerde erhoben.

Eine Einsicht ins IZR durch das BVwG ergab, dass die bP am 07.06.2025 aus der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, welcher derzeit noch in Bearbeitung ist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Das BVwG hat durch den Inhalt des übermittelten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, einschließlich der Beschwerde und dem ergänzenden Ermittlungsverfahren (Einsicht in diverse Datenbanken) Beweis erhoben.

1. Feststellungen (Sachverhalt)

Siehe I. (Verfahrensgang) des gegenständlichen Erkenntnisses.

2. Beweiswürdigung

Der für diese Entscheidung maßgebliche Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus der Aktenlage des Bundesamtes einschließlich der Beschwerde sowie den eingeholten Auszügen aus der Grundversorgung, dem IZR und ZMR durch das BVwG.

3. Rechtliche Beurteilung

Stattgabe der Beschwerde und Behebung des Bescheides

§ 28 VwGVG

(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Das Bundesamt hat gegenständlich wie oben angeführt entschieden. Die bP erhob in der Folge aus dem Stande der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz.

In seinem Erkenntnis vom 31. August 2017, Ra 2016/21/0367 hat der VwGH in der Rz 10 neuerlich betont, es sei nicht Aufgabe des BFA bzw. des BVwG, im Verfahren zur Erlassung einer fremdenpolizeilichen Maßnahme letztlich ein Verfahren durchzuführen, das der Sache nach einem Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz gleichkommt. Die Überlegung, es sei im Rahmen eines Rückkehrentscheidungsverfahrens in eine abschließende Prüfung eines allfälligen Gefährdungsszenarios im Herkunftsstaat einzusteigen, erweise sich daher - außer die Führung des dafür vorgesehenen Verfahrens auf internationalen Schutz und damit die Stellung eines diesbezüglichen Antrags wird vom Fremden abgelehnt (vgl. zu einem solchen Fall das schon mehrfach genannte Erkenntnis Ra 2016/21/0234) - als verfehlt (VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0157).

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung vor der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ist nicht zulässig. In einem solchen Fall ist ein anhängiges Rückkehrentscheidungsverfahren einzustellen, und eine bereits erlassene erstinstanzliche, mit Beschwerde bekämpfte Rückkehrentscheidung vom VwG ersatzlos zu beheben. Eine Aussetzung des Rückkehrentscheidungsverfahrens bis zur Beendigung des Verfahrens über den Antrag auf internationalen Schutz kommt nicht in Betracht, weil es nach der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz jedenfalls einzustellen wäre: sei es, weil Asyl oder subsidiärer Schutz gewährt wurde, sei es, weil eine negative Entscheidung und damit einhergehend eine Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 FrPolG 2005 bzw. ein Ausspruch über die dauerhafte Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder ein Ausspruch nach § 8 Abs. 3a AsylG 2005 ergangen ist (VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0162).

In einer Konstellation, wie sie gegenständlich vorliegt, sind daher die zuvor durch das BFA erlassene Rückkehrentscheidung und die weiteren damit verbundenen Nebenaussprüche ersatzlos zu beheben, weil sonst die – noch nicht getroffene – Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz vorweggenommen werden würde (siehe zuletzt VwGH 21.12.2021, Ro 2019/21/0016; 26.06.2019, Ra 2019/21/0146 mit Hinweis auf VwGH 15.03.2018, Ra 2017/21/0138, Rn. 16; vgl. darauf Bezug nehmend auch VwGH 25.09.2018, Ra 2018/21/0107, Rn. 12 und 13).

Die bP hat nach Erlassung des angefochtenen Bescheides aus der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, über den bislang noch nicht rechtskräftig abgesprochen wurde. Das diesbezügliche Verfahren ist derzeit beim BFA anhängig. Die Rückkehrentscheidung, das darauf aufbauende Einreiseverbot sowie die damit verbundenen Nebenaussprüche sind daher jeweils ersatzlos zu beheben und wird darüber im anhängigen Verfahren über den gestellten Folgeantrag auf internationalen Schutz zu entscheiden sein (VwGH 15.03.2018, Ra 2017/21/0138, RZ 18).

Die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides ist eine Entscheidung in der Sache selbst (vgl. VwGH 25. März 2015, Ro 2015/12/0003). Als verfahrensrechtliche Grundlage für eine solche Entscheidung ist im Spruch daher § 28 Abs. 1 und Abs. 2 (bzw. Abs. 3 Satz 1) VwGVG 2014 zu nennen.

Im Einklang mit der Judikatur des VwGH war somit infolge der erfolgten Stellung des Antrages auf internationalen Schutz verfahrensgegenständlicher Bescheid bzw. die Rückkehrentscheidung und die damit im Zusammenhang stehenden Spruchpunkte gem. § 28 Abs 1 u. Abs 2 VwGVG ersatzlos zu beheben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.