JudikaturOLG Wien

33R87/25v – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
Schadenersatzrecht
04. Juni 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien erkennt als Berufungs- gericht durch den Senatspräsidenten MMMag. Frank als Vorsitzenden, den Richter Mag. Schmoliner und den Kommerzialrat Ing. Mitsch in der Rechtssache der klagenden Partei A* , geboren am **, **, vertreten durch die Zeitgeist Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei B* GmbH , FN **, **, vertreten durch die Biedermann Belihart Rechtsanwälte OG in Wien, wegen EUR 12.623,95 sA und Feststellung (EUR 5.000), über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 31.3.2025, **-43, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei deren mit EUR 2.089,32 (darin EUR 348,22 USt) bestimmte Berufungsbeantwortungskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 5.000, nicht aber EUR 30.000.

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte verpflichtete sich mit der Rahmenvereinbarung „Infrastrukturelle Dienstleistungen ÖGK (Winterdienst)“ (./J) in Verbindung mit dem Abrufschreiben -Winterdienstleistungen (./K) sowie dem Leistungsblatt Winterdienst (./L) gegenüber der Österreichischen Gesundheitskasse („ÖGK“) unter anderem dazu, den Parkplatz der ÖGK in der ** in ** im Zeitraum 1.11.2021 bis 15.4.2022 winterdienstlich zu betreuen. Dabei war ihr erkennbar, dass der Parkplatz von Dienstnehmern der ÖGK genutzt wird.

Die Rahmenvereinbarung (./J) lautet auszugsweise wie folgt:

8.1 Durchführung des Winterdienstes

64 Der Auftragnehmer verpflichtet sich zur eigenverantwortlichen und unaufgeforderten Erbringung von Winterdienstarbeiten gemäß § 93 Abs 1, 1a und 3 StVO und der dazu ergangenen Verordnungen auf Landes- und Gemeindeebene sowie § 1319a ABGB in der jeweils gültigen Fassung während der definierten Saisondauer. […]

68 Vom Winterdienst sind – je nach Umfang der Beauftragung – folgende Leistungsarten erfasst (Kernleistung):

[…]

8.1.1 Schneeräumung

69 Die winterliche Betreuung (Schneeräumung durch Verschieben des Schnees und/oder Aufbringung von Streu- u. Auftaumittel) hat im vereinbarten Umfang zu erfolgen und die Leistungen sind nach den gesetzlichen Bestimmungen und dem Stand der Technik auszuführen.

70 Räumung bei „Schotterflächen“ bzw Unebenheiten im Bodenbelag: Da bei anderen Bodenbelägen als Asphalt (wie z.B. Schotter, Kopfsteinpflaster, etc.) oder bei Unebenheiten im Bodenbelag (wie z.B. Frostaufbrüchen, hervorstehenden Kanalabdeckungen, Wölbungen, etc.) bei maschinellem Einsatz eine bodensatte Räumung wie bei glatten Asphaltflächen nicht möglich ist, ist bei einem Verbleib von Restschneeauflagen darauf zu achten, dass ggf. entsprechende Nacharbeiten (händische Arbeiten, Bestreuung etc.) durchgeführt werden, damit davon keine Gefährdung ausgeht.

[…]

72 Der Auftragnehmer ist nicht verpflichtet, im Zuge der Betreuung unbegehbare oder sonst unzugängliche Verkehrsflächen zu reinigen.

73 Verstellte oder verparkte Verkehrsflächen sind im Zuge von Kontrollfahrten nachzubearbeiten. Diese haben in einem angemessenen Intervall zu erfolgen. Bei Bedarf besteht dieselbe Verständigungspflicht des Auftraggebers wie bei der „Tauwetterkontrolle“.

[…]

8.1.2 Aufbringung von Streu- und Auftaumittel

76 Die Verpflichtung zur Schneeräumung und Aufbringung von Streu- u. Auftaumittel besteht nicht nur bei Schnee- oder Eisbildung durch natürlichen Niederschlag, sondern umfasst jede entsprechende Ablagerung auf den betreuten Flächen, unabhängig von deren Ursprung (z.B. Nacharbeiten, Nachstreuen auch bei Ablagerung durch Dachlawinen, durch bei Tauwetter eingeflossenes und anschließend gefrorenes Wasser, durch Schneepflüge von der Fahrbahn auf den Gehsteig geschobener Schnee usw.).

[…]

8.1.3 Tauwetterkontrolle; ggf. Absperrung und Verständigungspflicht

87 Verständigungspflicht: Der Auftragnehmer hat darüber hinaus den Auftraggeber unmittelbar nach Entdeckung einer Gefährdung schriftlich per E-Mail und telefonisch zu verständigen.

8.1.4 Betreuungszeiten

89 Der Auftragnehmer verpflichtet sich im Zuge der eigenverantwortlichen Erbringung der Winterdienstarbeiten die Leistung an den Erfordernissen des § 93 Abs 1 StVO während der definierten Saisondauern zu erbringen.

90 Der Auftragnehmer hat die „Räum- u. Streuhäufigkeit“ für die zu betreuende Liegenschaft insbesondere nach

• den regionalen Niederschlagsverhältnissen

• den Erfahrungswerten der letzten Jahre

• den Geländeeben- bzw. Geländeunebenheiten

• den Gefahren, die vom gelagerten Schnee der geräumten öffentlichen Verkehrsflächen (Gefahr des Tauwassers) ausgehen

• der Nutzerfrequenz durch Passanten und der Liegenschaftsnutzer

91 selbst vorzunehmen. In den jährlichen Abstimmungen ist die Einsatzhäufigkeit in der vergangenen Wintersaison zu evaluieren.

92 Bei nächtlichen Schneefall hat die Betreuung jedenfalls so zu erfolgen, dass die Erstbestreuung mit 06:00 Uhr abgeschlossen ist, um die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zu gewährleisten. […]

Zur Verrichtung des Winterdienstes bediente sich die Beklagte der Subunternehmerin C* D*. Ausschließlich durchgeführt wurde der Winterdienst von deren Mitarbeiter E* D*, der diese Betreuung vor dem Jahr 2021 bereits mehrere Wintersaisonen lang innehatte.

Die bei der ÖGK beschäftigte Klägerin stürzte am 13.12.2021 gegen 07:00 Uhr früh auf dem Parkplatz, wodurch sie einen Bruch ihres linken äußeren Knöchels erlitt.

Die Staatsanwaltschaft Graz stellte das gegen E* D* wegen des Verdachtes der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und Abs 4, erster Fall, StGB geführte Ermittlungsverfahren am 22.12.2021 gemäß § 190 StPO ein.

Die Klägerin begehrt EUR 12.623,95 sA an Schmerzengeld, Fahrtkosten, Entschädigung für Zeitaufwand, Heil- und Medikamentenkosten, Ersatz weiterer Schäden und pauschaler Unkosten sowie die mit EUR 5.000 bewertete Feststellung der Haftung der Beklagten für sämtliche Spät- und Dauerfolgen aus dem Unfall vom 13.12.2021. Sie sei beim Aussteigen aus ihrem Fahrzeug auf einer direkt hinter ihrem KFZ befindlichen Eisplatte ausgerutscht und gestürzt. Die Bildung der Eisplatte sei auf einen unzureichenden Winterdienst der Beklagten zurückzuführen, weil diese schuldhaft ihrer Streu- und Räumungspflicht nicht nachgekommen sei. Die zwischen der ÖGK und der Beklagten abgeschlossene Rahmenvereinbarung sei ein Vertrag mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter, von dessen Schutzbereich auch die Klägerin umfasst sei. Aufgrund des Dienstgeberhaftungsprivilegs nach § 333 Abs 1 ASVG habe sie keinen deckungsgleichen Anspruch gegen die ÖGK. Die Beklagte hafte auch für ihre Erfüllungsgehilfen; zudem hafte sie auch deliktisch, weil sie sich offenbar eines untüchtigen Subunternehmers bedient habe. Ein Mitverschulden der Klägerin liege nicht vor, weil sie ihre Schritte vorsichtig gesetzt habe.

Die Beklagte wendet ein, sie sei ihren vertraglichen Verpflichtungen vollständig und in zumutbarer Weise nachgekommen. Zum Unfallszeitpunkt habe sich der Parkplatz in einem verkehrssicheren Zustand befunden. Sie sei nach der Rahmenvereinbarung nicht verpflichtet, im Zuge der Betreuung nicht begehbare oder sonst unzugängliche Verkehrsflächen zu reinigen. Diese seien vielmehr im Zuge von Kontrollfahrten, die in einem angemessenen Intervall zu erfolgen hätten, nachzubearbeiten; bei Bedarf sei der Auftraggeber zu verständigen. Die von der Beklagten herangezogene Subunternehmerin habe alle zumutbaren Maßnahmen gesetzt, um die zu betreuenden Flächen schnee- und eisfrei zu halten. Die auf dem Parkplatz befindlichen Stellplätze seien regelmäßig bereits vor 06:00 Uhr früh verparkt gewesen, worauf die Subunternehmerin die ÖGK auch hingewiesen habe. Diese verparkten Stellplätze seien soweit faktisch möglich im Zuge des nächsten Betreuungsdurchgangs schnee- und eisfrei gemacht worden. Die Beklagte hafte daher nicht. Unabhängig davon treffe die Klägerin jedoch ein erhebliches Mitverschulden von zumindest 75 %, weil ihr die im Bereich der Stellflächen befindlichen Schnee- bzw Eisablagerungen erkennbar hätten sein müssen. Zudem hätte sie ihren PKW auf einem anderen Parkplatz abstellen oder so vorsichtig gehen können, dass sie nicht zu Sturz komme.

Mit dem nun angefochtenen Urteil wies das Erstgericht die Klagebegehren ab. Es traf dazu neben dem eingangs zusammengefasst wiedergegebenen, im Berufungsverfahren nicht strittigen Sachverhalt die auf den Urteilsseiten 4 bis 7 ersichtlichen Feststellungen, auf welche verwiesen wird. Auf einzelne bekämpfte Feststellungen wird im Rahmen der Behandlung der Beweisrüge zurückgekommen.

Rechtlich folgerte das Erstgericht, der zwischen der Beklagten und der ÖGK abgeschlossene Rahmenvertrag entfalte auch Schutzwirkungen zugunsten der Klägerin, die keinen deckungsgleichen Anspruch gegen die ÖGK als ihre Dienstgeberin habe. Die Beklagte müsse sich zwar das Verhalten ihrer Subunternehmerin nach § 1313a ABGB zurechnen lassen, diese habe aber nicht rechtswidrig gehandelt, weil die Beklagte nicht verpflichtet gewesen sei, im Zuge der Betreuung unbegehbare oder unzugängliche Verkehrsflächen zu reinigen. Der Verständigungspflicht ihres Auftraggebers sei die Beklagte nachgekommen, indem sie die ÖGK darüber in Kenntnis gesetzt habe, dass Stellflächen regelmäßig verparkt seien. Der Mitarbeiter der Subunternehmerin habe am Vorfallstag vor 06:00 Uhr früh zwei Fahrten durchgeführt und dabei entsprechend der Vereinbarung geräumt und gestreut.

Ein deliktischer Schadenersatzanspruch der Klägerin scheitere daran, dass die Beklagte diesfalls gemäß § 1315 ABGB nur dann hafte, wenn sie sich einer untüchtigen oder wissentlich gefährlichen Person zur Besorgung einer Angelegenheit bedient habe, wofür es jedoch keine Anhaltspunkte gäbe.

Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung der Klägerin wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil im Sinne einer Klagsstattgebung abzuändern, hilfsweise es aufzuheben und die Rechtssache an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte stellt in ihrer Berufungsbeantwortung den Antrag, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

1. Zur Beweisrüge:

1.1. Die Klägerin bekämpft zunächst folgende Feststellungen:

„Es befanden sich noch Reste des zusammengeschobenen Schnees am äußeren Rand der Parkflächen, der Asphalt auf den Parkflächen sowie auf den Fahrbahnen war trocken und schnee- sowie eisfrei. […]

Als er [= E* D*] den Parkplatz verließ, waren sämtliche freien Asphaltflächen nass sowie schnee- und eisfrei.“

Stattdessen begehrt sie die Ersatzfeststellungen:

„Es befand sich bei der Fahrt um 02:00 Uhr morgens noch niedergefahrener Schnee und Eis am äußeren Rand der Parkflächen sowie am Asphalt auf den Parkflächen auf der linken Seite des Parkplatzes. Lediglich die Zufahrtsstraße (Fahrbahn) war trocken und schnee- sowie eisfrei. […]

Als er den Parkplatz nach der Kontrollfahrt um 04:00 Uhr morgens verließ, befand sich weiterhin noch niedergefahrener Schnee und Eis am äußeren Rand der Parkflächen sowie am Asphalt auf den Parkflächen auf der linken Seite des Parkplatzes. Lediglich die Zufahrtsstraße (Fahrbahn) war weiterhin schnee- und eisfrei, jedoch auch noch nass.“

Die Feststellungen des Erstgerichtes, wonach der Asphalt auf den Parkflächen schnee- und eisfrei gewesen ist, beziehen sich erkennbar nur auf jene Parkflächen, die zum Zeitpunkt der Räumung und Streuung durch E* D* frei, das heißt nicht verparkt, waren. ( „…waren sämtliche freien Asphaltflächen nass sowie schnee- und eisfrei“ ). Gleichzeitig ging das Erstgericht davon aus (dazu unten 1.2.), dass auf der linken Seite des Parkplatzes – wo in der Folge auch die Klägerin ihr Fahrzeug abstellte und zu Sturz kam – mehrere Fahrzeuge geparkt waren, wodurch E* D* an der winterdienstlichen Bearbeitung dieser Parkflächen gehindert war. Dementsprechend hat das Erstgericht – den in der Berufung zitierten Aussagen der Zeugen Mag. F* und G* folgend – auch unbekämpft festgestellt, dass sich an den Rändern der Parkplätze auf der linken Seite jeweils sowohl in Richtung Parkplatzende als auch in Richtung Zufahrtsstraße sowie seitlich zwischen den einzelnen Parkplätzen zusammengepresste und angefrorene Schneereste befunden haben (UA S 6, letzter Abs). Das ist der Zustand, wie er auch auf dem ebenfalls in der Berufung angeführten Lichtbild ./C ersichtlich ist. Der behauptete Widerspruch insbesondere zum zweiten Teil der bekämpften Feststellung, wonach sämtliche freien Asphaltflächen schnee- und eisfrei gewesen seien, als E* D* den Parkplatz verlassen hat, liegt damit nicht vor. Durchaus möglich ist, dass diese Parkplätze zum damaligen Zeitpunkt verparkt waren und daher von E* D* nicht geräumt werden konnten.

Hinsichtlich des ersten Teils der bekämpften Feststellung, wonach gegen 02:00 Uhr morgens der Asphalt auf den Parkflächen sowie auf den Fahrbahnen trocken und schnee- sowie eisfrei war, ist darauf hinzuweisen, dass weder die Zeugen Mag. F* und G* noch die Klägerin selbst Wahrnehmungen über die Verhältnisse zu diesem Zeitpunkt haben, weil sie erst wesentlich später (G* gegen 6:10 oder 06:15 Uhr: ON 32.2, S 10 und 12; Mag. F* und die Klägerin gegen 07:00 Uhr: ON 32.2, S 3 und 7) am Parkplatz eintrafen. Deren Aussagen sind daher keine taugliche Grundlage für die begehrten Ersatzfeststellungen.

1.2. Weiters bekämpfte Feststellungen:

Seit Aufnahme des Winterdienstes am 1.11.2021 bemerkte E* D*, dass auf der linken Seite des Parkplatzes (in den Parkplatz einfahrend betrachtet) trotz eines beschilderten allgemeinen Parkverbots für die Zeiten außerhalb der Öffnungszeiten der ÖGK nachts regelmäßig mehrere Fahrzeuge geparkt waren, die jeweils kurz vor dem Eintreffen der Arbeitnehmer der ÖGK vom Parkplatz weggefahren wurden. Teile der Parkflächen links waren daher fast durchgehend verparkt, sodass ihm eine vollständige Räumung und Streuung des Platzes nicht möglich war. […]

E* D* begab sich gegen 02:00 Uhr morgens auf den Parkplatz, um den Winterdienst zu verrichten. Zu diesem Zeitpunkt waren auf der linken Seite des Parkplatzes wieder mehrere Fahrzeuge geparkt. […]

Zu diesem Zeitpunkt waren nach wie vor mehrere Parkplätze auf der linken Seite des Parkplatzes durch geparkte Fahrzeuge belegt, weshalb ihm eine winterdienstliche Bearbeitung dieser Parkflächen nicht möglich war. Beim Räumen des Schnees hielt er den vorgeschriebenen Abstand zu den geparkten Fahrzeugen von ca 15 cm ein, beim Streuen von etwa 2 m.“

Stattdessen begehrte Ersatzfeststellungen:

„Seit Aufnahme des Winterdienstes am 1.11.2021 bemerkte E* D*, dass auf der linken Seite des Parkplatzes (in den Parkplatz einfahrend betrachtet) trotz eines beschilderten allgemeinen Parkverbotes für die Zeiten außerhalb der Öffnungszeiten der ÖGK nachts ab 05:15 Uhr regelmäßig mehrere Fahrzeuge geparkt waren. Teile der Parkflächen links waren daher ab 05:15 Uhr verparkt, sodass ihm eine vollständige Räumung und Streuung dieser ab 05:15 Uhr verparkten Flächen nicht immer möglich war. […]

E* D* begab sich gegen 02:00 Uhr morgens auf den Parkplatz, um den Winterdienst zu verrichten. Zu diesem Zeitpunkt waren auf der linken Seite des Parkplatzes keine Fahrzeuge geparkt. […]

Zu diesem Zeitpunkt waren nach wie vor keine Parkplätze auf der linken Seite des Parkplatzes durch geparkte Fahrzeuge belegt.“

Die Beweisrüge erschöpft sich in diesem Punkt darauf, die Aussagen des Zeugen D* pauschal als unrichtig zu bezeichnen, ohne konkrete Beweisergebnisse anzuführen, welche die begehrten Ersatzfeststellungen tragen, wonach keine Fahrzeuge über Nacht auf dem Parkplatz geparkt gewesen seien. Das genügt zur Ausführung einer gesetzeskonformen Beweisrüge nicht (vgl RS0041830).

Neuerlich ist darauf hinzuweisen, dass die Zeugen Mag. F* und G* sowie die Klägerin keine eigenen Wahrnehmungen zur Parkplatzsituation in den Nachtstunden haben. Die in der Berufung zitierte Aussage des Zeugen G* (ON 32.2, Seite 12), wonach sein Fahrzeug um 06:10 Uhr das dritte oder vierte Auto gewesen sei, das auf dem Parkplatz eingeparkt worden sei, lässt keine Rückschlüsse darauf zu, ob in der Nacht Autos dort geparkt waren, zumal nach den Feststellungen des Erstgerichts die nachts regelmäßig geparkten Fahrzeuge jeweils kurz vor dem Eintreffen der Arbeitnehmer der ÖGK vom Parkplatz weggefahren wurden. Sollte dies zutreffen, konnte der Zeuge naturgemäß diese Fahrzeuge bei seiner Ankunft nicht mehr wahrnehmen.

Tatsächlich liegen damit zu diesem Beweisthema nur die Aussagen des Zeugen D* vor. Wenn das Erstgericht dessen Angaben nicht zuletzt aufgrund des persönlichen Eindrucks, den es im Zuge seiner Einvernahme von ihm gewonnen hat, gefolgt ist, begegnet dies keinen Bedenken des Berufungsgerichts, zumal dem persönlichen Eindruck des erkennenden Gerichtes von der Glaubwürdigkeit der vernommenen Personen maßgebliche Bedeutung zukommt (4 Ob 208/11h).

1.3. Schließlich bekämpft die Klägerin die Feststellung:

Etwa zwei Schritte hinter der Rückseite ihres Fahrzeugs auf Höhe etwa der Mitte dessen Hecks rutschte die Klägerin auf dem zusammengepressten, angefrorenen Schnee, der sich auf dem Asphalt hinter ihrem Fahrzeug befand, aus und fiel zu Boden, wodurch sie sich eine Verletzung ihres linken Knöchels zuzog.

Stattdessen begehrt sie die Ersatzfeststellung:

Etwa zwei Schritte hinter der Rückseite ihres Fahrzeugs auf Höhe etwa der Mitte dessen Hecks rutschte die Klägerin auf einer Eisplatte, die sich auf dem Asphalt hinter dem Fahrzeug befand, aus und fiel zu Boden, wodurch sie sich eine Verletzung ihres linken Knöchels zuzog.

Die bekämpfte Feststellung steht im Wesentlichen im Einklang mit den im Polizeibericht (ON 16.5) wiedergegebenen Angaben der Klägerin, sei sie auf dem Parkplatz hinter ihrem Auto auf einem festgefrorenen, vereisten Schneerest ausgerutscht. Demgegenüber gab sie bei ihrer gerichtlichen Einvernahme an, sie sei zum Zeitpunkt des Sturzes „eigentlich schon auf der Fahrbahn“ gewesen, wo sich eine Eisplatte befunden habe, auf der sie ausgerutscht sei. Aus ihrer Sicht sei „die ganze Fahrbahn eine Eisplatte“ gewesen (ON 32.2, S 4).

Damit setzt sie sich aber in Widerspruch zu den Feststellungen des Erstgerichts und selbst zu den von ihr zu 1.1. begehrten Ersatzfeststellungen, wonach die Fahrbahn schnee- und eisfrei gewesen sei, wie auch vom Zeugen G* geschildert (ON 32.2, S 11).

Auch der Zeuge Mag. F* gab an, dass er die Zufahrt als frei von einer Schnee- und Eisschicht empfunden habe und dass die Fahrbahn nicht glatt gewesen sei (ON 32.2, S 8 f). Gerade dieser Zeuge, der der Klägerin nach ihrem Sturz zu Hilfe geeilt war, hätte eine vorhandene Eisplatte jedoch wahrnehmen müssen. Zwar trifft es zu, dass er den Sturz der Klägerin – und damit die Sturzstelle – nicht unmittelbar beobachtet hat, jedoch hat er sofort nach dem Sturz die Klägerin „mehr oder weniger direkt neben ihrem Auto“ auf den dort befindlichen Schneeresten liegen gesehen (ON 32.2, S 8). Das indiziert, dass auch der Sturz in diesem Bereich passiert sein muss, andernfalls die Klägerin danach ihre Endlage noch hätte verändern müssen, was sie aber selbst nicht behauptet. Vielmehr gab sie an, sie habe nicht mehr aufstehen können, sondern sich nur aufgesetzt (ON 32.2, S 4).

Wenn das Erstgericht daher der Darstellung der Klägerin in diesem Punkt nicht folgte, begegnet dies keinen Bedenken des Berufungsgerichts.

1.4. Das Berufungsgericht übernimmt daher sämtliche bekämpfte Feststellungen und legt sie seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde (§ 498 Abs 1 ZPO).

2. Zur Rechtsrüge:

2.1. Soweit die Klägerin vorbringt, die Beklagte wäre gemäß Punkt 8.1.1 Rz 70 der Rahmenvereinbarung auch zu händischen Nacharbeiten verpflichtet gewesen, ist darauf hinzuweisen, dass sich dieser Punkt nach seinem Wortlaut auf andere Bodenbelege als Asphalt oder Unebenheiten im Bodenbelag bezieht. Auch nach dem Berufungsvorbringen (vgl die oben zu 1.3. begehrte Ersatzfeststellung) ereignete sich der Sturz der Klägerin auf einer Asphaltfläche; dass dort Unebenheiten im Bodenbelag vorgelegen wären, hat sie nicht behauptet.

Da eine vertragliche Haftung gegenüber Dritten voraussetzt, dass gegenüber dem Vertragspartner jene Verpflichtung besteht, aus dem der Dritte Ersatzansprüche ableitet (RS0116076 [T1]), die Beklagte aber in diesem Punkt die Rahmenvereinbarung nicht verletzt hat, kann die Klägerin keine Ansprüche daraus ableiten.

2.2. Weiters wendet sich die Berufung gegen die Beurteilung des Erstgerichts, die zwei von der Subunternehmerin der Beklagten durchgeführten Streufahrten um 02:00 Uhr und kurz nach 04:00 Uhr früh seien ausreichend gewesen. Tatsächlich wäre zumindest eine weitere Streufahrt erforderlich und angemessen gewesen.

2.2.1. Dazu ist festzuhalten, dass die Klägerin nach den Feststellungen nicht auf Schnee, der nach der letzten Kontrollfahrt von E* D* gefallen ist, oder auf Eis, das sich nach diesem Zeitpunkt gebildet hat, ausgerutscht ist, sondern auf zusammengepresstem, angefrorenem Schnee (UA S 7, erster Abs), den E* D* offenbar deshalb nicht entfernen konnte, weil diese Parkflächen zum Zeitpunkt der Durchführung seiner Räumungsarbeiten verparkt gewesen sind.

Die in der Berufung zitierten Entscheidungen, die durchwegs Räumungs- und Streuintervalle, die eingehalten werden müssen, damit sich aufgrund der Witterungsverhältnisse nicht neuerlich eine Eis- oder Schneeschicht bildet, zum Inhalt haben, sind auf den vorliegenden Sachverhalt daher nicht anzuwenden. Die Entscheidung 2 Ob 211/15s befasst sich zudem (nur) mit der Streupflicht nach § 93 Abs 1 StVO, die eine Betreuung während der Nachtstunden (zwischen 22:00 und 06:00 Uhr) gar nicht vorsieht. Im vorliegenden Fall kommt es hingegen darauf an, ob die Beklagte ihre vertraglich festgelegten Pflichten gegenüber der ÖGK verletzt hat (vgl oben 2.1.). Den aus der Entscheidung 6 Ob 550/80 gebildeten Rechtssatz (RS0023277 [T10]), wonach eine Betreuung des Gehsteigs in kürzeren Abständen als einer Stunde zumutbar sei, zitiert die Berufung nur unvollständig. Tatsächlich sagt er aus, dass eine Betreuung in solchen kürzeren Abständen bei ständiger Eisbildung infolge Eisregens zumutbar ist. Eine vergleichbare Situation lag hier jedoch nicht vor, es gab keinen Eisregen, sondern leichten Schneefall bei Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt (vgl ./M).

2.2.2. Nach Punkt 8.1.1 Rz 73 der Rahmenvereinbarung ist die Beklagte verpflichtet, verstellte oder verparkte Verkehrsflächen im Zuge von Kontrollfahrten, die in einem angemessenen Intervall zu erfolgen haben, nachzubearbeiten. Ausgehend davon vertritt die Klägerin die Ansicht, die Beklagte respektive deren Subunternehmerin wäre nach der zuletzt gegen 04:00 Uhr früh erfolgten Räumung zu einer weiteren Kontrollfahrt verpflichtet gewesen.

Grundsätzlich sind auch bei vertraglichen Verkehrssicherungspflichten derart kurzfristige Streu- und Betreuungsmaßnahmen nicht gefordert (vgl 2 Ob 43/14h; 6 Ob 39/17d [2.1.]), zumal auch vertragliche Verkehrssicherungspflichten nicht überspannt werden dürfen (2 Ob 59/24a [2.1.]; RS0023487 [T17]). Gerade auch im Hinblick auf die vorherrschenden Witterungsverhältnisse (bloß leichter Schneefall, der von der nächstgelegenen Wetterwarte gar nicht registriert wurde, und Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt [./M]) bestand auch aus Sicht des Berufungsgerichts keine Veranlassung für die Beklagte, Kontrollfahrten in kürzeren Intervallen durchzuführen.

Sie hat damit nicht gegen ihre Pflichten gegenüber der ÖGK verstoßen, weshalb auch die Klägerin keine Ansprüche aus diesem Vertrag ableiten kann.

2.3. Dass die Beklagte bzw. ihre Subunternehmerin entgegen ihren Bestimmungen laut Punkt 8.1.1 Rz 73 letzter Satz in Verbindung mit Punkt 8.1.3 Rz 87 der Rahmenvereinbarung die ÖGK nicht unmittelbar nach Entdeckung von regelmäßig während der Nachtstunden verparkten Stellflächen verständigt habe und auch daraus ihre Haftung resultiere, hat die Klägerin in erster Instanz nicht vorgebracht. Das erstmals in der Berufung erhobene Vorbringen verstößt damit gegen das Neuerungsverbot des § 482 ZPO und ist daher unbeachtlich.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass nach den Feststellungen eine Verständigung jedenfalls noch vor dem verfahrensgegenständlichen Vorfall erfolgte.

2.4. Soweit die Klägerin schließlich auch deliktische Ansprüche geltend macht, die sich erkennbar auf eine Verletzung der von der ÖGK an die Beklagte übertragenen Verpflichtung nach § 93 Abs 1 StVO stützen (vgl RS0023328), ist mit dem Erstgericht darauf hinzuweisen, dass die Beklagte in diesem Fall gemäß § 1315 ABGB nur dann für ihre Subunternehmerin haftet, wenn sie sich einer untüchtigen oder wissentlich einer gefährlichen Person zur Besorgung ihrer Angelegenheiten bedient. Nach ständiger Rechtsprechung hat in diesem Fall der Geschädigte die Untüchtigkeit des Besorgungsgehilfen zu beweisen (RS0124440). Die Untüchtigkeit bezieht sich auf die zu verrichtende Tätigkeit und muss habituell sein, sie setzt also voraus, dass der Gehilfe die für eine bestimmte Arbeit erforderlichen Kenntnisse entweder überhaupt nicht besitzt oder infolge persönlicher Eigenschaften generell für diese Tätigkeit nicht geeignet ist (RS0028885; Karner in KBB 7 § 1315 ABGB Rz 3). Diesen Beweis hat die Klägerin nicht erbracht. Zwar ist es richtig, dass der Anscheinsbeweis genügt, jedoch liegt kein Sachverhalt vor, der mit jenen in den Verfahren 2 Ob 127/08b oder 2 Ob 33/13m vergleichbar wäre: Die dortigen Kläger haben jeweils behauptet, es sei überhaupt nicht gestreut oder geräumt worden. Ein solches Vorbringen hat die Klägerin im vorliegenden Verfahren nicht erstattet; es wurde auch festgestellt, dass E* D* in der Nacht des Vorfallstages zwei Kontrollfahrten durchgeführt hat und nach beiden die zu räumenden Asphaltflächen schnee- und eisfrei hinterlassen hat, soweit sie frei, also nicht von parkenden Autos besetzt waren. Dieser Umstand spricht, ebenso wie jener, dass E* D* den Parkplatz bereits mehrere Wintersaisonen vor dem Vorfall winterdienstlich betreut hatte (UA S 5) und dies auch weiterhin macht (vgl ON 38.4, S 3), gerade gegen seine habituelle Untüchtigkeit. Für die Annahme seiner Gefährlichkeit iSd § 1315 zweiter Fall ABGB fehlt jeder Anhaltspunkt (vgl 2 Ob 198/22i [3.1.]).

Auch eine deliktische Haftung hat das Erstgericht damit zu Recht verneint.

3. Die Berufung musste daher insgesamt erfolglos bleiben.

4. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

5. Da der Entscheidungsgegenstand nicht ausschließlich in einem Geldbetrag besteht, war er gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO zu bewerten. Ausgehend von der unbedenklichen Bewertung des Feststellungsbegehrens durch die Klägerin mit EUR 5.000 war auszusprechen, dass er insgesamt EUR 5.000, nicht aber EUR 30.000 übersteigt.

5. Der konkrete Inhalt einer Verkehrssicherungspflicht hängt ebenso wie die Beurteilung des Umfangs der Streupflicht immer von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab und begründet daher keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (vgl RS011020; RS0023277 [insb T14]). Die Revision ist daher nicht zulässig.