Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Sonntag als Vorsitzenden sowie die Richterinnen des Oberlandesgerichtes Mag. Ingemarsson und Mag. Janschitz in der Rechtssache der klagenden Partei A* GmbH , **, vertreten durch Rechtsanwälte Pieler Pieler Partner KG in Wien, wider die beklagte Partei B* , **, vertreten durch Mag. Johannes Bügler, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 41.729,09 sA, infolge Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg vom 16. Juni 2025, GZ ** 57, nach nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 3.682,62 (darin enthalten EUR 613,77 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist ein österreichischer Pferde- und Nutztierfuttermittelproduzent und als Lieferant von Holzpellets aus Österreich tätig. Der Beklagte ist Landwirt und führt das Gut Neuhof.
Mit der am 28.06.2023 bei Gericht eingebrachten Klage begehrte die Klägerin vom Beklagten Zahlung von EUR 41.729,09 s.A. Dazu brachte sie vor, dass zwischen ihr und dem Beklagten über mehrere Jahre eine ständige Geschäftsbeziehung bestanden habe. Sämtlichen Kaufverträgen seien ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen zugrunde gelegt worden, wonach die Zahlung sofort netto Kassa gegen Übergabe der Rechnung zu erfolgen habe.
Die Kontoabstimmung habe zum Stichtag 30.6.2020 einen offenen Saldo zu Lasten des Beklagten von EUR 61.729,09 aufgewiesen; dies sei mit Unterschrift des Beklagten anerkannt worden. Der Beklagte habe noch am 30.6.2020 eine Akontozahlung von EUR 20.000,- geleistet; der Restbetrag von EUR 41.729,09 hafte unberichtigt aus. Durch die Unterfertigung der Kontoabstimmung liege ein schriftliches Anerkenntnis sämtlicher Teilforderungen vor, durch das auch die Verjährung der Forderungen unterbrochen worden sei. Die Saldobestätigungen lägen im Originalen mit Originalunterschriften beider Parteien vor. Es sei weltfremd, dass der Beklagte einen Betrag von EUR 80.000,- Ende 2019 bezahlt haben solle, wenn nur eine Schuld von EUR 61.729,09 offen gewesen sei und es sei noch weltfremder, dass er ein halbes Jahr später, nachdem er mit dieser behaupteten Barzahlung von EUR 80.000,- seine Schulden beglichen haben solle, eine neuerliche Saldobestätigung unterfertigt habe, wonach er der Klägerin noch EUR 41.729,09 schulde. Die Barübergabe von EUR 80.000,- sei eine offensichtlich falsche Behauptung.
Die Schuld des Beklagten habe sich von 2019 auf 2020 um EUR 8.946,29 erhöht. Addiere man diesen Betrag zum offenen Betrag aus 2019 von EUR 52.782,80 hinzu, ergebe sich der neue Saldo vom 30.6.2020 von EUR 61.729,09. Abzüglich der am 30.6.2020 erhaltenen EUR 20.000,- errechne sich der Klagsbetrag.
Der Beklagte bestritt und beantragte Klagsabweisung. Er wandte ein, dass die Streitteile bis Ende des Jahres 2019 in einer Geschäftsbeziehung mit laufender Verrechnung gestanden seien. Bereits im Jahr 2019 habe sich die Gesprächsbasis verschlechtert gehabt, weil der Beklagte, aus seiner Sicht aufgrund der Futtermittel der Klägerin, einen Dopingfall bei seinem Rennpferd erlitten und sich mangels gütlicher Einigung über einen längeren Zeitraum geweigert habe, Zahlungen an die Klägerin zu leisten. Sodann habe der Beklagte eine Teilzahlung in Höhe von EUR 20.000, anlässlich eines persönlichen Gesprächs mit Herrn Ing. C* am Hof des Beklagten geleistet. Seiner Erinnerung nach sei dies im Sommer des Jahres 2019 erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt habe noch eine größere Summe unberichtigt ausgehaftet. Da der Beklagte die Angelegenheit Ende des Jahres 2019 aus der Welt schaffen und die Geschäftsbeziehung zur Klägerin im Übrigen auch beenden habe wollen, habe er einen Termin mit der Klägerin vereinbart. Bei diesem Termin sei eine endgültige Bereinigung der offenen Posten durch Zahlung von EUR 80.000, in bar erfolgt. C* habe auf den Restbetrag von rund EUR 7.000,- verzichtet und per Handschlag habe eine endgültige Bereinigung der Angelegenheit stattgefunden. Daraufhin habe der Beklagte keine weiteren Bestellungen mehr bei der Klägerin getätigt. Völlig überraschend habe der Beklagte im Juni 2020 eine Saldobestätigung mit der Aufforderung zur Unterschrift erhalten. Der Beklagte habe keine Unterschrift geleistet und dies für ein Versehen gehalten, weil keine Forderung der Klägerin mehr bestanden habe. Es seien in der Folge auch keine Mahnungen mehr eingelangt, weshalb die Angelegenheit für den Beklagten endgültig beendet gewesen sei.
Es liege kein Anerkenntnis vor. Der Kläger habe auch nicht vorgebracht, aus welchen Lieferungen sich die Forderungen ergeben sollen.
Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht dem Klagebegehren statt und stellte nachstehenden, teilweise bekämpften, Sachverhalt fest:
„Zwischen der Klägerin und dem Beklagten bestand eine jahrelange Geschäftsbeziehung. Sämtlichen Kaufverträgen waren die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin zugrunde gelegt worden. Gemäß deren Punkt 6 hatte die Zahlung sofort netto Kassa gegen Übergabe der Rechnung zu erfolgen.
Der Beklagte zahlte meistens mit Barbeträgen (F1). Wenn er die Barbeträge in seinem Büro oder seinem Privathaus einem Vertreter der Klägerin übergab, wurde die Übergabe dieses Betrages vom Vertreter der Klägerin schriftlich bestätigt (F2) . Wenn der Beklagte den Barbetrag im Geschäft der Klägerin übergab, wurde der Betrag an der dort befindlichen Kassa buchhalterisch erfasst, und der Beklagte erhielt eine Kassabestätigung (F3). Zudem war es zwischen den Parteien üblich, zum Bilanzstichtag 30.6. eines jeden Jahres eine Saldenbestätigung zur Anerkennung des bestehenden Saldos zu unterfertigen (F4) .
Am 26.6.2019 wies das bei der Klägerin geführte Konto einen Saldo von EUR 72.782,80 zu Lasten des Beklagten auf. Der Geschäftsführer der Klägerin, Ing. C*, und der Beklagte unterfertigten die Saldenbestätigung vom 26.6.2019 über den Betrag von EUR 72.782,80.
Zum Zeitpunkt des Bilanzstichtages 2020, am 30.6.2020, haftete ein Betrag von EUR 61.729,09 zu Lasten des Beklagten aus (F5). Der Geschäftsführer der Klägerin, Ing. C*, legte dem Beklagten am 30.06.2020 eine „Kontoabstimmung zum 30.06.2020“ vor (F6), die wie folgt lautet: „Ihr bei uns geführtes Konto weist zum oben angeführten Stichtag einen Saldo von EUR 61.729,09 inkl Gegenverrechnung zu ihren Lasten auf“ (F7). Noch am 30.6.2020 übergab der Beklagte an Ing. C* EUR 20.000,-- (F8) . Dieser bestätigte handschriftlich auf der Kontoabstimmung zum 30.06.2020 den Erhalt von EUR 20.000,-- und vermerkte den danach aushaftenden Betrag von EUR 41.729,09 (F9) .
Danach unterfertigten er und der Beklagte die Kontoabstimmung zum 30.06.2020 mit einem aushaftenden Saldo von EUR 41.729,09 (F10) .
In weiterer Folge kaufte der Beklagte nur noch ein paar Säcke Hühnerfutter gegen Barzahlung; weitere Zahlungen erfolgten nicht.“
Das Erstgericht schloss rechtlich, dass der Beklagte die Aushaftung des Betrages von EUR 41.729,09 per 30.6.2020 bestätigt habe, was ein schriftliches Schuldanerkenntnis darstelle.
Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahingehend abzuändern, dass die Klage abgewiesen werde; in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Rechtsmittelentscheidung:
Die Berufung ist nicht berechtigt.
Mängelrüge:
1. Der Berufungswerber muss in der Berufung behaupten, welche für die Entscheidung des Rechtsfalles relevanten Ergebnisse ohne den Mangel hätten erzielt werden können (vgl Pimmer in Fasching/Konecny³ § 496 Rz 37 mwN). Er muss die für die Entscheidung wesentlichen Feststellungen anführen, die (hier bei Durchführung der Parteienvernehmung) zu treffen gewesen wären. Er wird hievon nicht dadurch befreit, dass er im Verfahren erster Instanz die Beweisthemen angegeben hatte, zu denen er die Parteienvernehmung beantragte (RS0043039).
1.1. Diesen Anforderungen wird die vorliegende Mängelrüge nicht gerecht. Der Beklagte vermeint, er hätte ausführen können, dass die behauptete Forderung der Klägerin aufgrund der Erfüllung des Anspruchs durch Zahlung nicht bestehe. Er nennt keine konkrete Feststellungen, die durch seine Parteieneinvernahme bewiesen hätten werden können. Damit ist die Mängelrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt.
2. Darüber hinaus hat das Berufungsgericht erwogen:
2.1.In der Verhandlung vom 7.10.2024 wurde das Nichterscheinen des Beklagten damit entschuldigt, dass er aufgrund von gesundheitlichen Problemen nicht verhandlungsfähig sei. Er bekomme eine 2. Prothese. Die Vernehmungsfähigkeit sei aber bald wieder hergestellt. Der Beklagtenvertreter legte dazu eine ärztliche Bestätigung vom 2.10.2024 vor, wonach der Beklagte aufgrund einer Operation in laufender Behandlung und derzeit nicht verhandlungsfähig sei. Die Klägerin stellte daraufhin einen Präklusionsantrag für den Fall, dass der Beklagte auch in der nächsten Tagsatzung aus gesundheitlichen Gründen nicht kommen sollte. Sie führte aus, den Beklagten außer Haus bei einer Veranstaltung am gestrigen Tage gesehen zu haben, sodass keine Verhandlungsunfähigkeit vorliege. Das Gericht verkündete sodann in der Tagsatzung vom 7.10.2024 den Beschluss, dass der Beweis der Parteieneinvernahme des Beklagten präkludiert sei, wenn der Beklagte bei der nächsten Tagsatzung aus gesundheitlichen Gründen nicht komme. Der Beklagte wurde zur Parteieneinvernahme für den 20.11.2024 (ON 29) geladen, worauf der Beklagtenvertreter einen Verlegungsantrag wegen einer Herzoperation des Beklagten stellte. Das Erstgericht beraumte die Tagsatzung für den 20.11.2014 ab und für den 13.1.2025 an. Am 13.1.2025 erschien der Beklagte trotz Ladung zur Parteieneinvernahme abermals nicht. Der Beklagtenvertreter brachte vor, der Beklagte sei an einer akuten Entzündung erkrankt. In der vom Beklagtenvertreter dazu vorgelegten Krankenbestätigung vom 16.1.2025 findet sich annähernd die gleiche Textierung wie in der ärztlichen Bestätigung vom 2.10.2014, nämlich, dass der Beklagte aufgrund einer Operation in laufender Behandlung stehe und derzeit bis auf weiteres nicht vernehmungsfähig sei. Sodann wurde der Beklagte für die Tagsatzung am 12.2.2025 geladen. Der Beklagte stellte daraufhin schriftlich das Ersuchen, die für den 12.2.2025 anberaumte Tagsatzung aufgrund anhaltender Verhandlungsunfähigkeit auf einen Termin Mitte März zu verlegen, welches das Erstgericht mit der Begründung abwies, dass auch eine wichtige Zeugeneinvernahme für diesen Tag vorgesehen sei. Nachdem das von der Klägerin beantragte graphologische Gutachten eingelangt war, beraumte das Erstgericht eine Tagsatzung für den 9.5.2025 an, für die es den Beklagten erneut zur Parteieneinvernahme lud. Es fasste aber noch am selben Tag den Beschluss, die Parteieneinvernahme nun gemäß § 275 Abs 2 ZPO zu präkludieren, wenn der Beklagte auch in der nächsten Verhandlung aus gesundheitlichen Gründen nicht kommen sollte, weil dies zu einer erheblichen Verzögerung führen würde. In der letzten Tagsatzung vom 9.5.2025 erschien der Beklagte nicht. Die ärztliche Bestätigung vom 16.1.2025, wonach der Beklagte derzeit und bis auf weiteres verhandlungsunfähig sei, wurde erneut vorgelegt (./4).
2.2.Der Beklagte rügt, das Verfahren hätte nach dem am 7.10.2024 gefassten Präklusionsbeschluss in Ermangelung eines Fortsetzungsantrages gemäß § 279 ZPO nicht von Amtswegen fortgesetzt werden dürfen. Dieser Argumentation kommt aus folgenden Gründen keine Berechtigung zu:
2.3.Steht der Aufnahme eines Beweises ein Hindernis von ungewisser Dauer entgegen oder ist die Ausführbarkeit einer Beweisaufnahme zweifelhaft, so hat das Gericht auf Antrag eine Frist zu bestimmen, nach deren fruchtlosen Ablauf die Verhandlung auf Begehren einer der Parteien ohne Rücksicht auf die ausstehende Beweisaufnahme fortgesetzt wird (§ 279 Abs 1 ZPO). Das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Präklusion wird von der Berufung nicht in Frage gestellt. Es wird nur das Fehlen des Fortsetzungsantrages gerügt.
2.4.Die Klägerin stellte den Beweisantrag auf Einholung eines graphologischen Gutachtens vor der Beschlussfassung vom 7.10.2024 und wiederholte ihn am 12.2.2025. Die Prozesserklärungen der Klägerin, die objektiv auszulegen ist (RS0097531), richteten sich klar auf die Fortsetzung des Verfahrens und darauf, das Beweisverfahren unter Außerachtlassung der Parteieneinvernahme des Beklagten fortzusetzen.
2.5. Gerade durch die Möglichkeit der Beweisbefristung sollen Prozessökonomie und Rechtsschutzpflicht durchgesetzt werden können ( Fasching , Lehrbuch 2Rz 909). Auch eine wiederholte Entschuldigung mit Krankheit ist durchaus geeignet, eine Prozessverzögerung bzw eine Beweisvereitelung zu bewirken, sodass die Befristung der Parteienvernehmung im Rahmen des § 279 ZPO durch das Erstgericht am 7.10.2024 nicht zu beanstanden war (9 ObA 304/97i; RS0108902).
2.6.Das Erstgericht fasste zusätzlich am 17.4.2025 einen Beschluss, den es auf § 275 Abs 2 ZPO gründete. Gemäß § 275 Abs 2 ZPO kann das Gericht die Beweisaufnahme auch verweigern, wenn die Partei den Prozess damit verschleppen möchte und die beantragte Beweisaufnahme den Prozess erheblich verzögern würde.
2.6.1. Auch diese Voraussetzungen liegen im vorliegenden Fall vor. Der Beklagte hielt bis zuletzt an seinem Beweisantrag, ihn als Partei einzuvernehmen fest. Das Erstgericht lud den Beklagten vergeblich zu insgesamt sechs Verhandlungen. Der Beklagte rechtfertigte sein Nichterscheinen mit den ärztlichen Bestätigungen eines Arztes für Prothesen und plastische Chirurgie von Oktober 2024 und Jänner 2025, wonach er in einer nicht näher definierten laufenden ärztlichen Behandlung infolge einer Operation stehe. Der Beklagtenvertreter gab dazu im Oktober 2024 erklärend an, dass es sich nur um eine kurzfristige Vernehmungsunfähigkeit infolge einer Prothesenoperation handeln würde. Es ist allgemein schon nicht nachvollziehbar, warum eine durchgeführte Prothesenoperation die Fähigkeit, auszusagen, beeinträchtigen solle, im konkreten ist es zudem nicht nachvollziehbar, warum die behauptete kurzfristige Verhandlungsunfähigkeit infolge der Prothesenoperation aus dem Vorjahr noch immer bestehen sollte. Der Beweisantrag kann daher nicht anders verstanden werden, als, dass der Beklagte das Verfahren offensichtlich verschleppen wollte. Da das Beweisverfahren inklusive Einholung und Erörterung des graphologischen Gutachtens ansonsten abgeschlossen war, hätte die (ungewisse) Durchführung der Beweisaufnahme der Parteieneinvernahme des Beklagten das Verfahren erheblich verzögert.
Durch die Präklusion der Parteieneinvernahme ist keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens begründet worden.
Beweisrüge:
Eine Beweisrüge muss prozessordnungsgemäß aufzeigen, aufgrund welcher (anderer) Beweisergebnisse und Erwägungen die begehrten Ersatzfeststellungen jeweils zu treffen gewesen wären ( Kodek in Rechberger/Klicka, ZPO 5§ 471 Rz 15; RW0000137; RS0041835 [insb T2]; RS0043039; Pochmarski/Lichtenberg/Tanczos/Kober , Berufung³ 147 f mwN).Die Erledigung der Beweisrüge durch das Berufungsgericht kann nämlich unterbleiben, wenn der vom Erstgericht festgestellte Sachverhalt und der davon abweichende, von der Beweisrüge angestrebte Sachverhalt zum gleichen rechtlichen Ergebnis führen müsste (RS0042386).
Der Beklagte rügt die Feststellungen F1-F10 und begehrt statt dessen:
„Der Beklagte zahlte meistens mit Barbeträgen. Wenn er die Barbeträge in seinem Büro oder seinem Privathaus einem Vertreter der Klägerin übergab, wurde die Übergabe dieses Betrages vom Vertreter der Klägerin manchmal schriftlich bestätigt. Wenn der Beklagte den Barbetrag im Geschäft der Klägerin übergab, wurde der Betrag an der dort befindlichen Kassa buchhalterisch erfasst, und der Beklagte erhielt manchmal eine Kassabestätigung. Es waren aber auch Barzahlungen ohne schriftliche Bestätigung zwischen den Parteien üblich. Es war zwischen den Parteien nicht üblich, zum Bilanzstichtag 30.06. eines jeden Jahres eine Saldenbestätigung zur Anerkennung des bestehenden Saldos zu unterfertigen. Der Beklagte bezahlte Ende 2019 den noch offenen Betrag von ca. EUR 80.000, . Damit waren sämtliche Forderungen zwischen den Streitteilen bereinigt."
Das Erstgericht stützte sich auf die Aussage des Geschäftsführers der Klägerin, Ing. C*, die es in Zusammenhalt mit den vorgelegten Urkunden und dem eingeholten graphologischen Gutachten für überzeugend hielt. Ing. C* legte dar, dass wenn der Beklagte in seinem Büro oder Privathaus Beträge übergeben habe, dies schriftlich bestätigt worden sei, so wie beispielsweise auf der Verrechnungsaufstellung. Wenn der Beklagte Barbeträge im Büro der Klägerin übergeben habe, dann sei der Barbetrag buchhalterisch und kassamäßig erfasst worden, es habe eine Kassabestätigung gegeben, die der Beklagte erhalten habe.
Der Beklagte führt für seine Ersatzfeststellungen ins Treffen, dass es zwischen dem Saldo vom 26.6.2019 (aushaftend zunächst mit EUR 72.782,80) und jenem zum 30.6.2020 (aushaftend zunächst mit EUR 61.729,09) zu Zahlungen des Beklagten gekommen sein müsse, für welche die Klägerin keine Bestätigungen vorlegen habe können. Dieser Argumentation ist zu entgegnen, dass die Klägerin anhand der vorgelegten Urkunden beweisen konnte, dass sie alle Zahlungen des Beklagten schriftlich festhielt. So findet sich in der Offenen Postenliste (./B Seite 2 der OP-Liste) zusammengerechnet vom 19.6.2019 bis zum Geschäftsende 20.5.2020 eine Summe von Ausgangsrechnungen von EUR 14.908,20. Beim Konto der Gegenverrechnung zeigt sich per 7.11.2019 ein Betrag von EUR 5.961,91. Insgesamt erhöhte sich daher der Saldo zu Lasten des Beklagten von 2019 auf 2020 um EUR 8.946,29. Unstrittig war, dass der Beklagte am 26.9.2019 eine Saldenliste von EUR 72.782,80 unterzeichnete (./A Seite 2).
Unstrittig war, dass der Beklagte auf den Saldo im Juni 2019 von EUR 72.782,80 eine Teilzahlung von EUR 20.000,- leistete (ON 26 S 5 und 6; ON 24 S 2), sodass noch EUR 52.782,80 per Ende Juni 2019 aushafteten (./2). Rechnet man nun den Betrag von EUR 8.946,29 laut ./B Seite 2 hinzu, ergibt sich per 30.6.2020 der offene Betrag von EUR 61.729,09 laut Beilage ./A.
Warum es lebensfremd sein sollte, nur einmal im Jahr jeweils zum 30.6. den Saldo zu bestätigen, erschließt sich nicht, zumal eine laufende unterjährige Verbuchung der Rechnungen und Zahlungen laut den vorgelegten Urkunden (OP-Liste samt Gegenverrechnung) stattfand. Die Klägerin ist ihrer Beweispflicht hinsichtlich einer korrekten und nachvollziehbaren Aufstellung und Abrechnung nachgekommen, während für die vom Beklagten begehrten Ersatzfeststellungen, wonach es zu einer Zahlung des Beklagten von EUR 80.000,- Ende 2019 ohne Bestätigung gekommen sei, kein stichhaltiges Beweisergebnis vorliegt.
Das eingeholte Schriftgutachten ergab zweifelsfrei, dass die Unterschrift auf der Bestätigung ./A Seite 1 vom 30.6.2020, wonach zum 30.6.2020 EUR 61.729,09 abzüglich EUR 20.000,- = EUR 41.729,09 aushafteten, vom Beklagten stammte. Es ist daher weder nachvollziehbar, warum der Beklagte diesen Außenstand bestätigen sollte, wenn er Ende 2019 EUR 80.000,- geleistet haben sollte noch warum der Beklagte Ende des Jahres 2019 mehr zahlen sollte als im Jahr 2019 überhaupt offen gewesen sein konnte. Wie bereits ausgeführt hafteten im Juni 2019 nach der Zahlung von EUR 20.000,- nur EUR 52.782,80 unberichtigt aus. Aus der OP-Listen ./B ergibt sich, dass seit Juni 2019 nur noch vereinzelt und hauptsächlich im dreistelligen Bereich Posten bis Ende des Jahres 2019 dazu gekommen sind. Weshalb der Beklagte also Ende des Jahres 2019 EUR 80.000,- und damit weit mehr als er tatsächlich schuldete, gezahlt haben sollte, bleibt im Verborgenen. Selbst die Zeugin der Beklagtenseite, Frau Dr. D*, konnte die behauptete Zahlung von EUR 80.000,- nicht bestätigen. Sie sprach zunächst von einem fünfstelligen Betrag, der in bar übergeben worden sein soll. Nach dem Antrag der Gegenseite auf Beeidigung relativierte die Zeugin ihre Angabe auf eine hohe und runde Summe. Da es auch der Zeugin offensichtlich an einer unmittelbaren Wahrnehmung hinsichtlich der Übergabe eines bestimmten Betrages Endes des Jahres 2019 mangelte, ist daraus für den Beklagten nichts zu gewinnen.
Das Berufungsgericht übernimmt daher den festgestellten Sachverhalt infolge eines mangelfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Beweiswürdigung und legt ihn seiner weiteren Entscheidung gemäß § 498 ZPO zugrunde:
Rechtsrüge:
1.Ein konstitutives Anerkenntnis liegt vor, wenn der Gläubiger seinen Anspruch ernstlich behauptet und der Schuldner die Zweifel am Bestehen des behaupteten Rechts dadurch beseitigt, dass er das Recht zugibt (RS0032496 [T6, T7, T9]). Es setzt somit die – nach der Vertrauenstheorie zu beurteilende (RS0032496 [T5]) – Absicht des Anerkennenden voraus, unabhängig von dem bestehenden Schuldgrund eine neue selbständige Verpflichtung zu schaffen (RS0032496 [T1], RS0032779 [T4], RS0032541). Das konstitutive Anerkenntnis gehört zu den Feststellungsverträgen (RS0032779).
Demgegenüber ist ein deklaratives Anerkenntnis (Rechtsgeständnis) kein Leistungsversprechen, sondern eine durch Gegenbeweis widerlegbare Wissenserklärung (RS0032784 [T10]). Ob ein deklaratives (unechtes) oder konstitutives (echtes) Anerkenntnis vorliegt, ist durch Auslegung des Parteiwillens im Einzelfall zu ermitteln.
1.1.Der Beklagte rügt, das Erstgericht habe zu Unrecht ein Schuldanerkenntnis angenommen. Aus den Feststellungen gehe kein Schuldanerkenntnis hervor, weil durch die Saldenbestätigung kein Zweifel an dem Bestand der Forderung beseitigt worden sei (RS0032319).
1.1.1. Der Beklagte brachte im erstinstanzlichen Verfahren vor, dass sich die Gesprächsbasis zwischen den Streitteilen im Jahr 2019 wegen der Lieferung einer schadensverursachenden Ware (Doping-Futtermittel) verschlechtert und er sich in Ermangelung einer gütlichen Einigung über einen längeren Zeitraum geweigert hatte, Zahlungen an die Klägerin zu leisten.
Da die Klägerin diesem Vorbringen nicht substantiiert entgegengetreten ist, obwohl diese Behauptung für sie offenbar leicht widerlegbar gewesen wäre (RS0039927; § 267 ZPO) könnte das Berufungsgericht dieses Vorbringen der rechtlichen Beurteilung zugrunde legen. Daraus würde sich ergeben, dass in Zweifel gezogenen Forderungen durch die Bestätigung des Beklagten bereinigt worden wären und das vom Erstgericht herangezogene Schuldanerkenntnis eine tragfähige Sachverhaltsgrundlage hätte. Dieser Ergänzung des Sachverhaltes bedarf es jedoch aus folgenden Gründen nicht:
2.Die Klägerin stützte ihr Klagebegehren nicht ausschließlich auf ein konstitutives Anerkenntnis. Mit dieser Anspruchsgrundlage wollte sie erkennbar einem Verjährungseinwand vorgreifen, der jedoch vom Beklagten ohnehin nicht erhoben wurde, sodass auf eine Unterbrechungswirkung von Amts wegen nicht einzugehen ist (RS0034326). Die Klägerin stützte ihr Klagebegehren auch auf die aus der laufenden Geschäftsbeziehung resultierenden Schulden in Klagshöhe (ON 26 S 5 und 6).
2.1. Das Erstgericht stellte die laufende Geschäftsbeziehung zwischen den Streitteilen fest. Es konstatierte, dass zu Lasten des Beklagten am 30.6.2020 zunächst ein Betrag von EUR 61.729,09 unberichtigt aushaftete. Nach der Übergabe von EUR 20.000,- hafteten noch EUR 41.729,09 unberichtigt aus. Dies stellt exakt den Klagsbetrag dar.
2.2. Daraus folgt rechtlich, dass der Beklagte gegenüber der Klägerin eine offene Schuld aus der laufenden Geschäftsbeziehung in Höhe von EUR 41.729,09 hatte, die durch die Klage eingefordert wurde. Es besteht daher ein offener vertraglicher Anspruch, den der Beklagte zu erfüllen hat.
3. Der Beklagte rügt, die Klagsforderung sei mangels Rechnungsübergabe nicht fällig.
3.1.Mit diesem Vorbringen verstößt der Beklagte gegen das Neuerungsverbot des § 482 ZPO. Er brachte in erster Instanz nicht vor, dass er keine Rechnung hinsichtlich der Klagsforderung bekommen hätte. Er brachte ebensowenig vor, dass die Klagsforderung nicht fällig wäre oder dass er für einzelne Lieferungen keine Rechnungen erhalten habe.
Der Berufung war daher nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung basiert auf den §§ 50, 41 ZPO.
Die ordentliche Revision war in Ermangelung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht zuzulassen.
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