JudikaturOLG Wien

4R6/25v – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
Zivilrecht
27. Juni 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Rendl als Vorsitzenden sowie den Richter Mag. Viktorin und den Kommerzialrat Layr in der Rechtssache der klagenden Partei A* GmbH, FN **, ** , vertreten durch Dr. Klaus Maleschitz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B* GmbH, FN **, **, vertreten durch die Aigner Rechtsanwalts-GmbH in Wien, wegen EUR 60.889,27 samt Nebengebühren, über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 31. Oktober 2024, ** 20, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 3.754,62 (darin EUR 625,77 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründ e:

Die Parteien sind im Immobilienbereich tätige, erfahrene Unternehmer.

Im Kaufvertrag vom 19.6.2013 , den die Klägerin als Käuferin eines Viertel-Anteils an der Liegenschaft EZ **, KG **, mit der C*gesellschaft m.b.H. als Verkäuferin zu einem Kaufpreis von EUR 220.000 abschloss, war unter anderem vereinbart:

„4. Die Käuferin verpflichtet sich:

Mit Bescheid vom 7.11.2016 erteilte die D* die Baubewilligung und hielt darin unter anderem fest:

„Der zwingenden Vorschrift des § 48 Abs. 1, in Verbindung mit § 50 des Wr. Garagengesetzes 2008 (WGarG 2008) zur Schaffung von fünf Stellplätzen wird nicht entsprochen.

Gemäß § 48 Abs. 1 und § 50 Abs. 1 des WGarG 2008 sind für die Bauführung fünf KFZ Stellplätze zu schaffen.

Da jedoch diese Stellplätze nach den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Bebauung weder auf der eigenen Liegenschaft, noch in einem Umkreis von ca. 500 m geschaffen werden können, liegt im Sinne des § 52 WGarG 2008 der Fall der Ausgleichsabgabe vor, die gemäß § 55 des gleichen Gesetzes gesondert (mit Baubeginn) vorgeschrieben wird und gemäß § 1 der Verordnung der Wiener Landesregierung vom 15. Juli 2014, LGBl. Nr. 27/2017, EUR 12.000 pro Stellplatz beträgt.“

Der Bescheid erging unter anderem an die Klägerin als damalige Bauwerberin.

Mit Kaufvertrag vom 23.10.2020 erwarb die Beklagte von der Klägerin deren Viertel-Anteil an der Liegenschaft samt Einreichplanung/Baubewilligung und dem Recht zum Dachbodenausbau zu einem Kaufpreis von EUR 415.000.

In diesem Kaufvertrag wurde unter anderem festgehalten:

I. Vertragsgegenstand

[…]

Die Käuferin hält fest, dass ihr als Miteigentümerin die rechtlichen und tatsächlichen Umstände des Vertragsgegenstandes und der vertragsgegenständlichen Liegenschaft bekannt sind.

Der Käuferin sind die zugrunde liegenden Verträge, insbesondere der Kaufvertrag vom 19.6.2013 bekannt. Die Verkäuferin tritt alle Rechte und Pflichten aus diesem Kaufvertrag an die Käuferin ab. Diese erklärt die Annahme und übernimmt alle Rechte und Pflichten und verpflichtet sich die Käuferin [richtig: Verkäuferin] diesbezüglich vollkommen schad- und klagslos zu halten.

Die Käuferin hält fest, dass sie mit ihren Anteilen bereits die Rechte und Pflichten von der C*gesellschaft m.b.H., **, FN **, übernommen hat und sie Wohnungseigentumsorganisatorin ist. Die Käuferin trägt alle bisherigen und künftigen Kosten der Wohnungseigentumsbegründung unter Schad- und Klagloshaltung der Verkäuferin, insbesondere die diesbezüglichen Kosten des Urkundenverfassers.

Zum Vertragsgegenstand zählen die vorhandenen, genehmigten Einreichpläne des Dachgeschossausbaus Zahl ** vom 26.7.2016 (nur im pdf-Format) samt Mauerwerksfestigkeitsgutachten, Statik, Nachweis der Erfüllung des erforderlichen Wärme- und Schallschutzes sowie Bescheid der D* vom 7.11.2016, **.

Die Parteien halten einvernehmlich fest, dass Einreichpläne, Bescheid, Mauerwerksfestigkeitsgutachten und Statik (E*) der Käuferin bereits vor Vertragsunterfertigung übergeben wurden. Die weiteren o.a. Unterlagen liegen bei der Baubehörde auf.

[…]

II. Kaufvereinbarung

Den im Artikel I. näher bezeichneten Vertragsgegenstand verkauft die Verkäuferin nach Maßgabe des gegenwärtigen wirtschaftlichen Zustandes samt den Grenzen, Marken und Einfriedungen, wie diese in der Natur bestehen, und samt allen ihr daran zustehenden Rechten und Pflichten an die Käuferin, welche diesen Vertragsgegenstand kauft und übernimmt und zwar um den vereinbarten Kaufpreis in Höhe von Euro 415.000,00 .

Die Parteien erklären einvernehmlich, dass keine weiteren Gegenleistungen vereinbart werden und der vereinbarte Kaufpreis sowohl dem gemeinen Wert (Verkehrswert) des Vertragsgegenstandes entspricht wie den Grundstückwert im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes übersteigt.

Die Vertragsparteien vereinbaren den umsatzsteuerfreien Erwerb des Vertragsgegenstandes. Trotz Rechtsbelehrung erfolgt keine Option zur Umsatzsteuer.

Die beiden Vertragsparteien vereinbaren, dass ihnen abgesehen von den vereinbarten Rechten und Pflichten aus dem gegenständlichem Kaufvertrag bezüglich des Vertragsgegenstandes und der vertragsgegenständlichen Liegenschaft wechselseitig keine wie immer gearteten Forderungen zustehen, auch nicht auf die Bezahlung eines allfälligen Verrechnungssaldos der Betriebskosten, der Mietzinsreserve und der Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge.

[…]

VI. Allgemeines

[…]

3. Die Vertragsparteien erklären, in Kenntnis der Bestimmungen der §§ 934 und 935 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch zu sein, sich frei auf diesen Kaufpreis geeinigt zu haben und – soweit rechtlich möglich – beiderseits auf eine Anfechtung des Vertrages wegen Verkürzung über die Hälfte sowie wegen Irrtums zu verzichten.

[…]

XI. Ausfertigung

Änderungen zu diesem Vertrag bedürfen der Schriftform. Die Parteien erklären, dass keine mündlichen Nebenabsprachen bestehen.“

Die D* der Stadt ** schrieb der Klägerin als Bauwerberin mit Bescheid vom 5.5.2022 die Bezahlung der Ausgleichsabgabe nach dem Wiener Garagengesetz (WGarG 2008) von EUR 60.000 aufgrund der nicht ausreichend vorhandenen Stellplätze unter Bezugnahme auf den Bescheid vom 7.11.2016 zur Bezahlung vor. In der Begründung des Bescheids hielt die D* fest, dass gemäß § 53 Abs 1 WGarG 2008 die Bauwerberin abgabenpflichtig ist. Der Bescheid war an die Klägerin als Bauwerberin und nicht an die Beklagte adressiert und erging nur an diese. Laut Zahlungsanweisung war der Betrag mit 10.6.2022 zur Zahlung fällig.

Mit Klage vom 21.9.2023 begehrte die Klägerin von der Beklagten die Zahlung der von ihr an die Stadt ** entrichteten Ausgleichsabgabe samt Verzugszinsen in Höhe des Klagsbetrags. Dazu brachte sie – soweit für das Berufungsverfahren von Relevanz – vor, im Kaufvertrag vom 23.10.2020 sei zwischen den Parteien vereinbart worden, dass die Klägerin als Verkäuferin sämtliche Rechte und Pflichten aus dem Kaufvertrag vom 19.6.2013 an die Beklagte als Käuferin abtrete und die Beklagte diese Rechte und Pflichten übernehme. Darunter würden auch alle mit dem Ausbau zusammenhängenden öffentlichen Abgaben und sonstige Kosten fallen, somit auch die Ausgleichsabgabe.

Die Beklagte wendete – soweit für das Berufungsverfahren von Relevanz – im Wesentlichen ein, eine Überwälzung der Kosten für die Ausgleichsabgabe sei dem Kaufvertrag vom 23.10.2020 nicht zu entnehmen. Die Beklagte habe die Liegenschaft mitsamt der von der Klägerin beantragten Baubewilligung erworben. Weil die Baubewilligung zu erwarten gewesen sei, sei auch der Kaufpreis entsprechend höher angesetzt worden. Die Klägerin habe allfällige Kosten, Abgabenverpflichtungen und sonstige Aufwendungen auf die Liegenschaft mit dem erhöhten Kaufpreis ohnehin bereits wirtschaftlich abgegolten erhalten. Die Klauseln aus dem Kaufvertrag vom 19.6.2013 würden sich auf das damalige konkrete Verhältnis der Klägerin mit dem damaligen Verkäufer der Liegenschaft beziehen. Zu diesem Zeitpunkt sei die Baubewilligung noch nicht erwirkt worden. Die Klägerin habe als Bauwerberin auch für die Kosten aufkommen müssen, die mit der später veranlassten Baubewilligung zusammenhängen würden. Daran habe der Kaufvertrag vom 23.10.2020 nichts geändert. Die Abgabenbehörde habe die Ausgleichsabgabe der Klägerin als die Baubewilligung beantragende Bauwerberin vorgeschrieben. Die Klägerin sei somit Abgabenschuldnerin und daran habe sich auch durch den späteren Verkauf der Liegenschaft nichts geändert.

Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Neben dem eingangs zusammengefasst dargestellten Sachverhalt traf es die auf den Seiten 9 bis 11 ersichtlichen Feststellungen, auf die verwiesen und woraus hervorgehoben wird:

„Die erwirkte Bewilligung für den Dachgeschossausbau wurde bei Bemessung des Kaufpreises zwischen den Streitteilen eingepreist und war eine Ursache für die erhebliche Kaufpreisdifferenz.

In den Gesprächen mit dem Notar als Vertragserrichter war die Stellplatzabgabe zu keiner Zeit ein Thema.“ (ON 20, 9 f).

In rechtlicher Hinsicht führte es – soweit für das Berufungsverfahren von Relevanz – aus, dass das Beweisverfahren keinen natürlichen Konsens ergeben habe. Es sei daher iSd Vertrauenstheorie die dem Erklärungsgegner erkennbare und von ihm widerspruchslos zur Kenntnis genommene Absicht zu ermitteln. Nach dem Wortlaut sei die Ausgleichsabgabe im Vertrag vom 23.10.2020 nicht direkt angesprochen. Daraus gehe zunächst nur hervor, dass die Parteien umfassend über den Vertragsgegenstand und die vorherigen Eigentümerverhältnisse informiert seien. Allein die vertraglich bekundete Kenntnis der Beklagten auch der Passage zur Tragung von Verpflichtungen durch die Klägerin aus dem Vorvertrag indiziere keine Verpflichtungsübernahme, die Abgabe zu tragen. Vielmehr unterstütze diese Formulierung das Auslegungsergebnis, dass die Klägerin zur Entrichtung der mit dem Ausbau zusammenhängenden Abgaben verpflichtet gewesen sei und diese auf die Beklagte als neue Käuferin nicht überbunden werden sollte, da sich eine solche Passage im Kaufvertrag vom 23.10.2020 – anders als in jenem vom 19.6.2013 – gerade nicht finde. Die Klausel im Kaufvertrag vom 19.6.2013 beziehe sich ausdrücklich nur auf das frühere Verhältnis betreffend den Kaufvertrag vom 19.6.2012 gegenüber dem damaligen Verkäufer zu einem Zeitpunkt, zu dem die Baubewilligung noch nicht erwirkt worden sei. Demnach sollte derjenige die Kosten im Zusammenhang mit der Bewilligung tragen, der die Bewilligung erwirkt habe. Aus dem Verweis im Kaufvertrag ergebe sich nicht, dass die Beklagte, welche die Bewilligung nicht erwirkt und auch nicht Adressatin des Bescheids gewesen sei, für die Ausgleichsabgabe hafte. Die Abgabeverpflichtung entstehe bereits mit der Erlassung des Baubewilligungsbescheids und werde nur später eingefordert. Im Zeitpunkt der Bewilligung sei die Klägerin Bauwerberin gewesen. Ferner sei die Baubewilligung in den Kaufpreis eingebunden worden, woraus sich im Zweifel erschließe, dass auch mit ihr verbundene Kosten beglichen seien. Aus der Formulierung in Punkt I. des Kaufvertrags ergebe sich, dass alle Kosten und Pflichten, die mit dem Eigentumserwerb des Anteils an der Liegenschaft und der Wohnungseigentumsbegründung durch die Beklagte im Zusammenhang stehen würden, ab Vertragsabschluss durch die Beklagte zu tragen seien. Dies ergebe sich daraus, dass sich die Rechte und Pflichten auf die Anteile und auf Kosten der Wohnungseigentumsbegründung beziehen würden. Es gebe keine Nebenabreden zum Vertrag und der Vertragstext sei der Sphäre der Klägerin zuzuordnen (§ 915 ABGB). Auch die Passage, wonach neben dem vereinbarten Kaufpreis keine weiteren Gegenleistungen zustehen und neben den im Kaufvertrag vereinbarten Rechten und Pflichten keine wechselseitigen Forderungen bestehen würden, spreche gegen die Tragung der Abgabe durch die Beklagte.

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, der Klage stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt .

Das Berufungsgericht billigt die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen darauf (§ 500a ZPO). Ergänzend ist im Hinblick auf die Berufungsausführungen Folgendes festzuhalten:

1.Bei Auslegung einer Willenserklärung nach den §§ 914f ABGB ist zunächst vom Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung auszugehen, dabei aber nicht stehen zu bleiben, sondern der Wille der Parteien, das ist die dem Erklärungsempfänger erkennbare Absicht des Erklärenden zu erforschen (RS0017915 [T2]; RS0014160 [T27]). Für die Beurteilung der „Absicht“ der Parteien im Sinn des § 914 ABGB kommt es maßgebend auf den Zweck der Regelung an, den die Beteiligten redlicherweise unterstellen mussten (RS0017915 [T23]; 2 Ob 102/18s). Dabei ist auf die konkreten Umstände, namentlich auf den Geschäftszweck und die Interessenlage Bedacht zu nehmen (RS0113932 [T11]). Bei der Vertragsauslegung können auch die sonstigen von den Parteien vor und bei Abschluss des Vertrags abgegebenen Erklärungen herangezogen werden (RS0017934).

Lässt sich ein vom objektiven Erklärungswert abweichender Wille der Parteien nicht feststellen (RS0017915 [T28], RS0017834), ist der Vertrag unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs (vgl RS0017902) und der Übung des redlichen Verkehrs (vgl RS0017781) so auszulegen, wie er für einen redlichen und verständigen Empfänger zu verstehen war (vgl RS0113932; 9 ObA 92/24f).

1.1. Auch wenn im Kaufvertrag vom 23.10.2020 von der Abtretung „aller Rechte und Pflichten“ der Klägerin aus dem Kaufvertrag vom 19.6.2013 die Rede ist und dem Umstand, dass die Klausel über die Schad- und Klagsloshaltung in zwei Absätzen gesondert aufgenommen wurde, Bedeutung beigemessen würde, führte die von der Berufungswerberin vertretene extensive Auslegung zu einer ausufernden Haftung der Beklagten. Eine solche ist im konkreten Fall aber schon vor dem Hintergrund der unbekämpften Feststellung abzulehnen, wonach die erwirkte Bewilligung für den Dachgeschoßausbau bei der Bemessung des Kaufpreises zwischen den Streitparteien eingepreist wurde und eine Ursache für die erhebliche Kaufpreisdifferenz war (ON 20, 9).

1.2.Dass ein redlicher Erklärungsempfänger im Sinne des § 914 ABGB dessen ungeachtet davon ausgehen hätte müssen, aufgrund der undifferenzierten Formulierung der Haftungsübernahme auch für bereits im Kaufpreis mitberücksichtigte Zahlungspflichten einstehen zu müssen, ist nicht anzunehmen. Dies gilt umso mehr, als im Gegensatz zum Kaufvertrag vom 19.6.2013 die Übernahme öffentlicher Abgaben und sonstiger Kosten (insbesondere der Ausgleichsabgabe) im Vertrag vom 23.10.2020 nicht ausdrücklich erwähnt wurde und die Stellplatzabgabe in den Gesprächen mit dem Notar als Vertragserrichter zu keiner Zeit ein Thema war (ON 20, 9 f).

1.3.Soweit die Berufungswerberin das Bestehen einer erheblichen Kaufpreisdifferenz in Abrede stellt, entfernt sie sich vom festgestellten Sachverhalt und verstößt mit ihren weitergehenden Ausführungen zu Kalkulationen, um das Projekt „baureif“ zu machen, gegen das Neuerungsverbot (§ 482 Abs 1 ZPO). Dass die Beklagte gewusst habe, dass die Garagenabgabe nicht bezahlt sei, wurde ebenso wenig festgestellt, wie die von der Berufungswerberin aufgestellte Behauptung, wonach die Garagenausgleichsabgabe im Regelfall von jenem Bauwerber bezahlt werde, der den Baubeginn setze. Insoweit ist die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt (RS0043603), weshalb darauf nicht näher einzugehen ist.

2.1. Hinzu kommt, dass die im Vertrag vom 19.6.2013 übernommenen Pflichten – insbesondere die Verpflichtung, alle mit dem Ausbau zusammenhängenden öffentlichen Abgaben und sonstigen Kosten zu tragen – auf die damals noch ausstehende Baubewilligung und die damit verbundenen Erstkosten abstellten. Diese Regelung war erforderlich, um klarzustellen, dass die Partei, welche die Bewilligung tatsächlich erwirkt und als Bauwerberin auftritt – hier die Klägerin – auch die damit verbundenen Kosten zu tragen hat. Die mit dem Bewilligungsbescheid vom 7.11.2016 dem Grunde nach entstandene Ausgleichsabgabe knüpft rechtlich an die Bauwerberstellung der Klägerin an.

2.2. Im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides, mit dem die Feststellung getroffen wird, um wie viel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten oder sich aus dem Stellplatzregulativ ergebenden Ausmaß zurückbleibt, entsteht der Abgabenanspruch gegenüber dem Bauwerber. Sobald sich der Abgabentatbestand verwirklicht hat, ist das Abgabenschuldverhältnis damit entstanden und der Abgabenschuldner – unabhängig davon, ob bereits ein Bescheid zur Festsetzung der Abgabe ergangen ist oder nicht – damit festgelegt ( Cech/Pallitsch/Moritz , BauO für Wien 7 § 53 WGarG 2008 Rz 1).

2.3. Mit dem Kaufvertrag vom 23.10.2020 wurde hingegen ein neuer Rechtsübergang vollzogen, bei dem die Klägerin ihre Anteile einschließlich der bereits erteilten Baubewilligung und deren wirtschaftlichem Wert veräußerte. Dieser Vertrag stellt somit auf eine deutlich veränderte Situation ab. Demzufolge sind die Formulierungen im Kaufvertrag vom 23.10.2020 im Kontext der Wohnungseigentumsbegründung sowie der mit der Anteilsübertragung verbundenen Kosten zu verstehen, nicht jedoch als Übernahme von Verpflichtungen, die bereits mit der erteilten Baubewilligung begründet waren. In Anbetracht dessen musste ein redlicher Erklärungsempfänger nicht annehmen, dass damit auch die Pflicht zur Entrichtung der Ausgleichsabgabe auf die Beklagte übergehen sollte.

3.Soweit man die Formulierung der Abtretung „aller Rechte und Pflichten“ angesichts der von der Klägerin verfolgten extensiven Auslegung sowie der von der Beklagten vertretenen restriktiveren Sichtweise als unklar ansehen sollte, käme im Übrigen die Zweifelsregel des § 915 ABGB zur Anwendung. Danach ist eine undeutliche Äußerung zum Nachteil dessen auszulegen, der sich ihrer bediente (RS0017992 [T2], RS0017802 [T1]). Da beide Kaufverträge nach den Feststellungen auf Wunsch des Geschäftsführers der Klägerin und auf deren Kosten erstellt wurden und die maßgebliche Formulierung aus der Sphäre der Klägerin stammte und nicht auf die Beklagte zurückzuführen war (ON 20, 9), würde eine solche Unklarheit zu Lasten der Klägerin gehen und einem Übergang der Zahlungsverpflichtung entgegenstehen.

Ausgehend davon war der Berufung nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung im Berufungsverfahren beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision beruht auf § 500 Abs 2 Z 3 ZPO. Rechtsfragen von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO waren im Berufungsverfahren nicht zu lösen, zumal der Auslegung eines Vertrags grundsätzlich keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (RS0042776).

Oberlandesgericht Wien